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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020125016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902012501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902012501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-25
- Monat1902-01
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reclamen unter dem Redactionsstrich (-gespalten) 7k» vor den Familicilnach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ojsertenannahme 25 H ftxcl. Porto). Ertta-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 80.—, mit Postbesörderung ./L 70.—» ^nnahmeschiuß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. » . Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz i« Leipzig. Nr. 4t. Sonnabend den 25. Januar 1902. 96. Jahrgang. Das Duell — Tödtung oder Verstümmelung eines Einwilligenden. «L Von conservativer wie von liberaler Seite wird die Nothwendigkeit, das Reichsstrafgesetzbuch möglichst bald einer Revision zu unterziehen, anerkannt. An gesichts der lebhaften Erregung über die mehrfachen un glücklichen Zweikämpfe der letzten Monate wird es un umgänglich sein, ganz besonders auch die Bestimmungen über den Zweikampf in einer den allgemeinen Empfindungen mehr entsprechenden Weise abzuündern. Als Erster erscheint mit einem vollständigen Entwürfe eines neu zu gestaltenden Abschnittes über den Zwei kampf Landgertchtsdirector Professor Med em auf dem Plan. Seine Abänderungsvorschläge erscheinen uns aber nur in den Puncten annehmbar, die Milderungen enthalten, wie Straflosigkeit der Studentenmensnren und solcher Duellanten, die absichtlich in die Luft schießen. Eine Strafschärfung will Professor Medem für die Duellanten überhaupt nicht und für die Eartell- träger nur insofern eintreten lasten, als die Straflosigkeit, die das gegenwärtige Gesetz solchen Cartellträgern, die sich ernstlich bemüht haben, den Zweikampf zu ver hüten, fortfallen soll, wenn der Zweikampf früher als drei Monate nach der For derung stattfindet. Dieser Vorschlag erscheint uns als eine Verschlimmbesserung, denn einmal ist es vom sitt lichen Standpuncte auS immer noch erträglicher, wenn ein Zweikampf möglichst unmittelbar nach der Kränkung stattfindet, als wenn die Gegner nach Monaten in denen sie doch ihre Ruhe wiedergewonnen haben könnten, auf einander losgchen sollen, und zweitens werden die Zwei kämpfe viel blutiger werden, wenn die Duellanten sich Monate hindurch eingeschossen haben. Vermögen wir in den Medem'schen Vorschlägen eine Verbesserung schon darum nicht zu erblicken, weil sie eine Verschärfung -er Strafen für die Duellanten überhaupt nicht enthalten, so können wir noch weniger Denen zu stimmen, die das Duell mit tödtlichem Ausgange als Mord oder Todtschlag bestrafen möchten. Wer das ver langt, übersieht ganz, baß zwischen dem Zweikampfe und dem Morde bezw. Todtschlag ein sehr wesentlicher Unter schied besteht. Das Entsetzliche der Mordthat liegt doch nicht nur in dem Endeffecte, d. h. in der Vernichtung eines Menschenlebens, sondern sehr wesentlich auch in der Art der That darin, daß der Mörder entweder überhaupt einen Wehrlolcn abschlachtet, oder daß der Kampf zum Mindesten ein ungleicher ist, weil -er eine Theil darauf vorbereitet ist, -er andere aber nicht; darin ferner, daß der Mörder einen Menschen vollkommen gegen dessen Willen auS dem Leben befördert. Und dieser entscheidende Gegensatz zwischen Mord und Duell führt zugleich darauf, wie