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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190111030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19011103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19011103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-03
- Monat1901-11
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1901
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Anzeigen »Prei- die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familieu»ack> richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechenc höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr 25 H (excl. Porto). (^rtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgaöe, ohne Postbesörderung VO.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluk für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «in» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Nr. 5kl Sonntag den 3. November 1901. Aus -er Woche. Daß der robuste Gallier — eS ist Verleumdung, wenn man ihn einen Neurastheniker nennt — in dräuender Absicht auf den „kranken Mann" loSdampst, ist schon lange nickt erlebt worben. Seit dem letzten Male bat sich — Manche» geändert, und wenn auch nicht zu bezweifeln ist, daß man in PeteiSburg Sewastopol vergessen oder doch verziehen bat — die internationalen Machtverbältuisse sind andere als während der Zeit, da Frankreich in Egypten und anderwärts dem Sultan unangenehm wurde. Man kann eS verstehen, wenn ernst haft« französische Blätter, obwohl auch sie chauvinistisch sind, den Wunsch nicht unterdrücken, der anno Gladstone unaus- spreckliche, seitdem aber wieder ost ausgesprochene und noch lange auSzusprcchende Türke möge nackgeben, bevor Frank reich sich in eines jener Unternehmen einläßt, die man Flotten demonstrationen nennt und bei denen ein respektables Auf hören allemal das Schwierigste ist. Wenn diesmal die fran zösische Regierung im Orient weiter gebt, — als sie will, wird sie freilich nicht auf den herkömmlichen offenen Wider stand England« stoßen und Frankreich wird dankte wie Amerika in der Nicarc-Gelegenheit und Rußland in der Mandschurei eine Frucht von der englischen „Abhaltung" in Südafrika gepflückt haben. Aber „zu holen", auch nur an Prestige zu holen, dürste in den türkischen Gewässern j tzt kaum etwas sein, da Rußland kaum Lust haben wird, dem Verbündeten mehr als einen „ehrenvollen" Abzug zu sichern, wenn er überhaupt anzieht. Der Zar will offenbar keine Ver wicklungen; bat er doch Griechenland und seinem periön- lichen Freunde Prinz Georg abgewinkl, als dieser die Zeil gekommen glaubte, endgültig die Hand aus Kreta zu legen. Vom menschlichen Standpunkte, der doch vor allem Stand punkt der Bosheit ist, wäre eS hübsch gewesen, wenn sogar der armselige Zwerg „Hellas" von dem Unzemache des britischen Reiches profitirt hätte. Politisch ist eS aber so wohl besser. Deutschland wenigstens denkt nicht daran, die britische Verlegenheit zu mehren. In der englischen Presse liest man es freilich ander«. Dort wird gerade neuerding« ein inniges russisch-englische« Einvernehmen gegen da» deutsche Reich gepredigt, da« der Todfeind England« sei. Der „Avipect" lebrt das — vergl. die zahl losen deutsch - officiellen Liebenswürdigkeiten, der sich Groß britanmen gerade in den letzten Zähren zu erfreuen gehabt hat — durchaus nickt, und wenn eine transcanalöse „an gesehene" Wochenschrift die deutsche Flottenpolitik, d h. die Behebung der deutsche» maritimen Ohnmacht, al» gegen England» Stellung zur See gerichtet be zeichnet, so spricht wobl mehr das böse Gewissen, da» sich der zahllosen Versündigungen Englands gegen Deutschland bewußt ist und die Nemesis fürchtet, als die geschichtliche - nüchterne und realpolitische Betrachtung. Wenn