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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.11.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011119015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901111901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901111901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Amtsblatt des A'öttigliche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Nokizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Dienstag den 19. November 1901. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzrile SL Reklamen unter dem RedactionSstrich (-gespalten) 7S L,, vor den Familiennach- richten («gespalten) bv L,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme LS H (excl. Porto). Extra - Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbefördernug 6V.—, mit Postbesörderung 70.—. Annalfmeschluk für Anzeigen: Abend-AuSgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Urformen im französischen Officiercorps und Generalstab. V. w. Schon seit langer Zeit beschäftigt sich die Presse mit den reformatorischen Bestrebungen des Generals AndrL, die französische Armee in allen ihren Theilen zu dcmokratisiren und zu einem absolut zuverlässigen Organe der republikanischen Staatseinrichtung zu machen. Diese Bemühungen des ehr geizigen Kriegsministers sind nunmehr insofern an einen be deutungsvollen Abschnitt gelangt, als die Berathungen des Miliiäretats für das Jahr 1902 vor der Thür stehen und mit denselben sehr wesentliche Reformen für die Zukunft deS franzö sischen Officiercorps und die Bedeutung des Generalstabs in Frage kommen sollen. Stehen auch alle Einzelheiten der Neu gestaltung dieser Verhältnisse noch nicht ganz fest, so erscheinen doch die hierüber bekannt gewordenen Auslassungen M. Ber te a u x', deS Berichterstatters für daS Militärbudget, von so überzeugender Klarheit, daß man sich an der Hand derselben ein zutreffendes Bild von den beabsichtigten Reformen machen kann. Bekanntlich setzt sich das französische Officiercorps aus zwei grundverschiedenen Elementen zusammen, und zwar einmal aus solchen, die aus dem Unterofficiersstande hervorgegangen sind, und aus denen, die, wie bei unS, eine höhere Bildung ge nossen haben und Officiere von Beruf werden wollen. Nun hat sich aber im Laufe der Zeit und im Wandel der politischen Um stände und Anschauungen das ursprünglich gesetzlich festgesetzte Verhäliniß jener beiden Kategorien von der ersteren zu der letzteren immer mehr zum Nachtheil der ersteren verschoben, so daß vollkommene Willkür in der Ergänzung des Officier- bestandeS eingerissen ist und Protection und Günstlingswirth- schaft mehr und mehr die Oberhand gewonnen haben. Aber nicht nur auf den Wiederbeginn ordnungsmäßiger Zu stände in vorstehender Richtung, und namentlich auf erhöhte Deckung des Officierersatzes aus dem Unterofficierstande, gehen die Reformvorschläge M. Berteaux' hinaus, sondern noch weit mehr und nichts minder wichtige Gesichtspunkte haben sie mit der Verjüngung des Officiercorps und günstigeren Avancementsbedingungen im Auge. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß gerade die betreffenden Tendenzen deS fran zösischen Reformators einen ganz eigenartigen Charakter haben und bei der Vielseitigkeit ihrer Aussichten und den weit aus einander gehenden Anschauungen über die zu erwartenden Re sultate ein nicht ungewöhnliches Interesse beanspruchen. Nach zwei Richtungen bewegen sich die in Aussicht genommenen beiden Vrojecte, die das gleiche Ziel verfolgen und doch nicht gleich« sind, weil das sine mit der Gegenwart, das andere erst mit der Zukunft rechnet. Die weitaus wichtigere der beiden Re formen ist die erstere, da sie in der Bestimmung gipfelt, daß vom Jahre 1902 ab 200 Officiere, die im Alter von mindestens 28 Jahren stehen