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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020107017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902010701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902010701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-07
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g,. 1902. It ist l» rerz ent» * 4 Proc.;" >011 fach" erkcurnr esonderc nd beim ickbleibt. haltiger >urn.) i De ed, daß > ent- 'ür daS in Fall >er und zirk — icht die ! heim; n De en der Vich- ch ein- >r drei ich ai'i andere stnung e ver- U. Nai -c r Be ile ime Mal- mann pflege Die durch s im seren ittelö ver- seren gleit rken. man Ge men, wir rrter lölze fern vom 3er- u m zur zur IIN- ,56 . ,0 t lw, die ten re- IS- r- ie e a <- i i Bezugs-Preis In der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Au» gab,stellen abgeholt: vierteljährlich4.K0, — zweimaliger täglicher Zustellung in- Hau- ^ll K.KO. Durch die Post bezogen für Deutschland u Oesterreich: vterteljShrl. ^tt «. Man abounirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bet den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- dura, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der europäischer Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese- Blattes möglich. Di« MoraewSu-aabr erscheint um >/,7 Uhr, die Abend-Au-gabe Wochentag- um 5 Uhr. Ledactio« mrd Lr-etiti»«: Iohanni-gaffe 8. Filialen: Alfred Bahn vorm. O. Klemm'- Sortim. Umversität-straße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Kathariueustr. 14, Part, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. UchMr. TllllMK Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Notizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die (»gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem RcdactioiiSstrich (4grspalten) 75 Bz, vor den Familieniiach- richten (6 gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 2K H (excl. Porto). Extra Brilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. . ^nuahmeschluß für Anzeigen: Lb«nd-Au-gabe: vormittag- 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 1«. Dienstag den 7. Januar 1902. 96. Jahrgang. Zur Urform des Aktienrechtes. ii. In da-Laboratorium des Gedanken- — wie Ed. Albrecht gern sich auSdrückte — dieser Novelle führt die erwähnte Denkschrift vortrefflich ein, und eS dürfte deshalb bei den nachstehenden Ausführungen gerathen sein, ihrem Gange zu folgen. Freilich ist eS im Rahmen dieser Arbeit nicht mög lich, auf alle dort erörterten Fragen einzugeben, aber Einiges mag doch hervorgehoben werden, um die Richtung näher zu bezeichnen und am Schluff« das hervorbeben zu können, wo bei eine nochmalige Erwägung und vielleicht Aenderung an gezeigt erscheinen möchte. Der Gedanke, daS Institut der Actiengesellschaft überhaupt abzuschaffen, wurde von vornherein abgewiesen, und wenn auch heute wieder manche Stimmen laut geworden sind, welche die Nachtheile derselben für überwiegend halten, so wird mau doch bei ruhiger Erwägung zugestehen müssen, daß die in der Form der Actiengesellschaft sich vollziehende Ber einigung von Eapitalkräften ein ganz unentbehrlicher Factor unserer wirthschaftlichen Entwicklung geworden ist. Und auch die Seite der Betrachtung ist doch nichtganz außer Achtgelaffen, die Adolf Wagner in seinem Referat aus der Versamm lung des Verein» für Social-Politik selbst zu Gunsten der Grün dungsbanken hervorhob, daß damit doch den großen Bankhäusern einzelner Familien ein Gegengewicht geboten werde. Aller dings haben die Actiengesellschaften, namentlich die Banken, mehr und mehr die Entwicklung genommen, daß sie die Privatunternehmuugen aufsaugen