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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.11.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011129016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901112901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901112901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-29
- Monat1901-11
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Interessant ist es, den Wechsel in der Anschauung zu verfolgen und zu beobachten, wie oie Gesetzgebung sich jeweilig zu den Delikten der Trunkenen gestellt hat. Denn auch aus dieser Stellungnahme läßt sich trefflich der verschiedene Geist ver schiedener Zeiten erkennen. Erwähnt wird die Trunkenheit bereits im oorpus juris. AuS verschiedenen Stellen desselben schließt man, daß nach römischem Rechte die Trunkenheit zwar keinen Straf ausschließungsgrund gebildet habe, daß aber das im Rausche begangene Verbrechen milder angesehen worden sei. Doch ist daS nicht unzweifelhaft. Dinding vor Allem vertritt die An sicht, daß die Quellenstellen, welche diese Annahme darthun sollen, sie in Wirklichkeit gar nicht bewiesen, und daß wir über die Behandlung der Trunkenheit im römischen Rechte völlig im Ungewissen seien. Um so deutlicher ist der Standpunkt des kanonischen Rechts erkennbar. Sein« grundsätzlich« Auffassung ist be greiflicher Werse eine streng«. EL erblickt in der Trunkenheit ein« verdammenswerthe Sünde und bestraft sie als «in beson deres Delikt. Dagegen betrachtet es die im Zustande des Rausches begangenen Gesetzesverletzungen nicht als strafbare Handlungen, bestimmt vielmehr, daß dem Trunkenen seine Thaten nicht zuzurechnen seien. Ganz anders das alte st e deutsche Recht: Wie be kannt, sprachen unsere Altvorderen dem Becher kräftig zu und hielten einen tüchtigen Rausch durchaus nicht für einen Schimpf. Aber die in der Trunkenheit verübten Excesse ließen sie nicht un gesühnt, und der Thäter wurd«, im Gegensatz zur Vorschrift deS kanonischen Rechts, mit der Entschuldigung, er sei sinnlos betrunken gewesen, nicht gehört. „Trunken gesündigt, nüchtern gebüßt!" „Trunken gestohlen, nüchtern gehängt!" waren die Grundsätze, nach denen hier verfahren wurde. Allmählich jedoch wurde die Auffassung milder: Im deutschen Mittelalter wurden die Trunkenen zu den Leuten gezählt, von denen es im „Sachsenspiegel" heißt: „Ueber rechten Thoren und sinnlosen Mann soll man nicht richten", und manche WeiLthümer und RechtLbücher bestimmen ausdrücklich, daß, was ein „Ueberwcinter" thut, was aus „weinigem Muth" geschieht, straflos sein solle. Nur wenn «in Zechbruder den an deren verhaut, soll er nicht ganz frei ausaehen. Hier gilt die Androhung: Wer den Anderen beim Wein bis aufs Blut schlägt, muß die ganze Z«che bezahlen. Diese laxe Auffassung ist für die damalige Zeit höchst charak teristisch. Wie hätte man auch einen trunkenen Uebelthätcr strafen können, wo doch die Pröpste, Amtleute, Vögte, oder wer sonst des Richteramtes waltete, die Gerichtstage zur Abhaltung der wüstesten Zechgelage benutzten, wo die gerichtlichen Hand- lungen, wi« Zeugenverhör, Urtheilsverlefung, vielfach mit Wern bezahlt, ja einzeln« Delikt« mit Wein gesühnt wurden. „So einer einen uf dem rahthaus lügenstraft, der soll nmb ein flasch vol Weins darein neun maß gehen gestraft werden." „Die ouße mag der v«rricht«n mit zwein Virteil winS." Dies« und ähnliche Bestimmungen treffen wir in vielen Rechtsbüchern des 13., 14., 15. und 16. Jahrhunderts an. Wie verbreitet das Last«r der Trunksucht in jenen Zeiten war, geht am besten wohl daraus hervor, daß nicht selten Priester, die einem zum Tode verurtheilten Angeklagten