das Duell mit tödtlichem Ausgange bestraft werden müßte. Das Strafgesetzbuch (8 216) kennt die Tödtung eines Etnwilligenden, die weder als Mord mit dem Tode, noch als Todtschlag mit Zucht haus bestraft wird, sondern für die nur eine Ge fängnisstrafe vorgesehen ist. Nun, das Duell ist gewissermaßen die Tödtung eines Einwilligenden, denn Derjenige, der sich zum Zweikampfe stellt, giebt damit stillschweigend seinem Gegner die Erlaubniß, ihn umzu bringen, sofern der Gegner dies durch seine Gewandtheit in der Handhabung der Waffe oder durch den Zufall gelingt. Auch für die Verwundung eine« Anderen im Duell giebt es eine Analogie im Strafgesetzbuche, indem näm lich 8 142 Abs. 2 die Verstümmelung eines Einwilligendcn — allerdings in dem besonderen Falle der Absicht der Hinterziehung der Wehrpflicht — mit Gefängnitz bestraft. Geht man also darauf zurück, als was eigentlich das Duell vom strafrechtlichen Standpuncte aus sich darstellt, so hat man zugleich -en Weg der Verschärfung der bisherigen Duell strafen, denn die Gefängniß- strafe wird immer als ein schwereres Uebel empfunden werden, als die mancherlei Erleichterungen gewährende und alS oustocki» honesta empfundene Festungshaft. Allerdings müßte ein entsprechend abgeändertes Gesetz doch auch die Möglichkeit der Festungsstrafe vorsehen, denn Jedermann wirb zugeben, -atz, wenn das Duell Bennigsen-Kalkenhausen den umgekehrten AuSgang ge habt hätte, die Bestrafung des in seiner Ehre so schwer gekränkten Mannes mit Gefängnitz zu hart gewesen wäre. Auch bas ist ein grotzer Mangel deS gegenwärtigen Ge setzes, -aß eS den Richtern nur die Möglichkeit giebt, zwischen dem Beleidigten und einem frivolen Beleidiger hinsichtlich deS Strafmaßes zu unterscheiden, nicht aber, waS doch viel empfindlicher wirkt, hinsichtlich der S t r a f a r t. Wirb die Festungshaft nur auf solche Duellanten an gewandt, die tatsächlich in ihrer Ehre auf das Empfind lichste gekränkt worben sind, in dem Kalle frivoler Duelle aber auf Gefängntßstrafe erkannt, so wird zum Mindesten die zweite Kategorie sich erheblich vermindern, weil die Aussicht, in- Gefängnitz wandern zu müssen, der Kampfeslust, die bei frivolen Anläßen zum Zweikampfe ja eher den Namen Raufvoldenthum verdient, Abtrag thun wirb. Der Krieg in Südafrika. S»m Capitrl britischer Krtrg-berichterstattung. Neber di« Art her britischen BerichkrstaitmiH über die Vor gänge auf dem Kriegsschauplatz« in Südafrika ,st schon so vi«l geschrieben wordrn, und wem» man selbst in England sich lange vegegen gewehrt hat, zu glauben, daß di« Wahrheit nicht durch dringt und dir Thatsachen gröblich entstellt werden, so kann nach der ersten Debatte im Unterhause kein ZwAfel mehr darüber be- stehen, daß daS Vertrauen de- englischen Volke- in die ofkiciellen Berichte schwer erschüttert ist. TIr Henry Campbell - Banmr- mann hat dem mit beredten Worten Ausdruck gegeben und di« Antwort, di» ihm von Mr. Balfour zu Theil wurä, hat nicht dazu -rigetragen, da» Vrrtvauen »Kd« herzustellen. Continental« Leser glauben ja schon lange nicht mehr daran, daß britische Kriegsbericht« «den Stempel der Wahrheit tragen, und es lohnt sich nur noch, ganz auffallende „Jrrthiimsr" — um einen zarteren Ausdruck zu gebrauchen — aufzudecken. Ein derartig krasser Fall rrgiobt sich aus dem aufmerksamen Studium von Lord Kitchener's Bericht über die militärischen Operationen während der Monate September und October, der soeben veröffentlicht worden ist. Darnach ist ein Dheil >der