02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011102027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901110202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901110202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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ÄmtMatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Ruthes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die (»gespaltene Petitzeile 25 Necla men unter dem Redactionsstrich (-gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten («»gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra - Beilagen igefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 00.—, mit Postbesörderung »i 70.—. Ännahmeschluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 56«. 95. Jahrgang. Sonnabend den 2. November 1901 Der Krieg in Südafrika. Abermals ein Erfolg der voeren. —p. Am 24. October brachte Delarey einer Colonne des Generals Methuen im Westen Transvaals am großen Maries- flusse eine erhebliche Schlappe bei und unterm 2. November muß der officiöse Telegraph vom östlichen Transvaal nicht minder schlimme Botschaft nach London übermitteln. Man meldet uns: * London, 2.November. (Telegramm.) „Reuter'S vnrean" berichtet au» Pretoria: Die voeren über fiele« beiverkealaagte, vordwrftlich von Bethel, die Nachhut der Eoloane de« Obersten venson bei dickem Nebel, venson selbst, 8 vsfietere nnd 58 Mann sind gefallen» IS vffteiere nnd 156 Mann ver wandet. Zwei Geschütze find verloren; Lord Kitchener nimm» jedoch an, datz sie wiedererlangt find. Kitchener'- vor Schluß der Redaktion uns zugehende Meldung bestätigt da- Reuter-Telegramm vollauf. Sie besagt: * London, 2. November. Lord Kitchener meldet aus Pretoria vom I. November: „Ich erfahre soeben, daß ein hef tiger Angriff auf die Nachhut des Obersten Benson statgefunden hat, dessen Truppen etwa 20 Meilen nordwestlich Bethels in der Nähe von Berkenlaagte standen. E» herrschte dicker Nebel. Der Feind soll etwa 1000 Mann stark gewesen sein und sich auf die beihen Geschütze ge worfen haben, die sich bei der Nachhut befanden. Ich weiß nochnicht.obmanim Stande war,sie zuret- t«n;ichfürchte,dieB«rlustesind schwer. Bcn- son selbst ist seinen Verletzungen erlegen. Ent satzmannschaften treffen heute früh bei Benson's Truppe ein." — Ein zweites Telegramm Kitchener's lautet: „Oberst Barterist heute früh beiBenson's Truppen ein- grtroffen, ohne auf Widerstand zu stoßen; er berichtet, daß außer Benson achtOfficiere gefallen und dreizehn verwundet sind, und zwar fast alle schwer. Von den Mannschaften sind 58 todt und 156 verwundet. Ich nehme an, daß die Geschütze wieder erlangt sind. Der Feind zog sich zurück. Oberst Barter meldet noch, daß der Kampf fast Mann gegen Mann geführt worden sei. Auf beiden Seiten ist mit großer Energie gekämpft worden; auch der Feind hatte schwere Verluste (?) und hat sich in östlicher Richtung zurückgezogen. Getrübt wird die Freude der Boerenfreunde allerdings in etwas durch die folgende Nachricht: * Vonbon, I. November. Eine Depesche des Generals Kitchener au- Pretoria vom heutigen Tage besagt: Oberst Kek« wich meldet, daß er nach drei Nachtmärschen van A l - hert'll Lager in Beestekraalindrr Nähe von Rusten- burg (am WitwaaterSrand, östlich von Pretoria) überraschte und 78 Gefangene machte, darunter den Lommandanten Klapper. Im Vergleich zu dem Erfolg der Boeren bei Berkenlaagte ist dieser Handstreich zum Glück nicht von besonderem Belang. Von