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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020113010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902011301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902011301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
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Anzeigen-Preis di§ 6gespaltene Petitzeile 25 Ls. Reklamen unter dem Redacktonsstrich (4gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme LS H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung » 00.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 21. Montag den 13. Januar 1902. 96. Jahrgang. nicht jene, damals geistlichen Fürstentümer sich demselben wrder- setzen könnten, ward neben den kaiserlichen Privilegien auch noch ein päpstliches Privilegium für die Stadt Leipzig aus- Zur Geschichte -es Stapelrechts in Leipzig. Heutzutage chun die Regierungen Alles für den Handel ihrer Länder. Sie gewähren ihm eine möglichst freie Bewegung nach allen Seiten, und die Handeltreibenden sind auch ln der Regel mit einer solchen, ihnen gewährten und gesicherten Freiheit vollauf zufrieden. So war es aber in früherer Zeit nicht. Für sich z>war verlangte der Handeltreibende auch damals möglichste Freiheit, aber er wünschte, daß nur er, nicht Andere, eine solche Freiheit genießen, daß diese Arideren in ihrem Gebühren be schränkt und von ihm abhängig sein sollten. Monopol und Privileg, daS warm die Waffen, mit denen damals der Handel seine Siege zu erfechten, seine Mitbewerber aus dem Felde zu schlagen suchte. Jeder größere Handelsplatz bemühte sich, ein Monopol des Handels für seine Zwecke und gegen seine Nach barn in möglichst Zweitem Umfange zu erlangen. Die gewöhnlichste Form dieses Monopols war das sogenannte Stapelrecht. Wenn ein an einem schiffbaren Flusse ge legener Ort im Besitze des Stapelrechtes war, so durfte kein Schiff mit Maaren an ihm vorüberftrhren; der Schiffer mußte seine Maaren an dem Stapelplatz« auÄaden und eine Zeit lang (ge wöhnlich drei Tage) daselbst zum Verkaufe feilbieten. Viel weiter doch reichten die Wirkungen des Stapelrechtrs auf dem Lande. In einem bestimmten Umkreise um den betreffenden Ort durfte kein anderer Ort einen Markt oder eine Messe, ja auch nur eine Niederlage von Wcraren halten; di« Einzel verkäufer in diesem ganzen Kreise mußten ihre Maaren von dem mit Stapelrecht versehenen Platze beziehen. Es durften auch keine Maaren — mit Ausnahme gewißer Rohprodukte, insbesondere Getreide, Holz, Steine — durch diesen Umkreis hindurch geschafft werden, ohne ihren Weg nach 'dem Stapslorte zu nehmen. Wohl das ausgedehnteste dieser Stapelrechte auf dem Lande war dasjenige, welches die Stadt Leipzig besaß. Es bildete einen Theil des unserer Stadt 1458 vom Kaiser Friedrich III. verliehenen und 1497 vom Kaiser Maximilian I. bestätigten Meßprioilegiums. Vergeblich suchten benachbarte Städte, wie Halle, Erfurt, Naumburg, ein gleiches Privilegium für sich zu erlangen. Der Einfluß der sächsischen Kurfürsten beim Kaiserhofe wußte jeden solchen Versuch zu vereiteln. Selbst, als Halle vom Kaiser Friedrich III. .bereits ein Privilegium für eine Neujahrsmeffe erwirkt hatte, »ward von demselben Kaiser auf Reklamation des sächsischen Kurfürsten Albrecht in einem Mandate von 1469 den Halleschen eingeschärft, daß sie unter keinen Umständen das Leipziger Meßprivilegium schmälern dürften; es wurde mit Rücksicht auf letzteres das Privilegium der Stadt Halle für ungiltig erklärt. Aehnliches geschah gegenüber Erfurt, 1497 und 1507, und als auch Naumburg nach einer Meße strebte, erfolgte 1514 eine abermalige Bestätigung der omsschließlichen Privilegien Leipzigs. In der Bestätigungs urkunde