Papier« General Botha's bei Schrmmelhoek den Briten in die Hand« gefallen, und unter ihnen befindet sich ein Schreiben des Generalcommanvantew an seine Regierung, in welchem er derselben die Gründe für das Miß lingen seines Einfalles in Natal auseinandersetzt: „Ich hatte kein« Aussicht, in einer Nacht durch die Biggarsberge hindurch zu kommen, ohne einen Theil meiner Leute dec Gefahr, gefangen ge nommen zu werden, auszusetzen, und ich beschloß deshalb, weiter hinab zu marsch-iren, um festzustellen, ob in dieser Richtung mehr Aussicht für «inen Durchbruch sei. Ich sandte eine starke Pa trouille gegen Nyutu, und von dort marschirten wir nach Baba- nango, da Rockes und Vants - Drift ebenfalls im Besitze des Feindes waren. Ich sandte 'deshalb vom Buffalo - Flusse aus 300 Reiter, deren Pferde überanstrengt waren, nach dem Vry- heio - Distrikte zurück, so daß etwa die Hälfte des Commandos umkehrte." Daraus geht mithin klar hervor, daß Botha etwa 300 Mann übrig behielt, und daß er mit dieser geringen Anzahl von Leuten den Angriff auf die Forts Jtala und Prospect machte. Und doch gelang es ihm, von den 500 Mann der englischen Besatzung, die wohl verschanzt war, 130 außer Gefecht zu setzen und 153 Pferde wegzumhmen. Die officiellen Bericht« lauteten, daß die Boeren „in starker Uebermacht" angriffen und daß sie „schwere Verluste" erlitten. Ein „Reuter'sckes" Special-Telegramm ist noch prä- ciser „Die Boerenabtheilung wurde auf 1500 Mann geschätzt" und „die gesammte Zahl der Boerenverluste beim Angriff auf Fort Jtala — der Angriff auf Fort Prospect ist somit nicht ein geschloffen — wird auf 500 geschätzt." Somit verlor der Feind vor Jtala allein 200 Mann m«hr, als an dem Angriffe auf beide befestigte Stellungen überhaupt theilgenommen haben — 300 griffen an und 500 fielen oder wurden wenigstens verwundet. Diese Zahlen sprechen eine eigene Sprache, welche Allen, außer Mr. Brodrick und seinen Freunden, verständlich ist. Dürfen sich die Engländer dann noch wundern, wenn Man auf dem Continente von Lügenberichten spricht? — Die englischen Berlnst-Liffern in Wirklichkeit. Für die notorische Entstellung und Unwahrheit der amtlichen englischen Bedichte über die Lage auf dem Kriegsschauplätze und alle darauf bezüglichen Daten können wir noch ein geradezu klassisches Beispiel anführen. Die officiellen Angaben des englischen Kriegsministeriums einerseits in der monatlichen Indio vk Oasunlties und anderer seits in den täglich veröffentlichten Verlustlisten weisen mit Bezug auf die Abgänge im englischen Heere in Südafrika folgenden krassen Widerspruch auf: Amtliche Angaben des englischen KricgSministeriumS. Monatliche Nach den täglichen 1'adl« ok 6»su»Itie» Verlustliste» Juli. . . Officiere . . - 127 Mannschaft. 1867 Officiere 421 Mannschaft. 6754 August . . ... 159 2005 259 4748 Scptembcr ... 140 3151 214 4451 Octobc: . . . 159 2910 272 4211 November . ... 197 4057 327 5168 December . . . . 145 2614 294 4246 927 16604 1787 29578 Die Abgleichung dieser Zahlen ergiebt einen Unterschied von 86V Lfficicrcn und 12 S74 Mannschaften. Darnach sind natürlich auch die Angaben über die Stärke des noch im Felde stehenden englischen Heeres zu rorrigiren. Da hat ja eigentlich Balfour Recht gehabt, als er in Manchester behauptete: „Die Regierung hat jederzeit alle vom Kriegsschau plätze eingekommenen Berichte veröffentlicht, die günstigen sowohl, wie die ungünstigen: sie hat nichts verschwiegen." Man muß seine Worte nur richtig