Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190201051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020105
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020105
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-05
- Monat1902-01
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.01.1902
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS »Preis 1« der Hauptrxpedtttou oder den Im Stadt- Bezirk und den Bororten errichteten Aus- gabestellru abgeholt: vierteljLhrlich 4.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» KLO. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: Vierteljahr! «. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiß, Italien, Belgien, Holland, Luxem» bur-, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatte» möglich. Die Morgen-Au-gabr erscheint um V»7 Uhr, die Abeud-AuSgabe Wochentag» um k Uhr. Redaction und Expedition: Johannt-gasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sorttm. UuwersitätSstraße 3 (Pauliuum), Louis Lösche, Katharineustr. 14, part. uud KönigSplatz 7. MMerIaMalt Anzeiger. ÄmtsölaLt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Nolizei-Ärntes der Ltadt Leipzig. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem RedacttonSstrich (»gespalten) 7b vor den Familieuuach- richten («gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Zifferiisay entsprechens höher. — Gebühren für Mchweisungeu und Offertenannahme 25 Lz (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung 80.—, mit Postbesörderuug ^l 70.—. Äunahmeschluß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je ein» - halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen ' geöffnet von früh 8 bi» AbeudL 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz iu Leipzig. Nr. 8. Sonntag den 5. Januar 1902. W. Jahrgang. Morgen, Montag, erscheint nur eine Ausgabe. Aus -er Hoche. Politische Neujahrsansprachen sind eine Mode wie eine andere und jedenfalls weniger lästig als daS NeujahrS- kartentauschenmüssen. Eine politische Bedeutung hat unseres Erinnerns eine die Beziehungen von Staaten berührende NeujahrSrede nicht gehabt seit dem 1. Januar 1859, wo der dritte Napoleon recht deutlich seine auch bald verwirklichte Absicht kund gab, Oesterreick zu bekriegen. Einige der Reden, die am verflossenen NeujahrStage in europäischen Hauptstädten gehalten wurden, werden mancher Orten als gegen Deutschland gerichtet und zusammen genommen als daS Symptom fortschreitender Jsolirung unseres Reiches aufgefaßt. Nun ist eS gewiß, daß der Dreibund nicht mehr die innere Kraft hat, die ihm in der Amtszeit BiSmarck'S beiwohnte; aber eine moSkowitisch-rvmanische Tripelallianz wird noch nicht dadurch geschmiedet, daß irgend ein französischer Botschafter decretirt: es giebt keine tripo- litanische Frage mehr. Die Mittelmeergegensätze gehören zu den langlebigsten der Geschichte. UebrigenS kann Deutschland diesen Dingen mit Ruhe zusehen. Sollte der prophezeite, aber noch lange nicht gestiftete Dreibund kriegerische Absichten verfolgen, wer weiß, ob dadurch die beiden Deutschland slankirenden Reiche erheblich furchtbarer würden? Für Deutschland hat der bestehende Dreibund den gewiß nicht zu unterschätzenden Werth, daß eine italienische Armee, wenn sie sich nach der französischen Grenze bewegt, ein« gewiße Truppenmasse unseres westlichen Nachbarn von der deutschen Grenze fernhält. An Deutsch land grenzt Italien nicht, wohl aber an Oesterreich, daö Triest und das Trentino hat und wohl auch behalten will. Nun darf man mit Bestimmtheit annehmen, daß, so eisrig einige hohe Damen den