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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011126024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901112602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901112602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-26
- Monat1901-11
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Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. ^l 6. Man abounirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem« bürg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatte» möglich. Di« Morgen«Au»aabe erscheint um V«? Ubr, di« Abend-Ausgabe Wochentag» um S Uhr. Redaktion und Lrpedition: Ioharmisgaffe 8. Filiale«: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Gortim. Unwersitätsstraße S (Paulinum), Soul» Lösche, Aatb«ia«ustr. 14, Part, und KSnigsvlatz 7. Abend-Ausgabe. Mpziger Tagedlal! Anzeiger. Amtsblatt des Äoniglichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Vokizei-Nmtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redactionc-strich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./» 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr Druck und Verlag von E. Polz ia Leipzig. Dienstag den 26. November 1901. 95. Jahrgang. volens krampfhafte Anstrengungen machen, um weitere Ver stärkungen für di« Feldarmee zu finden und hinauszusenden. Von Kavallerie ist Großbritannien jetzt schon nahezu gänzlich entblößt, und es sind kaum noch di« nothwendigsten Stamm- Escadrons im Lande vorhanden, welch« di« Ausbildung der trotz des fieberhaft thätigen Werbesystems immer spärlicher ein treffenden frischen Recruten besorgen. Mit der Infanterie und den Specialwaffen verhält es sich ähnlich, und es ist beinahe zu verwundern, daß es dem Kriegsamt immer noch gelingt, kleinere Abtheilungen in den verschiedenen Militärdistricten des Landes zu mobilisiren und nach Südafrika zu verschicken. Erst neuer- vingS wieder sind die Hauptquartiere einer Anzahl von Be zirken dringend angewiesen worden, alle verfügbaren resp. ent behrlichen Mannschaften zu mobilisiren und für den Kriegs schauplatz zusammenzustellen. So erhielt der Districtscomman- deur von Dover die Ordre, alle entbehrlichen Leute der East- Kent-, North-iLancashire-, West-Kent-, Sussex- und Leinster- Regimenter, sowie der Füsiliere von Dover und Shorncliffe ohne Verzug zur schnellsten Einschiffung nach Afrika auszu rüsten, und das Gosports-Depot erhielt gleichen Befehl be züglich der entbehrlichen Mannschaften der beiden Schützen brigaden, von denen übrigens kaum noch fünf Compagnien vor handen sind. Außerdem sind viele Hunderte von Reservisten, die erst kürzlich aus dem Kriege heimgekehrt und entlassen worden waren, wieder einberufen worden, um zum Theil wieder hinauszugehen oder als Ersatztruppen in der Heimath zu dienen. Dieses so unendlich kostspielige und zeitraubende System der tropfenweise in Scene gesetzten Mobilisirung und Ergänzung erschöpft natürlich die Streitkräfte Englands allmählich tbat- sächlich bis auf den letzten verfügbaren und verwendbaren Sol daten, während in finanzieller Hinsicht das Kriegsbudget schon längst wieder Weit überschritten worden ist. England ist eben, und zwar nicht erst heute, vollständig am Ende seiner mili tärischen Leistungsfähigkeit angelangt, wenigstens soweit die für die Fortsetzung des Krieges unbedingt erforderliche durch greifende Ergänzung und Neuformation der Feldarmee in Südafrika in Betracht kommt, und an dieser Thatsache ändert auch der Umstand nichts, daß noch hier und da im Mutterlande ein Paar Hundert Mann mühsam zusammengelesen werden, um den dringendsten Ansprüchen