einem bei dem Ueberfall stattgefundrnen Kampfe berichtet Kitche ner nichts. Vielleicht hat ein solcher doch stattgefunden, und dann ist er für die Engländer gewiß verlustreich gewesen. Das englische Pferdcdepot aufgehoben? * Berlin, 2. November. (Telegramm.) Rach der „Deutschen Tageszeitung" soll ans Kapstadt die Meldung eingetrofsen sein, Satz die Boeren Vas Hauptpferdc- bepot der britischen Armeevermaltung mit Tausenden von Pierven in der unmittelbaren Nähe vou Kapstadt aufgehoben haben. Etwas Schlimmeres könnte die Engländer nicht treffen, haben sie dock» ichon den letzten Ersatz an Cavallerie ohne — Pferde nach Afrika beordern müssen! Englischer „Ersatz". Die Nachwirkungen des Feldzuges, über dessen äußerst ernste Lage die zuversichtlichen Reden des englischen Colonialsekretärs nicht Hinwegtäuschen können, werden neuerdings durch zwei Mel dungen charakterisirt, die zu den von Vertretern der Regierung gethanen Aeußerungen, daß das Vereinigte Königreich die Mittel besitze, die Kriegsführung in Südafrika intensiver als bisher zu betreiben, in einem auffälligen Widerspruche stehen. Es ist all gemein bekannt, daß schon kurze Zeit nach Beginn des Krieges die an die körperliche Beschaffenheit der Recruten zu stellenden An sprüche stark herabgesetzt wurden, und die Thatsache, oaß eine Anzahl mit größeren oder geringeren Fehlern behaftete Leute ausgehoben und für die Verwendung auf dem Kriegsschauplätze bestimmt worden sind, hat durch die zuständigen Behörden nicht widerlegt werden können. Auch eine jüngst ergangene Bekannt machung, welche die für die Ersatzmannschaften der leichten Marine-Infanterie geforderte Größe auf ein erheblich verringer tes Mindestmaß festsetzt, und nicht minder die in zahlreichen Tagesblättern veröffentlichten Aufforderungen zum Eintritt in die genannte Truppe gestatten keineswegs, zu glauben, daß die beruhigenden und zuversichtlichen Mittheilungen des Kriegs ministers wie des Colonialsekretärs über die Möglichkeit, nicht nur einen ausreichenden Ersatz nach Südafrika zu schicken, sondern sogar weit größere Truppcnmassen als bisher dort in Action treten zu lassen, auch nur annähernd der Wahrheit entsprechen. Vielmehr muß jeder unbefangen Urtheilende aus solchen An zeichen die Gewißheit entnehmen, daß in England der Mangel an verfügbaren Mannschaften, trotz der für die Einstellung gewähr ten Erleichterungen und Vergünstigungen, von Woche zu Woche fühlbarer wird. In welch umfassender Weise alle nur irgendwie brauchbaren heimischen Mannschaften für die Verwendung auf dem Kriegsschauplätze bereits herangczogen worden sind, läßt sich aus der weiteren Meldung entnehmen, daß es in allen inlän dischen Häfen, in den Docks, auf den staatlichen Arsenalen, Magazinen und Werften schon seit längerer Zeit an genügenden Arbeitskräften fehlt. Erinnert man sich zugleich, daß aus allen Weltgeqenden von der Werbethätigkeit englischer Agenten berichtet wird, so dürfte damit die Glaubwürdigkeit der von Vertretern der englischen Regierung gegebenen Versprechungen über eine schnelle Beendigung des südafrikanischen Krieges, die durch eine bedeutende Verstärkung der bereits im Felde stehenden Truppen- theile erreicht werden sollte, auf das richtige Maß zurück geführt sein. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2 November. Die „Germania" spielt ihre Nolle als „ NeichSan « zeiger" weiter: während das amtliche Organ sich in Bezug auf den Eid des Bischofs vo» Merz nach wie vor in Schweigen hüllt, übernimmt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" aus der „Germania" den angeblichen Wortlaut des von Bischof Benzler, wie man nunmehr annehmen muß, thatsächlich geleisteten Eides. Dabei verliert das Centrumsorgan nicht ein einziges Wort der Berichtigung seines eigenen früheren Berichtes, der nothwendig zu der An nahme führen mußte, daß die „Ansprache" des Bischofs an die Stelle des Eides getreten wäre. Das Centrumsorgan verliert ferner nicht ein einziges Wort der Erklärung über die Art, wie sein falscher Bericht zu Stande gekommen ist. Giebt schon diese Zurückhaltung zu denken, so gilt das Gleiche von dem Versuche der klerikalen „Köln. Volksztg.", die Unterdrückung des Eides in dem Berichte der „Germania" zu rechtfertigen. Das rheinische Centrumsblatt beruft sich nämlich auf das Verhalten der amt lichen „Straßburger Korrespondenz", die ebenfalls den Wortlaut des Eides nicht wiedcrgegeben hat. Ein solcher Vergleich hinkt aber insofern, als die „Straßburger Korrespondenz" wenigstens die Thatsache der Vereidigung nach der Ansprache erwähnte, während die „Germania" die Vereidigung selbst unterdrückte. Die „Köln. Volksztg." legt sich ferner in ganz haltloser Weise den Grund zurecht, der die „Straßburger Korrespondenz" zum Ver zicht auf die Mittheilung des Wortlautes des Eides bestimmt habe. Die „Straßburger Korrespondenz" habe den Eid als etwas Feststehendes und deshalb als bekannt vorausgesetzt. Wie wenig indessen selbst in den Reichsbanden 'der Wortlaut des Eides be kannt ist, geht zur Genüge aus dem Umstande hervor, daß der in Straßburg erscheinende klerikale „ E l s ä s s. V o l k s b o t e " die Ansprache des Bischofs Benzler als Eid behandelt und für voll kommen genügend erklärt hat. Wenn die „Köln. Volksztg." im Zusammenhänge hiermit den Kritikern der Ansprache des Bischofs andeutungsweise Pflichiwidrigkeit vorwirft, weil sie den Wort laut des Eides nicht „nachgeschlagen" hätten, so ist dies eine leere Verdächtigung. Französische Gesetzsammlungen stehen nicht überall zur Verfügung und die hervorragendsten und gebräuch lichsten Handbücher des Staats- und Kirchenrechts enthalten den Wortlaut des durch das französische Concorvat von 1801 in der Hauptsache festgesetzten Eides nicht — selbst nicht das katholische „Kirchenlexikon". Es ist uns aus diesem Grunde auch nicht möglich gewesen, quellenmäßig festzustellen, ob der vom französischen Concordat festgesetzte Bischofseid dem Bischof das Gelöbniß abnimmt, „die Ketzer zu verfolgen und bis aufs Aeußerste zu bekämpfen". — Im Hinblick auf die vorstehen den Worte ist trotz der Mittheilung der „Germania" über den Eid Bischof Benzler's ein amtlicher Bericht über den Eid unbedingt nothwendig. Daß ein der- ur.iger amtlicher Bericht dec Ocssintlickcheit vorent halten wird, ist beim besten Willen nicht anders als mit der Furcht vor den Französlingen in Metz zu erklären. Man fürchtete wahrscheinlich, daß die Französlinge dem neuen Bischof unliebsam begegnen könnten, wenn seine Verpflichtungen gegen über dem Träger der deutschen Staatsgewalt der Bevölkerung vor Augen gehalten würden, und so lange die „Germania" keine glaubhafte Erklärung für das Zustandekommen ihres ersten, falschen Berichtes giebt, darf man die Unterdrückung des Eides in ihrem Berichte mit der Absicht erklären, denAnschrinzu erwecken, als ob der neue deutsche Bischof gegenüber dem deutschen Kaiser zu gar nichts verpflichtet wäre. Der Berliner Magistrat bat