Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011121027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901112102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901112102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-21
- Monat1901-11
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
UNg tn« Bezugs.Preis ^er Hanptrrpeditton oder den km StNb^ bezirk nnd d« Vororte» errichteten An»« acwestrllen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau« ^l b.bO. Durch dl« Post bezogen für Deutschland n. Oesterreich: vterteljährl. ^l S. Ma» aboauirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bet de» Postanstalte» in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg. Dünemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Douaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezog nur unter Kreuzband durch di« Expedition diese« Blatte« möglich. Li» Morgeu-Suöaab« erscheint um »/F UL^s hie Lbeud-Lusgab« Lochentag« um b UyL NrLartion und LrvedMo«: Johannt-gaffe 8^ Filialen; Alfred Hahn vorm. O. Klemm'« Sorttm. Unwersttätsstraße S (Paultnum), Loui« Lösche, Katharinenstr. 14, part. und Köuig«platz 71 Morgen-Ausgabe. 1'cip.rigcr Tagtliiall Anzeiger. Ämtsölatt des Ädmglichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes «nd Nolizei-Ämtes der Lindt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Ls. Reclameu unter dem Redactionsstrich («gespalten) 75 H, vor den Fainiliennack- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung -4i so.—, mit Postbesörderung 70.—. Änuahmeschluß für Anzeigen: Abrud-NuSgab«: Bormittag» 10 Uhr. Morgeu-Au-gabe: Nachmtttag« 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets au die Expedition zu richten. Tie Expeditton ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 5S5. Freitag den 22. November 1901. 95. Jahrgang. Die Ausrüstung unserer Chinatruppen. s. Neben den militärischen Lehren, die sich auf die an gewandte Taktik beziehen, hat die ostasiatische Expedition für uns auch schätzenswerthe Erfahrungen in Bezug auf die Be kleidung und Ausrüstung unserer Truppen gemacht. Wenn im Allgemeinen das Klima in China keine Tropenverhältniffe auf weist, so mußte man doch auf die größere Hitze als bei uns im Sommer und gleichzeitig auf eine recht achtbare Kälte im Winter Bedacht nehmen. Für beide Jahreszeiten zeigte es sich aber von vornherein, daß man unseren Soldaten den heimathlichen Waffenrock nicht mit hinausgeben konnte. Daraus ist der Schluß zu ziehen berechtigt, daß er nicht für feldmäßig befunden wurde, und ebenso berechtigt ist die Frage, ob dieser Waffenrock denn auch für europäische Feldverhältnisse das Richtige ist. Zwar haben unsere Truppen mit diesem Hauptbekleidungsstllck den großen Krieg von 1870 geführt; da« beweist aber noch lange nicht die Güte des WaffenrockS, der anerkannt den Hals des Soldaten, namentlich in feldmätziger Ausrüstung, derart beengt, daß leicht Blutandrang durch den Druck auf die große Halsader entsteht, weshalb Rockkragen und oberster Knopf alsbald nach dem Antreten jedes Marsches geöffnet werden müssen. Bei heißem Wetter wird dann noch die Halsbinde abgelegt, so daß auch die Feldbrauchbarkeit dieser eine höchst fragliche ist. Sie wurde zwar dem Expeditionscorps noch mitgegeben, aber sie muß sich nicht bewährt haben, denn an ihre Stelle ist für die ost» asiatische Besatzungsbrigade eine feste, in den