des Hauptquartiers in Pretoria zu entsprechen. — Unter solchen Umständen ist es nicht zu ver wundern, daß, wie gemeldet, bereits aus Indien Ersatztruppen herangezogen werden müssen. politische Tagesschau. * Leipzig, 26 November. Mit dem Wreschener Processc wird der heute wieder zu sammentretende Reichstag sich nicht zu befassen haben; um somehr Anlaß hat "das preußische Abgeordneten haus, sich eingehend mit dem Processe unld den aus ihm zu ziehenden Lehren zu beschäftigen und namentlich Auskunft darüber zu verlangen, wie der Batican zu den Erscheinungen sich stellt, die in Wreschen zu Tage getreten sind. Bekanntlich hat der Proceß die Thatsache ans Licht gebracht, «daß Katholiken polnischer Zunge des Glaubens leben, Christus und die Mutter Gottes hätten Polnisch gesprochen und das Polnische sei auch die Sprache des Papstes. Dieser Wahn ist der Ausgangspunkt und Hebel des Wrderstanldcs gegen die Einführung des deutschen Religionsunterrichtes an der Wreschener katholischen Schule ge wesen. Jener Widerstand aber hat für deutsche Katholken schwere Gefahren für Leib und Leben heraufgeführt, die verblendeten polnischen Katholiken Gewaltthätigkeiten hingerissen, die mit strengen Strafen geahndet werden mußten. Angesichts solcher Vorgänge muß sich die oberste Leitung der katholischen Kirche ohne Zweifel die Frage vorlegen, was sie ihrerseits zur Aus rottung so verhängnißooll gewordener Wahnideen thun könne und solle. An Prävrdrnzfällen, die ein Eingreifen des päpstlichen Stuhles als geboten erscheinen lassen, fehlt es nicht. Es ist in dieser Beziehung an das Verhalten Leo's XIH gegenüber Irland zu erinnern. Nachdem dort die inneren Kämpf« eine bedrohliche Gestalt an ¬ genommen hatten, schrieb der Papst am 5. Januar 1881 (vergl. L. K. Goetz' „Leo XIII.", Gotha, F. A- Perthes) dem Erzbischof von Dublin, die Iven sollten nichts thun, wodurch sie den schuldigen Gehorsam gegen die gesetzliche Obrigkeit verletzten. Als am 5. Mai 1882 eine irische Deputation dem Papste ihren Dank für die Ernennung des Erzbischofs von Dublin zum Cardi nal ausdrückte, betonte Leo XIII. in seiner Antwort abermals, daß die Liebe der Iren zur Gerechtigkeit sich in der Wahl ge setzlicher Mittel bekunden müsse. In einem Schreiben an den irischen Gesammtepifcopat vom 1. August 1882 warnte der Papst wiederum vor jeglicher Gewaltthat. Dasselbe geschah in einem Schreiben an den Cardinalerzbischof von Dublin am 1. Januar 1883. Aähnliche Ermahnungen hat Papst Loo auch an die russischen und an die österreichischen Polen ge richtet. Es geschah dies in dem Schreiben an die polnischen Bischöfe vom 19. März 1894. Darin forderte der Papst die russisch-polnischen Bischöfe auf, Klerus und Laien zum Gehorsam gegen die staatliche Obrigkeit cmzuhalten; die österreichischen Polen ermahnte er gleichfalls zu loyalem Verhalten. Den deutschen Polen sagte der Papst (wir folgen auch hier der Inhaltsangabe, die Goetz in seinem oben genannten Werke von den päpstlichen Schreiben giebt), daß sie mit gutem Grund auf die Hochherzig keit des Kaisers vertrauen dürften, er kenne persönlich das Wohlwollen des Kaisers für die Polen. — Im Hinblick auf die im Vorstehenden skizzirten mannigfachen Ermahnungen des Papstes an die Iren und an die russischen und die österreichischen Polen muß ein ähnlicher Schritt des Vatikans gegenüber den preußischen Polen als etwas Selbstverständliches erscheinen. Je klarer cs ist, daß die grauenhafte Unwissen heit polnischer Volkskreise den Ausgangspunkt der Wreschener Vorfälle bildeten, die deutsch« Katholiken in Gefahr, polnische Katholiken ins Unglück gestürzt haben, um so berechtigter ist die