Deutschland in seinem KriegSseewejen das vollendet haben wird, wa« jetzt im Werke ist, so wird es höchstwahr scheinlich ebensowenig die erste Stelle nach England ein nehmen, wie die»- beute der Fall ist. Wie dem aber auch sei: wenn ein Staat seine kriegerischen Machtmittel vermehrt, so hat das keineswegs zu bedeuten, daß die Maßnahmen sich gerade gegen den bisher stärksten Staat kickten, wie das England zur See ist. Tie deutschen militärischen Vor kehrungen sind überhaupt nur defensiver Natur; will man, da» in England nickt glauben, so sollte man sich dock an daS ruhige und selbstbewußte Verhalten erinnern, da» Rußland beobachtete, al» zu Beginn der sechSziger Jahre Preußen zur Reorgani sation de« LandheereS schritt. Damals war Rußland die stärkste Landmacht, aber weder sein Kaiser noch seine Presse regten sich über König Wilhelm'S und Roon'S Pläne auf. Warum thut es England in — wa» Erstarkung der deut schen Wehrfähigkeit anlangt — nicht einmal recht vergleich barem Falle, zumal wenn e« Rußland zur Seite zu haben hofft? Damit wird «» allerdings gute Wege haben. Zwar webe« zarte Hände eifrig daran und wer glaubte, daß mit einem natürlichen Ereizniß, da» sich vor einigen Jahren in Kopenhagen vollzog, ein Umschwung eintreten würde, der hat sich geirrt. Ader die Sachen stoßen sich in dem Raume Eentralasien«, so weit er ist, zu hart, al» daß die Gedanken, dir in Windsor, Kopenhagen und Darmstadt eingeflößt wer den resp. wurden, dagegen ankommen könnten. Das kaum mehr erwartete „Dementi", das „angebliche kaiserliche Auslassungen über wirthschaftliche Fragen" als „erlogen" bezeichnet, ist eingetroffen und wir haben uns trotz seiner fragwürdigen Form und Fassung mit ihm abgefunden. Ihm voran» ging eine von uns bisher nicht berührte Erörterung der Frage, ob die Presse — moralisch — berechtigt sei, kaiserliche Aussprüche von der Art, wie die jetzt in den Bereich deS „Erlogenen" verwiesenen, wieder- zugebrn und Bemerkungen daran zu knüpfen. Die Frage wurde theilweise verneint, wa» einen Herrn auS der Rhein- uud Deiupfalz, der lange in amerikanischen Städte» ge lebt hat, dabei aber weder Temperenzler noch Sensationen freund geworden ist, zu dem AuSspruche veraulaßte, er fühle sich durch die deutsche Preßprüberie an seine über seeischen Drinkererfahrungea erinnert. „Drüben" bekomme man am Lountaß in jeder befreundeten deutschen Familie, ohne aenirt zu sein, eia Gla» Wein oder Bier, nur nicht in den Neinbäuser«, die man allwerkläglich frequentire und die dock die „Nächsten dazu" waren, den Durstigen zu laben. Dieser Vergleich hink» nicht; wenn die Zeitungen, denen man da» Stillschweigen zumutbet — die demokratischen und die social- demokratischrn gekörten natürlich nicht dazu — stumm ge blieben wären, so waren sie eben allein die Stummen gewesen. Denn jedermann sprach von dem „Dementirieu". Da» deutsch-amenkanische Gleichniß trifft aber noch au» einem andere« Grunde zu. Di« amrnkanischr Sonntag»-Wirths. Hau»-Demperenzelei beruht auf purer Heuchelei, denn wenn man „diäten" antritt, so bekommt man zu trinken. Und au nicht» al« Heuchelei beruht die Berurtbeiluug der publizi stische« Mittheilung und Besprechung der angeblichen Aus sprüche. Alle die Tadler obn» Ausnahme haben sie auch ge- Krackt nnd irgendwie commentirt, aber in der Form der Polemil gegen di« ursprünglichen Colportrurr. „Wollt Ihr »gleich d«n Kindern der Welt und den Frommen gefallen, Malet di« Wollust nur, malet den Teufel dazu". Dieser, eben nur satirisch gemeinte Rath Schiller'« ist uicht nach Jeder mann» Geschmack. Der Lrieg in Südafrika. Die Aranculancr uns die Hilfe dc« Alldeutschen BrrbandeS. Von der Geschäftsführung des Alldeutschen Verbandes er halten wir folgende Mittheilung: In Nr. 39 der „Alldeutschen Blätter" haben