als Tröster bcistehen sollten, wegen völliger Trunkenheit außer Stande waren, das Sakra ment zu reichen. Auf dem gleichen Standpunkte wie der „Sachsenspiegel" stand Karl's V. „peinliche Gerichtsordnung". „Die Karolina" sah in den Trunkenen Menschen, die „jre Sinn nit haben" und verwies bezüglich derselben auf den Rath der Rechtsverständigen. Im 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannte man, der Bestimmung „der Karolina" entsprechend, die Trunkenheit theils als Strafmilderungs-, theils als Strafaus schließungsgrund an. Man unterschied nunmehr zwischen der chriekos und der ebrietas summa. Tie ebrieta» magna, das Stadium des Rausches, in dem das Bewußtsein zwar noch seine Continuität behält, in dem sich aber eine affcct- artige Erregung einstellt, wurd« als eausa mitigancki povnas, d. h. als Strafmikderungsgrund angesehen, wenn der Thäter sich nicht absichtlich in diesen Zustand versetzt hatte, um darin sein Verbrechen zu begehen. Die ebriotaa summa, das Stadium, wo entweder völlige Bewußtlosigkeit eingctreten oder das Bewußtsein so zusammenhangslos geworden ist, oaß der Berauschte sich über ihm bekannte Dinge in Täuschung und Jrr- thum befindet, begründete völlige Straflosigkeit. „Ob snm- uiam siwulguv mvoluutariam vbrietatem omnin povnu vergüt." Mit dieser Eintheikung in zwei Elasten begnügte man sich jedoch in der Folge nicht. Anscheinend beobachtete man schwankend« Gestalten, die man in keiner d«r beiden unterzu bringen vermochte, und so unterschied man denn zwischen: Istausch, Betrunkenheit, Besoffenheit, Trunksucht und ckelirium irsweus. Natürlich waren diese Unterscheidungen recht werth los, wurden auch bald wieder aufgegeben. DaS Reichs st rafgesetzbuch schweigt über die Trunkenheit als Grad der Zurechnungsfähigkeit ganz. fällt die Trunkenheit unter den allgemeinen Begriff der Be wußtlosigkeit, rücksichtlich deren der Z 51 St.-G.-B. bestimmt: „Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Thäter zur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Bewußtlosigkeit oder krankhafter Störung der GmsttSthätigkeit befand, durch welch«» sein« freie Willen-bestimmung ausge schlossen war." Auf di« Bcurtheilung eines jeden einzelnen Falles kommt es an, ob die Trunkenheit bis zu «iner derartigen Bewußtlosigkeit gestiegen war. Ausgenommen von diesem Privilegium sind jedoch die Fälle verschuldeter Trunkenheit, so vor Allem diejenigen, wo der Thäter sich absichtlich trunken macht, damit — um mit Berner zu reden — „sein trunkener Leib dann als Werkzeug s«neS verbrecherischen Entschlusses diene". Am leichtesten mög lich ist daß bei den sogenannten UnterlasfungSdelicten, d. h. bei den Strafkhaten, wo der Delinquent etwas bei Straf« Gebote ner nicht khut. Man denke beispielsweise an den Eisenbahn wärter, der sich sinnlos betrinkt, um beim Herannohen des O-Zuge- die Weichen nicht zil stellen. Doch gilt daß Gleich« auch von „Beg«hungsd«licten. d. s. diejenigen, wo Jemand etwas bei Strafe Verbotenes thut. Hierher gehören namentlich die Fälle, wo der Thäter sich den Muth zur Lhat, die er nüch ternen SmmS erdacht hat, aus der Flasche holt. Wenn nun allerdings daS Reichsstrafgesetzbuch die Trunken heit als Grund der Zurechnungsunfähigkeit nicht ausdrücklich namhaft macht, so kennt es sie doch als besonderes Delict und stellt sie als solches unter Strafe. Nach sj 361 Z. 5 St.-G.-B. wird mit Haft bestraft, „wer sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestalt hingiebt, daß er in einen Zustand gerätst, in welchem zu seinem Unterhalte oder zum Unterhalte Derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, durch Vermittelung der Behörde fremde Hilfe in Anspruch ge nommen werden muß". Das Bürgerliche Gesetzbuch hat, um das beiläufig zu erwähnen, die Trunksucht als selbstständigen Entmün digungsgrund statuirt, wenn sie zur Folge hat, daß der Trunk süchtige seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag, oder sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstandes aussrht oder die Sicherheit Anderer gefährdet. Wird Jemand wegen Trunk sucht entmündigt, so ist er für die Zukunft nur beschränkt ge schäftsfähig, gleichviel ob er im einzelnen Falle im Zustande der Trunkenheit handelt oder nicht. Sehr schwierig ist «s übrigens, die im Hinblick auf die Vor schrift des Reichsstrafgesetzbuches erforderliche Feststellung zu treffen, ob die Trunkenheit eines Delinquenten wirklich bis zur Bewußtlosigkeit gesteigert war. Denn abgesehen davon, daß es ein Leichtes ist, dre Trunkenheit zu simiiliren, fehlt es in der Regel an einem untrüglichen Kennzeichen dafür, ob dec Trun kene noch Herr seiner Anne war oder nicht. Jeder, der es ein mal erlebt hat, wie in einer Gerichtsverhandlung der Grad der Trunkenheit des Angeklagten zu ermitteln versucht wurde, weiß, welch' 'widersprechender Anschauung man hier bei den Zeugen begegnet, und wie wenig ihre Wahrnehmungen Anspruch auf Zuverlässigkeit erheben können. Einem Münchner Psychiater nun, Hans Gudden, ist cs gelungen, eine in dieser Richtung wichtige Entdeckung zu machen. Gudden hat bei ca. 100 im Rauschzustande der psychi atrischen Abtheilung des Münchner Krankenhauses zugefllhrten Leuten, unmittelbar nach der Aufnahme dieser Personen in die Klinik, die Pupillenreaction bei Lichteinfall untersucht und dabei eine deutlich wahrnehmbare Herabsetzung der Reaciion beob achtet. Die Lähmung der Pupille aber gicbi einen Maßstab für die Allgemeinintoxik'ation des Gehirns ab, so daß dadurch der Zustand des Bewußtseins des Berauschten erniiitelt werden kann. Das ist um so werthvoller, als die Untersuchung noch verläßliche Daten abgirbt, wenn sic auch einige Stunden spater vorgenommrn wird. Der bekannte Kriminalist, Professor Groß, mißt der Ent deckung Gudden's einen hohen Werth bei und meint, man werde jetzt unbedingt verlangen müssen, daß Jeder, der wegen eines im Rausche begangenen Delictes und noch während der Alkohol intoxikation eingcliefert werde, so bald als möglich ärztlich auf Pupillenreaction bei Lichteinfall zu untersuchen sei. „Es scheint, so urtheilt er über Gudden's Forschung, „daß wir hier mit ein nicht hoch genug zu veranschlagendes objectives und exactes Mittel gewonnen haben, durch welches wir einerseits vor Simulationen geschützt werden, welches aber andererseits ver hindern wird, daß zahlreiche Derurtheilungen erfolgen, die un gerecht waren, da der Thäter doch betrunken war, obwohl dies nach den Antworten der Zeugen auf die Fragen wegen Wackelns, Alkoholgeruch u. s. w. nicht anzunehmen war. Der Krieg in Südafrika. Tic Streitkräfte der Vocrcn. Die „Time-" melden au- Pretoria vom 26. November: Es befinden sich noch 70 BoerentruppS und CommandoS von 50 bis 400 Mann im Felde, wovon 26 in Trans vaal, 3l ini Oranjefreistaat und 13 in der Capcolonie steben. In Transvaal, nördlich der Delagoalinie, befinden sich sieben CommandoS mit ungefähr llOO, südlich der Delagoalinie elf CommandoS mit 1600 Mann; acht andere TranSvaalcommanLoS sind im Westen zerstreut. In der Capcolonie steben zehn CommandoS im Westen der Haupibabnlinie, drei im Nordostbczirk. Kitcheuer hat nur 45 000 Mann zur Beifügung. Die Diuncnbczirke sinv von den Boeren fast gänzlich gesäubert. Der Feind lasse sich nie mals angrcifen, da er über die Bewegungen der britischen Colonnen rechtzeitig gut unterrichtet ist, sei er gewöhnlich ini Et-lide, auseinanderzugeheu, ehe die Truppen sich näbern. Andererseits seien dre getrennten CommandoS, namentlich im Südosteu von Transvaal, nabe genug zusammen, um sich binnen 24 Stunde» zu vereinen und ebenso stark wie die britischen Colonnen zu werden. Wenn die Boeren nnr in drei oder vier CommandoS von einigen Tausend Mann jedes eingetheilt wären, würde ihnen leicht der Garaus gemacht werden können. Aber wie di« Dinge liegen, bleibe nichts anderes übrig, als sie fortgesetzt zu be drängen uud daS gesäuberte Gelände allmäblich auszuLebneu. Diese Arbeit könne nur langsam gcthan werden, führe aber sicher zum Ziel. Ungeduld sei nicht gerechtfertigt. Gegen wärtig habe Kltcheuer nur etwa 45 000 Mann zur Verfügung. Je mehr Truppen ins Feld gestellt werden, desto eher werde daS Ende de- Kriege- erscheinen. Tie JotzanueSkurger Verschwörung. * La«-sn, 28. November. fTelegr amm.) AuS Pretoria wird gemeldet: Bei der jüngst entdeckten „Verschwörung" in Johannesburg soll e- sich darum gehandelt haben, in der Stadt Lärm zu schlagen, die englischen Truppen beim Aus rücker» anzugreifra, sie zu veranlassen, da- Gebiet der Randmineu zu schützen, ihnen die Gewehre sortzunehmen und Johanne-burg zu halten, bi- Delarey zu einem Angriff von außen schreiten könne. E- sind angeblich acteumäßigr Beweise dafür vorhanden, daß dieser Plan mit Delarey vereinbart wurde; diesrr wurd« durch eine Brinwuade, dle er in einem Gefecht davon getragen, verhindrrt, die ihm zugetheille Nolle zu spielen. (M. Z.) LchreKrtttzherrschttst tu JatzanntSdurg. AuS Johannesburg, 28. November, schreibt man unS: Gegen «ve- Erwarten und nn Widerspruch zum öffentlichen Gefühl ist nun doch der frühere dritte Staatsanwalt zur Sühn« für sein unübwlezte- Handeln mit d:m Tode b-straft und er schossen wo öden. ES ist amtlich «bekannt gemacht in der „Gazette" und darinn muß invn eb glauben; auch giebt rS wenigstens eine Person, welche den leblosen Körper gesehen, sonst würde man auch in diesem Falle allerlei Gerüchten begegnen. Nicht so sehr gerade jetzt, aber eben zur Zeit der Hinrichtnng dieses Unglücklichen mußte man Muth fassen, um die oben er wähnte „Gazette" zum Lesen in die Hand zu nehmen. Tod unk Verbrechen, Verbannung und Mord, Selbstmord uns Unglück waren die schreckenverkündenden Gegenstände der Neuigkeiten Dort wurden zunächst täglich die Namen Derer veröffentlich», welch: als britisch: Unstrthanen Hochvcrrath geübt hatten, dann fand man dort di: Namen Derer, welche zeitlebens verbann! werden sollen, Berichte iilie'- Mord und Selbstmord, dann dir langen Listen der in den „Camps", den Zeltlagern, hinsterbender Kinder und Schwach-:», und wenn man Alles zusammcnfaßt, drängt sich die Frage auf: was wird übrig bleiben von der Boerenbevölkcrung, wenn das so weiter gehen soll? Noch täglich bringt diese Zeitung die Schreckensnachricht: „Ter Angeklagte (gewöhnlich wegen Mordes oder Veranlassung einer Zugent gleisung) ist schuldig befunden und wird verurtheil» zum Tode durch Aushängen. Das Tödesurtheil ist bestätigt und durch Er schießen vollzogen worden." In einem Falle wurde bekannt ge- macht, daß ein Boer erschossen sei, weil er eine Weiße Flagge an seinen Gewehrlauf gebunden und dann wieder geschossen haben soll. Seit Lord Milnec's Rückkehr und Wiederübernahme seines hohen Amtes fließen die Proklamationen wieder mit erneuter Frische, gerade als ob es noch nicht genug Proklamationen gäbe und als ob die Verwirrung des Chaos noch nicht groß genug wäre. Zunächst sind bisher 40 Namen veröffentlicht worden von Boeren. welche nach dem 15. September gefangen sind; von dem letzten Dutzend sind drei als Korporale bezeichnet, so daß also der ursprünglichen Proklamation ein: erweiterte Auslegung gegeben wird. Von den sonstigen Proklamationen ist bei Weitem die einschneidendste diejenige, welche bestimmt, daß vom Datum der Veröffentlichung ab wieder allgemein Miethe und Schuldzinsen bezahlt werden müssen. So lange ist des Präsidenten Kriiger Gesetz, wodurch beides aufgehoben wurde, in Kraft gewesen, zum Segen aller Betroffenen, und jetzt wird auch nur wenig erreicht, da zum Miethezahlen Niemand in der Lage ist; in den meisten Fäll.» erhalt:» die Hausbesitzer ein Viertel bis höchstens die Hälft: der vor dem Krüge üblichen Hausmiethc. Wie kann man Miethe bezahlen, wem» lein Verdienst und keine Gelegenheit zum Verdienst ist? Mehr als zwei Jahre dauert nun dieser Krieg schon, dessen Ende noch gar nicht abzusehen ist: die Verbannungs-Proklamation ist völlig wirkungslos geblieben; jetzt herrscht die Gewalt durch Todcsurtheile, und noch immer hört inan nichts vom Ausgeben des Kampfes oder auch nur einschüchternder Wirkung solcher Maß- u-ahmen. EL unterliegt nicht länger einem Zweifel, daß. wenn die Engländer das Land behalten wollen, sie es zuerst beherrschen, die Boerensührec sangen und unterwerfen müssen, bis jetzt aber ist außer Cronje noch kein Boerenführer von Bedeutung ge fangen worden, ja, man weiß offenbar nicht einmal, wo sie sind. Deutsches Reich. H Berlin, 27. November. (Zur Arbeiter wo h- nungsfrag«.) Am 26. d. M. tagte unter dem Vorsitz des Staatssekretärs a. D. Dr- Herzog im Abgeordnetenhaus- das Organisationscomitö für den vom 15. bis 18. Juni nächsten Jahres in Düsseldorf abzuhaltenden VI. Internatio nalen Congreß zur Erörterung der Arbeiter wohnungsfrage. Das iin Februar dieses Jahres von Delegirten einer Reih: centraler Vereinigungen, in deren Arbeits programm die Arbeit-rwohnungsfragc eine Roll: spielt, gebildet: Comitö verstärkte sich durch Zuwahl einer größeren Anzahl von Persönlichkeiten aus drn Kreisen der Regierung, der kommu nalen Verwaltung, der Großindustrie und von sonstigen an der Wohnungsfrage Jnteressirten. Aus dem Berichte, den der Gene ralsekretär des Congress.'s über den Stand der Borarbeiten cr- I stattete, ist hervorzuhebcn, daß in Düsseldorf unter dein Vor sitze des Dbwbürgermeisters M arx ein -Ortsausschuß zusammen getreten ist, der das äußere Arrangement des Congresses über nommen hat- Zur Deckung der Kosten steht ein Zuschuß des Reiches in Aussicht. Eine reg: Betheiligung des Auslandes ist zu erwarten; so haben unter Anderem der Präsident des letzten im vorigen Jahre in Paris tagenden Wohnungscongresses, der frühere französische Handelsminister Siegfried, der Gene raldirektor des belgischen staatlichen Sparcassenoereins, Le- prenx, ihr Kommen in Aussicht gestellt. Die in d:n Grund- zögen fesigestellte Tagesordnung für den Congreß nimmt die Behandlung der Fragen des Einflusses von Grundrente und Baukosten auf di: Gestaltung der WohnungSmiethen, der Be deutung der Gebäude-, Land-. Umsatz- und Werthzuwachssteuer für die «Gestaltung d-:r Woynungsverhältniss«, der Förderung d:Z Baues kleiner Wohnungen durch Staat und Gemeinde, des Ge nossenschaftswesens in Aussicht. Die Einladungen zur Be theiligung an drin Congresse werden im Lauf: der nächsten Wochen versandt werden. Auskunft über den Kongreß ercheilt der Generalsekretär, Professor I)r. H. Albrecht in Groß- Lichterfelde. Berlin, 28. November. (Zolltarif undHandelS- verträsse.) Nack der Ansicht der „National-Ztg." hätte eö dem nationalen Interesse entsprochen, zuerst durch ver trauliche Han delSvertragü-Berhandlungenmitden anderen Staaten — wobei einzelne Ei Höhungen bestehender Ver- traqSzollsätze keineswegs