Kaiser Maximilian's I. von 1507 heißt es: — „also, daß nun hierfüro kein Jahrmarkt, Messe oder Niederlage inner fünfzehn M«ilen geringsum die obbestimmte Stadt Leipzig soll aufqerichtet und gehalten werden in keinerlei Weise." In eben dieser Bestätigungsurkunde von 1507 kommt zuerst das Wort „Stapel" ausdrücklich vor. Der Umkreis, !den kraft seines Stapelrechtes Leipzig be herrschte und monopolifirte, betrug nicht weniger als „fünfzehn Meilen ringsum die Stadt", das heißt: jeder Punkt, der nicht weiter als 15 Meilen in gerader Linie von Leipzig entfernt war, fiel innerhalb dieses Kreises und durfte daher keine Meße, kein« Niederlage halten, es durften auch dorthin keine „stapel baren" Maaren eingebrachi werden, die nicht zuvor nach Leipzig geschafft, dort atbgekaden und erst wieder von da weiter ver laden worden waren. Das ging so weit, daß, wenn z. B. nach Dresden von ostwärts, also von der ganz entgegengesetzten Seite, «twa von Frankfurt an der Oder her, eine Wavre «ingeführt worden wäre, ohne zuvor Leipzig zu berühren, dies nach eben jener Vorstellung als eine Verletzung des Leipziger Stapelrechtes gegolten hätte. Dieses so weit gehende BerbietungSrecht der Stadt Leipzig griff daher weit über die Grenzen Sachsens hinaus; es reichte nord- und westwärts in die Bisthiimer Magdeburg und Halber stadt, ebenso ins Thüringische und Raußische hinüber. Damit gewirkt. Ein so weitgreifendes, in den gesammten Verkehr der Nach- barländer so tief einschneidende- Recht tonnte selbstverständlich nicht ohne vielseitige und starke Anfechtungen bleiben. Ebenso natürlich aber ist es, daß sowohl der R a t h, als auch die in den Kramermeistern und Handlungsdeputirten vertretene Kauf mannschaft Leipzigs Alles aufboten, um dieses kostbare Pri vilegium ungeschwächt und ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Es ist unmöglich, den um das Stapelrecht von der Kvamer- Jnnung und der übrigen Kaufmannschaft nach ven verschiedenen Seiten hin geführten Kampf hier in allen Einzelheiten zu ver folgen. Nur einige Momente, die für die damaligen Zeitan schauungen besondeers bezeichnend sind, mögen hervorgehoben sein. Ein interessantes Aktenstück enthält das K r a m er ar ch i v, nämlich eine Sammlung der Mandate, die hohen Heer- und Landstraßen nach und von Leipzig betreffend, 1343 1708. Norangeheftet ist diesem Aktenstück eine Karte von Leipzig und Umgegend mit der Ueberschrift: „Der Stadt Leipzig Nieder lags- und Stapelgerechtigkeit liebst deutlicher Beschreibung deren hohen Heer- und anderen Landstraßen, so besagter Stapel halber von Kaisern, Königen in Böhmen und deren Kurfürsten zu Sachsen angewiesen worden". Man ersteht daraus, daß damals in weitem Umkreise sämmt- liche Straßen auf Leipzig hin-, beziehentlich von da ausgingen, so daß Leipzig der Mittelpunkt eines Straßennetzes war, daß den Verkehr von allen Seiten her nach Leipzig und von Leipzig aus nach allen Se'ten hin lenkte, so daß alle an den verschiödenenn Enden dieses Kreises gelegenen Ort nur über und durch Leipzig mit einander und mit entfernteren Orten Handel treiben konnten. Als solch: nach Leipzig führende Straßen sind — zugleich mit der Bezeichnung, ob cs gestattete oder ver botene — auf erwähnter Karte folgende angegeben: 1) Die hohe Heer- und Landstraße aus Polen und Schlesien nach Leipzig über Görlitz: 2) die sogenannte niedere Straße nach Leipzig von Spremberg über Torgau; 3) die Straße nach Magdeburg, Lüne burg, und Hamburg durch die Niederlausitz, „so zwar seither tole- rirt worden, dem Leipziger Stapel aber zum Präjudiz gereicht"; 4) diejenige Straße, deren sich die Schlesier von Breslau aus nach Hamburg bedienen können, welche aber wegen der sandigen Wege schwer zu passiren