oder unmöglich machen. ES hat sich damit eine Befürchtung bi» zu gewissem Grade al» berechtigt erwiesen, die s. Z. die Handelskammer von Chemnitz bestimmte, sich gegen die Zulassung von Actien gesellschaften überhaupt zu erklären. Aber dennoch wird man nicht zu dem Entschlüsse kommen können, die Actiengesell schaften zu verbieten, wenn auch die Entwicklung in mancher Hinsicht eine unerfreuliche sein mag. Auch mit dem Gedanken, die Actiengesellschaft auf gewisse wirthschaftliche Gebiete einzuschränken und namentlich das Gebiet der Befriedigung öffentlicher Interessen und Bedürf nisse dem Staate, der Provinz, der Gemeinde vorzubrhalten, kann sich die Denkschrift nicht befreunden, einmal weil sie ihn für unausführbar und sodann weil sie iHv nicht für zu treffend hält. Durch die in Deutschland fast allgemein ge wordene Verstaatlichung der Eisenbahnen hat für den Staat die Frage au Bedeutung verloren: dir Gemeinde kann auf dem Gebiete deS Transportwesen», namentlich der localen Eisenbahnen, die Actiengesellschaft noch nicht ganz entbehren, aber e» regt sich doch mehr und mehr die Tendenz, diese VerkehrSinstitute in die Hände der Gemeinde zu bringen, wie eS bezüglich der GaS- und Wasserversorgung, der Markt hallen, der Biehhöf« schon länger der Fall ist. Eine gesetzliche Ausschließung der Actiengesellschaften diesen Gebieten gegenüber dürfte also kaum möglich und weniger dringlich sein. Auch gegen da- System staatlicher Genehmigung und Auf sicht erklärte sich die Denkschrift, indem sie den Staat nicht für befähigt hielt, eine solche ihm auf dem Gebiete privater Interessen gestellte Aufgabe ohne nicht zu rechtfertigenden Aufwand von Kräften und ohne schwer zu ertragendes Ein dringen in die geschäftlichen Verhältnisse mit Erfolg zu erfüllen. Die Verheißung staatlicher Prüfung wurde deshalb für um so bedenklicher erklärt, als da» Publicum nur zu leicht geneigt sei, sich auf die verheißene Fürsorge zu ver lassen und der eigenen Prüfung und Thätigkeit zu entschlagen. Hierbei wurde besonders aus die Vorgänge in Oesterreich verwiesen, wo nach der Krisis von 1873 ein bereit» im Jahre 1874 von der Regierung eingebrachter Entwurf das System der staatlichen Beaufsichtigung aufzugeben vorschlug. Nach amtlichen Feststellungen wurden von den 332 Aktiengesell ¬ schaften, welche in den Jahren 1872 und 1873 in Oesterreich, mit staatlicher Genehmigung, neu errichtet wnrden, in den Jahren 1873 bis 1877 209, also 62,95 Procent mit einem Actiencapital von 381 554 000 fl. ö. W. durch Concurö oder Liquidation aufgelöst. Hierunter befanden sich 29 Gesell schaften, welche im Jahre 1873 gegründet waren und von denen noch in demselben Jahre eine mit 40 000 fl. Actien capital in ConcurS und 28 mit 85 095 000 fl. Aciiencapital in Liquidation geriethen. Nach solchen Erfahrungen konnten die Regierungen gewiß gerechte Bedenken tragen, die Ver antwortlichkeit für Genehmigung und Beaufsichtigung der Actiengesellschaften zu übernehmen. Diese Bedenken sind für die Actienunternehmungen in ihrer Allgemeinheit gewiß auch heute noch berechtigt; inwieweit für specielle Unternchiuungs- gebiete eine Ausnahme zu machen sei, davon wird später zu sprechen sei». Allerdings hat sich durch B.G.B. 8 22 für Vereine, deren Zweck auf einen wirthschaftlichen Geschäfts betrieb gerichtet ist, in Ermangelung besonderer reichSgesetz- lichcr Vorschriften der Staat daS Recht der Ver leihung der Rechtsfähigkeit Vorbehalten: allein hier sind sowohl bezüglich der Form des llnternebmens wie deS Gegenstandes so viele Möglichkeiten in Rechnung zu ziehen, daß der Vorbehalt Wohl nothwendiz war. Bei den Actiengesellschaften glaubte die Denkschrift von 1883 eine genügende