unbedingt hätten ausgeschlossen werden müssen —Vertragsentwürfe^» vereinbaren,„um dann er forderlichen Falle- in Uebereinstini mung mit diesen einen neuen Tarif zu machen, der die Position Deutschlands solchen Ländern gegenüber, mit denen man zu keinem Vertrage ge langt wäre, zollpolitisch verstärken könnte." — Der Vorschlag der „National-Ztg." läßt nickt erkennen, auf welche Weise durch ihn die Position Deutschlands gegenüber solchen Ländern, mit denen man zu keinem Vertrage gelang», zollpolitisch ver- stärkt sein solle. Gestaltet Deutschland, wie die „Nat.-Ztg." vorscklägt, seinen neuen Tarif in Uebereinstimmung mit bereit- vereinbarten Berkrag-entwürfen, so schwächt Deutsch land seine Position gegenüber den Ländern, mit denen eS zu keinem Vertrage gelaugt ist. Denn selbstverständlich enthalten die vereinbarte» Vertragsentwürfe die äußerste Grenze deS Entgegenkommen-, zu dem Deutschland sich entschließen kann. Ein Tarif, der die Zollsätze deS äußersten Entgegenkommens oercits enthält, kann unmöglich gegenüber vertragSunlustigen Zänkern eine gestärkte Position verschaffen. Von letzterer c-arf man erst sprechen, sobald der neue Tarif mit höheren Zollsätzen, als sie daS äußerste Entgegenkommen gestattet, bcralden und beschlossen ist. Verzichtete Deutschland auf eie Schaffung eincS derartigen Tarif-, der den Zugang zu einer 'ollpolitisck gestärkten Position eröffnet, so beranbte eS sich selbst einer Rüstung, die eine Reihe der bedeutendsten Länder theils bereits angelegt haben, theil» anzulezen ini begriffe sieben. Die Vereinigten Staaten von Amerika und Rußland besitze» seit Jahren diese Rüstung; Oesterreich hat die gleiche nach einer unwidersprochen gebliebenen Meldung es „Verl. Tageblattes" schon vor der Veröffentlichung des deutschen ZvlltarifentwurfS im vergangenen Sommer fertig gestellt. Deutschland holt also durch die Schaffung eines neuen Tarifs mit erhöhten Zollsätzen lediglich nach, was andere Länder von ausschlaggebender Bedeutung bereits besitzen. Verführe Deutschland ander-, so würde es eine zoll politische Position nicht stärken, sondern schwächen. (D Berlin, 28. November. (Telegramm.) Heute Morgen hörte der Kaiser die Vorträge des KriegSministerS V.G oßler, deS CbesS LeS Generalstabes Graf v. Schliessen und deS ChcsS des MilitärcabineiS Graf v. Hülsen-Haseler. Um l> Uhr 37 Minuten traf mittels SonderzugeS, über Berlin kommend, (Erzherzog Franz. Ferdinand von Oesterreich-Este mit seinem Adjutanten Rittmeister Frbr. v. RumerSkirch ans Station Wildpark ein. Zum Empfang war der Kaiser in österreichischer General-uniform, mit den ricnstthuendcn Herren deS Hauptquartiers, erschienen. Der Erzherzog trug Civil. Nach herzlicher Begrüßung begab fick der Kaiser mit seinem Gast zu Wagen nach dem Neuen Palais bei Potsdam, wo Frühstückstafel stattfand. Nach der FrübstiickStafel wirb der Kaiser Pferde in Augenschein nehmen, welche der türkische Oberst Salib Bey al- ein Geschenk d-S Sultans an die Prinzen Eitel Friedrich nnd Adalbert überbracht bat. — Heute Abend um 8 Ubr findet beim Kaiserpaar in der Jaspis-Galerie deS Neuen Palais ein« große Tafel zu Ebreu des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreick-Este statt. — Ter Kaiser gedenkt sich morgen früh 8 Ubr in Begleitung des Erzherzogs Franz Ferdinand, des Großherzogs von Mecklenburg- Schwerin, des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen und anderer Fürstlichkeiten zu den Hofjagden in Göhrde zu begebe». (D Berlin, 28. November. (Telegramm.) Der BnndrSrath hielt heute eine Plenarsitzung ab und ertheilte rem Gesetzentwurf wegen Controle des ReickSbaushaltS und des LandcShausbaltS von Elsaß-Lotbringen, sowie deS HauS- baltS der Schutzgebiete die Zustimmung, ebenso dem Aus- scknßantrage, betr. die zollamtliche Behandlung der Betriebs mittel der internationalen Schlafwagen-Gesellschaft in Brüssel. Ter Entwurf deS Etats für die Expedition nach Ost- asicn zum ReichShauShaltSetat für 1902 und die Gesetz entwürfe, betr. den Etat für daS Schutzgebiet Kiautschau für 1902 und betr. die ElatScntwürfe zum ReichShauShaltSetat für 1902, und zwar n. für das Reichsamt deS Innern, l>. für den Rechnungshof, wurden genehmigt. II Berlin, 28. November. (P r i v a tt e l e g r a m m.) Ter Reichskanzler lud die Reichstags», tglicder aller Fractionen zum 30. November zu einer Besprechung über die bevorstehende Zolldebatte ein. G Berlin, L8. November. (Telegramm.) Ter „Staats anzeiger meldet: Dem Gclcklechie derer von Göttin ist anläßlich deS Jubiläums ihres 600jährigen Besitzstandes in Pommern das Präseiitat ioSrecht für das Herrenhaus verliehen worden. G Berlin, 28. November. (Telegramm.) Der „Reichs- anzciger" meldet: Fregattencapitän Karl Eduard Engelbrecht Pnsta» zu Friedrichöort ist in Leu Adelsstand erhoben worden. — Der Reichskanzler hat an die König!. Gesell schaft der Wisscnschasten in Göttingen am 7. No vember eine Zuschrift gerichtet, in welcher der Gesellschaft eine Beisteuer für daS Unternehmen der Ausgabe älterer Papsturknnden zngcwiesen wird. Die Zuschrift lautet: Berlin, den 7. November 190l. Der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften sende ich zu dem festlichen Tage, an welchem sie, eng verschwistert mit dec Georgia Augusta, von der Höhe ersrrnlichen Schaffens auf ändert- halb Jahrhunderte ihrer nn großen Erinnerungen reichen Ent wickelung zurückblickt, meine besten Glückwünsche für ihr Blühen und Gedeihen. Zur besonderen Freude gereicht es mir, hieran die Mittheilung knüpfen zu können, daß der von der Gesellschaft in Angriff genommenen Sammlung nnd Herausgabe der älteren Papsi- urkunden, für welch: Se. Eminenz der Cardinal Kopp in dankeno- wertheßer Weise einen Zuschuß von 15000 zur Bersiigung gestellt hat, de» gleichen Betrag anS Reichsmitteln in Anerkennung der hohen Bedeutung deS Unternehmens zunächst für das Rech- nungsjahr 1902 gesichert ist. gez.: Bülow. — Oberpräsident v. Bitter ist ans Posen hier eingetrossrn. — Ter Verein „Berliner Presse" nahm in seiner gestrigen Sitzung folgende Resolution einstimmig an: Der Verein.»Berliner Presse , dem Schriftsteller aller Parteischaltirungcn ongehoren, legt entschieden Protest gegen die inhumane, schimpfliche Behänd- lang ein, die dem Redacteur Vrcdereck von der „Rhein.- Westsäl. Arbeiter-Zeitung" in Torimnnd seitens der Polizeibehörde widerfahren ist. Ter Verein „Berliner Presse" sieht in die>em Bor- fall eine Herabwürdigung des gesammteu SchriststellersiandeS nnd verlangt von den deutschen Behörde», Laß sie, wie in andere» Eulturstaate» üblich ist, einen Unterschied in der Behandlung machen zwischen Journalisten, die wegen Verusövergehen in An klagestand versetzt sind, und gemein:» Verbrechern Wir bemerken hierzu, baß der Redoctenr Bredereck, dem «in» Gesängnißstrose auf erlegt war, von eioein Polizeibeamten mit Handschellen geseffelt und so am Hellen Tage durch die Straße» TortmnnSS tranSportirt wurde. Eine» Fluchtversuch hatte B. nicht gemacht. rv. ßrsnrt, 28. November. Für den Reichst ag-- wahlkreis Mühlhausen-Langensalza ist der Rr- dacteur der svcialdemokrati scheu „Tribüne" Grun wald al« ReickstagScandidat aufgestellt worden, für den Wahlkreis BreSlau-West Bernstein. Grunwald ist auch nach der Unterwerfung Bernstein'- noch erbitterter Gegner
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