ist; 5) die Straß: von Leipzig nach Böhmen; 6) die von Leipzig über Altenburg nach Hof; 7) eine verbotene Straße nach Hof (über Gera); 8) von Leipzig ins „Reich" über Erfurt (von Erfurt nach Eisenach u- s. w., dann südwärts): 9) Kupfer- und Weinstraße von Saalfeld nach Leipzig: 10) von Leipzig nach Lüneburg und Hamburg (über Halle, Bernburg u. s. w.). Ein anderes Aktenstück, „Die Leipziger Stapel- und Nisder- lagsgerechtigkeit betreffend" (1556—1738), enthält eine Reih: von Beschwerden wegen Umgehung dieses Stapelrechts, wodurch „der Handel und die Nahrung Leipzigs" schwer litten. So wird beispielsweise angeführt, daß der Fischhandel in Leipzig em pfindlich abgnommen habe. Früher hätten Tausende von He ringstonnen auf offener Straße gelegen; die Katharinrnstraße sei fast zu klein dafür gewesen; jetzt habe der ganz« Fischkxandel in den Häusern Platz. Das mache, die Hamburger umgangen bei ihrem Waarenvertrub Leipzig — ttMs über Breslau nach Böhmen, theils über Mannsfeld und Thüringen nach Nürnberg hin, während sie früher Alles über Leipzig hätten schaffen muffen. Von Nürnberg, Regensburg u. s. w. nähmen sie dann wieder Maaren mit zurück, welche früher auch über Leipzig gegangen wären. Aehnlich sei es mit dem Weinhand« l, ähnlich mit dem Handel mit Tuchen und anderen Zeugen und sonstigen Hamburger oder niederländischen Maaren. Die eigenen sächsischen Landstädte fingen an, Tuche u. s. w. direkt von Magdeburg zu verschreiben; in den Orten rings um Leipzig seien Tuchhand lungen entstanden; die schlesischen Leinenwaaren nähmen ^den Weg die Oder hinab bis Frankfurt a. O. und so direkt nach Hamburg und weiter nach Holland, statt über Leipzig. Durch Alles dieses leide Leipzig um so mehr, als schon während 'des Krieges sich viele Kaufleute von hier wcggeweüdet und der ganze Handel große Störung erfahren habe. Es sei dies sehr merkbar in den Messen, wo, während sonst der Markt und die anderen Plätze kaum für die Buden ausgereicht, jetzt der Markt so leer sei, daß Soldaten darauf exerciren könnten. Bei alledem seien die Steuern immer so hoch als stehe das Stapelrecht in voller Kraft. Aus allen diesen Gründen wird in immer erneuerten Ein gaben an den Rath letzterer gebeten, sich dafür zu verwenden, daß das Stap «lrecht in voller Kraft aufrecht erhalten, die Schleichwege streng verboten, die erlaubten Heerstraßen nach Leipzig in guten Stand gesetzt werden möchten. Ganz besonders sträuben sich die Beschwerdeführer auch gegen die Preisgebung des Wasserwegs auf der Elbe. Schon im 16. Jahrhundert hatte Kaiser Ferdinand I- als König von Böhmen dem Kurfürsten August von Sachsen und anderen Fürsten Vorschläge zu einer Uebersinkunft wegen Freigebung der Stromschifffahrt gemacht. Kurfürst August erließ nun am 22. Januar 1571 an den Rath zu Leipzig «in Reskript, worin zwar der Privilegien Leipzigs mit aller Achtung gedacht, doch aber versucht wird, die entgegenstehenden Rücksichten zu Gunsten der freien Schifffahrt, „welche von Zeit der Sündfluth her Jeden immer erlaubt gewesen", geltend zu machen. Der Kurfürst for dert den Rath zu Leipzig auf, sich darüber zu äußern, ob die freie Flußschifffahrt wirklich dem Handel Leipzigs so nachtheilig sei, wie gesagt worden, und wie er, der Kurfürst, sich in dieser Sache gegen kaiserliche Majestät verhalten solle. Eine Antwort des Rathes auf dieses Reskript ist nicht vor handen; doch erfährt man aus einer späteren Eingabe, daß Kur fürst August damals wirklich sich dem Ansinnen des Kaisers wegen Freigabe der Elbschiffsahrt, wohl aus Rücksicht auf das Leipziger Stapelrecht, versagt hat. Auf eine ähnliche Anfrage des Kurfürsten Christian I. vom 5. Juli 1592 antwortete der Rath unterm 26. Juli 1592: Die Freigebung der Schifffahrt