Kriegsfaden zu spinnen sich bemühen, Italien so wenig wie Rußland auf europäische Abenteuer sinnt. Man erniederlagt sich, wenn dieses, übrigens einmal in Bezug auf die Art des Erwerbs Venetiens in einem Wiener politischen Eirkel gebrauchte Wort erlaubt ist, nicht immer Provinzen. Und daß eine weitere Macht im anderen Bunde die französischen Revanchcgelüste zügelte, brauchte unS nicht unwillkommen zu sein. ' Auf alle Fälle empfiehlt sich kaltes Blut solchen Dingen gegenüber, auch gegenüber den halbofficiellen deutschfeindlichen Kundgebungen, die man sich in Galizien erlaubt und in Böhmen vielleicht nächstens gestatten wird. Hier darf der Deutsche das Aeußerste auSdenken, ohne eine Gänsehaut zu bekommen; es ist dies aber zur Zeit kein dringliches Geschäft. Die innere Politik wird in dieser Wyche mit dem Zu sammentritte des Reichstages, dem sich am gleichen Tage der preußische Landtag gesellt, wieder an Lebhaftigkeit gewinnen. Von der ersten Lesung des ReichSctatS darf man mancherlei Erregung erwarten, vielleicht auch, daß die nicht formell abgeschlossene Polendebattc weitcrgesponncn wird; die stärkste Aufmerksamkeit bleibt aber nach wie vor den handelSpolitischenFragen reservirt. Während der Weihnachtspause sind die im Eentrum vorhandenen Gegensätze wieder einmal öffentlich hervorgetreten. Diese Auseinander setzungen haben aber keinen Werth, nicht einmal, selbst wenn sie pikant werden, für die principiellen Gegner der Zollgesetze. Man hat sich in solchen Fällen im Eentrum schließlich immer im »öthigen Maße geeinigt und kann eS auch diesmal thun, d. h. so viel Leute für ein Compromiß ausbringen, als zu einer Mehrheitsbildung aus den Reiben der Partei erforderlich sind. Daß die Zuversicht auf Einigung vorhanden ist, zeigt eine dieser Tage bereits mitgetheilte Auslassung der „Eor- respondenz für Centrumsblätter", die aber, da sie gleichzeitig in einer Kritik der Taktik deö Bundes der Landwirthe einen neuen Gedanken ausspricht, wiederholt sei: „Wer zwischen den Zeilen zu lesen versteht, erkennt ganz klar, daß die bündlerische Presse selbst nicht an die Durchsetzung ihrer Forderungen glaubt. Da nun angekündigt wird, daß dir „auf dem Boden des Bundes stehenden" Abgeordneten dann gegen den ganzen Tarif stimmen würden, kann man sich ein Bild davon machen, waS nachkäme, wenn im Großen und Ganzen die Regierungsvorlage durchginge. Offenbar rechnen die Bündler darauf, daß eine Mehr heit, bestehend aus Eentrum, Nationalliberalen und gemüßigten Conservativen, die Sätze der Regierungsvorlage im Großen und Ganzen annehmen werde. Dann können die „Heerführer" des Bundes sich den Luxus leisten, dagegen zu stimmen und später mit Tschinderabum und Paukenklang das Land durchziehen, um die Wähler gegen ihre Abgeordneten auszuhetzen. Am Rhein und in Westfalen wird man den Landleuten vormimen: Wäret Ihr dem Landbunde beigrtreten und hättet Ihr statt der faulen CeutrumSleute wackere Candidaten deS Bunde» in den Reichstag gewählt, so könntet Ihr Euch jetzt an hoben Zöllen güt lich thun. Für den Bund giebt es nichts Angenehmere», als wenn er in der Lage ist, daS Erreichte al» ungenügend zu bemängeln, denn er ist rin Agitationsverei n, der viele Mitglieder und (last, Hut not least) auch Mitgliedrrbeiträge haben will. Nun ist aber dringend zu wünschen, daß der AuSgang der Zolltarifberathungen nicht nur wirthschastlich, sondern auch politisch ersprießlich sei. Deshalb würde unseres Erachtens darauf hinzuwlrken sein, daß die bündlerischen ReichStagsabgeordnrten nicht in der Lage sind, die oben erwähnte Rolle zu spielen. Der Landwirthschast muß ein