verstehen! Deutsches Reich. Berlin, 24. Januar. (Der Index und die katho lischen Gelehrten.) Der KlerikaliSmuS empfindet es schmerzlich, daß der Göttinger Historiker Max Leh mann die Gebundenheit der katholischen Gelehrten durch den Index vor Kurzem in- hellste Licht gerückt hat. So bemüht sich denn Professor vr. Hollweck in einer Artikel serie der „Germania" um den Gegenbeweis. Hollweck'S Argumente sind theilweise einfach lächerlich. Oder kann etwa Jemand ernst bleiben, wenn er sieht, wie Hollweck dadurch den „Spieß umzukehrrn" versucht, daß er sagt: im Reform ationSzeitalter „hatte der Protestaoti-muS auch seine Bücberverbotr", und im 17. Jahrhundert litten die Leipziger und Frankfurter Meßkataloge „an starker, tendenziöser Unvollständigkeit"?! Ziemlich auf derselben Stufe mit solchen Verlegenheit-- ausflüchten befindet sich die Unterstellung eine» „still- schweiHenden protestantischen Index", womit Lollweck meint, daß die Protestanten — unter der Control« ihrer Seelsorger und de- Evangelischen Bunde»! — katholische Bücher, Zeit schriften rc. allgemein deswegen nicht läsen, weil sie katholisch seien. An Anzengruber, Rosegger und di« große Schaar ähnlicher Autoren dachte Hollweck vermuthlich nicht, als er da» Vorstehende schrieb; aber wenn er die genannten Schriftsteller mit dem Brandmal des „Taufschein- Katholiei»muS" versieht und auS diesem Grunde die That- fach« übersieht, daß katholische Autoren auch von Protestanten nicht nur gel«s«n, sondern sogar auf» Höchste geehrt und be wundert w«rd«u: sind nicht katholisch-kirchliche Schriftsteller wie der Verfasser von „Dreizehnlinden", Weber, wie Annette von Droste u. a. vom protestantischen Lesepublicunr ungemein anerkauut und wird nicht selbst ein Konrad von Bolanden schon der Curiosität balber von Protestanten gelesen? Daß die protestantischen Gelehrten ihre klerikalen Colle-en gewiflrnkaft berücksichtigen, lehren die AuSeiuander- setzungen mit itzae«, Auseinandersetzungen^freilich, die von der Zustimmung zu klerikalen Auffassungen in der Regel sehr weit entfernt sind. Warum nun be dient sich Hollweck solcher fadenscheinigen Beweisführung? Weil er sachlich schlechterdings nichts Stichhaltiges gegen Lebmann vorzubringen vermag. Denn er muß einräumen: „Der Index und die allgemeinen Bücherverbote, welche die Constitution Leo'S XIII. Osticiorum ue muueruw enthält, gellen allerdings an sich auch für die Professoren und die Männer der Wissenschaft." Aber hierüber weiß sich Holl- wcck zu trösten; denn: „Handelt eS sich um wissenschaftlich bedeutsame Leistungen (der Akatholiken), so erhalten Jene, welche ein wirkliches Interesse daran haben lönnen, leicht die Erlaubniß, dieselben zu benutzen." — Daß eS in daS Ermessen des Bischofs gelegt ist, zu entscheiden, ob eS sich um wissenschaftlich bedeutsame Leistungen handelt, kümmert Hollweck nicht im Mindesten. Ter Zwang zum Einbolen der bischöflichen Erlaubniß wird von Hollwcck überhaupt nur rein äußerlich beurtbeilt und demgemäß bloS als „kleine Unbequemlichkeit" betrachtet. „Es kostet", schreibt er iu dieser Beziehung, „um die Erlaubniß zum Gebrauch verbotener Bücher zu erkalten, lediglich einen Gang zum Bischvs selbst ober dessen Gcneralvikar oder ein in kürzester Form abgefaßtes Schreiben." — Kein Gedanke an die Frage, ob es für einen mündigen Gelehrten nicht ent würdigend ist, nach Schulbubenart einen Geistlichen um die Er laubniß zur Lectüre eines Buches zu bitten! Daß die Selbstständig keit katholischer Forscher