wir einen Bericht veröffentlicht, der uns aus Johannesburg zugegangen war und in dem der Plan unseres Vertrauensmannes, in den Frauenlagern, soweit dieselben in Transvaal gelegen sind, eine systemaüsche Hilfsthätigkeit zu organisiren, dargelegt wurde. Vorbehaltlich der Zustimmung des geschäftsführenden Ausschusses veranlaßte Herr Pro - essor Hasse die sofortige Absendung von 10 000 aus der Boerensammlung des Alldeutschen Verbandes nach Johannesburg. In seiner Sitzung vom 26. Oktober hatte sich nun der geschäft-führende Ausschuß des Alldeutschen Ver bandes mit der Frage zu beschäftigen, in welcher Weise ferner durch die Mittel der Boerensammlung die Noth in den Frauen lagern zu lindern sei. Von verschiedenen Seiten wurde die Auffassung vertreten, daß durch seine Hilfsthätigkeit nur den Engländern Geld erspart und ihnen theilweise vor der Geschichte die Verantwortung für die brutale Grausamkeit abgenommen werde, mit der sie mit dem offenkundigen Zweck, die kommende Boerengeneration hinzumorden, die Frauen und Kinder in den ConcentrationSlagern behandeln; aus diesem Grunde sollte der Verband seine Hilfsthätigkeit in den Frauenlagern ganz einstellen. So sehr auch politische Gesichtspunkte für einen derartigen Entschluß sprechen mögen, so hat sich der geschäftsführende Ausschuß denselben schließlich doch nicht aneignen können. Die Verpflichtung der Engländer, für den Unterhalt der wider jedes Völkerrecht ge waltsam zusammengetriebenen Frauen und Kinder ausreichend zu sorgen, ist ja sonnenklar; uns zwingt aber trotzdem die Pflicht der Humanität nicht minder wie die Aussicht auf die Zukunft des BoerenvolkeS, keinen Versuch, Menschenleben zu retten, zu unterlassen. Der geschäftSführenbe Ausschuß hat daher beschlossen, vorläufig noch weitere 30 000 c)i(zurHilfeleistungindenFrauenlagern zu verwenden. Da sich die Engländer unbedingt weigern, den Gefangenen Kleider zu liefern, und auch Betten eine dringende Nothwendigkeit sind, weil gerade daS Liegen auf dem häufig vom Regen durchweichten Erdboden eine Hauptursache von Krankheiten und Epidemien ist, so soll diese Summe hauptsächlich zur Ab stellung dieser Uebelstände Verwendung finden. Als neue teuflische Grausamkeit haben die Engländer das Verbot ersonnen, daß die Filiale der Bank von England in Johannesburg keine von irgend einem HilfScomitS in Europa stammenden Wechsel einlösen dürfe, damit dieses Geld nicht solchen Frauen zu Gute komme, deren Männer noch im Felde stehen. Da der Alldeutsche Verband sich bei seinen Geld sendungen anderer Wege bedient, dürfte er davon nicht berührt werden. Durch diese neuerliche Bewilligung ist der Betrag der dem Verbände zur Verfügung stehenden Gelder aus der Boeren sammlung, deren Gesammtertrag schon die stattliche Summe von 349 910,73 okk erreicht hat, auf 89 235,03 zusammen geschmolzen; da sich ein Ende des Krieges gar nicht absehen läßt und noch sehr viel Noth und Elend auch nach dem Kriege zu lindern sein wird, so bittet der Verband seine Mitglieder und alle Freunde der Boerensache, in ihrer Sammelthätigkeit nicht erlahmen zu wollen; Spenden, die die oben dargeleqte Verwen dung finden sollen, werden durch die Expedition unseres Blattes entgegengenommen und dem Alldeutschen Verbände überwiesen werden, oder sind direkt unter Kennzeichnung des Zweckes an den Alldeutschen Verband, z. H. de» Herrn H. B. Fischer, Berlin ^V. 35, Lützowstraße 85 b, zu senden. Wie Sie England«» mit den Missionen ««springen. I-p. Berlin. 