Annahme, daß der Papst das Seinige zur Aufklärung der verblendeten Polen thun werde. Vor Allem aber ist es die Sache der obersten Leitung der katho lischen Kirche, dem polnischen Klerus klar zu machen, welche Pflichten ihm angesichts des Nationalitätenkampfes in der deut schen Ostmark obliegen. Wie Leo XHI. in seinem Schreiben vom 19. März 1894 die russisch-polnischen Bischöfe anwies, Klerus und Laien zum Gehorsam gegen die staatliche Obrigkeit anzuhalten, wie Leo XIH. in seinem Schreiben vom 1. August 1882 (gerichtet an den irischen Gesanimtepiscopai) aussprach daß besonders der Klerus zum Schutze der Ordnung beitragen solle, so sieht sich der Papst jetzt in der Lage, den preußisch-pol nischen Klerus mit gleichen Anweisungen zu versehen. Unter blieben derartig« Schritte, dann müßte in der preußischen Volksvertretung die Zurückhaltung des Papstes eine Beur- theilung finden, di« dem Papste selbst am wenigsten angenehm sein dürfte. Der „Fall Spahn", der den Reichstag sicherlich be schäftigen wird, zieht immer weitere Kreise. Er bat nickt nur Mommsen zu seinen Kundgebungen über konfessionelle Professuren und zablieicke ZustimmungS- und Gegen- Erkiä ungen veranlaßt, sondern auch dem Senior der pbito- sopbiscken Facultät in Straßburg, Prof. Adolf Michaelis, Veranlassung gegeben, das Verbalten Vieler Facultät in einem Artikel zu rechisertigen, der «ine schwere Anklage gegen die preussische UniverfitätSverwattuig erbebt Es heißt nämlich in diesem, im „Lotsen" veröffentlichten Artikel: „ES ist außerhalb der akademischen Kreise nur wenig bekannt, welche gruudstürzenden Veränderungen seit 19 Jahren in der Verwaltung der preußischen Universitäten vorgegangen sind. Das alte BorjchlagSrecht der Facultäten ist völlig illu sorisch geworden, ihre hergebrachte Selbstbestimmung gänzlich vernichtet; an die Stelle der Facultäten, alS der sachkundigen Vc- rather und Antragsteller, sind die zum Theil der Wissenichast ganz fern stehenden Juristen am grünen Tisch getreten, de säst unumschränkt das Geschick der preußischen Universitäten und damit eines großen Theiles der deutschen Wissenschaft lenken. Mögen auch manche Körperschaften es für zweckmäßig erachten, den Träger dieses neuen Curies mit Ehren zu überschütten: an welche deutsche Universität man auch kommt, da hallt es wider von Empörung überdies früher unerhörte Regiment, Lessen Schilderung einst das schwärzeste Blatt in der Geschichte der preußischen Universitäten füllen wird. UeberaU treten einem Beispiele ia Fülle entgegen von den dabei beliebten Mitteln: Grobheiten, Einschüchterungen, Drohungen, Reverse, die die Frei- heit des Berufenen rinjckränken oder seine Interessen schädigen. Straf» Professuren u. s. w. Von einem gegenseitigen Vertrauen zwischen Len Universitäten und der Unterrichtsverwaltung ist kaum mehr die Rede, bureau tratische Gewalt ist an die Stelle der einst freien und blühen den akademischen Selbstbestimmung getreten. Vesti^s, torrent. Daß die Straßburger Facultät mit Sorge den Einwirkungen von drüben und dem Einbrüche ähnlicher Verhältnisse entgegenblickt, wer kann ihr das verdenken? Ist Loch bei Len letzten Berufungen bereits der hier bis her unerhörte Fall eiagetreten, daß einem derBerufenen die Unterzeich nung eines Reverses nach Berliner Muster auserlegt worden ist, der ihn leicht in eine sehr unbequeme Lage seinen College« gegenüber bringen kann. Andererseits ist cs ganz charakteristisch, Laß an den prrußi schen Universitäten und in den meisten preußischen Zeitungen den jetzigen Vorgängen an unserer Universität — abgesehen von der Persönlich, teil des Professors Spahn — nur ein sehr läßliches Interesse