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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011119022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901111902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901111902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Ihnen zu beantworten, obwohl sein Besuch in Berlin durchaus nicht politischer Natur ist und er sonst keinen Auöfrager empfängt." Dies theilte mir Herr Menzel, der Sekretär des Herrn vr. LeyvS, mit. Herr Menzel, übrigens ein Neffe unseres Altmeisters Adolf von Menzel, ,st geborener Antwerpener und naturalisirter TranSvaalbocr. Er hat in den ersten 14 Monate» des süd afrikanische» Feldzuges in den Reiben der Boeren gefochten, wurde in Pretoria gefangen genommen und ist, da er zu fällig nicht die Waffe in der Hand batte, vor dem Geschick, nach Ceylon expedirt zu werden, bewahrt worden. Er wurde auf Ehrenwort nach Europa entlassen. Im Palasthotel batte vr. LeydS sein Quartier aus geschlagen. Wenn er wirklich nicht in politischen Angelegen heiten hier ist, so müssen die privaten Angelegenbeiten doch sehr dringender Natur sein. Er war sehr beschäftigt, und ich mußte ziemlich lange warten, bis mich Herr Menzel in daS in der ersten Etage gelegene Arbeitszimmer führte. Die Unterhaltung kam bald in Fluß. „Als Mitarbeiter der internationalen Friedensbewegung will ich gern mit Ihnen plaudern, aber interviewen lasse ick mich nicht. Ich bin nicht als Politiker hier", bemerkte vr. LeydS. „Nun gut," sagte ich, „lassen wir das Interview und plaudern wir. Wie lange »och, das ist die Frage, Excellenz, die auf Aller Lippe» schwebt, wie lange wird dieser Krieg »och dauern?" „Sehen Sie, ich bin gewiß ein FriedenSmann, aber in erster Linie bin ich Freiheitsmann. Da unsere Freiheit auf rem Spiele steht, so kann der Krieg noch Jahre dauern." „Jahre?" „Noch viele Jahre," erwiderte vr. Leyds in ernstem Tone. „Und sind Sie der Ansicht, daß die Boeren eS noch Jahre lang im Felde aushalten werden?" „Ich bin fest davon überzeugt." „Und woher werden sie die Kräfte nehmen?" „Wir sind beute kräftiger als früher. Zunächst sind die zweifelhaften Elemente auS unseren Reihen verschwunden; die Leute, die heute noch kämpfen, die haben nichts mehr zu verlieren, und unsere Kraft schöpfen wir auS der Kriegömethode der Engländer. Die brutale Kriegfüh rung härtet unseren Widerstand." Ich wagte den Einwand, ob nicht der Gedanke die Ober hand gewinnen müsse, daß durch diesen zähen Widerstand so viel Unschuldige leiden müssen, daß das so bittere LooS der gefangenen Männer und Frauen durch die lange Dauer des Kriegs so unendlich verschlimmert wird. Diese Frage erregte den sonst sehr ruhig und gemessen sprechenden Mann. Er richtete sich hoch auf: „Der Friede kann nur von England kommen, wir können ihn nicht geben. Wir werden niemals einen Frieden schließen, der uns nicht unsere Unabhängigkeit garantirt." Ich wies auf die wirthschaftliche Krise in ganz Europa hin, das unter der gewaltigen Stockung, die dieser Krieg hervorrief, ebenfalls leidet. „WaS geht uns Europa an, was hat Europa für uns gethan?" Dies veranlaßte mich zu der Frage, ob die Boeren noch immer erwarten, daß Europa ihnen helfen werde. Feuilleton. ui Die Marmorliebe. Eine Hofgeschichte von Jean Vernarb. Nachdruck verböte». Sehr erstaunt quittirte Eder über den Empfang der goldenen Ordensinsianien und entließ den Diener mit einem reichlichen