fick, wie der Teleqrapb bereits gemeldet bat, gestern einstimmig der Reckts- anickauung der Stadtverordnetenversammlung bezüglich der Bürgerinrist r Anaelcgci hktt angeickloffen, d. b. er bat sich zu der Ansickt bckebren lassen, daß der Oberpräsident v. Betbmann-Holltveg verpflichtet gewesen wäre, dein König das Gesuch um Bestätiaung dcS zum zweiten Male znm Bürgermeister gewählten StadtratbsKa uff mann auch formell zur Entscheidung vorzulegen. Dem Ersuchen der Stadtverord neten, über die vom Oberpräsidenten verweigerte Weitergabe des BestätigungSgesucho an den König Beschwerde beim Minister des Innern zu erheben, bat der Magistrat nickt stattgegeben; er wird sich darauf beschränken, den Minister zu ersuchen, seinerseits das BestängungSgesuch dem Könige zu unter breiten. Dieser Beschluß verrälh die Absicht, eö mit der Stadtverordnetenmajorität nickt zu verderben, aber auck der sckarfen Zurückweisung zu entgehen, die eine von dieser Majorität verlangte Besckwerde zur Folge haben müßte. Darüber wird freilick der Magistrat auch nicht im Zweifel sein, daß ein Bittgang zu dem Minister des Innern, ohne dessen Zustimmung der Ober präsident sicherlick nickt gebandelt bat, fruchtlos bleiben wird. Nur die Tonart der Abweisung wird durch den Bittgang gemildert werden. Was der Abweisung folgen wird, stebt noch dahin. Der Oberbürgermeister wünscht bekanntlick, daß Herr Kauffmann nachträglich die auf ibn gefallene zweite Wahl ablehne und dadurch eine Neuwahl ermögliche. Da aber nicht darauf zu rechnen ist, daß Herr Kauffmann fick durch eine nachträgliche Ablehnung in den Augen seiner Wähler „blamiren" werke, so ist eS unserer Ansicht nur noch fraglick, ob der Abweisung die sofortige Einsetzung eines königlichen Commissars folgt, oder ob der Magistrats beschluß, statt des Beschwerdeweges den Bitlweg einzuichlagen, nur eine Wiederholung der Anbeimgabe, im Falle deS Be dürfnisses einen geeigneten städtischen Beamten als Eommissar in Vorschlag zu bringen, zur Folge haben wird. Jedenfalls bat der Magistrat in seiner unbehaglichen Lage zwischen zwei Feuern die Stellung eingenommen, in der er mit Len ge ringsten Brandwunden davonkommt. Aus Bukarest, 29. Oktober, wird uns geschrieben: Großes Aufsehen erregt in ganz Rumän en ein« Rede, welche am Sonn tag Take Jonescu bei einem altconserocttiven Parkeibankett in Craiova gehalten hat. Take Jonescu erhob näm,.^ die Forderung, daß Rumänien die verfassungsmäßigen Hindernisse beseitigen müsse, die es gegenwärtig der Niederlassung Fremder und ihrer Capitalien entgegenstclle. Nur auf diese Weise würden die wrrth;chaftlichrn Verhältnisse Rumäniens sich wieder bessern können, denn die Maßregeln der jetzigen Regierung könnten wohl den Zweck er reichen, d'c Staatsfinanzen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, vermöchten aber das Grundübel selbst, die wirkhschafklicke Krisis, nicht zu befestigen. Selbstverständlich müßte den fremden Kapi talien auch voller gesetzlicher Schutz gewährt werden. Take Jonescu hat damit eine Frage angeschnitten, die oft discutirt wurde, der aber die Parteien bisher ängstlich aus dem Wege gingen, da sie befürchteten, für unpatriotisch zu gelten, wenn sie für die Zulassung Fremder cintreten würden. Der Beifall, den Take Jonescu mit seinen muthigen, weitausschauenden Worten bei seinen Parteigenossen findet, mag indessen als Beweis gelten, daß man nunmehr die Zeit für gekommen erachtet, die chinesische Mauer niederzureißen, mit welcher sich