aber nicht allein negativ, durch den Index, sondern auch positiv, durch die Censur, beschränkt ist, die — vergl. tue oben erwähnte Constitution Leo'S XIII. — alle von Laien verfaßten Bücher irgendwie religiösen und ethischen Inhalts der Censur unterwirft: darüber setzt sich Hollweck mit einigen sachlich ganz belanglosen Phrasen hin weg. Hatte Lebmann die kirchliche Censur als einen Eingriff in die Grundgesetze aller Culturstaaken bezeichnet, so hilft sich Hollweck dem gegenüber mit der Redensart: es möge den Katholiken selbst überlassen bleiben, ihre verfassungsmäßigen Rechte zu wahren. — Ueberblickt man alle diese Versuche zur Rechtfertigung des Judex und der Censur, so muß jeder Unbefangene zugeben, daß sie gänzlich mißlungen sind und nicht einmal die Bedeutung einer Weißen Salbe auf einer der wundesten Stellen am Körper des UltramontaniSmuS haben. Berlin, 24. Januar. (Centrum, Demokratie und Socialdemokratie in Süd deut sch land.) Es konnte in letzter Zeit wiederholt festgestellt werden, daß die Verbrüderung zwischen dem Centrum und dem Nadicalismus bürgerlicher und socialistischer Observanz einen starken Knacks bekommen hat. Wiederholt ist dabei der Nadicalismus das Karnickel gewesen, jetzt aber hat daS Centrum in zwei Fällen gegen die Demokratie bezw. die Socialdemokratie Front gemacht. In Frankfurt a. M. hat das Centrum bei den Wahlmännerwahlen für den neu zu wählenden Landtagsabgeordneten gegen die demokratischen Wahl männer - Candidaten gestimmt, weil eS über die Terrori- sirunz durch die demokratische Mehrheit in der Stadt verordnetenversammlung erbittert war. Und im badischen Landtage hat der Centrumssührer Wacker, anscheinend ohne dazu provocirt zu sein, eine heftige Rede gegen die Social demokratie gehalten und den Minister des Innern vor ;u weitgehender Rücksicht gegenüber dieser Partei gewarnt. Es scheint also, als ob das Centrum bei den nächsten Reichs- tagSwahlen im Großherzogthume Baden nicht wieder drei Socialdemokraten zum Siege über die nationalliberalen Be werber verhelft»! würde. ES hat freilich ein wenig lange gebauert, bis die Unnatürlichkeit deS Bündnisses zwischen dem seiner Natur nach reactionären Centrnm und dem Nadi calismus allen Betheiligten zur Erkenntniß gekommen ist. Berlin, 24. Januar. (Die Abänderung des juristischen Studiums in Preußen.) Wir Hütten gegen den Plan der Verlängerung des juristischen Studiums tu Preußen um ein halbes Jahr und der Ver kürzung deS praktischen Vorbereitungsdienstes um die selbe Zeit nichts etnzuwenden, wenn nur eine bessere Garantie für die nützliche Anwendung der sieben Studien semester gegeben wäre. Der Entwurf betont selbst die Möglichkeit, daß durch die Hinzugabe eines Semesters die Zahl der „Bummelsemester" vermehrt werden könnte, er glaubt aber, daß dieser Gefahr durch ein nach Ablauf des dritten Semesters auf Grund der Anmeldebücher und der Zeugnisse über die praktischen Uebungen auszustellen des und von dem Stndirenden vorzulegendes Zw ischen- zeugniß vorgebeugt werden könne. Wir besorgen, daß dieses Zwischenzeugnitz eine halbe Maßregel sein werde, weil auch solchen Studenten, die die drei ersten Semester nicht nützlich angewandt haben, die Erlangung eines solchen Zeugnisses leicht möglich sein wird, ins besondere an stark besuchten Universitäten. Als eine viel zuverlässigere Controle würde uns ein Zwischen- examen nach der Att des medicinischen „Physicums" erscheinen. Dieses Examen könnte abgelegt werden für die, wenn man es so nennen will, historischen oder theo retischen Zweige der Rechtswissenschaft, d. h. entweder für solches Recht, das nicht mehr in Geltung ist, wie daS römische, oder für solches, bas für Len praktischen Juristen so gut wie gar nicht in Frage kommt, wie das Kirchenrecht, das StaatSrecht, das Völkerrecht. Damit würben beim Referendar-Examen sowohl -te Prüfenden, wie -te Eandidaten entlastet werden, indem das Examen sich auf geltendes Recht, also Bürgerliches Gesetzbuch, Etvtlprocetz, Strafrecht, Strafprocetzordnung, Handels recht u. s. w. zu beschränken hätte. Könnten die Can didaten hierin eine leibliche Kenntnttz Nachweisen — wö bet eS aber weniger auf die Details alS auf die Fest stellung deS Verständnisses der Gesetze anzukommcn hätte —, so würde gegen die Abkürzung des praktischen Vorbereitungsdienstes auf 8^ Jahre ganz besonders bann wenig einzuwenben sein, wenn den Referendaren mehr Zett zur Erlangung praktischen juristischen Wissens, insbesondere auch zur sorgfältigen Abfassung der Er- kenntntsse und Bota, gelassen würde und wenn sie weniger dazu ausgenutzt würben, die Subalternbeamten in ihrer Thättgkeit als Gerichtsschreiber -ei d«n Sitzungen zu »ntlastsn« - (-) Berlin, 24. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin begaben sich heute Morgen um 8 Uhr nach Potsdam. Dort fuhr die Kaiserin sofort nach dem Neuen Palais, während der Kaiser im Langen Stall die Relrutcn der Leib- und 3., 6. und 10. Compagnie des 1. Garde- Regiments besichtigte. Anwesend waren hierbei Prinz Friedrich Leopold, die direkten Vorgesetzten des Regiments und einige fremdherrliche Officiere. Um 12 Uhr begab sich der Kaiser in das OssicierScasino des 1. Garde-Regiments, um daselbst daS Frühstück «inzunehmen und verließ uni 1 Uhr wieder Potsdam. (-) Berlin, 24. Januar. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „Der Prinz von Wales reist beute nach Deutschland, um den Kaiser namens des Königs von England am 27. Januar zu beglück wünschen. Wir würdigen die freundschaftliche Gesinnung, welche den König von England bestimmt hat, in diesem Jahre den Erben der britischen Krone zur Geburtstagsfeier des Kaisers nach Berlin zu entsenden. Wir hoffen, daß die Wünsche, die der erlauchte Prinz überbringt, wie die Ein drücke, die er bei uns empfängt, der Befestigung des wechsel- seiligen Wohlwollens förderlich sein werde. In dem Gaste des Kaisers achten wir zugleich den Vertreter einer alten, großen Nation, mit der uns gewichtige Interessen verbinden. Die Waffen deS politischen TageS- streiteS senken sich freiwillig vor dem britischen Königssohne, den wir auf deutschen Boden willkommen heißen. — Der „Nat.-Ztg." zufolge wird der Prinz am Dienstag, 28. dS., früh Berlin wieder verlassen und sich zunächst nach Strelitz begeben, um dem dortigen Hofe einen Besuch zu machen. Die Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz ist eine geborene Prinzessin von Großbritannien und Schwester deS Herzogs von Cambridge. Der Prinz wird daher auch nicht am 28. auf dem Balle in der großbritannischen Botschaft erscheinen, wie man angenommen hatte. v. Berlin, 24. Januar. (Privattelegramm.) Die „Berl. Börsen-Ztg." berichtet: Die Stellung des Staats sekretärs deS ReichSschayamteS Freiherrn von Thielmann gilt in wohlinsormirten Kreisen als erschüttert. Die Art und Weise, in welcher Herr von. Thielmann im Reichstage bei der Interpellation Oriola den Reichsboten Rede und Antwort stand, und die abfällige Beurtheilung, welche seine kühle