Fürsorge durch Normativbrsliinmugen ausüben und deshalb die weitergehende Verantwortlichkeit von sich ablebncn zu können und zu müssen. Ten Ausbau Vieser Normativbeslimmungen stellte sich deshalb der Gesetz entwurf zur Aufgabe. Allerdings sah er seine Aufgabe auch dadurch begrenzt, daß er dem Rahmen des Handelsgesetzbuchs sich anzupassen hatte. Weiter gehende Gedanken und Ziele deutete die Denkschrift (Seite 69) in folgenden Worten an: Das jetzt zu erlassende Gesetz kann weder «in selbstständiges noch ein abgeschlossenes Ganzes bilden; es soll unbeschadet und angesichts der nicht in ferner Aussicht stehenden allgemeinen Revision des Handels gesetzbuchs ergehen. Dieser letzteren wird daher insbesondere die Prüfung der weittragenden Frage zu überlassen sein, ob die jetzigen RechtSsormen für alle Arten von Unternehmungen, welche eine Capitalvereinigung erfordern, ausreichen, oder ob ihnen nicht vielmehr nach drmBorbilde der bergrechtlicheu Gewerk schaft eine neue Form hinzuzufügen sein möchte. Da» revidirte Handelsgesetzbuch hat die Lösung dieser hier angeregten Frage nicht nur nicht gebracht, es hat sogar unter nommen, die bergrcchtlichcn Gewerkschaften in daö ZwangSbelt des Kaufmannsbegriffs einzupressen, ohne zur Lösung der viel fachen sür diese dadurch entstehenden Fragen und Schwierig keiten etwas beizutragen. Daß die Unternchmiingssorm der Actiengesellschaft auch große Nachtheile Hal und daß eö des- halb eine Aufgabe deS Gesetzgebers ist, andere Formen der Capitalvereinigung, z. B. die genossenschaftliche, zu begünstigen, wird von vielen Seiten anerkannt und gefordert. Es sei hier nur an eine Abhandlung von Schäfsle in der Zeitschrift für die gesammte Staatswiffenschaft, Jahrgang 25, Seite 26lff. „Die Anwendbarkeit der verschiedenen Unieriiehniungsforineu" erinnert, die außerordentlich viel beberzigenswertbe Bemer kungen, namentlich über das stoßweise Geschäft der Gründungs banken, über das Drängen der Aktionäre nach hohen Divi denden und Coursen u. dergl. enthält. Schaffte stellt die Vorzüge und Nachtheile der Actiengesellschaften in Folgendem zusammen: Vorzüge: rasche Bildung und Ausdehnung auf große Zwecke — Theilung gefährlicher und umfassender Risiken — Loslösung von der Zufälligkeit individueller Capitalökraft und Betriebsamkeit — Cvntinuität Les Großcapitals — um fassender und dauerhafter Credit. Nachtheile: Hang zu maßloser dauernder Verschuldung und fortlaufende Abtretung der Capitalerübrigungen an fremde Zwecke — Disposition der Betriebsleitung über große- Vermögen ohne genügende privat- wirthfchastliche Verantwortlichkeit — Schwerfälligkeit in Aus nützung der Conjunctur und im Uebergang auf veränderte UnternebmungSgebiete — GründungSgefakren — Vermengung der Privatgeschäfte und GesellsckaflSgesckäfte durch Direk toren und PerwaltiingSräthe — Schwierigkeit, «ine wirksame Controle über die Verwaltung rechtzeitig zu führen. Diese Nachtheile hasten der Aktiengesellschaft zum Theil ihrer Natur nach an, die Frage aber, was geschehen könne, um sie durch andere Unternehmungsformen entbehrlicher zu machen, kann hier nickt weiter verfolgt werden. Zum Tbeil aber können und müssen die Nachtheile durch Normativ bestimmungen möglichst gemildert werden, und eS fragt sich also, wie weit dies durch unsere Gesetzgebung geschehen ist. Als Ziele deS Entwurfs wurden von der Denkschrift fol gende bezeichnet: 1. schon durch die Vorschriften über die Actie und die Haftbarkeit aus der Zeichnung einen sachlicheren Anschluß der Betheiligten an das Unternehmen zu erreichen; 2. rücksichtlich der Gründung der Gesellsckast die voll ständige und richtige Zusammenbringung des Grundkapitals zu sichern und offen zu legen