auf der Elbe sei entschieden zu widerrathen, weil dadurch Leipzig um gangen würde. Aber nicht blos auf dem von der Natur selbst dem Handel gewiesenen Wasserwege, sondern auch zu Land« ward das Monopol des Leipziger Stapelrechts in Frage gestellt und umgangen. Nicht nur ging — wie die Leipziger Kaufleeute in verschiedenen Eingaben an den Rath klagen — der Handel von Hamburg über Braunschweig und durch Thüringen „ins Reich", nach Nürnberg, Augsburg u. s. w., und ebenso umgekehrt; nicht blos sandte Schlesien seine werthvollen Leinen direkt, statt über Leipzig, nach Hamburg; nicht bilos wurden in Halle und Braun schweig „Märkte" (Messen) errichtet; nicht blos legte das kleine Gera ungescheut Tuchni^derlagen an und trotzte den Bannsprüchen des Leipziger Rathes, sondern auch die «igenen Landstädte Sach sens wie Freiberg, Rochlitz u. s. w. folgten diesem verlockenden Beispiel. Besonders aber war es Reichenbach i. V., welches durch solches Gebühren der Leipziger Kaufmannschaft fort während Aerger und Kummer bereitete. Dem gegenüber klingt es fast naiv, wenn man liest, mit welcher Sicherheit Rath und Kaufmannschaft zu Leipzig noch im 18. Jahrhundert das Stapelrecht in seiner ganzen, für uns Heut- l-benden fast unbegreiflichen Starrheit und Schroffheit zu ver- theidigen und zu behaupten unternehmen. Im Jahre 1714 beklagen sich die Tuchmacher zu Döbeln, Roßwein, Leisnig beim .Kurfürsten darüber, daß sie ihr Rohmaterial, die Wolle, bevor sie solche verarbeiten dürften, erst nach Leipzig transportiren, dort abladen und wiegen kaffen, dafür Waagegebühr entrichten müssen, und sie bitten den Kurfürsten, dem Rache zu Leipzig die Ausübung dieses Zwanges zu verwehren. Der Kurfürst fordert am 15. December 1715 Bericht vom Rathe zu Leipzig, namentlich auch darüber, ob der Rath alle nach Sachsen eingehende und von Sachsen hinausgehende Maaren für stapelpflichtig erkläre, uNd zwar auch solche, die von weit entlegenen Orten kämen, und über Leipzig einen großen Umweg machen müßten. Darauf ant wortet der Rath im Februar 1716 mit größter Sicherheit: „Aller dings seien alle und jede Maaren als Stapelgut zu betrachten, und es sei auch kein« Straße zu entlegen, kein Umschweif zu groß, als daß die Fuhrleute sich damit entschuldigen könnten". Beinahe noch greller tritt die Härte des Stapelrechts und seiner hemmenden Folgen für den Verkehr aller darunter salleiiden Orte in einer anderen Erklärung hervor, in einer Eingabe, welche die Leipziger Kaufleute, als Erwiderung auf eine Bittschrift der Dresdener Kaufleute zu Gunsten ihres Elbhandels, am 27. Juni 1755 an den Kurfürsten richteten. Die Dresdener hatten gebeten: ob ihnen denn nicht wenigstens gestattet sei, wenn sie nicht stapelpflichtiges Gut (Holz u. s. w.) auf der Elb« nach Hamburg führen, als Rückfracht von da Mate-rialwaaren u. dgl. mitzunehmen? Die Leipziger verneinen auch dies schlechter dings. Und, da die Dresdener audeuten: „wenn man dein Waarenzug von Hamburg nach Dresden diesen direkten Weg wehre, so könne er laicht den „Umweg über Berlin und die Lausitz einschlagen", bemerken sie: „auch wenn stn« Maare von Hamburg bis in die Lausitz komme, dürfe sie dennoch nicht nach Dresden herein, weil Dresden im fünfzchnmeiliigen Umkreis von Leipzig liege". Das hieß denn freilich, den Bogen gar zu scharf spannen! Der eigen« Landesherr selbst konnte sich der Erwägung nicht ver schließen, daß durch eine so schroffe Ausübung des Stapelrechts ein großer Theil der Industrie des ganzen Landes einer einzigen Stadt tributär gemacht werde. Und so erging denn am 21. Mai 1756 ein Reskript, wonach das Leipziger Stapelrecht ferner keine Anwendung finden sollte auf den Bezug von Materialien für Rechnung inländischer