Trinkgeld.' Am anderen Tage brachte die „Staats-Zeitung" die Verleihung. Herr v. Eder wußte genau, daß dies der Anlaß würde, ihn in die Gesellschaft cinzuführen; denn es war üblich, sich für eine solche Verleihung persönlich bei Sr. Hoheit zu bedanken und auch beim Stawtsmrmstcr vorzusprechen. Beide Gänge war er in der Lage, in den Tagen vor dem Feste zu erledigen. Er fand in dem Herzog einen leutseligen, herzensguten alten Herrn, ivelcher sich freute, die Bekanntschaft des schneidigen Artikelschreibers zu machen; es schien übrigens diese Audienz eine abgekartete Sach: zu sein, denn gegen sonstige Gewohnheit ergriff Se. Hoheit die Gelegenheit, den Baron seiner Gemahlin und dem Erbprinzen vorzustellen, welche Beide gegen sonst ge- pflegten Usus wie zufällig in das Audienzzimmer kamen. In der That traf daS zu, >vas Prinz Frazzilo schon etliche Tage zuvor ihm in Aussicht gestellt hatte. Erbprinz Hugobert, eine stattliche, anscheinend kerngesunde Erscheinung, führte bei der nun folgenden Unterhaltung hauptsächlich das Wort; dieselbe drehte sich um das Theater und seine Reform. Franz entwickelte seine Ansichten in freimüthiger Art und fand in den hohen Herrschaften ein dankbares Publicum. In der That rückte der Erbprinz schließlich mit der Frage heraus, ob v. Eder nicht gewillt sei, mit seinem Rath den derzeitigen Direktor des Hoftheaters zu unterstützen. In vorsichtiger, gewandter und überzeugender Weise wußte Franz die ganze Sachlage zu schildern und das Unthunliche dieses Vorschlages bei der nicht blos muthmaßlichen, sondern sicher zu erwartenden feindseligen Haltung des Intendanten gegen den .Schreiber der Reformavtikel darzulegen. Der Herzog und der Prinz, die ja ihre Pappenheimer auch kannten, mußten dem Manne innerlich Recht geben, wenn sie auch in ihren Entgeg- nungen das lebhafteste Bedauern über die vorliegenden Verhält nisse aussvrach-n. Die Frau Herzogin, eine stolze, fast un nahbare Dame, hielt sich bei der Verhandlung reservirt, ja, es hatte den Anschein, all sei sie indignirt, daß man sie zur Anwesen heit gezwungen habe. In Wahrheit verfolgte sie die Angelegenheit Diese Frage wurde verneint, und auf die Frage, WaS die Boeren von der am 20. d. M. zusammentretenden Ver sammlung des VcrwaltungscomitöS des Haager SchiedS- gerichtShofeS erwarten, erklärte vr. Leyds, daß man, so lange dasselbe noch nicht „Nein" gesagt habe, hoffen könne. „Und eS bat noch nicht „Nein" gesagt", wiederholte er mit Nachdruck. Meinen Einwand, daß das Haager Schiedsgericht insofern für diesen Krieg nicht als zuständig angesehen wird, als die Haager Conventionen erst in Kraft getreten sind, nach dem der Transvaalkrieg bereits begonnen batte, suchte vr. Leyds damit zu widerlegen, daß dieser Einwand berechtigt wäre, wenn der Transvaalkrieg schon vor Inkrafttreten der Haager Conventionen beendigt gewesen wäre. Er sei unzu treffend, da der Krieg noch währt und den Contractsstaaten daS Angebot der Vermittelung auch während der Dauer der Feindseligkeit zusteht. Daß die Boeren sich gegen die brutale Kriegführung Kitchener'S dadurch zu rächen suchen werden, daß auch sie einzelne gefangene englische Officiere er s Ließen werden, bestritt vr. LeydS. Dem geplanten Boycott Englands, Len die Hafenarbeiter Hollands planen, stehe er fern. Man ver suchte ibn zwar dafür zu interessiren, er habe sich jedoch nickt hineinmischen wollen, lieber den Erfolg eines solchen Unternehmens vermag