Rumänien bisher umgeben hatte. , Die mit einem Kostenaufwande von über 60 Millionen Mark von den Tastern and Castern Extension Trlegraph-Gesellschaften unternommenen Arbeiten an einer neuen Uabrlvtrvt»0«»> zwischen y> gtaud nnd Austral en gehen ihrem Ende entgegen Der erste Theil des Unternehmens, die submarine Drahtleitung von der Küste der Grafschaft Cornwall rach dem Cap, wurde so rasch gefördert, daß der Betrieb schon im ersten Drittel des vergangenen Jahres eröffnet weiden konnte. Kürzlich ist nun auch die Verbindung zwischen Südafrika und Westaustralien Lsnilleton. L, Nittertzut Tresstn. Roman von Robert Misch. Ihre eigenen Briefe waren freilich anders ausgefallen; denn so die rechte Heiterkeit war ihr von den Schuljahren an, seit dem Tode der Mutter, abhanden gekommen. Manchmal, ja sogar recht oft, erschien ihr daS Leben in ihrem freudlosen Heim, das sich von der Jugend und Fröhlichkeit abschloß, trübe und wertblos. Al» der Zug hielt, wartete sie, bis die Retsegenossen aus gestiegen waren;'aber kaum hatte sie den Futz auf das Trittbrett gesetzt, so hörte sie schon eine laute Stimme, dir nach Berliner Art in schrillen Tönen ries: „Lieschen, Lieschen ... na also, da bist Du ja! Na, weißt Karl, da hat er daß arme Wurm dritter Tlasse fahren lassen? Wir hatten Dich überhaupt mit dem Schnellzug erwartet, und wär« Drin Telegramm nicht gekommen . . . Nein, Karl, steh blo», wie hübsch da- Mädel geworden ist! Dir ganze Mutter! viel hübscher al» auf drn häßlichen, tlein- stitdtftchm Bild«»!' Dir Tantr sagtr noch Einige», wa» Litbeth in der Auf- «guna Har nicht vrrstand, kütztr sir hrrzlich ab und Ubrrfluthrte sie mit einem Strom von Liebenswürdigkeiten, so daß drr Onkel Professor gar nicht zu Worte kommen konnte. Drr Onkel begnügte sich damit, ihr die Hand kräftig zu schütteln, ihren Handkoffer zu nehmen und da» Gepäck mit Hilfe eine» Träger» zu besorgen. Endlich saßen st, in der Droschke und fuhren lo». Rings umher tobte dir riesige Stadt. Lisbeth war anfang« ganz be- stürit und betäubt von dem Höllenlärm, von den nie gehörten Geräuschen, dem Geraffel drr Droschken und Lastwagen, dem Geklingel, Schreien, Rufen, dem Menschengewimmel und der tägigen Beleuchtung — von dem ganzen weltstädtischen Ge triebe, da» dem Berliner so selbstverständlich und kaum mehr brachtentzwerth erscheint, den Neuling aber im Anfang über wältigt, bi» auch er sich daran gewöhnt hat. Onkel und Tante schienen ihren Gemüthözustand nicht zu bemerken und überschrieen den Lärm mit ihren lauten Berliner Stimmen. Und Bride sprachen sie so fröhlich und großstädtisch lebhaft, sie sahen so lebensfreudig au», daß e» Lisbeth zuletzt ansteckte und wi, rin Fieber, »in Rausch überkam. Si, selbst lachte und erzählte nun so lebhaft, wie sie es kurz vorher gar nicht für möglich gehalten. Dabei schaute sie immer wieder zum Fenster hinaus auf die Straße, bewunderte die hohen Häuser, die vielen, taghellen Lichter, die eiligen, rastlosen Menschen. Als Kind war sie ein mal in Berlin gewesen, aber die Erinnerung daran war nur schattenhaft. Es war Alles untergegangen in ihren häuslichen Pflichten und dem ganzen Bauern-Milieu. Sie tonnte sich im Stillen nicht genug wundern über ihre Verwandten. War denn die Zeit, die sie so alt, wenigstens innerlich, gemacht hatte, spurlos an ihnen vorübergegangen?! Die Tante, die doch nicht mehr jung sein konnte, sah dennoch so frisch, so elastisch, so elegant und modern auS, so ganz anders alt die GutSnachbartnnen