1. November. Einen neuen Beleg dafür, daß das christliche England in Südafrika gegen christliche Missionare Eingeborene losläßt, also Herden, liefern Brief« und sonstige Nachrichten, die Pfarrer Richter, der Herausgeber der „Evangelischen Missionen", empfangen hat. U. A. haben die Engländer gegen 2 Stationen der evangelisch-reformirten Mission in Südafrika, gegen Elim und Valdesia, die beiden Bassuto stamme von M o - letsche und von Mpefu aufgeboten. „Eines Sonntags im Mai", so wird darüber berichtet, „als die Schweizer Brüder in Elim auS der Kirche kamen, fand sich der leitende Missionar um zingelt von Bassuto, welche Waffen trugen. ..Was wollt Ihr? Wen sucht Ihr?" fragte «r sie. „Wir suchen Dich, um Dich ge fangen zu nehmen.' Zum Glück konnten die treuen Christen der Station jetzt noch dazwischen treten; allein als der Missionar in das Missionshotpital kam, fand er auch dort den Mssionsarzt in heftigem Wortwechsel mit den Bassuto. So half e» nichts, die Missionsgeschwister mutzten sich von den heidnischen Bassuto als Gefangene fortführen lassen. Dieses Aufgebot roher Heiden gegen dir friedlichen Missionare ist etwas Unerhörtes, jeder Mis sionar und jeder Christ, der die schwarzen Heiden lieb hat, mutz es aufs Tiefste bedauern. Der Oberst Greenfield wollte sich zwar, als er von den, noch dazu durchaus den Engländern freund lichen Schweizern deshalb zur Rede gestellt wurde, herausrrden, di« Bassuto seien nur gegen die Boeren aufgeboten; aber di« Bassuto behaupteten entschieden, den Auftrag zu haben, das Land von ftdem Weiß«« zu säubern." — Gegen die Berliner Station Tschakoma rückten die Horden de» Srzbeidrn Mpefu heran. Bereits war ein Farmer in der Näh« der Station erbarmungslos von ihnen ermordet. „Nun sollten", schreibt Missionar Wetzmann, „wir an di« Reihe kommen. Man hatte dazu den nächsten Sonntag (9. Juni) ausersehen, wo ntan un» während deS Gottesdienstes umzingeln und ermorden wollte. Jedoch ein Nachbarhäuptling sandte mir rin« Botschaft, welch« er kennen ließ, daß wir in grotzer Gefahr standen. Wir verstanden den Wink." Der Missionar schildert dann sein glückliches Ent- kommen. — Auch die Missionare von Blauberg und Molltschc sind gefangen von ihren Stationen wrggeführt und werden irgendwo in einem englischen Camp festgehalten. Den Hermannsburger Missionaren im Zulu-Lande ist es bisher noch gelungen, den Zuluhäuvtling Dinisulu, den Sohn des berüchtigten Letschwayo, ruhig zu halten, wiewohl et an seinem Hefe an starker Krirgspartri nicht fehlt, welche den Aufstand predigt und Dinisulu mit sich fortzu- reitzen sucht. Di« Feinde bieten Alles auf, um die Missionare in Mißkredit zu bringen und zu verdächtigen; hoffentlich hält Dinisulu trotz aller Verleumdungen Stand. Im Oranje-Freistaat hatten wir gehofft, daß mit der Rückkehr des Missionars Brune auf der Berliner Station Adamshoop wieder geordnete Zustände eintreten würden. Nun schreibt dieser Missionar: „Im Mai und Juni hatten englische Colonnen das Land rund um uns her ausgeräumt und Leute und Vieh fortgeführt. Fast alle Gemeinveglieder, die noch außer halb Adamshoop und Portjesdam wohnten, sind in der Zeil fort genommen, so daß unser Häuflein dasaß, wie eine Nachthütte im Kürbisgarten. Da Krachs am 27. Juni auch über uns herein. Ein Theil der Leute wurde fortgeführt; der andere Theil wurde freigelassen unter der Bedingung, daß sie selbst fortzögen, den Anderen wurde angesagt, daß man sie holen würoe, wenn sie nicht selbst gingen. Damit war es entschieden. . . ." * Haag, 2. November. (Telegramm.) Fischer, Wol- marans und Wessels begaben sich beute mit kau Boesckoten nach Hilversum, wo vr. LeydS sich seit gestern Abend aufbält. Sie batten beute mit dem Präsidenten Krüger in dessen Wohnung eine Besprechung. Wie sebr die Engländer die gefangenen Boeren von der Außenwelt abschließen und wie sebr sic darauf bedacht sind, daß die Boeren keine Nachricht von außen empfangen, beweist Folgende«: * Wie wir seinerzeit mittbeilten, halte daS Collegium der Evangelisck-Lu iberisch en Mission zu Leipzig den Missionar Dachselt ermächtigt, nötbigenfallS Geldmittel bi« zur Höbe von 1000 Rupien zu verwenden, um die Lage der in Tritsckinopoli (Indien) gefangen gebaltenen Boeren zu erleichtern. Wie jetzt das „Evangelisch lutherische Missionsblatt" meldet, ist Missionar Dachselt außer Stande gewesen, etwas zur Erleichterung deS LcoseS der Gefangenen zu tbun. Die Beaufsichtigung derselben wird so streng dnrckgesüdrt, daß eS unmöglich ist, auch nur ein Wort mit ihnen zu reden. AuS den den Gefangene« zugänglichen indischen Zeitungen wird dasjenige berauSgescknitten, was für die Engländer un günstig scheint, und die Eorrespvndenz wird streng überwacht. Der Commandant deS LagerS, Major Sharp, den Missionar Dachselt ausgesucht hat, um ibn zu fragen, in welcher Weise er zum Besten der gefangenen Boeren etwas tbun könnte, bat ibn sehr unfreundlich behandelt und ibm erklärt, er könne ihn sofort arretiren lassen; wie er sich untersteben könne, ebne Paß ins Lager zu kommen. DaS Anerbieten einer Unterstützung für die Gefangenen hat der Commandant feiner vorgesetzten Behörde mitgelheilt und auf deren Gebeiß abgelcbnr. Ergänzt wird diese Miltheilung durch eine Depesche, die unS auS Berlin zugeht: 6. 8. Berlin, 2 November. (Privattelegramm.) Nach Mittdeilung des kaiserlichen ConfulaiS in Colombo ist von den Engländern die Erlaubnis für Beurlaubung deutscher Mann- schäften an Land daselbst sehr eingeschränkt worden, wahr- scheinlich wegen der Anwesenheit gefangener Boeren in Colombo. Deutsches Reich. -i- Berlin, 2. November. (Der Export der Firma Krupp und die deutschen Interessen.) Professor R. Ehrenberg, der in der „Deutschen Rundschau" eine Reihe von Untersuchungen über die Entstehung und Bedeutung grotzer Vermögen veröffentlicht, beschäftigt sich im November hefte der genannten Zeitschrift mit der Firma Krupp. Ehren berg geht dabei auf die sehr wichtige Frage ein, ob der i n t e r - nationale Absatz der Krupp'schen Geschütze mit den deutschen Interessen vereinbar sei. Daß der Gedanke, Kriegswaffen deutschen Ursprungs könnten der Bekämpfung deutscher Truppen dienen, dem natürlichen Empfinden widerstrebt, hebt auch Ehrenberg hervor. Und den Wunsch, die in Deutschland hergestellten besten Geschütze möchten nur im deutschen Kriegsdienste verwandt werden, findet Ehrenberg ebenfalls begreiflich. Aber welche Mahregeln von tiefgreifender Bedeutung der Erfüllung dieses Wunsches vorher gehen müßten, darüber äußert sich Ehrenberg u. A. wie folgt: „Krupp'S Geschützexport ist keine Neuerung. Die Herstellung von Kriegswaffen hat sich seit Alters zum großen Theile als Privatindustrie, und zwar auch als für den Export arbeitende Industrie entwickelt. Man hat Waffen fabricirt und exportirt, als wären es beliebige andere Maaren. Nur die Herstellung ein zelner Kriegswerkzeug«, namentlich solcher, die vorzüglich lange Geheimniß bleiben sollen, hat der Staat sich selbst Vorbehalten. Er könnte dies sehr wohl hinsichtlich aller Kriegswerkzeuge thun. Dann müßte er freilich auch jede Verbesserung der Kriegstechnik durch inländische Erfinder selbst erwerben. Und soweit er sie der Industrie schon zur Ausbeutung überlassen hätte, müßte er die ganzen daraufhin entstandenen Fabrikbetriebe verstaatlichen, d. h. die Fabrikanten entschädigen. DaS würde natürlich di« volkSwlrthschaftliche Entwickelung sehr hemmen. Bei Krupp wären in solchem Falle nicht 40 000 Geschütze hergestellt worden, sondern vielleicht nur einige Tausend für den inländischen Be darf. Ein Unternehmen, daS 100 000 Menschen ernährt, wäre nicht entstanden. Damit wären auch die meisten indirekt durch .Krupp veranlaßten Fortschritte der volkswirthschaktlichen Ent wickelung auSaeblieben. Hätte die Qualität der Geschütze von einem Staatsbetriebe ebenso hoch gesteigert werden können, wie bei Krupp? Insofern ein so großer Betrieb nöthig war, um diese hohe Qualität zu erzielen, wäre die entsprechende Wirkung jedenfalls ausgeblieben. Im klebrigen wäre es einem Staats betriebe vielleicht möglich gewesen, die Qualität sehr zu vervoll kommnen, wenn er die außerordentlich großen Opfer für die Versuche gebracht, seine Constructeure und Arbeiter ebenso gut bezahlt, letztere ebenso gut geschult hätte, wie Krupp. Ob diese Bedingungen für einen Staatsbetrieb erfüllbar sind, ist mindesten» zweifelhaft. Wollte der Staat vollends etwa die Krupp'schen Werk« in ihrem jetzigen Umfange ganz oder theil. weise verstaatlichen, so müßte er ungemein tief m seinen Säckel greifen. Man mutz hier schließlich volkswirthschaftliche und finanzielle Interessen gegen militärische und politische abwägen. Bisher haben jene in letzter Linie noch den Ausschlag gegeben. Das kann sich sehr wohl einmal ändern. Doch wird man sich dann entschließen müssen, sehrgroßewirth- schaftliche Opfer zu bringen." Berti», 2. November. (Analphabeten-Statistit und Polenthum.) Die soeben amtlich veröffentlichte und schon kurz erwähnte Statistik der Analpha beten des preußischen Heeres- und Marine-Ersatzes in dem Ersatzjahre 1900 ist für den Polonismus und seine Gönner besonders lehrreich. Gerade in letzter Zeit ist von den Polen und ihren klerikalen Gönnern über „Schulhakatismus" auf oas Lebhafteste gezetert worden. Die Thatsachen der Statistik aber beweisen, wie unbegründet jene Klagen, die in der Absicht einer Vermehrung des polnischen Unterrichts vorgebracht werden, in Wirklichkeit sind. Bei dem Ersatz für das Landheer gelangten nämlich aus Ostpreußen 22, aus Posen 45 und aus Schlesien 12 Mann zur Einstellung, die Schulbildung nur in der nichtdeutschen Muttersprache, d. h. also jedenfalls im Polnischen, besaßen. Bei dem Ersatz für die Marine fanden sich blos aus der Provinz Posen 4 Mann, die lediglich in der nichtdeutschcn Muttersprache Schulbildung hatten. Dagegen besaßen Schul bildung im Deutschen bei dem Ersatz für das Landheer in West preußen 8512 Mann, in Posen 10 825, in Schlesien 18 125; bei dem Ersatz für die Marine besaßen Schulbildung im Deutschen in Westpreußen 452 Mann, in Posen 159, in Schlesien 305. Man ersieht hieraus, was auf die Behauptung zu geben ist, daß durch die Beschränkung des Unterrichts im Polnischen, wie sie ungefähr in den letzten 7 Jahren besteht, weder im Deutschen noch im Polnischen Erfolge erreicht würden, die auch nur bis zur Militärzcit Bestand haben könnten. Im Vergleich mit dem Ersatzjahre 1880/81 ist der Procentsatz der Analphabeten Preußens von 2,37 Procent auf 0,10 Procent gefallen. Um diese Zahlen in noch helleres Licht zu rücken, sei erwähnt, daß in dem gelobten Polenlande Galizien im Jahre 1890 auf je 10 000 Uebersechsjährige 6487 männliche und 7160 weibliche Ganz analphabeten, sowie 774 männliche und 1026 weibliche Halb analphabeten gezählt worden sind! In Galizien aber ist von „Hakatismus" doch keine Rede. DaS dortige Analphabetentum hängt demnach wohl mit einer durch die polnische Verwaltung ge förderten nationalen Eigentümlichkeit einigermaßen zusammen. * Berlin, 2. November. Die amtlichen Ermitte lungen über die Arbeitslosigkeit, die in Preußen, Bayern, Hessen und Baden veranstaltet werden, geben dem „ArbeitSmarkl", der schon seit längerer Zeit für die periodische Auszählung der Arbeitslosen eingetreten war, Veranlassung zu Betrachtungen, in denen die Einziebung dieser ArbeilSmarkt- bericbterslattunz in die amtlichen Aufgaben der Staatsbehörde« als dankenswerter Forticbrilt bezeichnet wird. Stelle man sich gegenüber den amtlichen Erlassen auf einen streng wissenschaftlichen Standpunkt, so müsse man allerdings ver langen, daß die Erhebungen in klarer Weise entweder als Enqueten oder als Zäblungen veranstaltet werden. In ersterem Falle müsse man grundsätzlich die Vornahme der Enquete unter gleicher Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitern verlangen. Im letzteren Falle müßten, wenn das Ergebniß zuverlässig sein soll, sowohl Beschäftigte als Un beschäftigte gezählt, d. b. es müßte, wenn auch nicht gerad« eine Volkszählung, so doch eine sogenannte Personenstands aufnahme veranstaltet werden. Der „Arbeitsmarkt" e>klärt aber weit davon entfernt zu sein, in dem gegenwärtigen Stadium aus diese grundsätzlichen Forderungen bas Haupt gewicht zu legen, zumal die Erlasse noch nicht im Wortlaut vorlicgen. Mit Reckt aber wird der Wunsch ausgesprochen, daß die Veröffentlichung der Ergebnisse möglickst rasch erfolgen möge, da die Erhebungen für das gejammte Erwerbs leben desto bedeutungsvoller sein werden, je schneller sie der Ocffenllichkeit zugänglich werden. (-) Perlt», 2. November. (Telegramm.) Zur gestrigen Abendtafel beim ttalfcrpaare war Frau v. Trotha, Gemahlin des Hofmaischalls, geladen. — Heule Vormittag von 9 Uhr ab Körle der Kaiser die Vorträge des Staatssekretärs des ReichSmarineamtS und deS Chefs des MarinecadinetS. Um 12^/« Uhr nabm der Kaiser die Rapporte der Leib regimenter und militärische Meldungen entgegen. * Thor», 1- November. Wegen Beleidigung der Postbeamtenschaft durch die Presse ist kürzlich der frühere verantwortliche Redacteur der in Thorn erscheinenden polnischen Zeitung „Gazeta Torunska" zu zwei Wochen Gefänyniß und in die Kosten verurtheilt worden. In dieser Zeitung war in einem Artikel darüber hergezogen tvorden, daß postseitig die pol nische Bezeichnung „Torun" für die Stirbt Thorn nicht verstanden werbe. Es wurde die Behauptung aufgestellt, dies geschehe nicht in böser Absicht, sondern nur in Follge Unwissenheit und Stumpf sinnes; es sei bekannt, baß zur Post überwiegend solche Leut« gingen, di« sich wegen Mangels an Fähigkeiten anderen Berufen nicht widmen könnten, man müsse deshalb an die Gründung einer Fortbildungsschule für sie denken. Der Staatssekretär des Reichs postamtes stellte wegen der den ganzen Postbeamtenstand be treffenden Beleidigung als dessen höchster Vorgesetzter Straf antrag. Tie l. Strafkaminer des Landgerichtes tn Thorn hielt die Absicht der Beleidigung für unverkennbar und verurtheilte den Angeklagten zu der vorerwähnten Strafe, weil der Zeitungsartikel so schwere Beleidigungen einer angesehenen Beamtenclasse ent halte, deren Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit im Publicum stets warme und ungetheilte Anerkennung gefunden, daß es geboten erschien, auf eine Freiheitsstrafe zu erkennen. (-) Pofen, 2. November. (Telegramm.) Der Polizeipräsident v. Hellmann ist ermächtigt, dem „Posener Tageblatt" zu erklären, daß die Meldung, der Cafetier Hatjek habe «men Aus weisungsbefehl erhalten und am 31. Lctober dir Eiadt Pofen verlassen müssen, thatjächlich unrichtig ist »nd jeder Begründung entbehrt. iv. Weimar, 1. November. Die Vorlagen, welche den am 25. dieses Monats wieder zusammentretendcn Landtag be schäftigen werden, sind noch nicht bekannt. Bei Schluß der letzten Tagung erklärte Staatsminister vr. Rothe, daß noch einige dringliche Vorlagen vorhanden seien, die unter Umständen noch vor Schluß deS Jahres erledig! werden müßten. Von der letzten Tagung liegen noch einige unerledigte Vorlagen vor, vor Allem ein« solche über Schaffung eines Forstreservefonds. Diese Vorlage ist kürzlich in der Presse ungünstig beurlbeilt worden. Es wurde gesagt, die Erfahrungen mit der Leipziger Bank regten nicht dazu an, das in den Forsten ruhende Capital zu versilbern. Die beiden Forstleute im Landtage indeß, Ober-
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