Fabrikanten, vielmehr nur noch auf solcher Kaufmannsgüter, die ein Handelsmann dem anderen sende. Der siebenjährige Krieg, der in demselben Jahr« 1756 begann, machte in der That dem Leipziger Stapelrecht ein Ende. Die näheren Wege, welch« der Verkehr während dieser Zeit, zum Theil unter Begünstigung des in Sachsen damals gebietenden Feindes, suchte und sand, waren auch nach wiederhergestelltem Frieden ihm nicht so leicht wieder zu verschließen. Und so begreift es sich Wohl, wi« in einer Eingabe vom Jahve 1786 Kramermeister und Handelsdeputirt« seufzend aussprcchen mochten: „Das Sta pelrecht Leipzigs besteht nicht mehr!" Es konnte nicht anders kommen. Der Kramer- und Kauf mannschaft Leipzigs aber kann man das Zougniß nicht versagen, daß sie dieses Recht — ihrer Ansicht nach und nach den volks- wirthschaftlichen Anschauungen jener Zeit war «s ein« Lebens bedingung Leipzigs und seines Handels — bis auf den letzten Athcmzug mit einer seltenen Stärke und Ausdauer vertheidigt hat. vr. Richard Markgraf. Deutscher Verein für Volkshygieine, Ortsgruppe Leipzig. Lzr. Am Freitag, den 10. Januar, fand im Krystall- Palast die vierte öffentliche Winter-Versammlung der Leipziger Ortsgruppe des deutschen Vereins für VolkShygdeine statt. Auf der Tagesordnung staitden zwei Vorträge: 1) vr. rneck. Korman n, „Die Hyg reine des Radfahrens" und 2) Dr. pbil. Spitzner, „Was ist vom Standpunkte derBolkshygiein« auS von einem gevegeltenVer- kehr zwischen Familie und Schule zu erwarten". Der zweite Vor trag wurde auf einen anderen Abend verschöben, da der erste den ganzen Abend ausfüllte. ör. Kormann betonte zunächst, daß das Charakteri stische des Radfahrens in der vegekmäßigen, länger dauernden Thätizkeit vieler verschiedener Muskeln und der dabei verhältnißmäßig geringen Anstrengung jedes einzelnen Mus kels lüge. Beim Radfahren werden fast alle größeren Muskel gruppen gebraucht, und allen Muskeln dieser verschiedenen Gruppen muß für die verbrauchte Kraft neues Nährmaterial zu geführt werden: Sauerstoff aus der Luft und präparirte Nähr flüssigkeit (Lymphe) aus Magen und Darm. Je mehr aber beim Radfahren Muskelarbeit, um so lebhafter di« Blutbswegung, die Herzthätigkeit, die Zufuhr von Lust — und zwar staubfnier, sauerstoffreicher — zur Lunge, die Zufuhr von Lymphe zum Magen, also Steigerung des Appetites, um so energischer auch die Ableitung des Blutes vom Gehirn und den Bauchorganen, desto gründlicher also die Wirkung auf den Körper. Nne ver gleichende Messung der Arbeit des Radfahrers und der des Fuß gängers ergiebt, daß der Kraftverbrauch für die gleiche Strecke beim Radfahrer viel geringer ist als beim Fußgänger, und daß die Ueberlegenheit des Ersteren über den Letzteren mit d«r Ge schwindigkeit wächst, daher das Rad als ein Verkehrsmittel ersten Ranges zu bezeichnen ist, das dem, der täglich eine bestimmt« Wegstrecke machen muß, Zeit und Geld spart. Freilich ist der Kraftderbrauch beim Radfahrer größer, als «S ihm selbst vor- Feuilleton. Deutsch-Capri. Von Johannes Prölß. Nachdruck verbolrn. Kein Name ist so geeignet, d«m Deutschen d:n ganzen Reiz Italiens vor di« Seele zu zaubern, als der Capris. Und dieser »steiz wird dadurch erhöht, daß diese Märcheninsel des Süden« zugleich «ine Pflanzstätte deutscher Cultur, gleichsam ein« Co» lonie deutscher Lebenslust und deutscher Kunst ist. Deutsch« Dichter, Forscher, Künstler haben hier geweilt, hier Erinn«- rungen hinterlassen. Ein reizendes, vom Hauche der Poesie des Südens durchwehtes Buch des trefflichen Johannes Prölß, das der Verlag von A. Schulze in Oldenburg vorbereitet, unternimmt es zum ersten Mal«, die friedlich« Eroberung der Insel durch di« Deutschen darzustellen, die Werk«, die deutsch« Maler dort