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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011127010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901112701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901112701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-27
- Monat1901-11
- Jahr1901
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem Nedactionsstrtch (4 gespalten) 75 vor den Faunliennacku richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend HSHer. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnanaahme 25 L, (rxcl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmelchluß für Anzeigen: Abend-Ausgab«: Vormittag- iO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je rin- halbe Stund« früher. Anzeige» sind stet- an di« Expedition zu richten. Di« Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geüfsnet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz tu Leipzig. Nr. M. Mittwoch den 27. November 1901. 95. Jahrgang. ConcurrenMiL. Vr. L. Die verächtlichste Art des unlauteren Wettbewerbs ist diejenige, welche direkt den Concurrenten angreift, indem sie entweder „über die Maaren oder gewerblichen Leistungen" oder „über die Person des Inhabers oder Leiters des Geschäfts Behauptungen thatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, welche geeignet sind, den Betrieb des Geschäfts oder den Credit des Inhabers zu schädigen". Den Schutz gegen unwahre und nach theilige Behauptungen genießen alle „Erwerbsgeschäfte". Darunter fallen nicht nur Handelsgeschäfte jeder Art, nicht nur alle Fabriks- oder Handwerksbetriebe, sondern auch die gewerb lichen Leistungen des Apothekers, der Heilkünstler und auch der approbirten Aerzte. Eine Geschäftseinrichtung ist nicht er forderlich. Die Ausübung von Kunst und Wissenschaft gehört nur hierher, insoweit sie als Erwerbsgeschäft betrieben wird. Die unwahren Behauptungen können lediglich den Geschäfts, betrieb betreffen, aber auch einen persönlichen Charakter haben. Verboten ist die unwahre Behauptung, das Concurrenz- geschäft sei nicht leistungsfähig; es könne keinen großen oder eiligen Auftrag ausfllhrm; es habe veraltete Maschinen oder Werkzeuge; eS sei in der Auflösung begriffen; ein Brand habe einen Theil der Gebäude zerstört; die Arbeiter hätten einen Streik begonnen -oder beabsichtigen einen solchen; es zahle schlechte Löhne; es wechsele oft mit den Leuten; die Leute seien nicht recht eingeübt. Auch ganz allgemeine Behauptungen Jemandes, wie z. B.: er liefere billiger als alle Anderen, er allein habe die neuesten Maschinen und Werkzeuge, seine Fabri kate seien die einzigen, welche prämiirt seien, können für die Erwerbsgenossen, besonders diejenigen am nämlichen Orte, sehr wohl verletzend sein. Die Warnung Jemandes, sein Geschäft nicht mit einem anderen zu verwechseln, ist in dieser Form keine Herabsetzung der Leistung des Anderen, kann eS aber leicht durch irgend welchen tadelnden Zusatz werden. Zu den persönlichen Herabsetzungen gehören z. B. Be hauptungen wie: der Concurrent führe ein Wirthshausleben, er vernachlässige sein Geschäft; er sei wegen Eigenthumsvergehens bestraft; er habe nichts gelernt, sei es in kaufmännischer oder technischer Beziehung; er überlasse Alles seinen Leuten, da er kränklich sei; er solle sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden; er sorge ungenügend für seine Arbeiter, woraus man folgern kann, daß auch diese schlecht arbeiten und bald streiken. Alle diese persönlichen Behauptungen sind unzulässig, nicht nur, wenn sie sich gegen den Inhaber selbst richten, sondern auch, wenn sie den Leiter deS Geschäfts betreffen. Wer eine derartige Behauptung gethan hat, kann ohne WeiterS verklagt werden und dann ist es seine Sache, zube weisen, daß seine Behauptung wahr ist. Kann er dies nicht, so wird er zum Schadensersatz verurtheilt. Zuständig für die Klage auf Schadensersatz ist, wenn man den Schaden auf weniger als 300 berechnet, das Amtsgericht, sonst die Kammer für Handelssachen beim Landgericht. Kann man dem Gegner nachweisen, daß die Behauptung wider besseres Wissen geschehen ist, so gehört die Sache vor die Straf- kammer des Landgerichts. Wenn der Behauptende beweisen kann, daß die von ihm behauptete Thatsache wahr sei, so ist er von jeder Verpflichtung zum Ersatz des dem Concurrenten er wachsenen Schadens frei. In selteneren Ausnahmefällen kann er aber trotz der Wahrheit seiner Behauptung bestraft werden, und zwar wegen Beleidigung, wenn aus der Form oder der Art seiner Aeußerungen die Absicht der Beleidigung hervorgeht. DaS französische Recht schützt wirksamer als unser Ge setz. Nach demselben ist es glelchgilng, ob die herabsetzende Be hauptung wahr ist oder nicht. Jede, auch die wahre nach theilige Kritik über den Concurrenten, sei es eine sachliche oder eine persönliche, wird, sofern sie zum Zwecke des Wettbewerbes auSgeübt wird, von den französischen Gerichten für unzulässig er klärt und der unlautere Concurrent wird zum Schadenersatz verurtheilt. Diese Stellungnahme der französischen Gerichte, die sicherlich in Uebereinstimmung mit den Anschauungen der fran zösischen Handelskreise erfolgt ist, ist ein thatsächlicher Beweis dafür, daß die Anforderungen an die Instanz im geschäftlichen Verkehr bei unseren Nachbarn strenger sind, als bei uns, was wir angesichts unserer Fortschritte auf andere Rechtsgebiete, insbesondere denen der Arbeiterfürsorge, gern anerkennen. Eine wichtige Ausnahme von der Haftung für unwahre nachteilige Behauptungen stellt unser Gesetz dadurch auf, daß cs ferne Bestimmungen nicht für anwendbar erklärt, wenn „der Mittheilende oder der Empfänger der Mittheilung an dieser ein berechtigte» Interesse hat". Hierdurch soll die geschäftliche Auskunft geschützt werden, einerlei, ob die Auskunft von einem AuSkunftSbureau ertheilt wird oder aus Gefälligkeit oder Freundschaft oder von Schutzvereinen zur Sicherung ihrer Mitglieder gegen Verluste. Wer eine von ihm gewünschte Auskunft erhält, um hiernach seine Geschäfts beziehungen su anderen zu regeln (der Empfänger der Mit- theilung), und wer eine solche Auskunft nach bestem Wissen er theilt, befindet sich in Wahrnehmung berechtigter Interessen. Es soll der Mittheilende nicht haftbar sein, wenn feine Aus kunft ungünstig lautet. DaS Gesetz will eben nur solche un wahren Behauptungen treffen, die auS gedankenloser oder böser Absicht stammen und für die eine Entschuldigung nicht vorliegt. Die Ausnahme betrifft deshalb nicht nur die AuSkunftS- ertheilung, sondern auch jegliches Interesse de» einen oder anderen Theile» an der Mittheilung. Habe ich z. B. einen Schuldner, dessen Lage eine schwierige ist, und ich warne den selben, einem Anderen Credit zu geben, weil ich dessen Ver mögenslage für eine ungünstige holte, so handle ich in be rechtigter Besorgniß dafür, daß die Vermögenslage meines Schuldners eine derartige bleibt, daß er mich hefriedigen kann. In solchen Fällen eine» berechtigten Interesse» bleibt e» also bei der Vorschrift de» 8 187 de» ReichSstrafgesehbuche», wonach nur, wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen Anderen eine unwahre Thatsache behauptet oder verbreitet, welche dessen Credit zu gefährden geeignet ist, wegen ver leumderischer Beleidigung zu Gefängniß, sowie zu einer Buße bis zu 6000 verurtheilt werden kann. Geht die unwahre Behauptung, ein Geschäftsmann habe seinen Wechsel nicht ein gelöst, oder habe den OffenbarungSeid geleistet, oder er sei in Concur» gerathen, nicht von einem Concurrenten aus, sondern von einer beliebigen Privatperson, und hat letztere diese Mil theilung gemacht, ohne zu wissen, daß sie unwahr sei, so ist sie nie strafbar, aber unter Umständen haftbar für den angerichteten Schaden. Die» ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch dann der Fall, wmn der Verbreiter de» Gerücht» bei Anwendung d»r im geschäftlichen Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Unwahrheit »flelben hätte erfahren können. Dieser Mangel an pflicht mäßiger Sorgfalt muß ihm nachgewiesen werden. Solcher Mangel würde vorliegen, wenn eine Erkundigung, welche die Un wahrheit des Gerüchts ergeben hätte, ohne Schwierigkeiten, z. B. bei einem Geschäftsfreunde, möglich gewesen wäre. Lange hat sich unser Handelsstand nach einem Schutze gegen unwahre creditschädigende Ausstreuungen gesehnt. Durch die erwähnte Vorschrift ist er wenigstens für die hauptsächlichsten Fälle ge währt, aber es beschwert noch, der juristischen Theorie zu Liebe, den geschädigten Geschäftsmann nicht nur mit dem Beweise der Unwahrheit, sondern auch mit dem Beweise der Nachlässigkeit des Verbreitens des Gerüchts. Londerburg-Lildafrika, Lismarck-Mow. Eine geschichtliche Parallele. Unter der Bemerkung „Nachdruck erwünscht" lesen wir in den „Hamb. Nachr.": Im deutsch-dänischen Kriege von 1864 ergab sich für die deutsche Kriegsleitung während der Belagerung der Düppeler Schanzen die Nothwendigkeit, die Stadt Sonderburg zu beschießen, weil sie den Stützpunct der dänischen Stellung bildete, namentlich die dänischen Kasernen und Kriegsmagazine sich in der Stadt befanden. So wurde denn den Dänen am 2. April 1864 angezeigt, daß am 3. April das Bombardement auf die Stadt Sonderburg beginnen werde, so daß die Be wohner Zeit hatten, sich in Sicherheit zu bringen. Gleichwohl blieben viele Einwohner, auch Frauen und Kinder, in der Stadt, und einige von ihnen wurden durch die deutschen Geschosse getödtet. Wie nothwendig und wirkungsvoll vom militärischen Gesichtspunkt der deutschen Heeresleitung aus die Beschießung Sonderburgs gewesen, erkannte auch der damalige dänische Oberbefehlshaber in Düppel und Sonderburg, General Gerlach, an, indem er am 9. April nach Kopenhagen meldete: daß die Beschießung Sonderburgs die Behauptung Düppels fast un möglich gemacht habe, und dringend um die Erlaubnis bat, Düppel zu räumen. Bekanntlich zwang aber der eiderdänische Pöbel Kopenhagens den König und den tapferen General, das verlorene Düppel zu halten, bis es dann am 18. April unter furchtbaren Verlusten für die Dänen gestürmt wurde. Sofort bei der Nachricht von der Beschießung Sonderburgs tobte nun durch ganz England giftiger Deutschenhaß in lauter Entrüstung, unter der edlen Verhüllung christlicher Menschen liebe. In Berlin wagte der englische Gesandte Sir Andrew Buchanan am 6. April ein Billet des Inhalts an Bismarck zu richten: ob es wahr sei, daß Preußen Sonderburg ohne vor herige Anzeige bombardirt habe? ob Weiber und Kinder dabei umgekommen seien? ob die preußische Regierung solch' ein Ver fahren billige? Bismarck erwiderte stolz und scharf: er werde nur auf eine amtliche Anfrage Antwort geben. Diese amtliche Anfrage ist natürlich niemals gestellt worden. Dagegen gaben schon am 7. April die edlen Lords Saftesbury und Palmerston in beiden Häusern des englischen Parlaments ihrem christlichen Schmerz über dieses Preußen Ausdruck, welches nun zu den civilisirten Staaten nicht mehr gerechnet werden könne. Bis marck ließ darauf in den Berliner Zeitungen einfach die lange Reihe offener russischer Kllstenstädtchen und harmloser Fischer dörfer veröffentlichen, welche die englische Flotte während des Krimkrieges (1856 fg.) aus Menschenliebe und Barmherzigkeit bombardirt, ausgeplündert und verbrannt hatte. Zahlreiche weitere Beweise für die geläuterten englischen Ansichten über Völkerrecht brachten dann die englischen Vertreter auf der Londoner Konferenz bei, die sich vom 25. April bis 26.-Juni 1864 vergeblich abmühte, die Befreiung Schleswig- Holsteins vom Dänenjoch ^u vereiteln, die Bismarck's große Politik anstrebte und durchsetzte. Schon in der ersten Sitzung jenes Kongresses am 25. April forderte das „neutrale" Eng land Waffenstillstand für die armen, überall geschlagenen Dänen. Bismarck erklärte sich dazu gern bereit, nur müsse dann selbstverständlich während der Waffenruhe auch die unkcr dem Titel „der Blockade der deutschen Ostseehäfen" betriebene dänische Kaperei und Seeräuberei aufhören. Der englische Vertreter Lord Clarendon fand dies jedoch nicht nöthiq, da die Blockade einer anderen — als der englischen — Küste keine „actio« Feindseligkeit" sei. Der Kongreß beschloß aber in Bjsmarck's Sinn. England seinerseits dagegen hielt in eben diesen Tagen schon das Vorbeisegeln von drei österreichischen Kriegsschiffen an der englischen Küste, die unter Capitan Tegethoff der bedrängten deutschen Ostseeschifffahrt bcistehen wollten, für eine tödtliche Beleidigung der großen englischen Nation, und Lord Palmerston drohte sogar laut mit Krieg, so daß der österreichische Minister Graf Rechberg angsterfüllt da» Versprechen gab, die drei Schiffe nur in die Nordsee ein laufen zu lassen. vr. 2. S. Der Krieg in Südafrika. Uebcr die Unbrauchbarkeit -er englischen kfficiere äußert sich L. Strachey im „CoSmopolitan" in bemerkenswerther Weise. Er fügt: „Die erste Ursache, weshalb der englische Offi- cier in seinem Fache unfähig ist, ist die kurze Lehrzeit. England besitzt keim Kriegsschulen. Zwei Jahre auf der Militär-Akademie zu Woolwich scheinen mehr al» genügend, um einen Artillerie oder Jngenieur-Offidier cmtzubilden. Diese beiden Waffen gattungen sind j-doch numerisch bedeutungslos neben der In fanterie und der Kavallerie, und wer nach den Epauletten dieser Truppentheile strebt, der erlangt sie durch neunmonatliches Studium an der Militiirschuk zu Sandhurst. Der Kursus sollte ein Jahr dauern, wird aber durch drei Monate Ferien abgekürzt. Die Dilettanten, unter deren Führung die englische Armee, nach Ansicht der Patrioten, die übrigen europäischen Heere besiegen könnte, erlernen in dieser Zeit nicht einmal die DiSciplin. — Die Di»ciplm ist die Grundlage des militärischen Leben»; nun wohl: in Sandhurst sind ihr nur zwölf Stunden wöchentlich gewidmet, und auch diese werden schlecht aukgenutzt. Di« Schüler sind in sechs Compagnien eingetheilt und die Offi- ciere und Gefreiten werden nicht, wie die» in allen Militärschulen geschieht, der Reihe nach herangezogen, sondern unter den besten ausgewählt und für die ganz« Dauer bestimmt: die Mehrzahl hat also koine Gelegenheit, Hebung rm Kommando zu erlangen Für den Krieg ist e» nothwendig, den Gebrauch der Waffen zu kennen; wer aber militärischen Beruf in sich fühlt, der gehe nicht nach Sandhurst, um Fecbün oder Schießen zu lernen. Denn dort ist r» dem künftigen Officier unbekannt, wa» «in« Schieß» cheibe ist, und er lernt ebensowenig den Säbel gebrauchen. Der Schulplan umfaßt allerdings einige Wochen Fechten mit dem Säbel — aber dieser wird durch einen Stock ersetzt- Um die Aeuerwaffen bekümmert sich der Schulplan nicht; wenn die Zög linge Lust dazu haben, nehmen sie "das Gewehr oder den Revolver zum Vergnügen in die Hand. Wenn nun der Jnfanteric-Offi- ci«r in die Armee «intritt, unfähig zum Kommando, wie zum Gefecht, so steht es noch schlimmer um den Cavalleric-Officicr. Er lernt gut und mit Eleganz zu Pferde zu sitzen, und damit ist Alles gethan. Manövriren, Massenbewegungen, Ueberspringcn natürlicher Hindernisse und Zielen vom Sattel aus sind für ihn ebenso viele unbekannte Größen." Der Verfasser führt aus, welche für einen Officier unumgäng lichen Kenntnisse in der Militärschule zu Sandhurst nicht bei- gabracht