müssen, auf drei Jahre ohne Gehalt vom .Kriegsminister beurlaubt werden dürfen und nach Ablauf dieser Zeit mit ihrer alten Anciennität in ihre frühere Dienststelle wieder einranairt werden können, falls sie dies wünschen. Auf diese Weise soll erreicht werden, daß eine ganze Anzahl von Ofsicieren, die an sich wenig Aussicht auf ein gutes Avancement besitzen, aber die ihnen im Civildienst gebotene Gelegenheit zu einem besseren Fortkommen nicht benutzen, weil sie, falls letztere ihnen doch nicht zusaqen sollte, nicht nur ihre militärische Carrier« frühzeitig beendet sehen, sondern auch aller — in Frank reich bekanntlich erst nach 30jähviger Dienstzeit beginnenden — Pensionsansprüche verlustig geben würden, zeitweilig aus dem Dienste scheiden und doch im Bedarfsfälle wieder herangezogen werden können. Durch die Erloubniß, die diesen Offioieren er- theilt wird, sich zu Probedienstleistungen in einer anderen Lauf bahn zu melden, soll aber nicht nur diesen in ihrer Lebensstellung geholfen, sondern auch den übrigen Ofsicieren durch daS Aus scheiden so vieler hinderlicher Vorderleute eine sehr wesentliche Beschleunigung in ihrer Beförderung verschafft werden. Der Berleaux'sche Gesehesvorschlag, der llbvigens in voller Ueber- einstimmung mit dem Kriegsminister ausgestellt ist und, wie bereits gesagt, für das nächste Jahr nur 200 zu beurlaubende Officiere in Aussicht nimmt, soll schon von 1903 ab die doppelte Zabl solcher Officiere umfassen, falls er sich bewähren unk thatsächlich ein schnelleres Avancement der im Dienst ver bleibenden Officiere sich bemerkbar machen sollte. Man darf wohl mit einigem Interesse verfolgen, ob sich Kiese Art, „Luft zu schaffen", bewähren und eine allmähliche Ver jüngung des französischen Officiercorps daS erhoffte Resultat dieses von langer Hand vorbereiteten Projektes sein wird. Doch nicht nur daS Officiercorps, sondern auch der General stab soll in seinem Chef im Laufe der nächstjährigen Militär budgetverhandlungen Gegenstand ernsthafter Erörterungen und grundlegender Reformen werden. Es darf hierbei als bekannt voransgesetz: werden, daß fast die gesammte französische Presse noch b's in die letzten Tage hinein die Frage deS „Generalissi mus" der französischen Armee im Kriege auf daS Lebhafteste besprochen und daran Commentare geknüpft hat, ob es rathsam sei, eine solche Stelle schon in Friedenszeiten zu besetzen. Auch die deutsche Presse hat sich vielfach dieser Vorgänge bemächtigt und ausgesührt, General Andre strebe jenen Posten an und wolle dazu den ihm unbequemen Chef des Generalstabes der Armee zu einem Stabschef des Kriegsministers degradiren. Diese Folgerungen sind, wenn überhaupt, so doch nur in ganz beschränktem Maße zutreffend und ganz geeignet, die that» sächlichen Verhältnisse und die in Aussicht genommenen Ver änderungen im Generalstabe zu verwirren. Nicht General- stabSchef deS Kriegsministers soll nach den Reformentwürfen der Chef des Generalstaber im Kriege werden, sondern in dieser seiner überaus verantwortungsroichen Stellung soll er auch nach Ausbruch der Feindseligkeiten verbleiben und nicht, wie S heute die wohl kaum allgemein bekannte Bestimmung vor schreibt, die Führung der Nordostarmee übernehmen und in seiner bisherigen Stellung durch den rangältesten General er setzt werden. Eine solche Anordnung erscheint auch nur folge richtig und dem Ernst mobiler Verhältnisse völlig entsprechend, die gerade an den Chef des Generolstabes der Armee, der an der Koiegsvorbereitung den wesentlichsten Antheil genommen, außerordentliche und schwer zu ersetzende Anforderungen stellt. Der vermeintliche Ehrgeiz deS Generals Andrß nach der Stellung eines Generalissimus ist auch schwer in Einklang zu bringen mit dieser seiner, unstreitig im Interesse der Schlagfertigkeit der Armee geplanten Personalreform im