an» gemeßener Zollschutz angeboten, dann aber auch die Bündlerschaft vor di« Wahl de» „prvnäro ou laiscer", der Annahme oder der Ablehnung gestellt werden. Eine ReichStagSmrhrheit, die sich dazu hergäbe, den Bündlern daS Heu einzusahren, um sich nachher mit Fußtritten entlohnen zu lassen, müßte politisch unter Curatel gestellt werden." Dieser Gedanke ist neu — in diesem Zollkampfe. Eine Anknüpfung gleicher Art, gekleidet in die Worte „Genöthigt wird nicht", erfolgte, als Windtborst das preußische Sperr geldergesetz zum Anlaß einer aufreizenden Eulturkampfrede genommen hatte. Mit dem Gesetze, daS schließlich angenommen wurde, waren der Kirche und einzelnen Geistlichen sehr große Summen zugedacht, die der Staat und die im Landtag sitzenden Nationalliberalen uud Eonservativen um deS Friedens willen zu opfern bereit waren. Als Windthorst diesen Zweck in sei» Gegentheil verkehren zu wollen schien, wurde ihm be deutet, wie jetzt das Cinlrumsorgan gegenüber den extremen Agrarien vorschlägt: c'vst ou prouckro ou luisssr. Und eS wirkte. Die Angelegenheit, die jetzt Deutschland anfwühlt, ist aber unverkennbar eine von jener Sperrgelderfrage hunmelwcit verschiedene. ES handelt sich um die Erhaltung der Land» wirthschaft; ein neuer Zolltarif ist auch für viele Industrie zweige von höchster Wichtigkeit uud wir würden durchaus nicht wünschen, daß unsere politischen Freunde im Reichstage den Weg beträten, deu die „ CentrumScorr." zeigt. Nach unserer Meinung würde sich ein solches Ver halten nicht mit der politischen Pflicht vereinbaren. Allein unbeachtet kann der Vorschlag nicht bleiben, denn eö ist wohl möglich, daß das Eentrum, welches das Parleiinleresse über Alles setzt, sich ihn, wenigstens zum Theil, aneignet, und wenn die extremen Agrarier eS so weiter treiben, würde diese Taktik wohl die Verurtheilnng finden, die sie an sich ver diente. Es zeigt sich wieder von Neuem, die einzigen gefähr lichen Feinde der Landwirthschast sind die extremen Agitatoren. Der Krieg in Südafrika. Bon »en Engländern verschwiegene Gefechte. Die Correspondenz „Nederland" schreibt: Man kennt die widerlich marktschreierische Art, mit dec Lord Kitchenec und die fanatischen Jingos auch die erbärmlichsten Zufälle in ihrem grau samen Kriege zu gewaltigen Siegen aufbauschen. Ob die Boeren- streiter gemäß ihrer Taktik der offensiven Defensive nach voll führtem Stoße freien Entschlußes sich in alle Winde zerstreuen, ob verwundete oder sieche Boeren das Feld verlaßen, um beim Mange! sonstiger ärztlicher Hilfe im englischen Concentrations lager Heilung und Genesung zu suchen, in der Regel mit dem Vorsatze, wenn gesundet, wieder in der Brüder Reihen zurück- zutehren, ob ein blindes Ungefähr einer ziel- und planlos strei fenden Colonne einen verschwiegenen Camp mit wehrlosen Greisen, schwachen Frauen und kranken Kindern überliefert oder auf friedlicher Weide eine nur von wenigen nicht streitbaren Hirten gehüteten H-erde in die Hände spielt, allsogleich verkünden gellende Fanfaren der Welt eine entscheidende Niederlage der Boeren und die wilde Flucht der Ueberlebendcn, die Ucbergabe so und so vieler Kämpfer, die Eroberung eines hartnäckig ver teidigten Lagers, die Wegnahme eines riesigen Viehtransports u- s. w. Von Mißerfolgen der englischen Waffen bezw. Erfolgen der Boeren hört man herzlich wenig, meist nur dann, wenn die Schlappe bezw. der Sieg ko unzweideutig ist, daß auch das scham loseste Vertuschungssystem versagen muß. So vernahm man z. B. noch nichts davon, daß Ende November und Anfangs December Dewet den Engländern im Heidel- bergischen viel Ungelegenheiten