er keine Aufschlüsse zu geben. Bei Besprechung der Agitationen zu dem Zweck, dem Kriege Ein balt zu tbun, wiederbolle er mir, daß jede derartige Agitation, soweit sie sich an die Boeren wendet, zwecklos wäre. Die Boeren sind jederzeit bereit, Frieden zu schließen, wenn England ein Schiedsgericht acceptirt oder ihnen zum Mindesten ihre Unabhängigkeit läßt. Die Aufforderung zum Einhalt des Krieges müsse sich ausschließlich an die englische Adresse richten. Der Sekretär Herr Menzel trat ein. Ich merkte, daß eö sich um einen anderen, natürlich „unpolitischen" Besuch handle, und erhob mich. Ich mußte aber noch eine Frage Vorbringen. „Ist cs Ihnen nicht gelungen, zu deutschen Regierungs kreisen Fühlung zu nehmen, Excellenz?" Eine kleine Pause trat ein. vr. Leyds zuckte die Achsel und sagte: „Ich sagte Ihnen ja, interviewen lasse ich mich nicht. (Alfred H. Fried, im Berl. Loc.-Anz.) Winburg, 17. November. General Barker ist von einer Ausklärungsexpedition nach Bethlehem zurückgekehrt. Es wurden während der Expedition sechs Boeren getödtet, vier verwundet und dreißig gefangen genommen. Barker hatte zwei Verwundete. London, 19. November. (Telegramm.) Nach der Verlust liste wurden in dem Gefechte bei Tweesontein am 14. No vember ein Mann getödtet, drei Officiere, darunter ein Prinz Radziwill, sowie füns Mann verwundet. * Brüssel, 18. November. „Petit Bleu" meldet, nach einer Privatdepesche, aus London sei die Gattin des Präsidenten deS Orangefreistaats Steijn mit ihren fünf Kindern ohne jede Begründung auS Afrika deportirt und nach Europa eingeschisft worden, obwohl ihrGcsundheitSzustaud sehr erschüttert sei. * London, 19. November. (Lelegrain m.) Lord Kitchener meldet aus Pretoria unter dem 18. November: Seit dem 7. November sind nach den Berichten der einzelnen Eolonnen 43 Boeren gefallen, 16 verwundet und 241 gefangen ge nommen worden, 6 haben sich ergeben. Erbeutet wurden 5650 Patronen, 164 Gewehre, 205 Wagen, 600 Pferde und 11 500 Stück mit großer Aufmerksamkeit, handelte es sich doch um einen ihrer treuesten Anhänger, den sie jedoch nicht offen zu schützen wagte. Sie war daher sehr zufrieden, daß dieser Baron, dieser auf gehende Stern, selbst einen Haken in der ihm angebotenen Stellung fand, daß somit der Intendant Digges gerettet war. Allerdings ahnte die "hohe Frau nicht, daß der Vorschlag noch Weiber ausgedehnt würde; sie erschrak fast, als ihr Sohn, der Erbprinz, in seiner ruhigen, ernsten Weise meinte, es fände sich aus allen diesen begründeten Bedenken doch ein Ausweg. Man könnte immerhin die Pen-sionirung des derzeitigen Intendanten ins Auge fassen. Dieser Gedanke kam auch dem Herzog etwas unerwartet, vielleicht war er nicht gewillt, so weit zu gehen; wenigstens merkte Eder die obtvaltende Verlegenheit sofort und benützte sie, um den vom Erbprinzen ausgesprochenen Gedanken einen Gedanken bleiben zu lassen- Mit größerer Beredtsamkeit als er im ent gegengesetzten Falle vielleicht angewendet hätte, führte er die praktisch« Tüchtigkeit von Digges ins Feld, die gegen seine eigene praktische Geschäftsunbcholfenheit doch wesentlich ins Gewicht falle; man dürfe sich einer so bewährten Kraft, die nun auf die rechte Bahn gelenkt sei, nicht ohne Weiteres berauben, selbst, wenn eine gewisse berechtigte Verstimmung gegen den eigensinnigen Intendanten vorliege. Der Gedanke, den Intendanten zu stürzen oder gar sich an dessen Stelle zu bringen, sei ihm