Generalstabe, weil ein solcher General, in Folge seiner verfassungsmäßigen Abhängig keit von dem obersten KriegSrath, in allen die Landesver- theidigung betreffenden Fragen niemals die Bedeutung und den Einfluß eines Kriegsministers erlangen würde. Der beste Be weis hierfür ist der zur Zeit des DreyfuS-Processes unter dem Kriegsminister F r e y c i n e t als der einzige jemals im Frieden zum Generalissimus thatsächlich ernannte General Jamont, der es trotz seiner außerordentlichen militärischen Fähigkeiten zu keiner autoritativen Stellung bringen konnte. Unter den gegenwärtigen Parteiverhältnissen in Frankreich wird es dort ein Generalissimus weder im Kriege noch im Frieden jemals zu einem Chef der Armee in unserem Sinne bringen, vielmehr wird eine solche In stitution nichts mehr als ein vielköpfiger Areopag sein. Der Krieg in Südafrika. Lfstciellr» über die Soneentration-lager. Die Regierung hat sich endlich dazu entschlossen, den lange in Aussicht gestellten Bericht über die ConcentrationSlager zu veröffentlichen. Sachgemäß und klar ist derselbe allerdings kaum zu nennen; eS ist ein Blaubuch, in dem eine große Masse unverdauten Materials zusammengehäuft erscheint. Eins geht jedoch klar auS der Zusammenstellung vieler Berichte hervor, nämlich, daß die Einrichtung dieser ConcentrationSlager ein nicht wieder gut zu machendes Verbrechen gewesen ist. Die britischen Behörden haben sich bisher bemüht, dle Schuld für die enorm hohe Sterblichkeit, besonders von Kindern, in den Laqern, den Boerenfrauen in die Schuhe zu schieben, die als unsauber, dickköpfig und gleichgiltig bezeichnet wurden. Aus den im Blaubuch wiedergegebenen ärzxlichen Original-Be richten geht dagegen klar hervor, daß die jammervollen Zustände in den Lagern und die daraus folgende enorme Sterblichkeit das Resultat der elenden und schurkischen Verwaltung ist. Der folgende Bericht deS Mr. Becker, des ärztlichen Leiters deS Bloemfontein» Lagers, in welchem er „die wirklichen Gründe von Krankheit und Tod" angiebt, bedarf kaum eines weiteren Commentars. 1) DaS Zusammendrängen von Leuten aller Art aus den verschiedensten Theilen der Colonie in einem großen Lager, wo zweifellos Ansteckung sich geltend machm muß. 2) Unvollkommene Lazarethvorkehrungen für ansteckende Kranke. 3) Schlechte Wohnungsverhältniffe und Fehlen der nöthigen Wärme. Die Zelte sind der Art, daß sie Leuten, die plötzlich aus ihren Häusern entfernt wurden, nicht genügend Wär, ce geben. Einige der Zelte sind so schlecht, daß sie als Schutz gar nicht in Betracht zu ziehen sind. In vielen Fällen ist auch die Lieferung von Decken ungenügend. 4) Ueberhäufung vieler Zelte. 5) Ungenügende Abortvorrichtungen. 6) Bei den Zelten weggeworfene Abfälle. 7) Ungenügende Versorgung mit Wasser, sowohl für den persönlichen Gebrauch, als zum Waschen von Kleidungsstücken. 8) Schlechte Art, sich zu nähren, von Seiten der Leute selbst, Kälte, Raummangel und Beschränkung der Athmung. Aehnlich klingen die Bericht« sämmtlicher Leiter der Lager. Mit anerkennenswerther Offenheit weisen sie auf die Schäden des verbrecherischen Systems hin, und dennoch wagen eS einigt englische Blätter, nach wie vor, die „Boeren für daS „große Sterben" in Südafrika verantwortlich zu machen. Daß in vielen Fällen Weiber und Kinder mit solch brutaler Hast und Gewaltthätigkeit von ihren Heimstätten weggetrieben wurden und man ihnen nicht Zeit oelassen hat, das Allernothwendigste für daS Lagerleben mitzuführen, geht ebenfalls auS den Be richten de? BlaubuchS hervor. Die größte Schmach und Schande aber, welche die Verant wortlichen Leiter britischer Politik in Südafrika auf den Ehren schild der Nation gebracht haben, ist die Thatsache, daß die in den Lagern gefangen Gehaltenen in zwei Claffen eingetheilt worden sind; in der ersten derselben sind diejenigen Leute