entgegengebracht worden ist. Die ältere Generation hat sich dort in Las Unvermeidliche gefügt, die jüngere kennt es schon nicht anders und hat sich daran gewöhnt, dergleichen Mißstände als gegebea zu betrachten." Diese bauptiächlick an die Adresse deS preußischen Miniilerial-DircclorS Alt hoff gerichtete Anklage Hal diesen augenscheinlich in große Erregung versetzt; denn jedenfalls aus feine Veranlassung veröffentlicht heute die „Nordd. AUgem. Zlg." folgende Erklärung: „Ein Straßburger Professor, der Senior der dortigen philosophischen Facultät, hat eS für angemessen gehalten, ia einem Artikel, welcher in der Hamburgischen Wochenjchriit „Der Lotse" (Hest 8, vom L3. November d. I.) veröffentlicht ist, aus Veranlassung der Berufung LrS Professor» vr. Spahn nach Straßburg die preußische UniverjitätSverwaltung der letzien Jahrzehnte einer absprechenden Kritik zu unterziehen und labei namentlich eine Reihe von gehässigen Angriffen gegen den Director der Ersten UnterrichtSabtheilung zu richten. Wir werden nicht verfehlen, diesen Artikel in den »ächiien Tagen aus Grund des unS inzwiichen zugrgaugenen Material» einer so eingehenden Beleuchtung zu unterziehen, wie er e» oerdiei t." Von der Art dieser Beleucktung wird e» abbängen, ob die Besprechung deS „Falles Spahn" au» dem Reichstage Nr. W. Der Krieg iu Sü-aftika. Mehr Truppen! Der britische Oberbefehlshaber in Südafrika, Lord Kitchener, läßt nicht nach, die Regierung um Verstärkungen und Ersatz truppen zu drängen, denn er ist, wie verschiedene letzthin aus Kap stadt, Durban und selbst aus Pretoria eingetroffene Privatmel dungen besagen, kaum noch im Stande, mit Len zu seiner Ver fügung stehenden, wirklich noch felddienstfähigen Truppen irgend welch« größeren oder gar «nkscheHdenden Operationen zu unter nehmen und durchzuführen. Er hat allerdings immer noch ein« Armee von mehr als 200 000 Mann unter seinem Eommando in Südafrika, und seine Untevgenerale sind immer noch dem Namen nach Führer von Divisionen und Brigaden, aber wie es in Wirklichkeit nm dies« letzteren Formationen, sowie nm die Qualität der einzelnen Truppentheil« bestellt ist, das ist schon längst kein Gehennmtz mehr und findet trotz der rigorosen Tätig keit der militärischen Censoven unaufhörlich neu« Bestätigung in Prioatcorrespondenzen und in den brieflichen Berichten der Be richterstatter von englischen Zeitungen, die nicht zu den Organen der Jingo-Meute gehören. Di« Soldaten der regulären Truppen, die zum größten Theile schon seit 1 oder 1^ Jahren oder gar seit Anbeginn des 'Krieges an im Felde stechen unlv tagaus, tagein den größten Strapazen und Gefahren ausgesetzt gewesen sind, können natür lich nichts Anderes, als vollständig kriegsmüde und vollständig erschüttert in ihrer moralischen und physischen Ausdauer sein, denn sie haben in den langen Monden des aufreibendsten Kriegs dienstes die härteste und undankbarste Arbeit auszuführen gehabt, während die famosen Freiwilligencorps und erst gar jene kläg lichste aller englischen Feldtruppen, die braven Aeomanry, meistens nach kurzer, verfehlter Verwendung von Kitchener sckleunigst wieder auf Dampfer gepackt und nach Hause ge schickt wurden. Selbstverständlich verlangte der britische 'Generalissimus in der bekannten dringenden Weis« schnellsten Ersatz und verbat sich di« Hinaussendung unbrauch barer Bürgergardisten und sonstigen ungeeigneten Soldaten materials, da solche Feldtruppen nur allzu häufig zum Dortheil« der Boeren gegen die letzteren entsandt wurden, in dem sie ihnen ihre Uniformen, Waffen, Pferde, Geschütz« und Munition gewöhnlich prompter ablieferten, als das Londoner KrttgSamt dies« werthvollen Ausrüstungen u. s. w. zu ersehen km Stände ist. Eine Zett lang glaubte man in Pall Mall, den rücksichtslosen Lord Kitchener mit derartigen Ersatztruppen Hin halten und von ihm verlangen zu können, daß er mit diesen und mit fernen abgetriebenen und kriegsmüden „Veteranen" die Boeren zu Paaren treibe, — aber neuerdings hat sich Kriegs minister Brodrick und mit ihm die ganze englische Regierung denn doch überzeugt, daß dies ebne falsch« und gefährliche Politik gewesen ist. Man weiß in London längst ganz genau, daß die Divisionen und Brigaden der Kitchener'schen Armee zu nächst diese Bezeichnungen zumeist gär nicht verdienen und daß sie in ihrer Zusammensetzung ein klägliches Bild von in bun tester Mannigfaltigkeit Zusammengewürfelten Resten ehemaliger Regimenter und Bataillon« rrpräsentiren. Was von den ein zelnen regulären Truppentheilen nur eben felddienstsähig ist und bleibt, wird natürlich unbarmherzig und bis zur äußersten Er schöpfung zurückgehalten und weiter verwendet, während die Angehörigen der irregulären CorpS längst wieder nach Hause gegangen sind, sich in England als Kriegsheroen feiern lassen und sich stolz mit der Medaille für den unbeendigten und nichts weniger als siegreichen Feldzug die Heldenbrust schmücken. Die grausame Komödie in Südafrika nimmt unterdessen ihren Fortgang, und das Londoner KriegSamt muß volens Feuilleton en Trauertagen den Fremden weniger reilich bemerkten in ihrem patriotischen , „ .... dieser Langweiligkeit der trauernden Stadt nicht viel, sie meinten sogar mehr Arbeit und Sorge zu haben, al« sonst im Jahre. Galt eS dock, Straßen und Häuser zu schmücken für die Todtenfeier. In Zierrathen hatte man bei diesem Anlaß leider keine große Auswahl, schwarz und immer schwarz mußte die Grundfarbe jeder Dekoration sein, und den noch wollte Einer den Anderen in der Eigenartigkeit des Schmuckes überbieten. Selbstverständlich waren sofort alle Lustbarkeiten eingestellt worden, das Hoftheater hatte seine Pforten geschlossen und einige Bälle waren abgesagt worden, so ver FasckinqSball beim Präsidenten Dietz-Vieh und der Winterball des Ministers. Auf letzteren hatte sich besonder» die Lochter de» Minister», di« glücklich« Braut de» jungen Grafen vesan, gefrntt; diesmal Sie nie, mag auch geschehen, was will, — das Vertrauen zu mir. Ihr unerschütterliches Vertrauen zu Ihrem treuesten Freund — ist Ihre Stärke und zugleich der Talisman, aus dem ich meinen Muth und zuletzt den Sieg für Sie gewinne!" „Ja, seien Sie mein Freund, Franz, Ihr ganzes Wesen athmet Muth und Zuversicht, an Ihnen will ich mich auf richten, wenn ich zaghaft werde. Und als Talisman, daß ich mich stets dieser Stunde erinnere, nehmen Sie diesen Ring von mir an. Tragen Sie ihn! Wenn ich ihn an Ihrer Hand funkeln sehe, will ich an den Bund denken, den wir jetzt ge schlossen, und Ihnen vertrauen." Er zog einen kostbaren Brillantring vom Finger und über gab ihn dem Baron, der ihn anlegte: „So sei's, Hoheit, und nun wollen wir hinabgehen; es wird bald Zeit, nach der Bahn zu fahren!" „Nun fühle ich Muth und Stärke, dem Schwersten entgegen zugehen. Kommen Sie, Baron!" Siebente» Capitel. Im Herzogthum W. . . war eine merkwürdige Veränderung in allen Verhältnissen eingetreten; man hätte denken können, die Bewohnerschaft sei eine einzige große Familie, die plötz lich in tiefe Trauer verseht war. Die Kunde vom Hinscheiden de» mit Recht beliebten Erbprinzen Hugobert hatte die Umwand lung hervorgerufen. Ernst und schweigsam saß und stand man beisammen oder unterhielt sich leise über daS unerwartete Er- «igniß. In der Residenz rüstet« man sich, dir aus Cannes erwartrt« Lriche