hinter lassen haben, der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Durch die Güte der Verlagsbuchhandlung sind wir in der Lag«, unseren Lesern schon heute einen Abschnitt auS diesem liebens würdigen, deS allgemeinsten Interesse- würdigem Buche mitzu- theilen. ES ist wie ein Märchen — doch dies Märchen ist Wirk lichkeit! * * * Ein deutscher Dichter, der zugleich ein Maler. August Kopisch, hat daS Verdienst, dies« einzige Schönheitswelt, die einst RomS Cäsaren entzückte, im Jähr« 1826 dem allgemeinen Interesse wieder erschlossen zu haben. Goethe, der begeisterte Vermittler der deutschen Bildung mit Kunst und Natur Italiens, dessen SehnsuchtSruf „Kennst Du do» Land?" in Millionen Herzen Widerhall geweckt hat, war an Capri vorbeigefohrrn, al» er im Frühjahr 1787 da» feste Ufer de» Golf» von Neapel verließ und nach Sicilim aufbrach, „da» Land der Griechen mit der Seele suchend". Ihre malerische Er scheinung entzückte ihn wohl, aber sie selbst mit ihren steilen Klippen lernte er nur als ein gefahrdrohendes Hinderniß für die Schifffahrt kennen. Daß die Insel selbst ein griechisches Gebiet, die älteste griechische Kolonie in den Revieren Campa« niens war, in welcher die siegreichen Römer noch ven Cultus der Sirenen vorfanden, daß auf ihr Kaiser Augustus sich Sommer paläste erbaut und sein Nachfolger Tiberius während der letzten elf Jahre seines Lebens dauernd gewohnt hat, Uber zwölf Pa läste verfügend, war dem Dichter nicht gegenwärtig, als er sich in Neapel für die ausgegrabenen Kunstschätze des alten Pompeji begeistert«. Mc die römischen Kaiserpaläste und Tempel auf Capris Felsenhöhen war der Ruf des Eilands in Verfall ge- rathen. Der erste namhafte Deutsche, der über einen Besuch desselben berichtete, war der holsteinische Graf Friedrich Leopold zu Stolberg, Goethe's Jugendfreund, bekannt auch als Mit glied des Göttinger Hainbundes und durch seinen späteren Uebertritt zur katholischen Kirche. Er war fünf Jahre nach Goethe in Neapel und Mtte April 1792 machte er mit Nico- lovius und einem Sohn« die Fahrt noch den Inseln Procida, Ischia und Capri in einer mit acht Seeleuten bemannten Fe- lukke. Die Ruderfahrt von Ischia nach Capri dauerte viertehalb Stunden. Der erste Eindruck, den er bei der Anfahrt empfing, war daS wilde Aussehen der hohen, felsigen Ufer. Um so überraschter war er von der reichen südlichen Vegetation in der Bucht, die den Reisenden die Landung gewährte. Bezeichnend für die damaligen Zustände ist, daß er am Abend nach der An kunft sich vergeblich im Städtchen Capri nach Reitthierm umsah, um sogleich nach den Trümmern der Jupitervilla auf dem Ost gipfel, dem einst von Tiberius persönlich bewohnten Schlosse, hinaufzudringen. Außer diesen ansehnlichen Rumen, in deren Näh« sich di« wundervolle Aussicht auf die nabe sorrentinische Halbinsel, die Golfe von Neapel und Salern eröffnet, besichtigte Stolberg am anderen Morgen noch die jetzt nach Mithras be nannt« Grotte, vom Führer al- „Grotta di Matrimon" be zeichnet, in deren Nähe er Arbeiter mit Ausgrabungen von Alter» thümern beschäftigt fand. Beim Anblick seines hübschen blonden Sohnes begann ein altes Weib in Worte des Entzückens aus zubrechen — (Zuanto ö bstlo! — und dazu die Taranlella zu tanzen. Dieser kurze Bericht Stolberg's über seinen Besuch, ent halten in der „Reise durch Deutschland, die Schweiz, Italien und Sicilien" (1794), hatte so wenig wie die ganze breitspurige Reisebeschreibung eine besondere Wirkung. Das gleiche Schick sal hatten des in Neapel lebenden Oesterreichers Norbert Hadrawa „Freundschaftliche Briefe über verschieden« auf der Insel Capri entdeckte und ausgegrabene Alterthümer", die zuerst 1793 in italienischer Sprache und ein Jahr darauf in