ein begriffen, die sich freiwillig ergeben haben, resp. freiwillig in die Lager gekommen sind, während in der zweiten Claffe diejenigen figüriren, deren Angehörige bei den Commandos sind, resp. die aus militärischen oder anderen Gründen eingeholt wurden. Erstere erhalten, wenn auch knappe, so doch volle Rationen; Letztere, einschließlich Weiber und Kinder unter zwölf Jahren, erkalten Hungerrationen, um dadurch Väter und Gatten der selben moralisch zu foltern und sie zur Uebergabe zu veranlassen. Die Kons ficko-Flüchtlinge erbielten zweimal wöchentlich ein halber Pfund Fleisch, daS heißt, die Männer und Frauen; Kinder unter zwölf Jahren bekamen überhaupt keinS. Die auf Hungerrationen gesetzten aber erhielten thatsächlich überhaupt kein Fleisch und außerdem weniger Kaffee und weniger Zucker. Glücklicher Weise wurde diese Politik der Folterung von Weibern und Kindern nicht lange beibchalten; freiwillig haben sich die Militärbehörden aber dieses barbarischen Mittels nicht begeben, vielmehr bedurfte eS erst deS Bekanntwerdens und der Veröffentlichung dieser schmählichen Repressalien und deS ent rüsteten Protestes der gesammten civilisirten Welt, um dieser Schandwirthschaft ein Ende zu machen. „Daily News" schließt ihren Commentar des BlaubuchS mit folgenden Worten: „Wir warnen die Regierung und machen sic darauf aufmerksam, daß kein Wort in diesen Berichten von ge rechten Männern und Frauen hier zu Lande und anderswo ihr dazu dienen wird, sie der Verantwortlichkeit deS HinmordenS von 5000 Kindern zu Lberheben. Sie verordnete chese Politik der Verwüstung. Beraubung und Concentrirung und veranlaßte somit den Zug des Todes (prcxrosoiau ok äastll), welcher eine Folge derselben gewesen ist. Di« Nation wird die Regierung vor die Schranken fordern, um ihr Verbrechen zu sühnen und mit ihren eignen Worten wird man sie der Schuld überführen". DaS im Januar zusammentretende Parlament wird sich mit der Angelegenheit der ConcentrationSlager eingehend befassen. Das KriegSamt veröffentlicht wieder einmal einen sehr langen brieflichen Rapport des Lords Kitchener über die nach seiner Schilderung recht großartigen Erfolge der britischen Truppen in den Monaten Juli und August. Kitchener hebt vor allen Dingen die guten Erfolge hervor, di« das Blockdan-kyttem gehabt haben soll, welches anscheinend andauernd eine große Aus dehnung erfährt und nach Kitchener „die freien Bewegungen Diese Blockhäuserlinie, die sich speciell an den Eisenbahnen ent lang und auch sonst von einem wichtigen Platz zum andern er streckt, soll vor allen Dingen die Verbindungslinien der Eng länder schützen und gleichzeitig als eine BarnSre dienen, gegen welch« die „Banden der Boeren" von den englischen Colonnen ge trieben werden, um dann schließlich an dieser Barriere „zur Strecke gebracht zu werden". Kitchener vermag allerdings ab solut keine Beispiele und Beweise zu erbringen, daß solche schön auSgedachten „Hetzjagden" gegen die Boeren irgendwie erfolgreich stattgefunden haben: das Wild wird ihm, „dem großartigen Jäger", wohl, wie gewöhnlich, durch die Lappen gehen, so daß ihm- nur der eine Trost bleibt, bombastische und schöngefärbie Depeschen über seine Jagderfolge nach Hause zu senden. * London» 18. November. (Telegramm.) Die Zeitung .Morning Post" berichtet aus Brüssel: Einer Meldung auS Südafrika zufolge soll Dewet eine Streitkraft gesammelt hoben, die ihn in den Stand setzen werde, zu einem energischen Angriff im Norden deS OranjestaateS überzu gehen. Seine Streitkraft besteht angeblich auS 6000 Man», unter denen sich 1500 Afrikander befinden. — Ter „Standard' meldet aus Brüssel: Fischer wurde noch seiner Rückkehr von Berlin von Krüger empfangen. Er berichtete, er habe in Unter redungen mit vielen einflußreichen Persönlichkeiten die Ueberzcugung gewonnen, daß Kaiser Wilhelm's