mit Trauergepränge zu empfangen. Die trauernde Herzogsfamilie bekam Tag für Tag Besuch von be nachbarten Fürsten; das Schloß sah mehr Gäste als sonst in frohen Zeiten, und doch ging es stille zu. Die ohnehin ruhige Stadt H ... bot in die en Trauertagen den Fremden weniger al» je; die Einheimischen Schmerz von dieser L m Die Marmorliebe. Eine Hofgeschichte von Jean Vernarb, NaLrruck »ntvien „Jawohl, darin liegt's: nicht abzuwenden! Nun bin ich Erbprinz, Eder, wissen Sie denn nicht, was in diesem Worte liegt?" „O doch, die Erbfolge, Ihnen winkt der Herzogsthron, Hoheit!" Ach, wollte er mir nicht winken, ach, wüßte ich nichts von all' den Dingen! Warum muß ich ein Prinz sein, da ich doch so sehr «in Mensch zu fein begehre. Eder, Eder, glauben Sie mir, jeder Bettler ist glücklicher daran, als ich . . ." „Um Gott, Hoheit, reden Sie nicht so; es ist durchaus nöthig, daß Sie Fassung zu gewinnen suchen. Neue Pflichten treten an Sie heran und fordern einen ganzen Mann ..." „Jawyhl, diese Pflichten fordern von mir, daß ich mich selbst unglücklich mache!" „Meso?" „Kurzsichtige Menscken! Werde ich als Erbprinz je nach meinem Herzen ein Weib wählen können? O, Sie werden es schon sehen, wie man freundlich und rathend an mich herantritt, wie man mir eine sogenannte standesmäßige Braut auisucht, wie daS Alles schlau und sicher eingefädelt wird, wie man mich zwingt, zu heirathen nach der StaatSraison. So war's bei meinem Bruder auch, allein er hat seine Frau lieben lernen, da war noch ein Glück für ihn. Aber ich, ich, Eder, ich kann mich nicht zwingen lassen, ich kann'» nicht! Verstehen Sie nun ganz, Baron, was dieser plötzliche Lod für mich bedeutet?" „O ja, allein bleiben Sie doch fest, wenn man Ihnen eine Heivath vorschlägt, die Ihrem Herzen nicht zusagt! Sagen Sie nein und immer wieder nein!* „Ganz gut, aber endlich wird man mürbe gemacht durch Jntriaurn aller Art." „Wir wollen kämpfen, Hoheit, wir Beide für Ihr Herzens recht; ich werde Ihnen nie untreu in diesem Kampfe — und würde ich mir auch Unanade und Unglück dadurch ,»ziehen!" „O, daS weiß ich, Sie sind mir treu ergeben! Ach, Franz, verlassen Sie mich nicht: man wird sich auch an Sie heran wagen! Ich halte Sie, so lange ich kann. Verlassen Sie mich nicht in dieser großen Noth!" „Hoheit, fassen Sie Muth, behalten Sie den Kopf oben! Mit Ruhe und Kälte bezwingt man etn« Welt, verlieren sollte Niemand sagen, der Ball bei Excellenz sei ein Hungerball, sie wollte schon dafür sorgen, daß man sich wundern sollte. Dieser löbliche Borsatz war nun ins Wasser gefallen. Kein Wunder, daß Eleonore von Gawindt schlechter Laune war und daß auch ihr Bräutigam, der Hofmarschall Graf v. Vesan, darunter zu leiden hatte. Wenn sie sonst einmal ungnädig war, zog sie ihn gewöhnlich mit seinem dicnstlosen Amte auf oder quälte ihn mit spöttischen Bemerkungen, daß Hofrath v. Eder Alles gelte und er nur eine Null sei. Jetzt konnte sie ihn leider nicht mit seiner Dienst- losigkeit ärgern, denn da Prinz Frazzilo Erbprinz geworden, batten sich auch die Amtsgeschäfte des jungen Grafen vermehrt. Eleonorens Gedanken schweiften daher nach der Vergangenheit zurück und sie nahm Ferdinand genau ins Gebet, wie denn eigentlich das Benehmen der Sängerin Bielau aus dem Balle der Excellenz zu deuten sei; ohne iraend eine Basis tönn« diese Dame sicher nicht so arrogant ausgetreten sein. O, denkst Du denn immer noch an diesen unangenehmen Auftritt?" „Immer noch", erwidert« die kampflustig« Blondine. Sie wußte noch ein« ganze Reihe von Gründen cmzugeben, wes halb es ihr heiliges Recht sei, auch in dieser Sache ganz klar zu sehen. „Jawohl, Schatz, das sehe