bereitete; daß Delarey, der sich fast immer in der ihm geläufigsten Gegend um die Magalies- berge anfhält, sich in der Nähe von Krllgersvorp in für die Eng länder sehr verlustreichem Kamvfe siegreich mit Methuen maß, ferner bei Rustcnburg ein englisches Lager überfiel und dabei einen großen Convoi eroberte. Beyers hat zur selben Zeit einige Tage Rustcnburg in Händen gehalten und cs nach Ergänzung seiner Mund- und Schießvor- räthe wieder souverän aufgegeben. In dem Zirkel Middelburg, Springs, Ermelo, Carolina, den bekanntlich Botha unumschränkt beherrscht, schweigt kaum einen Tag der Waffenlärm. Botha hat u. A. den Engländern, die den Boeren immer noch auf den dicksten Leim kriechen, neulich im District Utrecht am Bloedrivicr, einem Nebenfluß des Buf- falorivier, wieder einmal eine Falle gestellt. Er schickte an Dewet das schriftliche Ersuchen, ihm eiligst Verstärkungen zu senoen, da er einem ihm drohenden englischen Angriff nicht gewachsen sei. Richtig bekamen die Engländer diese „Schwindelnachricht" in die Hände und richtig taumelten sie in antecipirtem Sieges räusche dem „schwachen" Botha ins Garn, dem sie sich nur mit großem Verlust an Todten und Berwundeten zu entwinden ver mochten. So fanden Ausgangs November und während des ganzen Decembers allerorts auf dem weiten Kriegsschauplätze, im Transvaal, im Freistaat, in Natal und in der Capcolonie, tag täglich größere oder kleinere Gefechte statt. Eine ergötzliche Illustration zu der Meldung eines Telegraphen-Bureaus, daß es zwischen Pretoria und Johannesburg nun so sicher und friedlich sei, wie auf dem Londoner Piccadilly, und daß man bereits schwelge in dem Ausblicke auf «in goldenes Zeitalter, mag die Feststellung bilden, daß man noch am 5. December 1901 in Pretoria aus der nächsten Nähe heftiges und langanhaltendes Kleingewehrfeuer vernahm. Um nur etliche der von den Eng ländern aus leicht begreiflichen Gründen verschwiegenen Ren contres zu nennen, erwähnen wir die Zusammenstöße: 27. No vember: bei Oude Muur (in der Nähe von CaloSnia, Cap colonie); 13. December: bei Witpoort (etwa 60 Kilometer west lich von Klerksdorp, im Südwesten Transvaals); unter den Todten 2 Officiere des 1. Scottish Horse; 16. December: bei Jamestown (Capcolonie); 16. December: bei Clanwilliam (Cap colonie); 18. December: bei Klipgat (westlich von Hamanskraal, Transvaal), wovon die Engländer nur zy melden wußten, daß sie ein Lager erobert und 32 Boeren, darunter den Feldcornet Schoemann, zu Gefangenen gemacht hätten, nicht aber, daß dabei Major Ogilvy von den Gordon Hiqhlanders und commandirt zum südafrikanischen Polizeicorps (Führer Oberst Steele) sckwer verwundet worden sei; Ogilvy ist am 19. December in Riet- fontein-West (westlich von Pretoria) seiner Verwundung er ¬ legen; 19. December: bei Elandspoort (zwischen Lydensburg und Dullshorn im östlichen Transvaal), wo Major Hudson, ein Capitän und 5 Mann, mit Ausnahme eines Mannes von der 2. Shropshire Light Jnfantry alle dem 1. Manchester-Regiment angehörig, schwer verwundet wurden, sämmtliche auf der Flucht, wie ihre Wunden am Rücken beweisen; von dem am nächsten Tage zu Hilfe geschickten 2. Scottish Horse fielen der Komman deur Major Hennings-Bramley und ein Leutnant; 20. December: bei Doornrivier (Capcolonie, wo sich unter den Todten und Ver wundeten zwei Officiere befanden; 21. December: bei Potchefs- stroom (im westlichen Transvaal); 22. December: bei Ermelo (im östlichen Transvaal); bei Witpoort (im südwestlichen Trans vaal); 23. December: bei Reitzburg (nordwestlich von Heilbronn, Oranjefreistaat); bei Heidelberg (südöstlick von