bei Abfassung der Reformartikel himmelweit entfernt gewesen. Sein Sinn s«i überhaupt nicht auf «ine Theaterlaufbahn gerichtet und er müsse ehrfurchtsvoll bitten, in dieser Sache von seiner Person ganz abzusehen. Jetzt freilich war das Erstaunen auf Seiten der hohen Herrschaften, welche bei dieser unvermuthetrn Wendung der Dinge mit ihrem Latein zu Ende waren — und sich deshalb in allgemeinen Redensarten ergingen, die denn auch die Audienz baldigst beendeten. Mit großer Genugthuung verließ Herr v. Eder das Schloß, nicht sowohl, weil er durch seine Ablehnung den Wunsch des Prinzen Frazzilo erfüllt hatte, sondern weil er in der That seiner eigenen Meinung Ausdruck geben durste. Er liebte zwar die Kunst und darum auch das Theater als Vermittler der drama tischen Kunst, allein, mit dem Theater in irgend einer ausübenden Art, und sei es als Director, wollte er nichts zu thun haben. Der Wunsch des Prinzen war somit sein eigener Wunsch — und leicht zu erfüllen. Der Prinz jevock dachte anders; cr rechnete es dem Baron hoch an, daß dieser seinetwegen eine an sehnlich« Stellung ausgeschlagen; er ließ ihn das auch durch Osen- mann wissen und außerdem sagen, er rechne sicher auf die Anwesenheit des Barons bei dcm in Aussicht stehenden Feste des Grafen Vesan. Vieh. Verschiedene Boercnabtheilungen unter Fouchs, Myburgh, Malan, Hugo Lategan und Maritz werden von den englischen Colonnen verfolgt. Politische Tagesschau. * Leipzig, 19. November. Vor geraunier Zeit erzählte der „Vorwärts" aus einem Berliner UnlvcrsilälscoUcg eine Geschichte, die wir vor Allem wegen der Herrn Brbcl'S Erfindungszciste congenialen Tendenzpbantasie des socialdemokratischen CenlralorganS ignoriren zu sollen glaubten. Dies aber auch aus inneren Gründen. Nun gicbt die „Franks. Ztg." die Erzählung wieder und auch die „Täzl. Rundschau" mackt idre Leser damit bekannt. Wir unterbreiten sie deshalb unseren Lesern. Sie lautet: „In seiner Vorlesung über den Reichscivilproceß empfahl Pro fessor Kohler am letzten Sonnabend bei Besprechung der einschlägigen Literatur den von WilinowLki und Levy herausgegebenen Com- mentar als den besten. Bei der Nennung des NanienS Levy gab ein allgemeines Scharren als Zeichen des Mißbehagens beredtes Zeugniß von dein in gewissen studentischen Kreisen herrschenden Geiste. Tas Unerhörte aber geschah, als Professor Kohler seinem Bedauern darüber Ausdruck gab, daß der genannte Commentar nicht in neuerer Auslage erschienen sei, da WilmowSki gestorben und Justizrath Levy vor nicht langer Zeit ermordet worden sei; — das Auditorium bekundete durch ohrenbetäubendes Trampeln sein Wohlgefallen, Laß der verdiente jüdische Nechtsgelehrte in Lieser Weise jein Ende gefunden habe." Die „Tgl. Rundschau" will „hoffen, daß sich der Ein sender über Len Sinn der zweiten Kundgebung getäuscht hat". Wir unsererseits gestehen, auch den ersten Theil zum Mindesten für albern von Seilen Recktsbcslissener in höheren Semestern zu finden. Wenn die Herren etwas studirt haben, sind sie auch mit anderen jüdischen Schriftstellern in gewisse Berührung gekommen. Daß der „zweite" Theil nicht so aufzusasseu ist, wie er von der demokra tisch.": Pecsse, deren Commentar wir unterdrücken, ge schieht, hoffen wir nicht nur, sondern wir sind fast davon überzeugt. Im anderen Falle würde Wohl Herr Professor Kohler seine Indignation in der Form bekundet haben, wie sic einem Universitätslehrer, der keine Strafpredigt halten will — und das ist teincm dieser Herren zuzumulhen — zur Verfügung steht: er würde die Vorlesung unterbrochen und sich entfernt haben. Immerhin geht die Erzählung durch die in- und ausländische Presse und bedarf der Aufklärung Eine solche ist der in Mitleidenschaft gezogene Docent zwar nicht der Oessentlichkeit, unseres Erachtens aber der Regierung schuldig, die unterrichtet sein muß, falls die Sach: in dem preußischen Landtage zur Sprache gekrackt werden sollte, was zur Zeit beabsichtigt ist. Ist das Ge ringste au dem zweiten Theil des Berichtes wahr, so würde 'man vor einem Abgrunde sittlicher Verworfenheit stehen. Die beiden Buben, die an dem Rechtsanwalt Levy den Raub mord begingen, sind vom Gericht zum höchst zulässigen Straf ausmaß von 15 Jahren Gesanglich — vor dem Richtbeil schützte sie ihre Jugend — vcrurtheilt worden. Wenn Nechtshörer der llnthat Beifall zollen, so ist von ihnen anzunchmen, daß, wenn sie in gleicher Lage wären— wir haben vorläufig tie Rick ter im Proceß Levy im Auge — ihnen bas Bewußtsein ihres Rechtes der „freien richterlichen Bewciswürdiguug" eiugeben würde, Menschen, Das schien Alles gut; allein Franz v. Eder hegte doch gewisse Zweifel, ob der junge Prinz willens und in der Lage sei, ihm eine Stellung ausgiebiger Art zu sichern. Er erkannte, daß es unter den am Hofe zu H... . herrschenden Verhältnissen schwierig war, einen domo novus, der ec war, einen Fremden der Person des Prinzen zu attachiren. Der gute Wille des Prinzen mochte wohl vorhanden sein, ob er aber durchdringen werde, gegenüber ocn Machinationen der Hofintriguanten, die gewiß gegen den Fremden arbeiten würden, war unsicher —, deshalb beschloß Franz, das Anerbieten seines väterlichen Freundes in Berlin, ihm eine Stellung in der Ausstellunzscommission für Chicago zu verschaffen, nicht zurückzuweisen, vorläufig aber auch noch keine bindende Zusage zu crthcilen. v. Edcr war eben der Mann nicht, sich monatelang an einen Ort in Erwartung fürstlicher Huld bannen zu lassen, cr kannte die Welt und wußte, daß von der augenblicklichen Idee eines Fürsten nicht allzuviel zu erwarten war. Bei ruhiger Ueber- lcgung mußte er sich sagen, daß die Grundlage, auf welcher seine Hoffnung sich aufbaute, recht schwankender Natur war. Der junge Prinz war augenblicklich durch ein Frauenbildniß be zaubert, das stand fest, allein, wie lange würde diese Bezauberung dauern? Würde sic nicht erblassen, noch ehe es gelang, ausfindig zu machen, wen jene Büstenphotographie darstelle? Irgend ein weibliches Wesen, dessen Eroberung leichter war, konnte dem Zauberbilde und damit dem Grunde, der Eder und den Prinzen verband, gefährlich werden. Und doch hatte dieses in Aussicht stehende Abenteuer, dem keines der bisher erlebten glich, einen solchen Reiz, daß Eder halblvegs von dem Eifer des Prinzen angesteckt wurde, das Ge- heimniß der schönen Marmorbüste zu entschleiern. Er hatte darum bereits an die Münchener Firma geschrieben und hielt eine freilich nicht befriedigende Antwort derselben in Händen, die zugab, daß die betreffende Photographie Münchner Ursprunges sein könne, die Nummer 22 222 deute darauf hin, daß sie muthmaßlich zu einer nach England verkauften Collection gehöre, doch könne Sicheres darüber nicht angegeben werden, bevor man nicht ein Exemplar der betreffenden Photographie vor sich habe. Uebrigens besitze die Firma eine so reiche Auswahl solcher nach Bildhouerarbeiten hergesteNten Lichtbilder, vaß ein Liebhaber sicher Vieles zur Ergänzung seiner Sammlung finden werde. — Ein neuester, mit Bildern ausgestatteter Katalog war beigefügt. Die kaufmännische Art der Erledigung der Anfrage lag zwar nahe, paßte jedoch für den mehr idealen Charakter der Angelegen heit ^sehr schlecht. So kam denn kurz nach Neujahr das Concert des Grafen die ihre Verhältnisse durch Ermordung eines oder mehrerer Juden zu verbessern getrachtet haben, die Bewegungsfreiheit innerhalb der Gesellichaft nicht zu entziehen. Der bloße Gevanke au die Möglichkeit, daß deutsche Studenten so lies gesunken seien, daß sie thun konnten, was erzählt wird, treibt dem Patrioten die Schamröthe in die Stirn. Herr Professor Kohler wird nicht anders empfinden und spricht deshalb viel leicht doch — gegen akademische Gewohnheit — zur Oeffent- lichkeit. Der preußische Landtag tritt erst nach zwei Monaten zusammen. Aus den Kreisen des Deutschen Ostmarken- Vereins wird uns geschrieben: Das Polenblatt am Rhein, die „Köln. Volksztg.", hat das Ende des Wrcschener Proceffrs nicht abwarten mögen, ehe cs in gewohnter Manier Verrath an der deutschen Sache übte, unbekümmert darum, daß die Opfer des Wreschener Landfriedensbruches nicht „protestantisirende Haka- tisten", sondern Katholiken sind, die allerdings als Deutsche wie als Staatsbeamte ihre Pflicht thun. Die „Köln. Volksztg." vergleicht nämlich die preußischen Staatsbürger polnischer ' Zunge mit den Boeren, die katholischen deutschen Lehrer mit den englischen Machthabern in Südafrika: wenn Boerenkinder in einer südafrikanischen Boerenschule — so meint die „Köln. Volksztg." — sich weigerten, englisch zu lernen oder Antworten in englischer Sprache zu geben, so würden die Engländer keine Prügelstrafe über sie verhängen, weil sie zu viel Achtung vor der persönlichen Freiheit hätten. Die Consequenzen dieses Ver gleichs müssen dcm führenden Centrumsorgane in aller Schärfe klar gemacht werden. Wer einen derartigen Vergleich zieht, be kundet dadurch die Auffassung, daß der preußische Staat nach einer längeren als hundertjährigen Herrschaft über ehemals pol nisches Gebiet gegenüber den preußischen Staatsbürgern pol nischer Zunge nicht mehr Rechte hat, als die Engländer gegenüber den Boeren, dieselben Engländer, die keineswegs in den faktischen Besitz der Boerenre publiken gelangt sind und sich durch ihre barbarisch- Kriegsführung nicht nur die Ver achtung der Boeren, sondern auch dec ganzen civilisirten Welt zu gezogen haben. Mit den Engländern also stellt die „Köln. Volks zeitung" den preußischen Staat, der seit einem Jahrhundert daran arbeitet, seine ehemals polnischen Unterthemen zu cultiviren, auf eine Stufe! Dabei setzt sich die „Köln. Volksztg." vollständig über die Thatsache hinweg, daß der preußische Staat in der Ostmark lediglich von den ihm verfassungsmäßig zustehenden Be fugnissen betreffs der Schukangelegeirheiten Gebrauch macht, erst nach gewissenhafter Ermittelung der Sprachkenntnisse der pol nischen Schüler seine Anordnungen getroffen und in der Durch führung der letzteren sich Concessionen an den polnischen Fanatis mus nur zu sehr geneigt gezeigt hat. Wennun'tersolchen Umständen die led'i glich vermuthete englische Humanität auf Kosten des eigenen Staates und Volkes herausgestrichen wird, muß «in Vergleich, wie der Chamberlain'sche in Bezug auf Boerenkrieg und 1870 / 71, als geradezu h e r a u s ge f o r d er t bezeichnet werden. Die Ver- muthung aber, daß England im Puncte des Schulunterrichts ohne Weiteres den Boeren entgegenkommen werde, findet in der ge schichtlichen Praxis Englands 'vurchaus keine Bestätigung. Bereits zur Reformationszeit hat England in Irland — das von England wirthschaftlich mindestens in demselben Maße ange zogen wurde, indem Preußen sich die Hebung der ehemals polnischen Landesthnle nach allen Richtungen angelegen sein ließ — die englische Sprache und englisches Wesen cingeführt; Unterrichtsgegenstände und Lehr plan sind (vergleiche Professor vr. Petersilie's „Ocffentliches Unterrichtswesen") gegenwärtig genau dieselben, wie in Eng- Vesan, nach dessen Beendigung ein Ball, ein wirklicher Ball, in den jahrelang nicht benutzten Festräumen des Vcsan'schen Palais folgen sollte. Ganz H . . . sprach von diesem Balle, dessen Arrangement man von dem alten Sonderling nicht mehr er wartet hatte. Auch Graf Ferdinand, der Neffe des alten Grafen, war von dieser Idee des Oheims überrascht und angenehm be rührt; es schien ihm diese unerwartete Wandlung in der Gc sinnung des Onkels darauf hinzudcuten, daß auch der zu häufig und schroff sich äußernde Geiz des alten Grafen sich mildern werde. Darum war Ferdinand Feuer und Flamme für die Ab sicht des Onkels und nahm sich mit Eifer des Arrangements an. Außer Fräulein Verser war auch die neugewonnene Altistin Margarethe Bielau, sowie der Tenorist Meier um ihre Mit- Wirkung bei dem Concert gebeten worden. Noch eine Anzahl anderer Künstler war bereit, das Fest des Grafen Edwin zu verschönen. Aber die Einladungen! Die machten viel Kopf zerbrechen. Graf Ferdinand, der Adjutant des Prinzen Frazzilo, war dafür, daß man die Einladungen so weitgehend als möglich erlasse, jedoch nur an Personen, die mit dem Hofe in Ver bindung ständen, daß man jedoch den Hof selbst, also die Herr- schäften, mit der Bitte, zu erscheinen, verschone. Im Allgemeinen war Graf Edwin der Ansicht des Neffen, allein gegen gewisse Per sonen hatte der alte Herr eine solche Aversion, daß er ihre Namen mit Heftigkeit aus der Liste strich, dagegen wollte er einige Name.i zugefüzt wissen, wie Trael und v. Eder, von deren Einladung der Adjurant abrieth. weil sich dann andere Einzuladende genirt fükhen könnten. Onkel und Neffe hatten über diesen wichtigen Gegenstand öfters längere Besprechungen. Scheinbar gab de: Onkel nach. Insgeheim jedoch erlaubte sich der alte Herr in der Abwesen heit des jungen Grafen, Einladungskarten an den Redakteur Trael und den Baron v. Eder auszufertigen und abzusenden; insgeheim auch schrieb cr an den alten Osenmann und fügte diesem Briefe einige Zeilen an den Prinzen Frazzilo bei, dem er die Situation schilderte und anheim stellte, ganz nach Wunsch daS Fest zu beehren oder ihm fern zu bleiben. Falls letzteres beliebt würde, stünden Sr. Hoheit immerhin etliche Zimmer seines Palais zur Verfügung, wo unauffällig eine Unterredung mit Herrn v. Ever, falls eine solche gewünscht würde, stattsinden könne. Wer weiß, ob der alte Sonderling nicht auf einig« hübsche Scenen rechnete, die so recht nach seinem Geschmack« gewesen wären, wie ein Begegnen zwischen Eder und Fahrer ober Digge», ein gesellschaftliches Zusammensein von Fräulein Verser und der neuengagirten Altistin! Dergleichen schien ihm amüsant. Er wußte auch, daß die Tochter der Ministers von Gawtndt,
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