Stellung bei allen Parteien „von Oertel bis Singer" fand, soll, wie eine Correspondenz wissen will, an maß gebender Stelle nicht unbeachtet geblieben sein. — Die Centrums-Jnterppllation, betr. Aushebung deS Jesuitengesetzes, wird, wie verlautet, vom Grafen Bülow persönlich eingehend im Reichstag beantwortet werden. (7) Elbing, 24. Januar. (Telegramm.) Der „Elbinger Zeitung" zufolge hat der Reichstags- und Landtagsabgeordnete für Elbing-Marienburg v. Puttkamer-Plauth krankheits halber seine parlamentarische Thätigkeit ausgegeben. ll. Hameln, 24. Januar. (P r iv al tel egra m m.) Dis „Deister- und Weser-Zeitung" meldet: Heule früh 8 Uhr ver starb wlif seinem Gute HaSbenbeck d«r frühere nationalliberale RcichstagSabgeor'vnete von Reden. S Köln, 24. Januar. (Telegramm.) Unter großem Andrange des PublicumS begann heute der Proceß gegen den Cbefredacteur der „Kölnischen Zeitung" Ernst Posse und den vr. meck. Schulze wegen Beleidigung der Ge- fängnißverwaltung. Den Vorsitz führt LandgerichtS- director Luyken, die Staatsanwaltschaft vertritt StaatS- anwaltschastsralh vr. Ulbricht, die Verteidigung der An geklagten führen die Rechtsanwälte Gummersbach und vr. Scheiff. »v. Weimar, 24. Januar. Dem weimarischen Landtag, der am nächsten DienStag seine Verhandlungen wieder auf nimmt, ist eine Vorlage, betr. den Verkauf deS Kammergutes Völkershausen an die Gemeinde Völkershausen, ferner eine Denkschrift über die großerzoglichen Kammergüter zugezangcn. (-) Breslau, 24. Januar. (Telegramm.) Der „Schle- sifchen Zeitung" zufolge hat der hier lebende Vater deS in China von Räubern schwer verwundeten Leutnants MutiuS aus Tientsin ein Telegramm erhalten, wonach in dem Be finden deS Verwundeten eine fortschreitende Besserung bemerkbar ist. D Stuttgart, 24. Januar. (Telegramm.) Die Kammer der Abgeordneten begann beute die Verband- lung über die Einheitsmarke. Es sprachen die beiden Referenten. Abg. Liescking (V.-P.) trat in zweistündiger Rede für den Antrag der Mehrheit der Commission ein, der dabin geht, die durch den Vertrag veranlaßten Abweichungen nicht zu beanstanden. Vicepräsident Kiene cmpsahl an politischen, staatsrechtlichen und finanziellen Gründen die Ab lehnung der Einheit-marke, da durch diese das württcm- bergische Reservatrecht gefährdet werde. Die Weitcrbcrathung wurde auf morgen vertagt. Oesterreich-Ungarn. Lo» von Rom-Bewegung. * Wie», 24. Januar. DaS „N. Wiener Journ." meldet al- unbedingt authentisch, der Wiener Fürst-Erzbischof Cardinal Gruscha habe vor Kurzem dem Kaiser Franz Josef eine Denk schrift überreicht, worin sich der Cardinal über die laue Haltung der österreichischen Regierung gegenüber der Los von Rom- Bewegung beklagt, und bei Fortdauer dieser Haltung eine schwere Schädigung de- Ansehen» der katholischen Kirche in Oesterreich kür unvermeidlich hält. Dle Denkschrift rufe angeficht» der großen drohenden Gefahr die Hilfe de- Kaiser- an. Wie daS ge nannt« Blatt weiter berichtet, habe, nach Berichten auS vatlcanischen Kreisen, der Kaiser diese Denkschrift huldvoll rntgeg«ng«nomm»n, aber ausdriicklich betont, daß er die bisherige Haltung des Ministeriums als durchaus correct bezeichnen muff»; der verfassungsmäßige Boden dürft nicht »«rlassen werden und nur bei offenkundigen Gesetzverletzungen sei die Regierung in dir Lag«, »Inzuschrriten; da« sei bisher immer geschehen und eine . veodnaug^w Hsltuug der Regierung sei datzes «nthunltch, (P»ssi
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