Politik hinsichtlich der südafrikanischen Frage sich seit seiner Weigerung, Krüger zu empfangen, nicht geändert habe. Deutsches Reich. Berlin, 18. November. (Chamberlain's Schuh truppe.) Joe Chamberlain ist großes Herl widerfahren; das Organ für Verherrlichung der Pariser Commune, der „Vor wärts", nennt ihn den Schüler Bismarck's und behauptet: „Nur Narren und Heuchler klagen England wegen infamer Ver brechen an. die ihr eigenes Volk zu thun jeden Lag bereit ist." — Ueber die nichtswürdige Verleumdung, daß das deutsche Volk nach englischem Muster ConcentrationSlager wie in Südafrika errichten, das deutsche Heer hinter den Weibern seiner Feinde Schutz suchen, Kaffern bewaffnen und ähnliche Heldenthaten verrichten könnte und werde, braucht man kein Wort zu ver lieren. Die Bezeichnung Chamberlain's aber als eines Schülers des Fürst«» Bismarck verdient um so mehr eine Zurückweisung, je leichter der „Vorwärts" die Begründung dieses Vorwurfes sich gemacht hat. Weil Bismarck im Aerger über die vielen Ge fangenen, die von den Deutschen 1870/71 gemacht wurden, aus rief: „Wenn man sie doch in 'der Seine versaufen könnte!" —; weil BiSmarck dir Bayern, im Gegensatz zu den Preußen, dafür belobte, daß sie mit den Franctireurs energisch aufräumten; weil er Einwohnerschaften, die Franktireurs unterstützt hatten, die zur Strafe dafür auferlegte Contribution nicht erließ — des halb klagt der „Vorwärts^' Bismarck der Barbarei an. Dabei muß das socialdemokratische Centralorgan selbst zugeben, daß man die angeführten Aeußerungen Bisindrck's „nicht wörtlich zu nehmen braucht". Und der „Vorwärts" kann auch nicht leugnen, daß nach Bismarck's „Recepten" (!) praktisch nicht ver fahren worden ist. Aber trotz alledem macht der „Vorwärts" der deutschen Kriegführung von 1870/71 zum Vorwurf, die Franctireurs, „entgegen der modernen, huma neren Auffassung des Völkerrechts", nicht als Combattanten behandelt zu haben. Was der „Vorwärts" schlecht hin als humanere Auffassung des Völkerrechts bezeichnet, existirt thatsächlich im Völkerrechte nicht. Das geltende Völkerrecht er kennt (vergleiche Gareis, Institutionen des Völkerrechts") nur den Kampf der Combattanten als rechtlich zulässig an. Ein kriegführender Staat darf demnach nur solche Streitkräfte verwenden, di« 1) kraft der Militärhoheit von ihm organisirt und dauernd geleite! sind, und die 2) als unter dieser Leitung stehend äußerlich kenntlich gemacht sind. Die genannten zwei Voraussetzungen müssen in Bezug auf alle Streitkräfte eines Staates erfüllt sein, gleichviel, ob dieselben reguläre oder irregu läre Streitkräfte sind. Gebricht «S, was bei einer Massenerhebung des Volks die Regel sein wird, an der unmittelbaren staatlichen Leitung oder an der militärischen Kenntlichkeit jener Streitkräfte, so sind, schreibt Gareis wönlich, nicht blos die Maßregeln der strengsten KriegSraison, sondern auch di« des Strafrechts und jeglicher Nothwehr gegen die An gehörigen solcher kämpfenden Massen gerechtfertigt. Dem Er fordernisse militärischer Kenntlichkeit trägt auch das deutsche ReichSgesetz über den Landsturm vom 12. Fe bruar 1875 vollständig Rechnung, indem es nicht nur eine staatlich« Organisation desselben kennt, sondern auch in Z 5 ver fügt, daß der Landsturm bei Verwendung gegen den Feind mili tärische, aüs Schußweite -erkennbare Abzeichen erhält. — Dies ist der Stand deS Völkerrechts in Bezug auf die Combattanten und die Irregulären. Der Versuch, Ken Fürsten Bismarck wegen seiner Stellung gegenüber den Franctireurs zu einem Barbaren oom Schlage Chamberlain's zu stempeln, muß deshalb als gänz lich verfehlt zurückqewiesen werden. Aber was fruchtet eine der artige objektiv« Darlegung bei einem Hetzblatt«, das in seinem Bismarck-Hasse sich zu der Behauptung versteigt, Bismarck habe von einem Masseng«m«tzel des durch Quälereien zum ver zweifelten Aufstande getriebenen Proletariats gierig geträumt? -s-Vcrl'n, 18.November. (Die ReichstagSersatzwabl in Breslau.) Di« CentrumSpartei bat beschlossen, von der Aufstellung eine- Candidaten sür die NeichStaaSersatzwabl in BreSlau-West abzuseben und abzuwarten, sür welchen antisocialdemokratischen Bewerber der anderen Parteien ibre Anbänaer stimmen werden. Obwohl IO"/» der Wäbler diese- Wahlkreise- katholisch sind, bat da- Centruin doch noch niemals bei den Reich-tag-wablen in diesem Kreise eine erheblichere Stimmenzabl aufznbringen vermocht. Imnierbin bat sie mit Ansnabme der Reich-taaSwabl von 1887 stets einen eigenen Bewerber ausgestellt. Damals, 1887, sowie bei den Stichwablen von 1881, 1884 und 1890 kamen die Centiumsstimmen der freisinnigen Partei zu Gute. Seit Vieser Zeit aber bat sich die Freundschaft zwischen Centrum und Freisinn in BreSlau in bittere Feindschaft verwandelt, insonderbeit seitdem die CentrumSpartei bei den Landtag-- wablen mit den beiden consrrvativen Parteien znsammengebt Seit den Septennat-wablen von 1887 batten sich in diesem Wablkreise die nationalen Parteien stet- auf einen national liberalen Candidaten geeinigt. Aber angesichts der bei den letzten LanktagSwablen entstandenen Entfremdung rwiscben den konservativen Parteien und der national liberalen Partei iu BreSlau und angesichts ferner der Speculation auf die Centrumstimmen ist eS wahrscheinlich, daß die konservativen Parteien diesmal einen mehr rechts stehenden Candidaten aufstellen werden, und eS erscheint nicht ganz ausgeschlossen, daß Weser dann etwa ebensoviel Stimmen erkalt, wie der freisinnige Bewerber. Sachlich erscheint dies frei lich ziemlich gleichgiltig, denn der Secialdemokrat bat schon 1893 etwa 1000 und 1898 ungefähr 2000 St-mmen mehr erbalten, als alle bürgerlichen Parteien zusammen genommen, und so mit beidemal im ersten Wahlgange gesiegt. Damit soll nicht gesagt werden, daß die Wahl eines bürgerlichen Candidaten an sich ausgeschlossen wäre. Hat doch bei den letzten Wablen ein volles Drittel der Wählerschaft :>ch der Summen enthalten. Kaum irgendwo aber ist der Haß zwischen den bürgerlichen Parteien so leidenschaftlich wie in Breslau. Ein letzter Versuch urr Einigung der bürgerlichen Wäbler gegen die Social- demokraue wurde 1893 gemacht, indem eine Vereinbarung dahin getroffen wurde, daß alle bürgerlichen Wähler von Breslau-Ost für den conservativen Candidaten. alle Wähler von BreSlau-West sür den fortschrittlichen Bewerber stimmen sollten. Da aber ein Tbeil der fortschrittlichen Wählerschaft von Breslau-Ost seine Verpflichtung nicht innebielt, siegten dort die Socialvemokraten. Seitdem ist eine Aussicht für eine Verständigung der bürgerlichen Parteien gerade in Breslau geschwunden. * Berlin, 18. November. Die Verelendungs theorie (dcfinirt in dem Satze an der Spitze des socialdemo kratischen Programms von der wachsenden Zunahme des Elends der Erniedrigung des Proletariats und den versinkenden Mittel schichten) ist bei der Feststellung des neuen Programms auf dem Gesammtparteitag der Socialdemokratie Oester reichs völlig preisgegeben worden. Bekanntlich war auf diesem Parteitag auch Bebel anwesend. Victor Adler, einer der hervorragendsten Führer der österreichischen Socialdemokratie, führte in schlagender Weise aus, daß die Lehre von der fort schreitenden Verelendung der Arbeiter der Wirklichkeit wider spreche. Er sagte: „Sie, die Sie mit den Arbeitern leben, ent spricht cs Ihrer Empfindung, daß es den Arbeitern schlechter geht als vor zehn Jahren? Glauben Sie wirklich, daß die Masse der Arbeiter ihre heutige Lebenshaltung vertauschen möchte mit der Lebenshaltung von vor zehn Jahren? Gewiß qiebt es unter gehende Branchen des Kleinbetriebes, wo die Hinge anders liegen. Ich möchte vor Allem die großen Jndustriebranchen