deutscher Uebersetzung erschienen. Hadrawa war der Erste, der in einigen der Palastruinen der Insel systematisch« Ausgrabungen zu wissenschaftlichen Zwecken veranstalten ließ. S«ine nicht un interessanten „Briefe", welche naiv die sorglose Leichtfertigkeit widerspiegeln, mit der er im Wetteifer mit anderen „Sammlern" aus England und Neapel die kostbarsten Funde verschleuderte, fanden damals nur die Beachtung der gelehrten Alterthums- freunde. Dies war auch das Schicksal der ersten archäologisch geschichtlichen Werke italienischen Ursprungs über die Insel von S«rondo und Romanelli. Mit einem Schlage zu Weltruf gelangte die Insel aber durch Kopisch'S Wiederenideckung der „Blauen Grotte". ES war im Sommer 1826, da fuhr der in Neapel ansässige junFk schlesisch« Maler zu längerem Aufenthalte nach der Insel hinüber, der Lockung nachgebend, die der Zauber ihrer Splunx» gestolt im Fernduft des blauen MeereS auf ibn ausgeübt hatte. Auch er nahm den Weg nicht, wie dies später üblich wurde, am Ufer der sorrentinischen Halbinsel entlang, um sich von Sorrent aus im Boote über die schmale Meerenge Hinüberketzin zu lassen. Mit dem Maler Ernst Fries aus Heidelberg benutzte er das Marktboot, das damals noch allein, in guter Jahreszeit zwei Mal die Woche, den Verkehr zwischen Neapel und Capri Uber die dreißig Miglien betragend« Meeresstrecke hinüber vermittelte. Im Städtchen Capri, das in der Einsattelung zwischen den beiden hochansteigenden Jnselhälften oberhalb der zwei einzigen Buchten, der Marina grande im Norden und der Marina piccola im Süden wohlgehlltet liegt, fanden die Künstler beim Notar Giuseppe Pagano, ver in seinem Hause einige Zimmer zur Auf nahme von Fremden bereithielt, freundliche Aufnahme. Mil fröhlicher Entdeckerlust waren sie dann auf den rebenbewachsenen Berghängen und schroffen Felsenhöhen herumgeklettert, wo die ausgeraubten Schloß- und Tempelruinen von der einstigen Herrlichkeit zeugten. Sie waren di« sechs- bis siebenhundert Stufen der antiken Felsenkrcppe nach Anacapri, zu den Trümmern der Barbarossaburg und zum Mont« Salaro empor- gcstiegen und hatten schließlich auch als kühne Schwimmer den niedrigen Eingang in die zauberhaft schöne Meeresgrotte er zwungen, welcher Kopisch wegen de- blauen Schimmerglanzes, der Wasser und Luft hier durchstrahlt, den Namen ttrntta »rurr», die „Blaue Grotte", verlieh. Von Giuseppe Pagano hatte er das Vorhandensein der Höhle erfahren, die als Auf enthalt böser Geister verrufen und von den Capresen ängstlich gemieden war. Fries wie Pagano hatten sich dann von ihm zu der kühnen Entdeckungsfahrt bereden lassen. Erfüllt von dem Geschauten, trug Kopisch in das erst kürzlich eröffnet« Fremden buch Pagano's am 17. August 1826 die folgenden Sätze ein: „Freunde wunderbarer Naturschönhriten mache ich auf eine von mir nach den Angaben unseres Wirthes, Giuseppe Pagano, mit ihm und Herrn Fries entdeckte Grott« aufmerksam, welchr furcht samer Aberglaube Jahrhunderte lang mcht zu besuchen wagte. Bis jetzt ist sie nur für gute Schwimmer zugänglich; wenn daS Meer ganz ruhig ist, gelingt e- auch wohl, mit eenem kleinen Nachen einzudrinaen, doch ist dies gefährlich, weil die geringste sich erhebende Luft daS Wiederherauskommen unmöglich machen würde. Wir benannten diese Grotte die blaue (!»«rrotta nrurra), weil das Licht aus der Tiefe des Meere» ihren weiten Raum blau beleuchtet. Man wird sich sonderbar überrascht finden, dak Wasser blauem Feuer ähnlich di« Grotte erfüllen zu sehen; jede Welle scheint eine Flamme. Im Hintergründe führt ein alter Weg in den Felsen; vielleicht nach dem darüber gelegenen Damecuta, wo der Sage nach Liber' Mädchen oexschlossen haben
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