ich ein. Du darfst überzeugt sein, daß auch mich die Angelegenheit noch nach unserer damals er folgten Verlobung interessirte " „So? Und dann noch? Und worum?" „Weil ich so wenig wie Du di« Ursache der auffälligen Koketterie der Theaterdame kannte." „Und Du hast sie erforscht?" „Ja, Schatz, schon ziemlich lang« ist mir Alle- klar. . „Und ich erfahrt nicht- davon?" „Du fragtest ja nicht mehr. . ." „Was werde ich für einen Roman hören!" „Dir Wahrheit, Schatz, sie ist jedoch derartig, daß wir ruhig sein müssen und den Schuldigen nicht zur Rechenschaft ziehen dürfen." „Also ein Schuldiger ist vorhanden, und der bist nicht Du?" „Nein, merkwürdiger Weise nicht. Wenn Du jedoch heute nicht in der Stimmung bist, den Sana der Sach« in allen Einzel heiten anzuhören, so kann ich Dir den Spaß später erzählen. Don Wichtigkeit ist er nicht." „Ein Spaß? Bitte, erzählt doch, Du garstiger Mensch, statt mich auf di« Folter zu spannen." „Schön, ganz nach Deinem Befehl. Nach jenem Ballabend erlaubte ich mir, dem Fräulein Margarethe Bitlau Besuch zu machen und sie zur Red« zu stellen wegen ihres sonderbaren Benehmens auf dem Balle meines Onkels. — Aber, mein werthester Herr Graf, sagte sie fast indignirt, Sie hatten doch die Güte, mir ein Extra-Honorar von hundert Mark zu senden; da durfte ich mindestens anmhmen, Sie wollten mir einige Avancen machen. — Vor Allem, mein Fräulein, sagt« ich, Hab ich Ihnen keine hundert Mark geschickt; wie wollen Sie mir das beweisen? — O, Herr Graf, erwiderte sie mit entrüstetem Augen - ausschlag, nun wollen Sie es nicht gewesen fein, das ist stark. Hier habe ich die Karte, die Sie beilegten. — Wahrhaftig, Eleo nore, cs war meine Karte, aber die Schrift auf der Rückseite war die Handschrift . . . meines Oheims!" „Was konnte er damit nur bezweckt haben?" „Ja, darüber habe ich auch nachgedacht. Mein Onlci ist ein Sonderling. Du weißt, wie sehr er noch vor Kurzem gegen unsere Verlandung war. Dann scheint er sich anders besonnen zu haben, er wollt« mein Glück. Statt mir nun direct zu sagen, daß er nichts mehr einzuwenden 'habe gegen meine Liebe zu Dir, beschritt er folgenden sonderbaren Weg. Er öffnete seine Fest räume, arrangirte einen Ball, lud Deine Angehörigen dazu, engagirte Sänger und Sängerinnen und impfte einer koketten Theaterdame durch einen Hundertmarkschein eine Illusion ein. Dazu bedient« er sich einer Visitenkarte seines Neffen. Er wußte, daß solche Damen aus solchen Gründen schnell bereit sind, große Hoffnungen aufzubauen; es mußte ein kleines Scandälck>en geben, und gerade das beabsichtigte er. Er kannte mich, daß ich mic solche- nicht würde bieten lassen, er ahnte, daß aus solcher Misere unsere Verlobung erblühen würde. Scharfsinnig sah er in der That Alles voraus, wie eS wirklich eintraf, überdies mochte er schon etwas von meiner nahe bevorstehenden Beförderung er fahren haben, die ja auch Deinem Vater schon vor jenem Balle bekannt war. Es erscheint unS drastisch, ein solches Mittel zu wählen, und ein Anderer als mein leiblicher Oheim hätte mir das nicht bieten dürfen. So aber ist e» das Beste, gute Miene zum bösen Spiele zu machen. Nun kennst Du die Ursache des Benehmens jener Kokette." „Und Du willst Deinen Onkel deswegen gar nicht zur Rede stellen?" „Fällt mir gar nicht ein; ich bin froh, daß ich jetzt auf einem leidlick guten Fuße mit ihm steh« und er weniger knauserig als ehedem ist." „Du muftt ja wissen, was Du zu thun hast; aber daS kann ich Dir sagen, später werde ich dem alten Herrn die Jntrigue einmal Vorhalten." „Später, Schatz, meinetwegen; aber siehe, Excellenz kommt."
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