fragen. Indem wir sagen, es geht uns schlechter als vor zehn Jahren, würden wir ja auch sagen, vor zehn Jahren wars viel besser, als heute. Und eine solche Behauptung wäre doch sehr erstaunlich. Sobald einmal der Blick auf die Frage gelenkt worden ist: ist denn das buchstäblich richtig mit dem wachsenden Elend, müssen wir diesen Sah ändern." (-) Berlin, 18. November. (Telegramm.) Zur gestrigen Mittagstafel und Abendrasel beini Kaiserpaare im Neuen Palais bei Potsdam waren geladen Prinz Eitel Friedrich und der Herzog von Sacksen-Coburg und Gotba. Nachmittags unternahm derKaiser einen Spaziergang. — Heute Morgen begab der Kaiser sich nach Berlin, börte in der Technischen Hochschule zu Cbarlottenburg einen Vortrag des Professors Brinkmann auf der Hauptversammlung der Schiffsbautech nischen Gesellschaft, besuchte daS Atelier deS Professors A. v. Werner und besichtigte den Dombau. Im königl. Schloß empfing der Kaiser den Bildhauer Banke, welcher ein Modell zu einem Denkmal König Friedrichs I. sür Moers verstellte. Zur Frübstückstasel im könizll Schloß sind geladen Staatssekretär v. Tirpitz, Chef deS Marine» cabinetS, Freiherr v. Senden-Bibran und Admiral Holl mann. Für heute Abend sagte sich der Kaiser bei dem Reichskanzler Graf von Bülow zum Diner an. Im Ge folge des Kaisers werden sich befinden Generalmajor v. Löwen feld und Flügeladjutant Prinz v. Schönburg. Zu den Gästen werden zählen Donna Laura Minzbetti, CwilcabinetSchrf v. LucanuS, Generalatjutant v. Kessel, der Rector der Universität von Berlin v. Kokulö-Stradonitz, die Professoren Harnack und Scbmoller, der Corvettencapitän Grumme, der Gencraldirector der Staatsarchive l)r. Koser, der Chef der Reichskanzlei Conrad, Wirk!. Legationsrath Rücker- Ienisch und Prinz Emanuel zu Salm-Salm. — „Aus zuverlässiger Quelle" erhält das „B. T" fol gende Mittbeilung: „Der gegenwärtige Stand der Verhand lungen zwischen dem Eisendabn- und dem Finanz ministerium bietet keine Aussicht, daß ein Anwärter des DieustalterS vom 1. October 1894 am I. April l902 zur Ernennung zum Eisenbahnsekretär kommt. Die Eisen- babncommissare sind mit ihren Forderungen, die den 1. Oktober 1891 einbegriffen, nicht durchgedrungen. Aller dings wird wegen der Streichung noch einmal ver handelt werden." * Breme«, 17. Nooemoer. Die Bremer Krieger vereine haben in ihrem Streit mit General v. Spitz klein bcigegeben. Ein Schreiben des Vorstandes des Deutschen Kriegcrbundes an oas „Berl. Tgbl." enthält den Wortlaut der Erklärung, in der die Bremer Kriegcrvcreine pater poeaavi sagen, und nebenher noch einige andere nicht uninteressante Darlegungen. Man erfährt aus dem Schreiben, daß, nachdem der Vertretcrtag d«s Kyffhäuserbundes der deutschen Landes kriegervcrbände Das Vorgehen der Bremer Vcreinsvorstände „ernstlich mißbilligt" hatte, nunmehr „die Mehrzahl der be theiligten Vereinsoorstänve" eine oom Vorstände des Deutschen Krieqerbundes geforderte Erklärung mit einigen von ihnen gewünschten Aenderungen und einem längeren Zusätze, in tvelchem sie die Motive ihres Vorgehens auseinandcrsctzeu, an genommen haben. Der Bundesvorstand bemerkt mit sichtlicher Zufriedenheit über den Charakter dieser Bremer Erklärung: In dieser Erklärung nehmen die betreffenden Vereine alle ihre Ausstellungen und Bemerkungen über die Reoe des Genc rals v. Spitz zurück. Die betheiligten Vorstandsmitglieder von drei weiteren Vereinen, welche sich nicht dazu verstehen wollten, die Erklärung zu unterzeichnen, haben der Eventualforderung des Vorstandes des Deutschen Kriegcrbundes gemäß ihre Vorstandsämtcr freiwillig niedergelegt. Zwei Vereine endlich, welche die Resolution gleich falls mit beschlossen hatten, kamen für den Vorstand des Deut scheu Krieqerbundes deshalb nicht in Betracht, weil sie dem
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