Johannesburg); bei Standerton (südöstlich von Johannesburg); 24. December: bei Belfast (an der Delagoabahn); 25. December: bei D:wets- dorp (südöstlich von Bloemfontein); 26. December: bei Rhenoster- poort (bei Venterskroon am Vaal); unter den Verwundeten ein Officier; 27. December: bei Jngogo (Natal). * London, 4. Januar. Aus der heule veröffentlichten Ver lustliste ergiebt sich, daß die Zahl der bei Tweefontein Ver wundeten 45 mehr beträgt, als bisher gemeldet wurde. * London, 4. Januar. Eine Depesche des Generals Kitchener aus Johannesburg meldet: Bruce Hamilton's Colonneu machten seit dem 2S. December östlich von Ermelo 100 Gefangene, unter denen sich General EraSmuS befindet, und erbeuteten eine beträcht liche Menge Vieh und Wagen. Deutsches Reich. Berlin, 4. Januar. (Zur Verelendung der Massen.) Der heutige „Vorwärts" enthält einen bezeichnen den Beitrag zur Kritik der socialdcmokratischen Doctrin von der „Verelendung der Massen". Mit dem 1. Januar dieses Jabres ist bekanntlich für Berlin das Ortsstatut in Kraft getreten, durch das die Krankenversicherungspflicht auf die selbstständigen Hausgewerbetreibenden ausgedehnt wird. In Bezug hierauf schreibt das socialvemokratische Centralorgan wörtlich: „Die Ausdehnung der Krankenoersicherungspflicht auf die selbst ständigen Hausgewerbetreibenden bedeutet für die meisten von ihnen «inen erheblichen Gewinn. Ein großer Theil der Hausgewerbetreibenden war in Krankheitsfällen bisher auf die Hilfe der Armenpflege angewiesen." — Diese Würdigung eines socialpolitischenFortschritts durch das socialsemokratischeCentral- organ unterscheidet sich sehr vortheilhaft von jener Stelle im so cialdemokratischen Parteiprogramm, an der gesagt wird, daß die „Monopolisirung der Productionsmittel" „für das Prole tariat und die versinkenoen Mittelschichten" Vie „wachsende Zu nahme der Unsicherheit ihrer Existenz des Elend-, des Drucks, der Knechtung, der Erniedrigung, der Ausbeutung" bedeutet. Bekanntlich ist diese Verelendungsthcorie von namhaften social demokratischen Führern aufgegeben und an ihrer Stelle das Schlagwort von der „relativen" Verelendung zum neuen Dogma erhoben worden. Auch mit der Doctrin einer „relativen" Ver elendung ist der oben erwähnte, selbst vom „Vorwärts" richtig gewürdigte socialpolitische Fortschritt nickt vereinbar. -i- Bcrli«, 4. Januar. (Gewinnung tüchtiger Lehrer für die ausländischen deutschen Schulen.) Da die Errichtung und Erhaltung deutscher Schulen im Auslande im nationalen Interesse nachdrück liche Förderung verdient, hat der preußische Kultus minister durch einen Erlaß an die Regierungen verfügt, daß Anträgen auf Uebeoweisung von Lehrern an solche Schulen thunlichst entgegengekommen werde. Zur Erhaltung des An sehens, welches das deutsche Unterrichtswesen im Auslande ge nießt, ordnet der Minister an, nur tüchtige Lehrkräfte mit jener Aufgabe zu betrauen. Ist nach dec Ansicht des unterhaltungs pflichtigen Schulverbandes für den in den auswärtigen Schul dienst übertretenden Lehrer die Offenhaltung seiner bisherigen Stelle möglich, so ist seine B e u r l a u b u n g ins Auge zu fassen. Die Zeit des Urlaubs kann ihm beim Rücktritt in den heimischen Schuldienst ohne Weiteres angerechnct werden: Urlaubsertheilung unter der Bedingung der Nichtanrechnung des Urlaubs auf die Dienstzeit wiederspricht dem Gesetze. Erscheint die Beurlaubung nicht angängig, so muß der Lehrer zwecks Uebertritts seine Ent lassung beantragen. Es kann ihm indeß unter der Voraus setzung der Dienstfähigkeit unv der Tüchtigkeit die Wieder anstellung sowie die ?lnrcchnung der im Auslande verbrachten Zeit auf seine Dienstzeit, soweit es gesetzlich möglich ist, in Aussicht gestellt werden. Bei diesem Verfahren wird der übertretende Lehrer in den meisten Fällen materiell annähernd in die gleicht Lage versetzt, als wenn er Urlaub erhalten hätte. * Berlin, 4. Januar. (Parlamentarisches zum Boerenkriege.) Unter dieser Ueberschrift wird der offi- ciösen „Südd. R.