werden, und zählt auch auf, was der Schüler in den kurzen neun Monaten lernen soll. Die gesellschaftlichen Ver gnügungen vernachlässigt er daneben keineswegs — um sich ihnen mit größerem Eifer zu widmen, sobald er die Epauletten er langt hat. Das Gehalt des englischen Officiers ist nicht glänzend. Der Infanterie-Unterleutnant hat 2000 cki jährlich, der Leutnant 2400 und der Hauptmann 4000. Diese Summen ind durchaus unzureichend für das luxuriöse Leben, das die Offi- ciere führen. Die Mehrzahl derselben hat ebenes Einkommen; in einigen Regimentern 'würde es nicht möglich sein, das Standcsdecorum zu wahren, ohne 20—25 000 Rente. Der Officier, welcher Schulden macht, läßt sich nach Indien versetzen, wo die Gage sich verdoppelt und die Möglichkeit gegeben ist, etwas zu ersparen. Daß die englischen Officier« im südafrika nischen Feldzuge manchen Beweis von Unfähigkeit geliefert haben, darf somit nicht Wunder nehmen; die Schuld hieran trifft den, der sie nicht besser geschult hat. Ueber den Ausgang des südafrikanischen Krieges und dir zukünftige Stellung Großbritanniens in den Boerenvepubliken hat sich der berühmte belgische Afrika nischer Mr. Selous folgendermaßen geäußert: „Ich denke per sönlich recht pessimistisch über das endgiltige Ergebniß des Feld zuges, soweit man die britisch« Oberhoheit in Südafrika als das eigentliche Zi«l des Krieges betrachtet. Die Engländer mögen mit den noch im Feld: stehenden Boeren ein Kompromiß schließen oder ihre Gegner durch Tod und Gefangennahme unschädlich macken, es bleibt auch nach Beendigung der Feindseligkeiten immer die Thatsache bestehen, daß Großbritannien dann 300 000 Afrikander zu Unterthanen haben wird, die zu zwei Dritteln im kapland: ansässig sind und ausnahmslos, in der Erinnerung der völkerrechtswidrigen Kriegsführung der Engländer, der bri tischen Negierung unversöhnlichen Haß entgegen bringen werden. England wird seine Oberhoheit nur durch Errichtung von Garni sonen aufrecht erhalten können, die über ganz Südafrika verstreut und von erheblicher Stärke sein müssen. Die Kosten einer solchen permanenten Besetzung des Landes werden enorm sein. Wie wird man endlich von England aus «in Gebiet verwalten können, welches 6000 englische Meilen entfernt ist? Und 'wird man es überhaupt noch wollen, wenn die Minen im Transvaal erschöpft sind und ihr Gold nach Europa gebracht ist? Ich mag ein falscher Prophet sein, aber soviel ist gewiß, die systematische Ver- Wüstung ihres Landes, das Hinsiecken ihrer Frauen und Kinder in den Concentrationslagern wird auf Generationen hinaus den furchtbaren Haß der Boeren gegen Alles, was englisch heißt, nicht verschwinden lassen." Deutsches Reich. Berlin, 26. November. (Herr Sigl und die „Cen trum Sbor n i sten ".) DaS osficielle bayrische CentrnmS- organ verbmket mit dem Ausscheiden I)r. Sial'S aus der Leitung des „Bay'iscken Vale,lautes' einen Nachruf, in dem es n. A. heiß«: „Trotz aller gegensätzlichen Abfassungen muß anerkannt werden, daß Sigl, der bayrische Nockesort, von durchaus katholischen und bayrischen Be weggründen fick leiten ließ, wenn er auck periönlick und sachlich öfters Wege ging, auf denen er be kämpft werden mußte." Es ist gewiß lobenswertb, einen abgetbancu Gegner ehrenvoll zu würdigen, aber diele Aner kennung ist dock bedenklich. Herr Sigl bat zeitlebens die bayrischen „CentrumSbormsten" — dies war sein LieblingS- auödruck für die C^ntrumSmänner — fast mit derselben Leidenschaftlichkeit bekämpft, mit der er gegen die Preußen und die Juden zu Felde zog, weil er sie beinahe für ein ebenso großes Unglück für Bayern und den Katholici-mu- ansab. Wenn also vr. Sigl sick wu klick, wie das osficielle bayerische CentrumSorgan sagt, „von durchaus katholischen und bayerischen Beweggründen leiten ließ", so würde daS bayerische Centrum gut bayensch und katbolisch handeln, wenn eS quittirte. Freilich, Sigl war undankbar, indem er nicht an erkannte, wie sehr daS bayerische Centrnm, mochte er es auch noch so mit Füßen treten, fick bemüht bat, nach und nach deS Meisters würdig zu werten, sowobl in agrarischer Hinsicht (vergl. die Stellung de- bayerischen CentrumS zu len Getreidezöllen), wie in particu lari st il ch er (vergl. die jeweiligen Debatten bei den Heeresfragen im bayerischen Landtage und die Behandlung der Markenfrage speciell durch vaS führende bayrische CentrumSorgan), wie endlich in antisemitischer Beziehung (vgl. den Antrag Heine über die Zahl der jüdischen Richter). An Charakter freilich ist wobl da- bayrische Centrum Herrn Sigl überlegen, aber an Geist und Witz war er ihm bei Weitem über. Wer also auf dem Harden'sckea Grundsätze stebt — den wir weder theilen, noch auch loben wollen —: „Ein Schweinbund, na ja, aber ein Dummkopf, da» tbut web", wird Herrn l)r. Sigl dem bayrischen Centrum vorziehen müssen. * Berlin, 26. November. Wie Hobrecht Ober bürgermeister von BreSlau wurde, erzählt Robert v. Keudell in seinen Erinnerungen, die demnächst im Spemann'schen Berlage enckcinen werden. Die Verlags» bandlung bat un- die Aushängebogen deS unter dem Titel „Fürst und Fürstin Bi-marck" erscheinenden Bucke» ,ur Verfügung gestellt. S« umfaßt die Zeit von 1846 oi» 1872. Der frübere Botschafter gebürt« lange Jahre .u den nächsten Freunden und Vertrauensmännern d«S ersten «an,l«r». Sr erzählt, wt» Hodrecht 1SSS in Brrslau von den Stadtverordneten, die den konservativen Oberbürger meister Clwanger nickt wiederwäbltcn, zu dessen Nachfolger ausei koren wurde Hobrecht war >860 vom Grasen Schwerin als Hilfsarbeiter in das Ministerium des Innern becuien worden und gehörte ihm 1863 noch alS RegierungSratb an. Ende April beschloß die Breslauer Regierung nur mit einer Stimme Mehrheit, seine Bestätigung zu befürworten. H.rr v. Kcudell berichtet: „Ich befürchtete Beanstandung diese» Anträge» im Staats- Ministerium uns schrieb daher an Frau v. Bitmarck, mit der Bitte um Mittheilung an ihren Gemahl, einige Bemerkungen zu Gunsten vobrecht's, den ich al- einen vertrauten Jugendfreund genau kannte. Sie erwiderte: „Hobrecht ist vorgelesen, aber man liebt ihn gar nicht, wie es scheint, also weiß ich mcht, wa- geichieht". Da mir Gefahr im Bercuge möglich schien, iklegraphirte ich sofort zurück die Worte: „Bürge für den Mann mit Ehre und Vermögen"; worauf ich natürlich keine Antwort er wartete. Am 26. Mai war ich in Berlin bei Bismarcks zu Tische und saß neben dem Munster. In einer Pause des allgemeinen Gesprächs fragte er mich: „Sie halten den Mann alio für tugend- lait?' Ick erwiderte: „Mehr als ausreichend für den Biirger- meisierposren. ES ist ein Glücksfall, daß die überwiegend demo- kialiscken Stadtverordneten diesen zuverlässigen Alttiberalen g>wäblt haben, der manche Eigenschaften besitzt, um bald Einfluß auf die Leute zu gewinnen. Würde er nicht bestätigt, so wäre die Wahl eines rothen Demokraten zu erwarten. Tann mi ßle ein R-gierungscommissar mit Leitung der Stadtverwaltung beauftragt werden, der noch weniger Einfluß haben würde, als der fiübere Bürger meister." „So", sagte der Minister leise für sich und begann dann wirrer ein allgemeines Gespräch. . . . Anfang Juli schrieb mir Frau v. Bismarck in seinem Auftrage, daß er nur aus Grund meiner Bürgichaft die Bestätigung Hobrecht'» im Staatsministerium durchgesetzt habe. Bei diesem Beichlussr hatte er vielleicht auch eine prriönliche Mißempfindung zu unterdrücken. Einige Monat« vorher war im Sraatsmmistrrium über den Entwurf der Kreieocdnung, welchen Graf Schwerin halte ausaibeiteu lassen, berathen worden. Als dabet der Ministerpräsident sich über das ganze Projekt in wegwerfendem Tone äußert«, legaiin Hobrecht als Referent seine Erwiderung mit den Worten: „Ich weitz nicht, ob Sie den Entwurf gelesen Kaden". Nur Hobrecht selbst hat mir die« später erzählt. Nach Jahren hat Bismarck mir zweimal für meine Empfehlung Hobrecht'- gedankt. Als im Frühjahr 1866, beim Herannahen des Kriege-, aus Ostpreußen, Pommern und vom Rheine viele klein- mü hige Adressen um Erhaltung des Frieden» an den König ge richtet wurden, kam von den Breslauer Sladtbehörden eine kriegerisch be «inerte Bitte um gründliche Lösung der deutschen Frage; daS Verdienst dieser Kundgebung wurde natürlich dem Oberbürgermeister zugeschrieben. Einige Jahre später äußerte BiSmarck: „Boa dea Bürgermeistern gilt dasselbe, wa» man vou dea Frauen sagt: die, von denen gar nicht gesprochen wird, sind die besten. Boa Breslau höre ich nie etwa», folglich muß Hobrecht seine Sache seh« gut macke-r." (-) Berlin, 26. November. (Telegramm.) Ja der gestern unter dem Vorsitze de« StaaiSministers Graf v. Poia« dowsky-Wehner abgebaileaea Plenarsitzung de» Buiide«roths wurden die Entwürfe deS Etat» für die M ar ine verw a l- lang, für die Einnahme an Zöllen, Verbrauchssteuern rc., für die Einnahme an Strmpelabgaben, für die Post- und Telegraphenverwaltung, für die Verwaltung der Eisen bahnen, für die ReichS-Justiz-Verwaliung, für den Reichskanzler und die Reichskanzlei, für da- Reicks- fckatzamt, für da- Reichs-Eisenbahnamt und für die Reicksdruckerei — zum RelchSyau-haits-Etat auf da- Rechnungsjahr 1902 genehmigt. (-) Berlin, 26. November. (Telegramm.) Die „Nortd. Allg. Z>g." schreibt: Im Buii-csrathc wurde gestern Ver Marineetat für 1902 angcuommeu. Derselbe beträgt l09 Millionen. Er bleibt daher finanziell nicht nur im Rahmen de« Geldbedarfes znm Flottengcietze, wie er seiner Zeil in der Budgetcomnnssion fcstgestellt wurde, sondern noch um 3,4 Millionen gegen den Anschlag tür 1902 zurück. Auch bezüglich der einzelnen Forderungen deckt fick der E:at mit der Begründung zum Flottcngeseye. Ter Abscklnß des Marineetat» für 1901 wirb vorauesicktlich nennenswe,ihr Ucberschreitungen nickt ergeben, intbeiondere wud da»' Rech nungsjahr 1901 Ueberscdrenunaen bei den Sckiffebauten und Armliungen nicht auswrisea. Im Uebrigen darf darauf bin- gewiesen werden, daß die großen Sck'ffebauübersckrenungen der Jahre 1899 und 1900, soweit e» sich hierbei um mate rielle AnscklagSüberschrettungen handelt, vor da» zweite Alottengeietz fallen und sämmtlich solche Sck'ff-bauien be- tieffen, die bereit- vor dem ersten Flottengesctz veranschlagt, bewilligt und auf Stapel gelegt waten. O. ü. Berlin, 26. November. (Privattelegramm.) Da- heutige Militär-Wochenblatt meldet als eincige Abschtetz-Hrtvilltitun« die de- Obersten N. Rr,hw tz, deS Eommandeurs de- 147. Regimen«- iu Insterburg. ö. Berlin, 26. November. (Privattelegramm.) Die „Nat,-Zig." schreibt: ES ist der, alleiding» m ßalückie Ver such gemacht wordeu, durch io den RedactionSräumen ver .National-Zeilung" und in der Wohnung de« CbesretacteurS augeordnete Lurchsuchungru Schriftstücke zu erlangen, die, so bösst mau, sick auf unsere Veröffentlichungen über die >m Vumtzinuer Proceh begangenen Gesetzwidrigkeiten be.ögeo. Wir haben gegen den, von einer Ablbeilung deS diesigen Amt-gerickl- erlassenen, nach unserer Meinung ge' tzwivrigen Durchfuchungs-Beichluß Beschwerde erbeben und werden zu geeigneter Zeit auf diese» «igeothümliche Zwischenspiel zurückkommro. L. Berit«, 26. November. (Priva ttrlegramm.) In Ergäuzung der mitgetbeiliea .Kr,,tg-."-Meldung schreibt bi« „Nat.-Ztg.": Zwischen Enllus- und Jnstiznnmstenum schweben schon feit längerer Zeit Verhandlungen wegen der Autafinn» »«« Attturlenten Her ßke«»«ftalki» z«» furtfttschei, -t» »t>«. Dies» Verhandlungen stu» ,-ch «»cht ,u» Ab«
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