und daö Verfahren der Gründung so zu gestalten, daß die Gründer gegenüber der zu gründenden Gesellschaft hervortreten, der letzteren selbsttbätig eine sachliche Prüfung und Entschließung er möglicht und dem Rcgisterrichter die formelle Prüfung er leichtert wird; 3. auck während des Geschäftsbetriebs die Organe der Gesellschaft — Vorstand, Aufsichtsrath, Generalversammlung — in ihren Functionen gegen einander sicherer abzugrenzen und von unberechtigten Einflüssen zu befreien, sachgemäßer die Geschäftslage der Gesellschaft erkennbar zu machen und ein lebendigere Theilnahme und Controle deS einzelnen Actionärs berbeizusührcn; im Zusammenhänge damit: 4. Die Verantwortlichkeit der bei der Gründung deS Unter nehmens unmittelbar oder mittelbar Belhejligten, sowie der mit der Verwaltung und Beaufsichtigung betrauten Personen civil- und strafrechtlich zu verschärfen; 5. auch durch sonstige Straf- und Ordnungsvorschriften den Actionären wie dem Publicum einen größeren Schutz zu verleihen. Zu 1. Hier kam zunächst in Frage, ob man nur Namens oder nur Inhaberactien oder beide zulassen wollte'? Für daS eine wie daö andere waren namhafte Vertreter vorhanden; von der Namensactie, wenn deren Uebertragunz statuten mäßig uur mit Zustimmung der Gesellschaft zulässig, erhofften die Einen größere Stabilität in dem Personal der Aktionäre und erhöhtes Interesse an dem Geschicke der Gesellschaft, be fürchteten Andere wieder Erschwerung der Theilnahme an den Generalversammlungen und geringe Betheiligung, während die Form der Inhaberactien den Grundgedanken der Actien- gescllschaft als eines Capitalvercins am meisten entspreche. Man entschied sich für die Zulassung beider Formen. Ebenso lehnte man den von sehr beachtlichen Stimmen gemachten Vorschlag ab, die Actie nicht auf einen ziffern mäßigen Nominalbetrag, sondern auf eine Antheilsquote am Gesellschaft-Vermögen zu stellen, und die- wohl mit Recht. Um so wichtiger war die Entsckeidnng über einen gesetzlich zu fixirenden Mindcstbetrag der Actie. Die Gesetze anderer Staaten waren in dieser Beziehung verschiede»; während in Frankreich man sich gcnöthigt gesehen hatte, nach Aufhebung der StaatSgcnelnnigung einen nach der Höbe des Grund kapitals verschiedenen Mindestbetrag von 200 bez. 500 Frcs. vorzuschreiben, enthielten andere Gesetzgebungen, z. B. Belgien, Schweiz, Ungarn, Italien, vor Allem England, obwohl sie keine Staatsgenchmigung vorbehielten, doch keine Bestimmungen über einen Mindestbelrag. Die Novelle von 1870 bestimmte einen solchen von 50 Thlr. bez. >00 Tblr. Der Entwurf entschied sich im Interesse „des kleinen ManneS", der davor bewahrt werden müsse, daö mühsam erworbene kleine Capital, vielleicht die einzige Ersparniß langjähriger Arbeit, in stete gewagten Aktien anzulegen, für die Festsetzung eines hoben Mindestbetrags und schlug deshalb für Namensactien 1000 für Inhaberactien 5000 vor. Bekanntlich hat sich aber daö Gesetz mit 1000 Mindestbetrag begnügt und in zwei Ausnahmen kann noch unter diesen Betrag, jedoch nicht unter 200 herabgegangen werden. (Art. 2O7u jetzt 8 180 deS H.-G.-B.) Ob mit dieser Bestimmung der Zweck, das kleinere Capital vor Actienanlage zu bewahre», wirklich erreicht worden ist, muß nach den seitdem gemachten Er fahrungen bezweifelt werden, und andererseits hat vielleicht der hohe Minimalbetrag größere Uebelstände bei den Gründungen hervorgebracht; doch darüber kann erst im Zusammenhänge mit diesen gesprochen werden. Einer ein gehenden Prüfung ist ferner die Frage unterzogen worden, ob eS zulässig sei, verschiedene Gattungen von Aktien durch Darleihung verschiedener Rechte zu bilden, oder ob Stamm prioritäten ausgeschlossen sein sollen; man bat sich für das Erstere entschieden, auch da» neue H.-G.-B. H 185 bat dies übernommen. Die wirtbschafrlicke Notbwendigkeil der Ausgabe solcher Aktien war besonders bei den Eisenbahnen bervorgetreten, dürfte aber eben deshalb an praktischer Bedeutung jetzt verloren haben. Bezüglich der Haftbarkeit für die Actie batten sich gegen die Liberirung des Zeichner» nach Einzahlung von 40 Proc. die angesehensten Organe des Handelsstande», der Verein sür Social-Politik und der Deutsche Zuristentag sowie zahlreiche Vertreter in der Literatur ausgesprochen. Auch daS englische Recht stellte mit aller Strenge die Haftung de» zeitigen Actionärs auf, ohne die Möglichkeit einer Befreiung durch die Gesellschaft oder einer Uebertragung seiner Recht- auf Andere zu gewähren, während die französische G-ietzgebung von einem andern Gesichtspunkte auSging und eine Liberirung in der Art zuließ, daß mit Genehmigung der General Versammlung nach Einzahlung von 50 Proc. die Namens actien in Inhaberactien verwandelt werden konnten. Der Entwurf, und mit besten Annahme da» Gesetz, entschied sich für da- Verbot der Liberirung und demzufolge sür das Verbot der Ausstellung von Inhabrrpromesien, regelte die subsidiäre Haftung deS Zeichner- und der Zwischenactionäre, indem der Sprungregreß ausgeschlossen, die Wiedereinsetzung des VormannS in daS Aktienrecht gefordert und «iue zwei jährige Haftfrist zu Gunsten des RechtSvorgängerS eingeführt, euch die Reducirung der Actien geregelt wurde. Zu 2. Ter Schwerpunkt der Reform wurde nach den zu Anfang der 70er Jahre gemachten Erfahrungen in die richtige Regelung der Vorgänge bei der Gründung gelegt. Die der Novelle von 1870 zu Grunde liegende Anforderung, daß die Betheiligten den gesammten Gründnngsbergang einer selbstständigen Prüfung unterzicben, batte sich als illusorisch erwiesen. Der Gründungshergang blieb im Ver borgenen; ein Hervortreten der Gründer war vom Gesetz nicht verlangt; die treibenden Persönlichkeiten bandelten ohne Verantwortlichkeit und entzogen sich jeder Controle. Eine Reihe von strafgerichtlichen Untersuchungen hatte nickt einmal die Verfasser und Veröffentlich«,: der Pro ¬ spekte, auf Grund deren zur Zeichnung oder Ab nahme der Actien aufgefordrrt wurde, ermitteln können. Al» Ziele der Reform ergaben sich danach bessere Erkennbar keil der wesentlichen Momente der Gründung, die möglichste Selbstständigkeit der Gesellschaft gegenüber den Gründern unk eine erhöhte Verantwortlichkeit der betreibenden Theile. Hierbei war eS namentlich entscheidend, ob sich der Entwurf der sogenannten Prospecttheorie nach dem Vorgänge der eng lischen Gesetzgebung anschließen Wollte oder nicht? Der Entwurf wäblte das Letztere, und ob dabei das Richtige ge troffen worden, daS ist einer der Puucle, der auck beute nock oder wieder ter Erwägung Werth ist und auf den deshalb später zurückgekommen werden soll. Im klebrigen muß man zugestehen, daß nack dem einmal gewählten Slandpuncle der Ferrillrtsir. Das Turmer. Russische Gerichtsscene von Fürst Golitzyn-Murawlin. -»achcruck vel»oie>-. Wassilij Borissowitsch Mjakruscheff, der Vorsitzende des Kreisgerichte», lud eines Tages die juristische Capacität des Ortes, den Vertheidiger Pribiloff, zu sich und wendete sich mit liebenswürdiger Miene an ihn. „Eine Bitte an Sie, mein Liebster, eine Bitte! Verweigern Sie mir nickt deren Erfüllung!" „Aber wie könnt« ich die», Wassilij Borissowitsch, wie sollte es mir möglich sein? Mit Vergnügen — Alles! Wa» befehlen Sie mir also?" „Ich bitt«, mein Liebster, ich bitte —", betonte Mjakruscheff, und dem berühmten Advocate» ein Kistchen voll Cigarren vor setzend, wies er auf einen Lehnsessel. „Es handelt sich nämlich um Folgendes", fuhr er dann fort, seine Glatze streichelnd. „Morgen wird die Gerichtsverhandlung in der Sache Petuchoff's stattfinden, und er hat noch keinen Vertheidiger; dies ist, Sie wissen es ja, recht unbequem, und da, da beschlossen wir, Sie zu bitten . . . La, und wessen beschuldigt man ihn?" Wassilij Borissowitsch nannte einen Artikel des Strafgesetze», gegen d«n sich der Angeklagte Petuchoff vergongrn hatte; da er aber sah, daß Pribiloff fortfuhr, ihn fragenden Blicke- an zusehen, fügte er hinzu: „Eine ganz unbedeutende Sache nur; die Geschworenen werden ihn bestimmt freisprechen. Der Staatsanwalt — Nikolaj Stepanowitsch — muß eben anklagen; er wird aber die Anklage gewiß rurückzieben und Alles wird erledigt sein. Wir werden Sie nicht aufyalten! .... Sind Sie einver standen?" „Ich werde aber keine Zeit finden, mich vorzubereiten.... Der Sachverhalt ....*, murmelte der Advoeat, der die Bitt« des Lorptzznden nicht verweigem wollt« und doch keine Lust hatte, sich an einem unbedeutenden Procefse zu betheiligen und seinen Ruf zu gefährden. „Ich werde Ihnen, mein Liebster, die Geschichte in zwei Worten erzählen!" rief Mjakruscheff aus. — „Sie ist kurz: Nachts ging Petuchoff einmal mit Jwanoff über die Brücke. Das Wetter war elend; ringsum — keine Seele. Plötzlich nimmt dieser Jwanoff seine Uhr ans der Tasche, zieht seine Börse heraus, gicbt dies Alles Petuchoff in die Hand und mit den Worten: „Behalte dies, Bruder, als Andenken an mich.... meine Frau hat mich hintergangen und ich ... . vergieb mir . . . ." schwingt er sich auf das Geländer und stürzt sich ins Wasser. Petuchoff war starr vor Schreck, schrie, aber Niemand war da, der ihn hätte hören können; deshalb ging er seines Weges. Dies, wissen Sie, erzähle ich Ihnen Alles nach seinen eigenen Aussagen.» „Wie ist es aber entdeckt worden? Erzählte er es selbst? Zeigte er es an?" „Nein, officiell zeigte er es nicht an; er verheimlichte es aber auch nicht. Er zeigte die Effecten seinen Bekannten und setzte diesen auseinander: wie und was. Man denuncirte ihn aber; man stellte eine Hausdurchsuchung an, und nun sitzt Petuchoff bereits ein halbe» Jahr im Kerker, obzwar, ich muß es Ihnen sagen, alle Zeugen, absolut alle, über ihn das beste Zeugniß geben und einstimmig betheuern, daß er solche» Verbrechens un fähig ist." „Wie konnten also Untersuchungsrichter und Staats anwalt . . . .» wollte Pribiloff einwenden, Mjakruscheff unter brach ihn aber und machte eine unzufriedene Geberde. „Reden Sie gar nicht davon .... e» ist eine Schande, bei meiner Treu'! Darum eben bitten wir Sie. Schlagen Sie e» un» nicht ab! Nikolaj Stepanowitsch, sage ich Ihnen, wird die Anklage fallen lassen. Sie werden ein paar Worte sprechen und di« Geschichte ist zu Ende. Ein Mensch wird aus dem Kerker befreit werden — wenn nicht, so wird man die Ver handlung abermals vertagen müssen, da kein Vertheidiger hinzu- gezogen gewesen." Pribiloff sagte zu, und nachdem er die nothwendigen Docu- mente zu sich genommen hatte, ging er zu Petuchoff in den zu besprech ^m unerwartet zugefallenen Clienten Petuchoff, «in Hagern, bleicher Drei» von kleinem Wuchs« und mit schneeweißem Kopfe, erzählte dem Advocate» in auf richtigem und treuherzigem Tone die ganze Geschichte und zum Schlüsse fügte er hinzu: „Ei, Euer Gnaden, wenn Sie den Verblichenen, den Er trunkenen, sage ich, gesehen hätten! Ich reichte ihm ja nicht einmal bis an die Hüften, so hochgewachsen war er. Er — ein kerngesunder Mann, ungefähr dreißig Jahre alt, und ich... sehen Sie mich an! Hätte ich gewußt, daß mir solches Un glück begegnen würde, ich hätte die Börse sammt der Uhr eben falls ins Wasser geworfen. Wegen dreißig Rubel hat man mich entehrt, beschimpft in meinen alten Tagen! . . . ." Die Stimme 'des Greises wurde durch Schluchzen unter brochen. Pribiloff hatte aufrichtiges Mitleid mit dem Unglücklichen und tröstete ihn. „Kränkt Euch nicht mehr" — sagte er, Petuchoff die Hand zum Abschiede drückend. — „Ihr habt viel erduldet, jetzt aber dauert es nicht mehr lange; morgen,'mit Gottes Hilfe, werden wir Euch freisprechen und Ihr werdet nach Euerem Hause zurücklehren." „Man wird mich freisprechen, glauben Euer Gnaden?" fragte der Alte freudig und mißtrauisch zugleich. „Ohne Zweifel", erklärte der Advocat mit Bestimmtheit. Am folgenden Morgen sollte in der Criminalabtheilung deS Krrisgerichtes die Berbandlung in einem Procefse gegen Falsch münzer stattfinden, und Petuchoff » Proceß war bestimmt, „die Gemüthsstimmung der Geschworenen zu prüfen». Es waren nur wenige Zuhörer erschienen, und der trübe, regnerische Tag blickte düster zu den Fenstern des engen und niedrigen GerichtssaaleS hinein. Der alte Petuchoff saß im Arrestantenmantel auf der An klagebank und wendete seinen Blick nicht von jenem finsteren Winkel, wo enge an einander geruckt eine alte Frau mit ver grämtem Gesichte und ein junges Mädchen mit rothgewcinten Augen standen. Es waren dies seine Frau und Tochter, die in den Gerichtssaal mit der Hoffnung auf den Sieg der Un schuld gekommen waren. Sie hatten sogar ein Bündchen mit den Kleidern deS Alten mitgebracht und zeigten e» ihm nun au» der Ferne, um seinen Muth zu beleben. Die Frage, ob der vnqeklagir sich schuldig bekenne, dn« neinte Petuchoff, und es begann die Verlesung der Anklage schrift. Die Alte und ihre Tochter weinten still, das Gesicht mit den Händen verhüllend. Petuchoff faßte Muth. Der Slaats anwalt und der Vertheidiger wechselten einige gleichgiltige Blicke mit einander und sahen fortwährend nach der Uhr, der Eine begierig, zu seiner Braut, der Andere zu einer Partie Whist zu gehen, die in Folge der gestrigen Bitte des Herrn Mjakru scheff vertagt worden war. Die Zeugen sagten, wie auf Verabredung, einstimmig das Günstigste über Petuchoff aus. „Er ist" — sagten sie Alle — „ein nüchterner, arbeitsamer und biederer Mann." Einige sprachen von seiner Kindhei:, Andere berührten seine Jugend, wiederum Andere brach:en Thasachen aus seinem gegenwärtigen Leben. Kein Mißlaut war in ihren Aussagen wahrnehmbar. Die Geschworenen blickten den Unglücklichen theilnehmend an, und allmählich durchdrang die Gemüther eine lebhafte Sym pathie für das arme Opfer deS Mißverständnisses und des un nützen Eifers des Untersuchungsrichters. Petuchoff faßte neuen Muth, hob den Kopf empor und fing an, kühner nach dem finsteren Winkel des Saales zu schauen. Er glich einem Menschen, der bei Lebzeiten seinen von Lob erfüllten Nekrolog liest, und er empfand eine freudige, dankbare Erregung. „Da» Wort ist dem Herrn Staatsanwalt ertheilt!" rief Mjakruscheff aus, al» da» BeweiSverfahren zu Ende war. Die Blicke der Anwesenden richteten sich nach Nikolaj Stepanowitsch Wikulin, dem schönen, jungen Staatsanwalt in der goldgestickten Uniform, mit dem Zwicker auf der schön gebogenen Hase und dem dichten, zurückgekämmten blonden Haar. Der Staatsanwalt stand auf, stützte sich auf den Tisch und wollte schon den Mund öffnen, um die Anklage zurückzuziehen, al» ... . sich ein unbedeutender Umstand ereignete, der sich bald al» von großer Bedeutung erwies. In den Saal trat Olga Wassiljewna, die Tochter deS Vor sitzenden Mjakruscheff und die Braut de» Staatsanwalts Wikulin, ein schönes, junge» Mädchen, da» in den Gerichtrsaal kam, um den Proceß der Falschmünzer mit cmzuhören, ab«r daselbst zur früh erschien.
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