Rockkragen ein genähte Binde getreten. Für die beim Ausmarsch mit genommene Litewka wurde eine Rockblouse eingeführt, die für alle Waffengattungen von gleichem Schnitt ist; für den Winter ist sic von feldgrauem Tuche, für den Sommer von khakifarbigem Drillich- oder Baumwollstoff angefertigt, an Stelle des steifen Kragens ist ein Klappkragen getreten. Aus denselben Stoffen sind auch di« Winter- und Sommerhosen hergestellt, der Mantel aus feldgrauem Tuche, das sich durchaus bewährt hat. Ein Fehlgriff war die Ausrüstung mit den Strohhüten, die zum großen Theil sich schon auf der Ausfahrt in ihre einzelnen Bestandtheile auslösten. Als Kopfbedeckung dient neben einer Feldmütze für Winter und Sommer im Stoff der Rockblouse und mit tveichem Schirm von grauem Leder der Helm. Also auch di« heimath- liche schirmlose Feldmütze hat die Probe nicht bestanden. Der Helm, den bei den Jägern und den Trainformattonen der Tschako ersetzt, hat «inen Kopf von Leder und ist mit feldgrauem Tuch überzogen, auch fällt der .Helmüberzug fort; für den Sommer wird ein Tropenhelm von Kork getragen, der mit khaki- arbigem Stoff bezogen ist; zur Luftzufuhrung nach dem Halse st der Hinterschirm zum Hochklappen eingerichtet. Der Nacken- chutz, welcher an der Feldmütze befestigt wurde, hat sich nicht be währt, da er den Luftzutritt vom Halse adhielt; «r wurde von den Soldaten m«ist in d«r Tasche getragen, weil man lieber sich der Wirkung der Sonnenstrahlen auSsetzte, als den Mangel an Luftzug, so gering «r auch oft war, erduldete. Aus dem Ge sagten erhellt, daß unsere heimathlichc Uniformirung doch in mancher Beziehung verbesserungsfähig ist. Will man die bessernde Hand anlegen, so muß dies so bald als möglich ge schehen, um nicht bei der jährlich stattfindenden Anfertigung von Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken nach den alten Mustern zu arbeiten und die aufzutragenden Stück« immer wieder zu ver mehren. Es ist der alte Kampf zwischen Paradekleidung und Feldkleidung, der endlich einmal zu Gunsten der Letzteren ent schieden werden sollte. Zur Ausrüstung deS Soldaten gehört als ein Hauptstück der Tornister, dessen Form sich ebenfalls nicht bewährt hat, und das Gepäck ist von größter Bedeutung auf di« Marschfähigkeit des Fußsoldaten. Es wurde nun für den Tornister ein Rückengestell von Holz mit Leder bezogen, nebst Trageriemen, und einem Ge päcksack aus wasserdichtem Leinenstoff eingeführt, welches hoffentlich unsere heimathlichen Soldaten auch erhalten werden. Ebenso ist dies wünschenSwerth mit den kleinen Patronentaschen für je 15 Patronen aus grünbraunem Leder, von denen der Soldat acht Stück an sich trägt, deren sechs vorn am Leibgurt, je drei zu beiden Seiten der Schloßschnalle, und zwei hinten am oder im Gepäcksack. Die großen Patronentaschen der Mannschaft haben sich im Gefecht als höchst störend erwiesen, da sie den Schützen bei dem di« Regel bildenden Schießen im Liegen ganz gehörig auf den Leib drücken. Auch dem Rcitersmann wurde die Cartusche für die Patronen, welch« er am Bandelier auf dem Rücken trug, genommen und an ihrer Stelle kleine Patronen täschchen eingeführt, welche nach Boerenart zu fünf Stück vorn am Bandelier aufgereiht und außerdem vier am Säbelkoppel getragen werden. Mt diesen kurzen Angaben müssen wir un» bescheiden; sie genügen indessen, um darauf hinzuweisen, daß eine ganze Reih« von Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken nicht den Erwartungen in Bezug auf ihr« Kriegsbrauchoarkeit entsprochen hat, woraus hoffentlich die Nutzanwendungen zum Besten unsere« Heeres gezogen werden. Di« nöthigen Aenderungen können dabei aus dem Ovdinarium bestritten werden, so daß der Steuerzahler dafür nicht besonders in Anspruch genommen zu werden braucht. Die» ist bei Neubewaffnungen dagegen nicht nöthig; aber unsere Bewaffnung hat sich in China in jeder Hinsicht großartig be währt, sie ist erstklassig und die deutschen Waffen haben sich allen anderen überlegen gezeigt, und da« ist und bleibt die Hauptsache! Der Lrieg in Südafrika. Art« Friede. Von den boerenfreunbNchen LomitSS in Frankreich ist «ine neu« Kundgebung nicht beabsichtigt und man stellt in Abrede, daß vr. Leyds nach seiner Rückkehr von Berlin nach Pari» kommen werde, um mit französtschen Staat»- männern Besprechungen zu pflegen. Man bezweifelt übrigens in Paris, daß die Eröffnung von Friedensverhandlungen nahe bevorstehr. Da« Cabinet Saliibury könnt« kein« den Forde rungen des Präsidenten Krüger und seiner Umgebung, sowie der Boerenführer entsprechende Zugeständnisse macken. Die Be endigung dlese» langwierigen Kriege» durch einen Friedenischluß könnte nur dann erzielt werden, wenn da» jetzige englische Ca binet durch ein« andere Regierung ersetzt würde oder wenn wenigsten» im Cabinet Salitburv bedeutende Veränderungen eintraten. Der Stand der öffentlichen Meinung in England lass« jedoch rin« solch« Windung nicht »oraussehen. Lord Roderis' Uniform-Politik. Aus London, 17. November, schreibt man der „Münch. All gemeinen Ztg.": Lord Roberts wird — so versichert man im Kriegsministerium — sein Amt als Chef des Generalstabs nicht mehr lange inne haben. Es verlautet, er werde am 1. April, wenn nicht schon früher, nicht mehr auf seinem Posten sein und werde demnach auch bei der Krönungsfeier keine Rolle mehr spielen. Das heißt, die Clique um Lord Salisbury, welcher Roberts' Name eine so unangenehme stete Erinnerung daran ist, daß der leidige Krieg eben noch nicht zu Ende ist, diese mächtige Clique wird Roberts beseitigen, damit sein Erscheinen bei der Krönung nicht störend wirkt. Das nämlich würde heute der Fall fein. Die Popularität des „Lords of Pretoria" ist völlig geschwunden. Es dämmert eben in zu vielen Gemllthern, daß Roberts vor Jahr und Tag arg geflunkert hat, als ec die Boeren- kämpfer „marodirende Banden" nannte, und manche Blätter haben ihn, den eben noch so allgemein gefeierten „Bobs", schon kurzweg einen Schwindler genannt. Sein Ehrenschild ist arg durchlöchert, Roberts fühlt das anscheinend selbst, und wenn er noch hier und da bei Feierlichkeiten aller Art erscheint, so mag er sich solchen nicht wohl entziehen können. Da, wo, sein Platz ist, im Kriegsministerium, erscheint er aber feit Wochen nicht mehr. Die Beamten klagen, daß ganze Stöße von Aktenstücken unerledigt liegen bleiben, die unterzeichnet iverden sollen. Der Kriegsminister geräth dadurch in nicht geringe Verlegenheiten. Es kann, wie die Sachen liegen, nicht mehr lange währen, bis der Sturm des Unwillens, der sich vorbereitet, heftig ausbricht. Wie man sich inzwischen im Kriegsministerium darauf ein richtet, die von Herrn Brodrick öffentlich zugesagten 10 000 Mann Verstärkungen, oder auch 12 000, wenn Kitchener es ver langen sollte", schleunigst nach Afrika zu entsenden, davon ein paar Beispiele. Eine eben erlassene Verfügung Brodrick's schafft die Satteltasche für die Cavallerie ab. Dadurch werden einige Ersparnisse gemacht. Die Officiere sind aber ungehalten über die Neuerung, die sie eines „schneidig" aussehenden Uniform schmuckes beraubt. Eine weitere Verfügung hat ebenso großen Unwillen hervorgerufen. Das Riemenzeug, der Gurt u. f. w. soll künftig von lichtbraunem Leder, anstatt weiß sein. Weiß sieht schöner aus, putzt mehr, braun aber ist für den Felddienst natürlich bester. Das paßt den Herren Officieren nicht, für die die Uniform, wenn sie schon, was selten geschieht, in Uniform ausgehen oder reiten, lediglich ein Paradestück ist. Daher wird die Verfügung in bitteren Worten getadelt und es h'iuft sich auch unter den Officieren ein großes Bündel Groll auf. Ein Blatt äußert über diese Uniformpolitik in offenbar ganz ernst haftem Grimme: „Niemals war eine solche Wirthschaft im Kriegsamte, wie jetzt. Ich muß leider sagen, daß eine enorme Masse von Abschiedsgesuchen eingereicht werden wird, wenn der Krieg zu Ende ist." Ja, wenn — inzwischen aber treibt man eine Politik der Uniformknöpfe! Deutsches Reich. --- Berlin, 21. November. (Eine Verleumdung Kaiser Wilhelm's I.) Auf der Welfischen GcDächtniß- feier zu Ehren des Königs Ernst August von Hannover hat man dem alten Hasse gegen Preußen und den Nationalverein, gegen Rudolf von Bennigsen und Miquel in bekannter Weise ge- fröhnt. Das Aergste aber dürfte Herr von Dannenberg- Hannover mit einer Verleumdung Kaiser Wil helm'» I. geleistet Haden. Nach dem stenographischen Berichte des hannöverschen Welfendlattes hat Herr von Dannenberg wört lich gesagt: „Kaiser Wilhelm I. von Preußen gab in Baden- Baden vier deutschen Königen sein Königswort, er werde nie mals darein willigen, daß Preußen sich das Gebiet eines deutschen Fürsten einverleibe." — Au diese angeblich von Wilhelm I. 1860 zu Baden-Baden gesprochenen Worte knüpfte Herr von Dannen berg folgende Kritik: „Sie wissen, mein« Herren, daß sich dies Königswort buch stäblich erfüllt hat, den 1866 hat der König Wilhelm I. nicht in die Annexion deL Gebietes auch nur eines deutschen Fürsten gewilligt, sondern nur in das eines Königs, eines Kurfürsten, zweier Herzogthümer und der Stadt Fmnkfurt a. M.! Sollten Sie, meine Herren, anderer Meinung sein, so werden Sie doch einräumen müssen, daß der König 1866 auch schon an großer Gedächtnißschwäche litt." Gegenüber einem derartigen Versuche, Wilhelm I. als wort brüchig hinzustellen, ist der Nachweis am Platze, daß Herr von Dannenberg mit seiner Behauptung sich einer groben Verleum dung schuldig gemacht hat. Ein Blick au'f die Geschichte des Jahres1860 genügt zur Klarstellung des wahren Sachverhalts, der ausführlich im 2. Band« von Sybel's „Begründung des deut schen Reiches" (S. 262 ff. der Volksausgabe) auf Grund archi valischer Quellen geschildert ist. Veranlaßt war die Fürsten zusammenkunft in Baden-Ba>d«n durch Napoleon III. Gegenstand allgemeinen Argwohn» geworden und in dem Ver dachte stehend, an allen Enden Europas Umwälzungen zu planen, lenkte Napoleon seinen Blick aus Preußen, dessen festes Ver halten im Jahre 1859 bei ihm nicht Haß, sondern Achtung hervorgerufen hatte. So machte er >den Vorschlag einer persön lichen Zusammenkunft mit dem Prinzregenten Wilhelm. Der Regent aber glaubte, daß Napoleon ihn mit Deutschland ver- feiidden und den Austausch der Rhemlande gegen SchkeSwig- Holstün wieder zur Sprache bringen werde; er lehnte daher den Vorschlag Napoleon'» zwei Mal ab und nahm ihn schließlich nur unter der erklärten Voraussetzung an, da ß di« Grund lage aller Verhandlungen di« Unverletzlich- lichkeitde» deutschen Gebietes sein werde. Schon hatte König Max von Bayern seinen Besuch in Baden- Baden während deS üblichen Sommeraufenthalts deS Regenten angemeldet, auch der König von Württemberg wollte kommen. Dorthin lud der Regent nunmehr Napoleon ein und machte die bevorstehend« Zusammenkunft den deutschen Höfen bekannt. Darob gerieth der König von Hannover in die größt« Unruh«. Längst erschreckt durch da» liberale Berliner Cabinet, eilte er nach Berlin und forderte den Prinzregenten auf, entweder selbst nicht nach Baden-Baden zu gehen, aber alle deutschen Fürsten und den Kaiser von Oesterreich ebenfalls dorthin einzuladen. Der Regent ließ die Erwähnung de» Kaiser» von Oesterreich auf sich beruhen, lud aber den König Georg ein, und schriab zu gleichem Zwecke an den König von Dachsen. Am I«. Juni kam der Regent in Baden an, wo außer den vier Königen eine Reihe anderer Fürsten erschienen -war. „Der Regent sprach ihnen seinen Entschluß aus", schreibt Sybel wörtlich, keine Gebietsveränderiung aufKosten Deutsch lands oder deutscher Staaten zuzulassen". — Hieraus hat Herr von Dannenberg die vorstehend wiedergegebene Behauptung gemacht, auf Grund deren er Wilhelm I. des Wortbruches beschuldigt! Die Motive für ein derartiges Ver fahren hat Herr von Dannenberg in seiner Rode selbst ange- deutct, indem er auf eine charakteristische Kundgebung des han noverschen Ministers von Borries emging. Der Letztere sagte im Jahre 1860: Wenn der Nationalverein in bisheriger Weise mit seinem Streben fortfahre, den Preußen die ganze Vertretung gegen das Ausland und die Militärhoheit auszu liefern, dann könnte irgend ein Bundesstaat in seiner Angst ver sucht sein, sich, wie das schon vorgekommen, mal wieder mit dem Aus lande zu verbünden. — Von diesem Ver halten >Les hannöverschen Ministers unterscheidet sich die deutsche Antwort Wilhelm's I. an Napoleon III. so be trächtlich daß sie ein welfisches Gemüth schwer .belasten muß. Daher die „kleine" Veränderung, die man mit den Worten Wil helm's I. vorzunehmen, für gut fand." /). Berlin, 21. November. (Beamte und Ver bandsehrengerichte.) Es war schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen worden, daß der Kultusminister den An spruch erhoben hat, die beamteten Aerzte sollten, so weit sie Mitglieder ärztlicher Vereine wären, von der Ehren gerichtsbarkeit dieser Vereine ausgeschlossen werden. Im „Aerzt- lichen Vereinsblatt" wird nun eine sehr geschickte Parallele zwischen den ärztlichen Vereinen und den studentischen Corps ge zogen. Bekanntlich gehören Dutzende, ja Hunderte von hohen Beamten, selbst Minister, den studentischen Corps auch nach Be endigung ihrer akademischen Studien noch als „alte Herren" an und unterliegen als solche der corpsstudcntischen Ehren gerichtsbarkeit. Noch niemals aber ist von den Corps verlangt worden, daß diejenigen „alten Herren", die Beamte sind, von der Ehrengerichtsbarkeit des Corps ausgeschlossen sein sollten. Die Corps würden sich einer solchen Bedingung auch niemals fügen, sondern sie würden einfach solchen Mitgliedern, die die Beamtencarrivre einschlagen, das Band nicht verleihen. Und dabei besteht bei diesem Vergleiche zwischen ärztlichen Vereinen und Corps noch ein Unterschied zu Ungunsten der letzteren, in dem nämlich bei diesen ein alter Herr ehrengerichtlich von Männern abgeurtheilt wird, von denen nur ein kleiner Theil denselben Beruf hat wie er, während die ärztlichen Ehrengerichte nur aus Angehörigen eines und desselben Berufs zusammen gesetzt sind. Wollte man den Vereinsehrengerichten ein Recht entziehen, welches man den studentischen Corps andstandslos bewilligt, so wäre das geradezu eine Degradirung der ärztlichen Vereine. Diese sind in ihrem guten Rechte, wenn sie sich gegen die Forderung des Ministers auflehnen und lieber auf die Mit gliedschaft beamteter Aerzte verzichten wollen. Werden aber die letzteren durch den Minister veranlaßt, aus den Vereinen auszutreten, so haben zunächst sie einen Nachtheil, weil ihnen die wissenschaftliche Fortbildung, die ihnen in den Vereinen durch Vorträge, Diskussionen, Bibliotheken u. s. w. gewährt wird, entzogen wird. Zum Zweiten aber entsteht ein socialer Nach theil, indem die Kluft zwischen Beamtenthum und Bürgerthum erweitert wird. Mögen die beamteten Aerzte noch so unschuldig an ihrem ihnen ja von dem Minister aus gezwungenen Rücktritte sein: es wird eine aewisse Verbitterung gegen sie bei den nichtbeamteten Collegen bestehen. Am nach theiligsten wird aber eine solche Scheidung in den gemischt sprachigen Provinzen sein. Die beamteten Aerzte ge hören ja zum größten Theil der deutschen Nationalität an und die polnischen Collegen werden sich herzlich freuen, wenn zwischen den beamteten und nichtbeamteten deutschen Aerzten eine gesell schaftliche Entfremdung stattfindet. Schon vor Jahr und Tag haben die Minister es für die deutsche Sache für wünschenS- werth erklärt, daß die Beamten engere Fühlung mit dem Bürger- thume bekommen; wenn aber künstlich eine Trennung zwischen Männern, die demselben Berufe angehören, geschaffen wird, wie soll es dann erst um das Verhältniß zwischen Beamten und Kaufleuten bestellt sein? * Berit», 20. November. (Die Mitglieder des Co- lonialratbS.) Für die vom 1. October 1901 bi» 30. Sep tember 1904 währende sechste Sitzungsperiode des Colonial raths sind folgende vierzig Mitglieder ernannt, bezw. wieder ernannt worden: 1) Johann Albreckt, Herzog zu Mecklenburg, 2) vr. Wilhelm, Fürst zu Wied, 3) Alfred Prinz Löwenstein- Wertheim , 4) von Hansemann, Geb. Commerzienratb, 5) HernSbeim, Director der Ialuitgesellschaft, 6) I)r. Herzog, Staatssekretär a. D., 7) vr. HeSperS, Professor, Domcapitular, 8) v. d. Heydt, Bankier, 9) vr. Hinkorf, 10) v. Hofmann, Staatsminister, 11) Graf v. Hutten-CrapSki, Mitglied deS Herrenhauses, 12) vr. v. Jacobi, Staatssekretär a. D., 13) Krätke, Staatssekretär deS Reichs-Postamt-, 14) LucaS, Commerzienratb, 15) Meyer-Deliu-, Direktor der Deutschen Handel«- und Plantagengesellschast der Südsce- Inseln, 16) Vr. Han« Meyer, Professor, 17) Mickel«, Geheimer Commerzienratb, 18) Vr. Oecbelbäuser, Gebeimer Commerzienratb, 19) Freiherr v. Oppenheim, Vorsitz-nder de« Vorstände- der Rheinischen Handi-Plantagengesellschast, 20) v. Palezieux, Generalleutnant, 21) vr. N. PoenSgen, 22) vr. Porsck, Justizrath und sürstbiscdöflicher Consistorial- rath, 23) v. Poser und Groß-Nädlitz, Generalmajor z. D., 24) vr. Freiherr v. Richtbofen, Gebeimer RegierungS- rath, 25) Sachse, Wirklicher Geheimer Rath, 26) vr Schar lach, RecktSanwalt, 27) Schmeißer, Gebeimer Bergralb, 28) vr. Sckoeller, Vorsitzender deS AufsichtSrathS der Gesell- sckaft Nordwest-Kamerun, 29) Graf von der Schulenburg- Wolfsburg, Hofmarschall de« Prinzen Albrecht von Preußen, 30) vr. Schweinsurtb, Professor, 31) Simon, Geheimer OberregierungSratb, 32) P. Staeudinger, 33) Strande«, Kaufmann, 34) Johanne« Tbormaeblen, Kaufmann, 35) Frei herr Tücher von Simmelsdorf, königlich bayrischer Kämmerer, 36) Baloi«, Viceadmiral z. D., 37) I. K. Vietor, Kaufmann, 38) Vohsen, Berlagsbuchhändler, 39) vr. Wiegand, Director des Norddeutschen Lloyd, 40) Adolf Woermann, Kaufmann. (D vrrltn, 21. November. (Telegramm.) Der Kaiser hörte heute Morgen von v Ubr ab die Vorträge de« Krieg«- Minister« v. Goßler und des Chef« de- Militärcabinet« Graf v. Hülsen-Häseler. (-) Berlin, 21. November. (Telegramm.) Der BundcS- rath hielt heute eine Plenaisitzung ab und üverwies 1) daü Abkommen mit Frankreich über den Verkehr mit Brannt wein an der deutsck-französiscken Grenze vom 1. Oktober 1901; 2) den Entwurf eines Gesetzes betreffend den Servistarif und die Classeneintheilung der Orte, sowie die Abänderung deS Gesetzes üb.r die Bewilligung von Wvhnungsgeldzuschüssen; 3) den Entwurf zum Besoldungs und PensionSetat der Reicksbankbeamten, ausgenommen die Mitglieder des Reichsbankdirecloriums, für 1902 den zu ständigen Ausschüssen. Er überwies ferner die Ausschuß- berickte über den Reickstagsbeschluß zu den Petitionen, bctr. den Bau einer Eisenbahn KaiserSlautern-PirmasenS-Lützel- stein-Jngweiler-Sieweiler u. s. w. an den Reichskanzler und ertheilte endlich den Ausschußberichten über: 1) den Ent wurf von Vorschriften über den Kleinhandel mit Kerzen; 2) die Vorlage betr. den Entwurf einer neuen Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Oesterreich- Ungarn; 3) der Vorlage betr. Aenderungen der Nummern 35 o, 44 und 52 Anlage b zur Etsenbabn-VerkehrSordnung; 4) dem Entwurf« einer neuen Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschland- und der Schweiz die Zustimmung. D Berlin, 21. November. (Telegramm.) Das LtaatS- mintstcrium trat heute unter dem Vorsitze deS Minister präsidenten Graf v. Bülow zu einer Sitzung zusammen. D Berlin, 21. November. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." meldet: Der Reichskanzler Graf v. Bülow batte gestern eine längere Unterredung mit dem Bot schafter in Petersburg Graf v. AlvenSleben, der sich in den nächsten Tagen auf seinen Posten zurückbegiebt. Im Laufe des Nachmittags conferirte der Reichskanzler mit dem Schatzsekretär Frhr. v. Thielmann und dem Minister Frhr. v. Hammerstein. « (-) Berlin, 21. November. (Telegramm.) In der heutigen ersten Sitzung der Herbsttagung des SolonialrathS hieß der Vorsitzende, Coloniatdirector vr. St übel, die alten und die neueinberufenen Milglieder willkommen und gedachte mit warmen Worten des verstorbenen Mit gliedes Viceadmiral Schering. In den ständigen Aus schuß wurden die Staatssekretäre«. D.Jacobi nnd Herzog und der StaatSininisterHofmann wiedergewählt. Ueber die Arbeiten des Ausschusses zur Berathung derScl avenf rage lag ein ge druckter Bericht vor, zu dem der Referent, Domcapitular HespuS, betonte, der Ausschuß halte eine generelle gesetzliche Regelung der Sclavensrage zur Zeit für un möglich, wohl aber eine vorläufige Regelung nach den einzelnen hier in Betracht kommenden Schutzgebieten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Verhältnisse. In der sich anschließenden Debatte bezeichnet« der Vorsitzende als Ziel der Regierung, auch in Deutsch-Ostafrika die Befreiung der Sclavenkinder durchrusübren, sobald die Verhältnisse eS irgendwie gestatteten. Der Colonialrath pflichtete dem Standpunkte des Ausschusses bei, daß die Freierklärung der Sclavenkinder in Ostafrika mit Rücksicht auf die vorliegenden Berichte de« Gouverneurs zunächst noch nicht ausgesprochen werden solle, wohl aber ein solche« Vorgehen in Togo und in Kamerun, in letzterem Schutz gebiete mit einigen Modificationen, als durchführbar an- geseben werden könne. Die Einführung eine- Arbeitszwanges durch die Regierung wurde als undurchführbar bezeichnet. In derSpecialdebaltr wurden dieEntwürfe von Verordnungen über die Haussclaverei in Deutsch-Ostafrika, Kamerun und Togo mit einigen Abänderungen in der Fassung deS Ausschusses an genommen. Der Vorsitzende sagte die alsdalviae Veröffent lichung deS Entwurfes einer Verordnung für Ostasrika zu, während die Veröffentlichung des Entwurfs einer Verordnung für Togo und Kamerun erst in Aussicht genommen seien, nachdem bezüglich der letzteren der Gouverneur von Kamerun nochmals gehört worden sei. v. Berlin, 21. November. (Privattelegramm.) Wie der „Berl. Börs.-Ztg." gemeldet wird, sind dem BundeSratb die nach und nach fertig gestellten Positionen des RcichshauS- haltS zugegangen, und e« erübrigt nur noch ein kleiner Rest, der vor Zusammentritt de« Reichstage« am nächsten DieuStag ebenfalls erledigt sein wird. Die Drucklegung der bereit» geprüften EinzeletatS hat stattgefunden, das Gleiche wird mit dem Rest der Fall sein, so daß der Etat den Mitgliedern deS Reichstage« am Dienstag wird zugehen können. Bald danach wird den Reichs boten auch die Begründung zu dem Zolltarif-Entwurf, bezw. der erfolgten Abänderungen zugehen, ein überaus umfangreiche- Aktenstück. Die ReichStagSabgeort- neten werden somit Arbeit genug erhalten. Selbstver ständlich wird die Etat-beratbung der Berathung kcs ZvlltarifS vorausgehen. Indessen sieht di« Regierung auch hierbei schon einer ausgedehnten Besprechung des Zolltarifs entgegen, da ja beim Etat über die Gesaninit- politik des Reiche- gesprochen werden darf. Wie man sich in politischen Kreisen erzählt, hofft der Reichskanzler bei dem parlamentarischen Abend in ter nächsten Woche durch intimen Gedankenaustausch eine erwünschte Klärung der Lage zu Wege zu bringen. D Berlin, 2 l. November. (Telegramm.) DerStabt- verordneten-AuSsckutz zur Vorberathung der Magistrat«- Vorlage wegen UmgeftaltnnD der Straße Unter den Ltuden nahm mit neun gegen zwei Stimmen da« vom Kaiser genehmigte Projekt an. D Berlin, 21. November. (Telegramm.) Zu den seiner Zeit von der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung bekannt gegebenen, von den preußischen Lanvwirth- sckaft-kammrrn bezüglich der Tbierbeförderung auf der Eisenbahn beim ReickSrisenbahnamte eingebrachten An trägen kann da« Blatt beute mittheilen, daß di« Verhandlungen wegen Herausgabe de« Coursbuche« für den Vtehverkehr zu einem vorläufigen Abschluß gelangt sind. Da« Reick-eisenbahnamt veranstaltet zum 1. Mai 1902 eine ProbeauSgabe. Fällt der Versuch günstig au«, so soll da« Cour-buck zum erstenmal am 1. Oktober 1902 für den öffentlichen Gebrauch herausgegeben »erden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite