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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011125023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901112502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901112502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-25
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nicht voreilig, wir hoffen unS noch zu bessern. Empfehlen Sie uns Ihrem Herrn Oheim; uu rsvoir, wenn ich so sagen darf!" „O gewiß, Herr Graf, mein Oheim und ich werden uns jeder Zeit freuen. Sie hier zu sehen!" Unter Komplimenten verabschiedet« man sich; der Baron war verstimmt, er begriff das Benehmen des Prinzen nicht. Auf der Straße sagte er nur verdrießlich: „Nun haben Sie die Biiste nicht gesehen." „Man muß nicht gleich mit der Thür ins Haus fallen. Wissen Sie übrigens, was mir für ein Gedanke gekommen ist? Die Baronesse war« eine Frau für Sie!" „Sie haben heute aber seltsame Ideen." „Dort ist ein Fiaker, nehmen wir ihn!" Während der Fahrt setzten sie ihr Gespräch fort. „Faktisch, lieber Hofrath, dieser Gedanke ist mir bei der Unterhaltung mit der Baronesse gekommen. Ueberlegen Sie sich die Sache einmal." „Hoheit, ich muß allerdings mit Freude constatiren, daß Sie außerordentlich guter Laune sind. So erfreulich das ist, so schwer wird es einem Untergebenen, immer den richtigen Gegenton zu treffen. Man weiß niemals, wir man sich ver halten soll, ohne anzustoßen. Ich bin nicht leicht außer Fassung zu bringen, ober Ihre Unterhaltungsweise im Salon Weraschek schnitt mir häufig völlig daS Wort ab, da ich doch den Respect nicht verletzen durfte." „Sie haben eben Ihre Rolle nicht gehörig erfaßt, lieber Baron, daS ist Alles. Ich bin und soll sein der Graf He'm- born, der ebenbürtige Freund de» Barons v. Eder. Eine zwanglose Unterhaltung ist da nöthig. Wenn freilich der so genannte Freund des Grafen vor lauter geheimen Respect zu keiner pointirten Entgegnung kommen kann, dann wird es mit dem Jncoanito de» Prinzen bald ein Ende haben. Lieber Hof rath, so lange mein Inkognito währt, also hier in München und vielleicht später auf unserer Tour in Südrußland, di« doch unausbleiblich ist, betrachten Sie mich ruhig als Ihresgleichen, ich nehme nicht» übel; na, und di« rechte Grenze wissen Sie ja innezuhaltcn. Was ich Ihnen da bezüglich der Baroness« Nut- korow sagte, gehörte jedoch nicht zu meiner Roll«, sondern ist meine wahre HerzenSmeinung. Eie wäre die richtige Frau für Eie." „Erstens, Hoheit, kennen Sie Feodorowna viel zu wenig, um ein solche» Urtheil fällen zu können, zweitens käme in Frage, ob di« Baronesse einen solchen Monn möchte, wie ich bin, und drittens vermag ich den Ansprüchen einer solchen Dame nicht zu genügen. Ich war mit meinem Vermögen zu leickt- sinnia." .Armer Baron, trotz alledem würde ich zu diesem Weib« meine Augen aufschlagen, die Baronesse schaut nicht auf Geld und Stellung, sie scheint es nicht nöthig zu haben. Sie ist schön, geistreich und einfach, was wollen Sie mehr?" „Warum wollen Sie mich denn absolut verheirathen, Hoheit?" „Sie können doch nicht ewig Junggeselle bleiben." „Warum nicht; mein Junggescllentbuin war mir bisher noch nicht hinderlich. Aber Scherz bei Seite, Hoheit, ich denke faktisch nicht daran, die Baronesse für mich zu erobern; die Procedur, die ich dutzendmal bei Anderen beobachtet, ist mir zu langwierig." „Aha, daS soll eine Anspielung auf meine Liebe sein." „Nicht im Entferntesten, Hoheit, obwohl ich zugestehe, daß Sie eS sich um ein gut Theil leichter gestatten könnten." „Verfallen Sie doch nicht in diesen spießbürgerlichen Ton. Was heißt „leichter gestalten"? Soll ich die Braut aus den Händen meiner Eltern entgegennehmen, waS bei den Männern meines Standes meistentheilS geschieht? Danken Sie Gott, daß Sie nicht auf solche Umwege denken müssen, wie ich!" Der Wagen hielt; sie waren am Hotel. Otto Embder hatte Alles zur Mittagstafel herqerichtet. „Sehr schön arrangirt, Embder", sagte Frazzilo, „aber leider umsonst. Wir speisen an der Table d'hnte, falls ich es aus nahmsweise nicht anders bestelle. Melden Sie das gleich unten." „Zu Befehl! Der Oberkellner brachte das Fremdenbuch zur Einzeichnung, ich habe es auf den Schreibtisch nebenan gelegt." „Gut, ich werde die Eintragung besorgen." Noch hatte jedoch die Table d'HSte nicht begonnen, al» Embder die Karte des Bankiers Weraschek hereinbrachte mit der Nachricht, der Bankier lasse um gütigen Empfang bitten. Das geschah denn mit Vergnügen, und die Unterhaltung war so leb haft, daß man noch beisammen saß, als die Glocke zur Table d'HSte rief. „Wenn Sie gestatten, meine Herren, schließe ich mich an; man erwartet mich zu Hause ohnehin nicht." Der Bankier, ein hochgebildeter und gesellschaftlich routi- nirter Mann, gestaltete das Zusammensein zu einem sehr an genehmen. Für den Abend verabredete man den Besuch der Oper und der Graf gab seine Zustimmung für einen gemein samen Ausflug nach der Türkenkneive an einem der nächsten Abende, sowie für seine Anwesenheit am .Innr kix Weraschek'S. Da derselbe meist von Künstlern beehrt wurde, war eS vortheil- haft, diese Künstler vorher kennen zu lernen. DaS war nun ein Leben so reckt nach dem Herzen Frazzilo'-, ungenirt und dennoch in den Grenzen deS Anstande», frei und ohne die steife Etikette de» Hoftones und doch achtung»voll und dem Rang an ¬ gemessen, den Frazzilo sich beigelegt. Der offenmüthige, herz lich wohlwollende und für Künstlers Freud' und Leid empfäng liche Graf Helmborn war in Kiinftlerkreisen bald eine beliebte und gern gesehene Persönlichkeit; natürlich verkehrte er nicht nur in der Türkenkneipe, sondern auch in mehreren Häusern, soweit es sich um verheiratete Künstler, wie Professor Meyerheimb und Andere, handelte. Am liebsten freilich bewegte er sich in dem Hause des kunstverständigen Bankiers, dessen feinsinnige Gattin er hochschätzcn lernte und dessen Nichte er nach seiner Art verehrte, da sie in ihrer ruhigen, anspruchslosen Weise wie ein Genius des Weraschck'schen HauseS schaltete und waltete. Sie kam mit dem Grafen gut aus, fand aber allmählich, daß er dem Baron gar nichts vorzuwerfen hatte, als sie einmal im Wintergarten während einer SoirSe Helmborn, der sich nicht beobachtet glaubte, unbeabsichtigter Weise zu belauschen Ge legenheit hatte. Merkwürdiger Weise befand sich damals der Graf vor der Vera-Büste und sprach laut: „O kalter Marmor, starres Gestein, wie ist eS möglich, daß du so liebliche Form annimmst und doch gefühllos bleibst? L, könnte ich dich, du Herrliche, Hohe, zum Leben erwärmen, er wecken, o dürfte ich den Klang deiner Stimme vernehmen und den Glanz deiner Augen schauen!" Feodorowna. welche hinter einem dichtbelaubten Lorbeer bäum stand, glaubte, der Graf spreche mit einem anderen Herrn, bis sie die Worte deutlich hörte und wahrnahm, daß ec allein war. Nun mochte sie erst recht nicht hervortreten und kam zu dem zweifelhaften Genüsse, einen längeren Monolog deS Grafen an die Dera-Büste anzuhören, welcher an Leiden schaftlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ und die Baronesse zu der halblauten Aeußerung: „Ein moderner Donquirote" ver anlaßte. Von diesem Augenblick an wußte sie, daß der Graf dem Baron nichts nochgao an Sonderbarkeit, ja, daß er ihn sogar übertraf, denn Monologe hatte der Hofrath noch nicht an die Marmorbüste gehalten. Und noch einen Vorzug entdeckte sie an dem Baron im Vergleich zu seinem lebhaften Freunde. Während der Hofrath nie ein Hehl aus seiner Bewunderung der Büste machte, wußte sich der Graf vor Spott darüber gar nicht genug zu thun, sobald man sich am Familientisch befand, und siehe da, heimlich, wenn er sick unbeobachtet wähnte, opferte er mit großem Eifer vor derselben Göttin. 2, über diesen Heuchler! Sie ließ sich zwar in ihrem Benehmen dem Grafen gegenüber nichts merken, daß sie ihn bei seinen intimen Herzen»- ergüssen belauscht habe, aber sie legte fortan seinen Aeußerungcn keinen solchen Werth mehr bei, al» bisher, namentlich machten seine gelegentlichen Schmeicheleien bei ihr kaum mehr Eindruck, "ra er aber den armen Baron noch bisweilen mit der verw üste auf, dann lächelte sie spöttisch und dachte: „Schon gut. 1901. :s Ab treten. Absatz- lieber en er- iscn r oder Tonnen 00 260 61337 4 569 15 619 79 161 33 869 65 240 61 357 nkreick r unv rjahre chland neun 1127 r Nexiko rncil.l infuhr 0 aus thcilie rnnten 2 ! 029 nlreick l 1674 !N 557 n sehr n'L et Igende oronet md — arge's -erung uctneu. bessere n pro ering o Faß r Fa>> . Be zeride: os. — SonS DaS :cial.) ersetzt cd ab legen Poft einige Taxe Mich, mphie tigten :nheir wird nttels unter ellten -einer nach- Heils Da ch der erring Da arten sftenS gute ingen zuzu- düng, hnorr anzu- Cor- steren c, die ndern Sorte it zu nter laren e der ündi- fsenS , nnr -r zu den Zweck Hern, und und nun<g ireift chlag rdcn, n in urch- forrn i der eireu nickir arrc' sind issen Die ?oer- ) b:S : bi - Ab- läßr. ruck- agcS ibarc phie u'liu orto nach rital Drui ¬ den lung Bezugs »Preis 1» der Hauptexpedition oder den im Stadt» bezirk und den Vororten errichtete» Ans» gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. .4! 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten tn der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem» bu g, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egnpten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um S Uhr. Redaktion und Lrpedition: Johannt-gaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Gortim. Unwersitätsstraße 3 (Paulinum), Söul» Lösche, Katbartnenstr. 14, Part, und KSnigsvlatz 7. Nr. 601. Abend-Ausgabe. MpMer. TaMM Anzeiger. Amtsvlatt des Königliche« Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Polizei-Amtes der LLadt Leipzig. Montag den 25. November 1901. Anzeigen »Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklame» unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (S gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug .M 60.—, mit Postbejörderung .M 70.—. Annahmeschluk sur Anzeigen: Abeud-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestelle» je ein« halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. S5. Jahrgang. Der Lrieg in Südafrika. vorrenerfolge. * Johannesburg, 22. November. In Kämpfen Mit dem Kommando Buy» bei BtllierSdorp wurde »er Kommandant der englischen Truppen ge- tödtet und drei englische Offietere verwundet. Eine Abteilung von Mannschaften de» Eisenbahn- Regiments wurde von den Bocren gefangen ge nommen. Auch andere britische Trupventhctle hatten Verluste. Die Eisenbahntruppen wurden von hem voereaeowmando Buys umzingelt, das von de« Kommando Rotz verstärkt worden war. * Loudon, 25. November. (Telegramm.) Ein Telegramm der „Daily Matt" au» Johannesburg vom 22. November besagt: Die Zahl der bei viltiersdorp angegriffenen Eisenbahntruppen betrug 10V. Die voeren befehligte Vrobelaar. Hinrichtung. * kolesberg, 2S. November. Der Feldcornet Willi am Hofmeyer-Roun, ein Aufständischer ans der kapcolonie, -er sich dem Kommando Laiegan» angeschlossen hatte, ist heute früh hier hingerichtet worden. Haager Schiedsgericht; Rothe» kreuz. In schriftlicher Beantwortung des Berichts deS Bureaus der Kammer zum Budget der Auswärtigen Angelegenheiten erklärt der niederländische Minister des Aeußern van Lynden, die Regierung müsse den Haager Vertrag, betreffend den Schiedsgerichtshof, achten, welcher dem Berwaltungsrathe desselben verbiete, zu Gunsten des Antrags der Boeren einzutreten. Was die Verhandlungen mit England, betreffend die Entschädigung der aus Südafrika ver triebenen Holländer, anlang«, so seien dieselben noch nicht völlig abgeschlossen. Die englische Regierung sei dabei, in der Frage der südafrikanischen Bahn, die nicht confiscirt worden sei, Beschlüsse zu fassen. Die holländisch« Regierung unter handele mit der britischen Regierung, um die Interessen der Niederländischen Aktionäre zu schützen. Für den Augenblick je doch könne der Minister bezüglich des mockus quo nichts mit theilen. — Die Mitglieder der Ambulanz deS niederländischen Rothen Kreuzes seien in Südafrika aus dem Grunde g e - fangen genommen worden, weil in ihren Wagen mehrere an Boerenführer gerichtete Briefe aufgefunden wur den. Mehrfach sei von der niederländischen Regierung die Frei lassung der Mitglieder der Ambulanz verlangt worden, die eng lische Regierung aber habe stets erklärt, sie könne dem nicht zu stimmen. Lord Roberts. k'. Aldershot, 23. November. (Privattelegramm; verspätet eingetroffen.) Peinlichste Sensation erregt folgendes Vorkommniß: Feldmarschall Roberts erfuhr, das Uebungs- lager inspicirend, wegen seines Verhaltens gegen Buller eine höchst feindselige Demonstration. Er wurde von .Hundert«» von Soldaten und Civilisten persönlich be droht und mußte durch Polizei und Militär von der wüthrn- den Volksmenge befreit werden. Das Kriegsamt versucht an gestrengt, den Vorfall zu vertuschen. (Daher wohl auch die auf fallende Verspätung d«S Telegramms! D. Red.) Politische Tagesschau. " Leipzig, 25 November. Herr khamberlai» will also, wie aus seiner neuesten Kundgebung hervorgebt, weder leidend sein noch gewesen lein, will sür seine da- deutsche Nalionalgefübl krankenden Auslassungen nicht mildernde Umstände sich zubilligen lassen, will lieber verleumderisch, als zaghaft erscheinen. DaS kann bei einem solchen Charakter nicht überraschen; r» g»ebl nicht nur in England, sondern auch anderwärts Leute, die eS für einen Beweis löblichster Energie und Conscquenz halten, wenn sie sich gegen die Annahme wehren, ungerechte und beleidigende Auslassungen in überreiztem Zustande geiban zu haben. Vielleicht kommt bei Herrn Chamberlain noch die Ahnung hinzu,daßim beutichen Reichstage von seiner Berufung auf einen leibenden Zustand in einer Weise Notiz genommen werden könnte, die die Well veranlassen würde, aus seine Kosten zu lachen. Jedenfalls aber wird er in seiner neuesten Absicht, „charaktervoll" auf die Zubilligung mildernder Umstände zu verzichten, durch die Haltung deS größeren TbeileS der eng lischen Presse verstärkt, die leider nur zu begreiflich wird durch daS lange Schweigen der deutschen Regierungsorgane und den Versuch gewisser „unabhängiger" deutscher Kreise, Kundgebungen gegen Cbamberlain'S Verleumdungen zu verhüten oder herabzusetzen. Wie der Telegraph bereits mitgetheilt hat, schließt sich ein namhafter Tbcil der eng- lischen Zeitungen der selbst von der „Nordd. Allgem. Ztg." als „ungerechtfertigt und ungebörig" bezeichneten Verwunde rung Cbamberlain'S über die treuliche Empfindlichkeit an oder erklär», wie der „Daily Telegraph", Chamberlain s dreiste neue Kundgebung für eine „freimülbige und aufrichtige" Er klärung. Und damit nicht genug! Die deutlchen Be- schwichtigungShofräthe werden von den englischen Blättern auch insofern :um Muster genommen, als diese Blätter die öffentliche Meinung Deutschlands einzuschüchtern versuchen. „Daily Telegraph" und „Dailv Mail" leisten »n dieser Be ziehung das' Meiste. „Daily Telegraph" will den deutschen Handel durch die verblümte Drohung m Schrecken setzen, daß England seinen Markt den deutschen Maaren verschließen könne. Als ob die englischen Kaufleute die deutschen Maaren ans anderen als rem wirthschafilichen Erwägungeu bezögen! „Daily Mail" droht Mit dem Anschluß Englands an die Mächte, die besser als Deutschland befähigt seien, die Ziele und Methoden der britischen Nation zu bcurtheilen. Als ob die auswärtige Politik Englands durch andere Motive als durch reale Interessen bestimmt würde! Und als ob irgendwo — eS ist hier von der Meinung der Völker, nicht der Regierungen die Rede — die Ziele und Methoden Eng lands ander* beurtbeilt würden, alS von der öffentlichen Meinung Deutschlands! Derartige leere Drohungen, zu denen deutsche Febern leider GoitcS überreiches Material geliefert haben, vermögen in Zeitläufen wie die jetzigen ernsthafte Beurtheiler am allerwenigsten zu schrecken. Geradezu ei» Scandal aber ist e-, wenn Londoner Correlpondenten deutscher Blätter die englische Presse selbst in diesem Augen blicke unter den nichtigsten Borwänden berauSstreichen. Es geschieht das durch den Londoner Correspondcnteu deS „Berl. Tageblattes", der im Hinblick auf dir Erregung der englischen Gemüther „wegen der Chamberlain-Campagne in Deutschland" es als einen anerkennenswerthe» vornehmen Zug der englischen Presse rühmt, daß sie unserem verstorbenen Bolschaf ter Grasen Hatzfeldt sympathische Nachrufe widmet. Als ob nicht, wie der „Standard" und die „Daily News" hervor heben, Graf Hatzfeldt eia Staatsmann gewesen wäre, der England gegenüber eine entgegenkommende Haltung ein genommen hat! Wenn trotzdem die objeclive Würdigung Hatzseldt'S durch die englische Presse im „Berl. Tageblatt" gepriesen wird, so kann dadurch die englische Arroganz ledig lich gestärkt und herauSgesorbert werden. Selbstverständlich muß der Reichskanzler Graf Bülow, wenn er im Reichs tage auf Herrn Cbamberlain'S Arußerungen eingehr, daS Verhalten der deutichen und der englischen Presse unberück sichtigt lassen. Er braucht aber auch auf das frühere und das ietz'ge Befinden deS englischen ColvnialministerS keinerlei Rücksicht zu nehmen. Der NcichShauüvaltSetat wird, wie schon gennkret, dem Reichstage Sei seinem Widderzusammentritt noch nicht vorliegen. Die Verhandlungen des BundeSraths sind noch nicht so weit vorgeschritten, daß 'die Endzahlen, aus denen das Vechältniß zwischen Matrikular- untlagen und Uebsrwersungen sich ergiiebt, bereits festgestellt werden könnten. Dem Plenum sind di; in Sen Aus schüssen zur Berathung stehenden Specinletats noch gar nicht zu gegangen, haben von ihm daher auch noch nicht endgiltig sestgestellt werden können. Die mit der Vorprüfung betrauten Bundes- rathSausschüsse sind noch am Werke, alle sachgemäßen Mittel an zuwenden, um die Spannung zwischen den Zuschüssen der Bundesstaaten an das Reich und den Ueberwei-sungrn zu ver mindern. In guten Finanzjahren braucht die Dringlichkeit einer an sich zweckmäßigen Ausgctbe nicht in dem Matze Aarf ge prüft zu werden, wie jetzt, wo die Unzulänglichkeit der Deckungs mittel die Zurückstellung aller Mehrausgaben nicht dringlicher Natur erheischt. Unter diesen Umständen ist di; Prüfung der Specialetats eine besonders zeitraubende Arbeit, zu der man sich aber der Wichtigkeit der Sach« wegen auch volle Zeit lassen mutz. Cs muß also nach dem Stande der Arbeiten des Bundrsraths daher ausgeschlossen erscheinen, daß dem Reichstage der Entwurf des NeichLhaushatsetats schon bei Wiederbeginn der Sitzungen am 26. dieses Monats wird zugehen können. Daraus aber werden keinerlei Unzuträglichkeiten erwachsen. An BerathungSstofs fehlt es dem Reichstage ja an sich aus den Rückständen der Zeit vor der Vertagung nicht. Ferner wird ihm der Entwurf des Zolltarifsund Zolltarifgesetzes nebst Begründung bestimmt so zeitig zugehen, daß die Abgeordneten morgen im Be sitze dieser Vorlage sein können. Wenn der Reichstag «daher auch in den ersten Sitzungen nach seinem Zusammentritt« sich mit anderen Berathungsgegenständen zu befassen haben und in der Lag« sein wird, sein«' Aufmerksamkeit auf die zollpolit'ischc Vor lag« zu concentrrren, so darf doch mit Bestimmtheit darauf ge rechnet werden, daß ihm der Etatsentwurf zeitig genug zugehen wird, um in üblicher Meis« di« erste Lesung desselben noch vor der Weihnachtspause vornehmen zu können. —. Zu den aus dem ersten Sessionsabscknitt übernommenen Vorlagen, auf deren noch ungewisses Schicksal die gegenlvärtige finanzielle und wirthschaft- liche Loge nicht ohne Einfluß sein diivfte, gehört die Eisen bahnvorlage für Deutsch-Ostafrika. Man könnte fürchten, daß der Reichstag in dieser Sache angesichts der miß lichen Finanzlage noch zaghafter sein werde als früher. Aber mit Recht erinnert die „Deut'sch-Ostafr. Ztg." daran, daß im Gegen- theil gerade jetzt der Bau der Bahn auch im Interesse des Mutter landes doppelt geboten ist, da er zu stimm Theil dazu beitragen könnte, die Arbeitslosigkeit in der Metallindustrie etwas zu mildern. Zur Neubesetzung des türkischen iÄrotzvezicrateS wird der „Berl. Börs.-Ztg." auS Konstantinopel berichtet: Die Berufung Külschüt Said Paschas auf den Posten des GroßvezierS hat allgemeine Ueberraschung hervorgerufen, da die Wahl dieser selbstständig denkenden und handelnden Persönlichkeit dem bisher im Jildiz gehegten Grundsatz, den jeweiligen Groß vezier zu einem bloßen Werkzeug deS Palais herab- zuvrücken, widerspricht und Überdies der in allgemeiner Erinneruna stehende Zwischenfall, die Flucht SaidS in die Englische Botschaft, beim Sultan selbstverständlich ein un günstiges Andenken hinterlassen bat. Die ungeachtet dieser Umstände vom Großberrn getroffene Entscheidung ist nach Veisicherungen Eingeweihter zunächst auf eine gewisse Ermüdung deS Sultans zurückzuführen, der die Bürde, die sick aus der Centralisirung der obersten Leitung aller Staatsangelegenheiten im Palai- ergiebt, doch als allzu schwer empfindet. Im Gegensatz zu den bisherigen Bestrebungen deS SuliauS, selbst sein wirk licher Großvczier zu sein, stellte sich daher bei ihm da» Be- dürsniß ein, auf diese Stellung einen Funktionär zu berufe», dessen Charakter die Rolle eine» Schatten-Großvezier- wider strebt und der die für den hervorragendsten Mitarbeiter deS Souveräns erforderliche Begabung in vollem Maße besitzt. Ter Sultan ist jedoch nickt ausschließlich durch seinen eigenen Wunsch zur Berufung eines thatkräftigen Manne- bestimmt worden, sondern eS war in dieser Hinsicht, wie behauptet wird, auch die Stimmung derjenigen Kreise nicht ohne Einfluß, die in der Türkei in gewissem Sinne und Maße em Surrogat der in anderen Staaten bestehenden öffentlichen Meinung bilden. In diesen Kreisen der UlemaS, der Geist lichkeit und alter hoher Beamten wurde da- Zusammen schrumpfen der Bedeutung des GroßvrzieratS, insbesondere der Umstand, daß diese- Amt sich seit zwei Jahren in den Händen deS bochbetagten und kranken Halil Rifaal Pascha befand, der dieser Stellung nicht einmal in ibrem so eingeschränkten Nahmen genügen konnte, mit leb haftem Unmuth beobachlet. Man wie» darauf hin, daß dieser Zustand der Türkei mannigfache Nachtbeile bringe und auck das Ansehen deS Sultan-, trotz der dadurch scheinbar erböhien Macblfülle desselben, schädige. Der Beachtung, welche der Sultan beharrlichen Ansichten der bezeichneten Kreise von Zeit zu Zeit schenkt, wird nun die Rolle eine- mitwirkenden Moment- bei ter Berufung de- Großvezier-, der dies nickt bloS dem Namen nach sein wird, zugeschrieben. Dem Athener EvaugeliuntS-krawalle fällt nuu auch m>ch Ministerpräsident TbeotokiS zum Opfer, der seine Ent lassung eingereicht hat. Urbcr den Schluß der Kammer verhandlung wird uns berichtet: * Athen, 23. November. Kammer. (Schluß.) Ministerpräsident TheotokiS erhebt gegen die Opposition den Borwurf, daß sie die Minister zu Mördern stempeln wolle, während doch er es ge wesen, dessen Lebe» bedroht worden sei, und betont, daß, fall» die Opposition zur Macht gelange, eine von ihr angestellte Untersuchung den Beweis liefern würde, daß dir Negierung über menschliche Anstrengungen gemacht habe, um die Ordnung wieder herzustellen. Ra kl iS beschuldigt die Regierung, sie habe bei de» Kundgebungen gegen die Blätter „Akropolis" und „Asty" Schwäche gezeigt, und behauptet, daß diese Schwäche alle- Nebel verursacht habe. Le vidis greift die Trikupisten an und bezeichnet die Uebersetzung der Evangelien alS rin fluchwürdige- Werk. DragoniS wirst dem Ministerpräsidenten vor, er habe nicht immer dieselbe Festigkeit wie bei dem Attentat gezeigt. Schließlich wird ein Antrag, durch welchen da- Bcrhalteu de- Ministerium- gutgeheißen wird, mit 109 gegen 87 Stimmen angenommen. Nach Schluß der Sitzung kam Fouilletsn. "i Die Marmorliebe. Eine Hofgeschichte von Jean Bernard. Nachdruck verboten. „O doch, Herr Graf", sagte Feodora erröthcnd, „Sie treiben Ihre Logik zu weit; ich meine, man kann Beides in vernünftigen Grenzen verbinden. Wenn eS Ihnen genehm ist, Herr Graf, zeige ich Ihnen gern die Büste der Prinzessin, von der jetzt so viel die Rede ist." „O, nicht um den Anblick von tausend solchen Büsten möchte ich jetzt Ihr« werthe Unterhaltung tauschen. Ich werd« die be rühmte Bildhauerarbeit gelegentlich ein anderes Mal in Augen schein nehmen. Ein« Photographie der Büste habe ich übrigens schon gesehen, der Baron zeigte sie mir bereits auf dem Bahn hof«; er trägt daS Bild nämlich stets bei sich." „Wirklich? Da sehen Sie, daß ich Recht hatte; der Herr Baron übertreibt den CultuS der Kunst . . . ." „Glauben Sic dem Herrn Grafen gefälligst die Hälfte, Ba ronesse, dann haben Sie ihm vielleicht schon zuviel geglaubt." „Ich bitt« Sie, Baron, Sie sind mir doch nicht böse?" fragte Helmborn in besorgtem Tone. „Im Grunde genommen geht es mich aar nicht» an, wenn Sie auf Ihre Weise für scköne Mädchenbllsten aus carrarischem Marmor schwärmen, allein Sie dürfen meine Wahrheitsliebe nicht verdächtigen, bester Baron. Ist da» mit der Photographie etwa nicht Thatsache?" „Jawohl, da» Bild hat Ihnen sehr gut gefallen . . ." „DaS siebt auf einem anderen Blatte! Sie sehen, Baronesse, er ist ein edler Charakter, er leugnet nicht- ab." „Wenn ich nicht wüßte, Herr Graf, daß Sie di« gnädige Baronesse heute zum ersten Mal« sehen, so könnte ich denken, Sie hätten sich mit ihr gegen mich verschworen, klebrigen», was die Büste betrifft, beharre ich trotzdem auf meiner Ansicht, daß sie ein bedeutendes Kunstwerk ist; ich werde e» in einer eigen«» Broschüre beweisen." „DaS hat noch Niemand bestritten, lieber Baron; ich glaub« sogar, Sie haben ganz Recht. Ich meine nur, Sie sollten vor lauter Kunststudien die Lebensstudien nicht vernachlässiaen. Was müssen Sie von uns denken, gnädige Baronesse? Wir kommen hierher, um unsere Meinungsverschiedenheiten auSzu- fechten, und Sie hören unS auch noch geduldig zu, nein, da- ist stark. Kommen Sie, Baron, e» ist die höchste Zeit, daß wir un reuig zurückziehen. Gnädig« Baroness«, verurtheilen Sie un«
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