und die Klützower Damen mit den Kleinstadtallüren, den scheußlichen Capotthüten, den Zwirn handschuhen und der Mode von vorgestern. Und der Onkel erst! Er muhte beinahe so alt sein, wie drr Papa; aber da» konnte Niemand ahnen. Haar und Bart noch dunkelbraun, sehr sorgfältig und elegant gekleidet, ein liebenswürdiger Cavalier. Al» sir nach einer endlosen Reise, die zuletzt durch stille, vornehme Straßen und ein Stück Thiergarten führte, vor einem stattlichen, hohen Hause hielten und durch das buntbemalte Vestibül, über die rothbelegten Treppen mit geschnitzten Ge- ländern in den sehr hohen dritten Stock hinaufstiegen, wurve es Lisbeth wieder bang ums Herz. Es war doch offenbar Alles furchtbar nobel da; und wenn sie nun jetzt mit Onkel und Tante sveisen und sich bei Beleuchtung als interessante, geist reiche Nichte präsentiren sollte . . . Sie war so an die Ein samkeit gewöhnt, und jetzt kam auch plötzlich die ganze Reise müdigkeit über sie . . . Fast bereute sie eS, ihre heimischen vier Pfäble verlassen zu haben, wo Niemand besondere geistige und gesellschaftliche Ansprüche an sie stellte. Aber sie hatte den Takt und die Feinfühligkeit der Ver wandten doch unterschätzt. Die Tante führte sie in ein reizen de», kleines Zimmerchen und bat sie, e» sich nach der lärmen Reise bequem zu machen, Pantoffel und Gcklafrock anzuziehen und es ungenirt zu sogen, wenn sie vielleicht lieber in ihrem Bett, behaglich au-gestreckt, da» Abendbrod verzehren möchte. Wenn drr Tante und der Onkel r» nicht übel nähmen, würde sie da» in drr That vorziehen; denn sie sei wirklich sehr ab gespannt, entgegnete Lisbeth erröthend und schüchtern. „Weshalb denn übelnehmrn? Wir Großstädter machen nicht so diel Umstande wie Ihr. Erst komme ich, dann kommen erst die Anderen — natürlich so weit e» Takt und Anstand erlauben. Urbrigrn» wird der Onkel nicht weiter unangenehm berührt sein. Am Mittwoch fühlt er einen inneren Drang zum Scatspielen — es ist sein Jour. Also marsch, marsch inS Bett!" Nachdem sic fori war, fand Lisbeth endlich Zeit, sich in ihrem neuen Heim umzusehen; und sie that dies unterm Aus kleiden mit der ganzen, gründlichen Neugier der noch nie aus ihren vier Wänden gekommenen Landbewohnerin. Ach, war das nett hier, unbeschreiblich gemüthlich. Sie hatte daheim ihr eigenes Stübchen mit ihrer Hände Arbeit auS- geschmückt, mit Deckchen und Kissen, mit Bildchen und Blumen. Aber was war das gegen hier, wo man blos auf einen Knopf zu drücken brauchte, und plötzlich ein strahlendes Licht aus einer blauweißen Lilie an der Decke das ganze Zimmer übersluthete! Und die hübsche Chaiselongue, mitten ins Zimmer hinein geschoben, so mollig, mit einem großen, weißen Fell und kost baren Scidenkissen! Und der hübsche Spiegelschrank, in dem man sich in ganzer Figur sehen konnte, und ein Teppich über den ganzen Boden! Wenn das der Fritz sähe! Das war so etwas für seinen künstlerischen Geschmack! Der arme Junge, der jetzt so ganz allein mit dem Vater hauste, that ihr plötzlich furchtbar leid. Wenn er nur nicht wieder in schlechte Gesellschaft gerieth, während sie fort war. Erst als ihr einfiel, daß sie ja in spätestens vier Wochen (denn mehr würde drr Vater nie erlauben) auch wieder in der heimathlichen Misvre ihr Leben verbringen wurde, wurde sie wieder heiter. Es war ja doch nun 'mal ihr Loos, dort alt und grau zu werden. Darum durfte sie jetzt doch einmal das Leben ein wenig genießen. Sie machte von der Erlaubniß, gleich zu Bett gehen zu dürfen, behaglich Gebrauch. Von der langen Fahrt auf der harten Holzbank waren ihr die Glieder wie zerschlagen. Vorher räumte sie ihre Sachen ein und stellte da» geöffnete Geschenkkistchen für die Tante zurccht, wobei sie mit unsag barem Erstaunen das Fehlen der schönsten Wurst bemerkte. Da war natürlich Papas Hand dabei im Spiel. Trotz ihrer Entrüstung mußte sie doch laut auflachen. Der Triumph dar über hatte ihn gewiß über ihre Abreise vollständig getröstet. Lachend schlüpfte sie in daS herrliche Bett und streckte sich mit wohligem Seufzen auS. Ach, wie gemüthlich war dies AlleS! Gleich darauf kam die Tante mit einer reichgefüllten „kalten Platte-, das Mädchen brachte Bier und Thee und sogar »in illustrirtes Journal. Sie plauderte noch ein Weilchen mit der Tante, die ihr mit einem liebevollen Kuß Gute Nacht sagte. Bald darauf schlief sie, zum ersten Mal seit langen Jahren, unter fremdem Dache rin. Die Tante, der es großen Spaß machte, ihre hübsche und noch so naive Nichle überall herumzuführen, entwickelte eine unglaubliche Genußfähigkeit und Spannkraft, was das Ver gnügen betraf, wozu sie ja, wie jede Dame, auch das Einkäufen rechnete. Gleich am ersten Tage nahm sie eine fürchterliche Muste rung unter Lisbeth's Toiletten vor. Bei jedem dritten Stück hieß es: „Das kannst Du aber hier nicht tragen ... das ist un modern ... das ist kleinstädtisch." Der Professor hatte für die Damen ein nach seiner Meinung ausgezeichnetes und lehrreiches Programm zusammengestellt, in dem Vic verschiedenen wissenschaftlichen und Kunstmuseen, die königliche Bibliothek u. s. w. die Hauptrolle spielten. Am anderen Morgen beim Frühstück schrieb er es ihnen auf. In zwei Wochen würden sie wohl das Wichtigste, wenn auch nur oberflächlich, sehen können. Leider verhinderten ihn seine Berufsgeschäfte, die Damen zu begleiten. Seine Frau lächelte schelmisch, nahm Lisbeth, al» er ge gangen war, unter den Arm und marschirte mit ihr ab. „Weißt Du, Kind, die Museen, das hat ja noch Zeit*, meinte die Tante- „Ich denke, erst sehen wir uns 'mal Berlin an, bummeln in den Straßen, begucken uns die Schaufenster, kaufen ein bischen ein — nicht 'mal ein paar anständige Hand schuhe hast Du —, und dann frühstücken wir bei Kranzler Pastetchen und machen zuletzt bei der herrlichen Sonne eine Spazierfahrt durch den Thiergarten. — Na, was sagst Du dazu?" Lisbeth fand dies Programm amüsant, und die Damen führten es mit riesigem Eifer aus. Lisbeth glühte vor Lust und sah sich förmlich die Augen aus dem Kopf. Diese Läden, diese Toiletten, diese raffinnte Eleganz! Sie kam sich noch nie so „ländlich-klUohwisch-tressinisch" vor wie jetzt, und ab gerissene Ausdrücke deS höchsten Entzückens und Erstaunens ent schlüpften ihr von Zeit zu Zeit. Es war ihr, als ob sie erst heute zu leben anfing, als ob sie auS einem Traum erwachte, der sie so lange umfangen ge halten. Und Fritz, ihr lieber Junge, fiel ihr immer wieder em, der sich nach allen diesen Herrlichkeiten sehnte, sie mit seiner lebhaften Phantasie im Geiste vorahnte. Die Tantr genoß die Wonne und dar naive Entzücken der Nichte mit. DaS war etwas für sie, dies Landgänschen ein zuweihen und oufzuklären. UebrigenS, da» Mädel war sonst hübsch und frisch . . . Wenn man sie zurechtstutzt», konnte man Ehre mit ihr einlegen. Und so kauft» sie denn lustig draus lo», so daß Li»betb mehrere Male verlegrn stottert», da» könne sie unmöglich annehmrn.
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