-Corr." von hier geschrieben: „Zwischen Weih nachten und Neujahr ist in der Preße mitgetheilt worden, es solle bei der bevorstehenden Etalsberathung der deutschen Regie rung nahegelegt werden, auf Grund der Beschlüße der Haager Friedensconfercnz im Verein mit den anderen Mächten gegen die britische Kriegführung in Südafrika Einspruch zu erheben. Auch wenn eine derartige Anregung nur der lautersten menschen freundlichen Gesinnung entspringen und von agitatorischen Bei mischungen, für die der Gegenstand zu ernst ist, frei bleiben sollte, wird sie ihren Zweck, den Boeren zu helfen, ebenso wenig erreichen, wie die bisherigen parlamentarischen Kundgebungen, die zur südafrikanischen Frage in mehreren Ländern versucht worden sind. Was die Berufung auf die Haager Friedens konferenz betrifft, so ist daran zu erinnern, daß diecnglische Regierung vor Beschickung der Conferenz keinen Zweifel darüber gelaßen hat, daß sie deren Beschlüße und Ergebnisse für das Verhältniß Großbritanniens zu den südafrikanischen Frei staaten nicht anerkenne. Ein Einspruch gegen diese Auf fassung, der naturgemäß nur von den die Eröffnung des Con greßes betreibenden Stellen, also von Rußland oder den Nieder landen, hätte ausgehen können, ist nicht erfolgt. Er würde, ebenso wie eine Einladung der Boerenstaaten nach dem Haag, das Fernbleiben Englands und damit das Scheitern des Zu sammentritts der Conferenz zur Folge gehabt haben. Dieser Sachlage entsprechend, hat die internationale Commission im Haag, als sie vor nicht langer Zeit mit einem Anträge zu Gunsten der Boeren befaßt wurde, sich für unzuständig erklären müßen, und von russischer Seite ist über das Versagen der Ideen des Friedcnscongreßes in der südafrikanischen Frage nie ein Wort verloren worden. Nach solchen Vorgängen liegt es außerhalb des Rahmens einer ernsthaften und praktisch gang baren Politik der deutschen Regierung, irgend welche Schritte bei den Mächten unter Berufung auf die Haager Beschlüße zu empfehlen. Sogar in der republikanischen Schweiz, deren Ver fassung auf der Anerkennung einer unmittelbaren Volks- souveränetät beruht, hat jüngst der Bundesrath zu den Initiativ anträgen der Cantone Bern und Solothurn gegen die südafri kanischen Concentrationslagcr erklärt, er könne bei der Wahrung der auswärtigen Angelegenheiten keine Direktiven von der gesetz gebenden Körperschaft entgegennehmen. Für eine nicht den Streit verschärfende, sondern wirklich dem Frieden unter den Regierungen wie den Völkern dienende Mitwirkung dritter Mächte zur Beendigung des Boerenkrieges hat sich bisher keine Gelegenheit geboten. Ob es im weiteren Verlauf der Dinge dazu kommen könnte, vermag zur Zeit Niemand zu beurtheilen. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß der richtige Augenblick zu einer gedeihlichen Vermittelung in diesem Kriege über haupt nicht eintreten wird. Sollte er dennoch erscheinen, so wird die verantwortliche Diplomatie ihn mit mehr Sicher heit erkennen und ausnutzen können, als eine von noch so wohl meinenden Absichten erfüllte Volksver.retung. (-) Bcrli«, 4. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser hörte heute Bormittag die Borträge des Staatssekretärs dc» NeichSmarineamtS und des Chefs deS MarinecabinetS. (-) Bcrli«, 4. Januar. (Telegramm.) Das preußische StaatSministcrium ist heute unter dem Vorsitze des Grafen v. Bülow zu einer Sitzung zusammengetreten. — Den „Hamb. Nachr." wird gemeldet: Alle Mit- thcilungen, welche einzelne Zeitungen, wenn auch nur au- beutuiigsweise, über die vom Kaiser anläßlich des Neu- jabrsempsan geS der Generalität gehaltene Rede geben, sind, wie wir zuverlässig erfahren, durchaus unzutreffend. Es ist jetzt in erhöhtem Maße Borsorge getroffen worden, das; unberufene Zuhörer ferngehalten werden, und von den berufenen macht keiner Mittheilungen für die Presse. — Ter Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen wird am 30. Januar jein 70. Lebensjahr vollenden. * Aus Westfale« wird berichtet: Bei der bisherigen Er örterung über die geplante Umwandlung der Akademie z u M ü n st e r i n e i n e U n i v e r s i t ä t ist die für die Evange lischen sehr wichtige Frage noch nicht behandelt worden, ob für die evangelische Kirche Westfalens nicht ein Interesse bestehe, daß an der genannten Universität auch eine evangelisch-theo logische Facultät eingerichtet werbe. Auf Anregung des Geh. Regierungsraths Freiherrn v. Wcrther und des Oeko nomieraihs Sterneberg Hal sich nun die Kreissynode Soest mit dieser Frage beschäftigt. Der „Wests. Anz." kann darüber Fol gendes mittheilen: Der Superintendent führte aus, daß bereits in früheren Jahren die Provinzialsvnode gebeten sei, für den Fall der Er weiterung ver königl. Akademie zu Münster für die Errichtung einer evangelisch-theologischen Facultät in Münster cintreten zu wollen. Da nun von einer Erweiterung der Akademie zu Münster durch Errichtung einer juristischen Facultät die Rede sei, möchte es an ver Zeit sein, falls Kreissynode die Errichtung einer evangelisch theologischen Facultät in Münster neben der evangelisch theologischen Facultät in Bonn, bie nach Statu: und Bestimmung auch „eine westfälische theologische Facultät sei", für nothwendig over nur erwünscht kalte, deshalb bei der im September 1tX)2 zusammentretenden westfälischen Pro vinzialsynode vorstellig zu werden. Nach längerer Besprechung dieser Angelegenheit beschloß die Kreissynodc, zunächst das königl. Konsistorium in Münster zu bitten, sich darüber zu äußern, „ob bei Erörterung der Frage der Etablirung einer vollständigen Universität in unserer Provinzialhauptstadt von einer evangelisch theologischen Facultät gar keine Rede sei". * Aachcii, 3. Januar. Die Stadtverordneten bewilligten 28 150 -E für Not hstandsarbeiten. (Köln. Ztg.) * AuS Ttraszbnrg wird den „Münch. N. N." zu der Meldung der Naumann'schen „Zeit" über einen bevorstehen den Corporativ-Nücktritt der Straßburger Pro fessoren im Falle der Errichtung weiterer confessioueller Lehrstiible von authentischer Seite mitgetheilt, daß cs sick bei jener Nachricht um eine, wahrscheinlich von feindlicher Seite in die Welt gesetzte Lüge handle. Frankreich. * Paris, 4. Januar. (Telegramm.) Die Jesuiten der aufgelösten Klöster haben meist nicht Frankreich verlassen, wie die klerikalen Blätter verbreiteten, sondern blieben in Paris. Die Negierung hat ihre AnfenthaltSorte durch eine eigenartige List entdeckt. Sie forderte von der Post das Verzeichnis; der neuen Abonnenten gewisser antisemitischer Blätter vom Tage des angeblichen Auszuges der Jesuiten ab und ließ durch die Polizei diese neuen Abonnenten einige Tage lang überwachen. So gewann sie die Ueberzeugung, daß bie betreffenden Personen mit den angeblich auSgewan- derlei, Icsuitenvätern identisch waren. (Voss. Ztg.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite