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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020128026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902012802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902012802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-28
- Monat1902-01
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Ben Viljoen war einer der Unversöhnlichsten unter den Boeren- führern. Als Roberts vor den Tboren Johannesburgs stand, war er eS, der gegen Louis Botha mit Hartnäckig keit die Sprengung der Goldminen und die Vertheidigung der Stadt bis zum Aeußersten forderte. Später hat er den Geländeabschnitt zwischen Pretoria und Middelburg zu seinem Operationsfelde erkoren und mit großer Energie und nicht ohne Erfolg den Kleinkrieg geführt. Wie es scheint, bestand zwischen ihm und Louis Botha auch später eine gewisse Gegnerschaft; man hörte wenigstens nie, daß er mit dem Generalcommandanten zusammen operirte, sondern fast stets führte er seine Husarenstreiche auf eigene Faust auS; auch an Botha'S letztem Vorstoß nach Natal scheint er nicht theilgenommcn zu haben. Eine der empfindlichsten Schlappen, die er den Engländern beigebracht hatte, war der Uebcrfall am Steenkoolspruit bei Wilmansrust am 12. Juni vorigen ZahreS, wo von 250 berittenen Victoria-Schützen nur 50 entkamen und 2 Pompoms den Boeren in die Hände sielen. Später war er Gegen stand der Operationen Sir Bindon BloodS in das nördliche Buschfeld; bei diesen kam er arg in die Klemme, wurde auS dem Sekukuni-Bezirk von den Eingeborenen unter schweren Verlusten zurückgeworfen, entkam aber schließlich unter Aufgabe der beiden PompomS nach BothaS Berg seinem Verfolger. Zn letzter Zeit scheint er dadurch, daß die Eng länder ihre Truppen von Lijdenburg wieder zurückgezogen haben, allzu unvorsichtig geworden zu sein: so ist er den Eng ländern ohne einen Schuß Pulver in die Hände gefallen. Man darf gespannt darauf sein, welche Behandlung er im englischen Lager finden wird. Neuerdings sind die Engländer nicht davor zurückgeschrcckt, selbst solche Boerensührer vor ein Kriegsgericht zu stellen, die das Gebiet der Capcolonie nie betreten haben; so ist erst jüngst der Commandant Liebenberg, der in Südwesttransvaal den Engländern viel zu schaffen gemacht hat, kriegSrcchtlich erschossen worden. * London, 27. Januar. (Oberhaus.) Wemyes bringt die bereits angekündigte Resolution ein, welche lautet: „ES ist nur durch eine kräftige Weiterführung des Krieges und durch eine Uebergabe der noch im Felde stehenden Guerilla-Boerentruppen möglich, daß ein befriedigender dauernder Friede gesichert werden kann. Das Haus billigt dies und unterstützt kräftig das Vorgehen der Regierung." Welby beantragt einen Unterantrag, wonach der letzte Satz der Resolution gestrichen werden soll. * London, 27. Januar. DaS Oberbaus lehnte nach mehr- stündiger Verathung den Unterantrag Welby's mit 60 gegen 16 Stimmen ab und nahm alsdann den Antrag Wemyes' an. politische Tagesschau. * Leipzig, 28. Januar. Zur Reichstage werden beute die Kosten der Debatte über Interpellation wegen des JrsuitengcsetzeS hauptsächlich vom Centxum und dem Reichskanzler getragen werden, denn der „Nat.-lib. Corr." zufolge werden sich die übrigen Par teien mit kurzen Erklärungen begnügen. Was die national liberale Fraction betrifft, so wird in ihrem Namen der Abg. Bassermann sprechen, in welchem Sinne, das geht aus folgender Auslassung der „N.-L. C." hervor: „Ein Theil der Nationalliberalen ist geneigt, für die Besei- tigung des 8 2 des Jesuitengesetzes zu stimmen, welcher besagt, daß Ordensmitglieder, wenn sie Ausländer sind und die verbotene Ordensthätigkeit onsübe», ausgewiescn, und daß in solch letzterem Falle Ju ländern Ausent- Haltsbeschränkungen auferlegt werden können. Für Aushebung dieses 8 2 hat sich s. Zt. bereits Rudolf v. Bennigsen aus gesprochen. Er und ein Theil der nationalliberalen Partei war und ist der Ansicht, daß man — im Vertrauen auf die Widerstands fähigkeit der Reichsregierung und in Anbetracht Lessen, daß die SonLergesetze noch in Kraft bleiben und daß gerade im Anschluß an 8 2 ciue sehr tendenziöse Polemik in unkundigen Kreisen geführt werden kann — aus 8 2 allenfalls zn verzichten vermöge. Es waren und sind Lies aber Zweckmäßigkeitsgründe, die an der Gemeinsamkeit der Grnndaufsassung der Fraction nichts ändern, daß eS bei der gemeinsamen Arbeit im Dienst religiöser Toleranz und der nationalen Aufgaben trennende Momente in consessioneller Hinsicht nicht geben darf." Wir bedauern sehr, daß ein Theil der Nationalliberalen immer noch zur Beseitigung des ß 2 dcS Zesuitengesetzes die Hand zu bieten geneigt ist, und zwar aus einer Vertrauens seligkeit, die wir für durchaus ungerechtfertigt halten. Gicbt eS keine Berechtigung mehr, ausländische Jesuiten, die im Reiche eine verbotene OrdenSthätigkeit ausübeu, auSzuwcisen und in ländische, die dasselbe thun, einer Aufenthaltsbeschränkung zu unterwerfen, was soll dann das Reich thun, um seinem Ver bote Achtung zu verschaffen? Und wenn die Einzelstaaten, um sich vor jesuitischer Ordensthätigkeit zu schützen, ihre Sondergesetze in Anwendung bringen, wird dann nicht der UltramontanismuS sofort in diesen Staaten Sturm gegen die betreffenden Gesetze laufen und Unterstützung finden bei Leuten, die meinen, was im Reiche recht ist, müsse in Len Einzelstaaten billig sein? Und wenn Graf Bülow als Reichskanzler sich dazu bringen läßt, iu die Aushebung des tz 2 zu willigen, woher soll man das Vertrauen nehmen, er werde als Ministerpräsident in Preußen „widerstandsfähig" genug sein, gegen ausländische und inländische Jesuiten, denen gegenüber das Reich die Mittel zur Verhütung verbotener Ordensthätigkeit aus der Hand gegeben, mit particuiarrechtlichen Mitteln kräftig ein zuschreiten? Wir haben ein solches Vertrauen nicht und begreifen nicht, wie man zu ihm kommen kann. Und gerade wenn die Nationalliberalen, die bisher die schärfsten Jesuiten gegner waren, das Zesuitengesetz abbröckeln helfen, liegt die Gefahr nahe, daß auch der Bundesrath, der auf die Unter stützung des CentrumS angewiesen ist, der Abbröckelung sich geneigt zeigt. Uebrigens hofft das Cenirum wahrscheinlich noch auf eine weitere Beschränkung dcS Gesetzes. AIS auf Betreiben der bayerischen Regierung der Bundes»ath erklärt hatte, daß die Redemptoristen seinerzeit zu Un recht unter die dem Jesuitenorden verwandten Congregationen gerechnet worden und demgemäß iu Deutschland wieder zuzulassen seien, machte das Centrum große Anstrengungen, auch noch andere Congregationen, insbesondere diejenige der Damen vom Heiligen Herzen, von dem Verbot befreit zu sehen. Fürst Hohenlohe gab, unmittelbar vor der Ent scheidung über das Bürgerliche Gesetzbuch vom Centrum dazu gezwungen, in dieser Beziehung eine Erklärung über noch schwebende Erwägungen ab, aus der taS Centrum die Hoffnung auf eine baldige Befriedigung seines Wunsches schöpfen zu können meinte. Seitdem bat aber von der Sache öffentlich nichts mehr verlautet. Wahrscheinlich hat eine genauere Prüfung der Verhältnisse ergeben, daß eine erheb liche Steigerung deS großen Einflusses, den die in Frankreich domicilirten ciames <Iu sacrö coour in den vornehmeren katholischen Kreisen Deutschlands ohnehin besitzen, gegenüber der Erhaltung des cousessionellen Friedens keineswegs eine so ungefährliche Sache sein würde, wie Herr Lieber in seinen Lobpreisungen auf die harmlosen edlen Frauen glauben machen wollte. Höchst wahrscheinlich hört man solche Lobpreisungen heute aufs Neue. Zn einer freisinnigen Posener Versammlung hat sich der freisinnige Landtagsabgeordnete Kindler gegen die Polen- politik der preußischen Regierung auf das Schreiben eines hohen VcxwnltungSbcanlte» in Posen berufen, in dem eS u. A. heißt: „Mit schwerer Sorge sehe ich auf die Behandlung der Polen, frage. Tie Polen werden immer fester zufammengehämmert und die Deutschen immer mehr gespalten, je mehr die Regierung Maß- regeln des Zornes und des bewußten Kampfes gegen das Polen- thum — anstatt gegen die politische Agitation der Polen — wählt. Warum kümmert man sich so sehr um die Polen! Warum stärkt nnd ermuthigt man nicht daS Deutschthuin und überläßt die Polen sich selbst?" lieber die sachliche Bedeutungslosigkeit dieser Einwendungen eines nationalpolitischen Manchestermannes soll hier kein Wort verloren werden. Daß aber ein „hoher Verwaltuugsbeamter" in Posen selbst derartige Auffassungen brieflich vertritt, ohne für die Geheimhaltung seiner Privalansichten genügend Sorge zu tragen, daraus ist mit einigen Worten einzugehen. Es bleibe dahingestellt, ob jener angebliche hohe Beamte die Veröffentlichung seiner Privatansichten direct oder indirect veranlaßt bat. Wäre dies derFall, sobälteersich eineS schweren Verstoßes gegen LieBe- amtendiöciplin schuldig gemacht. Denn die Unterstellung, daß die Regierung eine Politik des Zornes gegenüber den Polen be folge und daß sic nicht die politische Agitation der Polen/ sondern daö Polenthum bekämpfe, muß nothwendig Wasser auf die Mühle der polnischen Agitatoren leiten. Aber mag der angebliche hohe Verwaliungsbeamte der Veröffentlichung seines Briefes auch gänzlich fern stehen, so legt die Thalsache der Veröffentlichung der Regierung doch die Pflicht auf, unter dem Beamtenthum der Provinz Posen scharfe Musterung zu halten und diejenigen Be amten sobald als möglich zu versetzen, die eine energische Polenpolitik nicht mit ganzer Seele unterstützen. Nunmehr will auch Rumänien in öle Reihe derjenigen Staaten cintrctcn, welche eine s o e i a l p o l i t i s ch c Gesetzgebung haben. Soeben hat der Domänen- nnd Handelsministcr Missir den Kammern einen zunächst zwar nur die Handwerker berührenden, aber doch auch in verschiedenen seiner Einzelheiten sich auf alle indu striellen Arbeiter erstreckenden Gesetzentwurf cingebracht, der sich als ciu Mittelding zwischen der einschlägigen deutschen und österreichisch-ungarischen Gesetzgebung dar stellt. Da cs auch im Auslande interessircu dürfte, die Hauptzügc dieser Gesetzvorlage kennen zu lernen, so wollen wir dieselben im Nachstehenden kurz skizziren. Ein Jeder kann ein Gewerbe ausübcn, welches er will, nur muß er für den selbstständigen und berufSmäßigon Betrieb eines solchen den Befähigungsnachweis erbringen, wobei an die Erwerbung des Meistertitels gedacht wird. Fremde Handwerker dürfen nur dann ein Gewerbe in Rumänien selbstständig ausüben, wenn in ihrer Heimath den Rumänen die gleiche Berechtigung eingeräumt ist, was nachgcwiescu werden muß. 50 Gewerbetreibende eines Berufes köuucn die Bildung einer Innung be antragen. Die M a x i m a l a r b e i t s z e i t für Lehr linge und jugendliche Arbeiter bis zu 14 Jahren wird auf 10, für solche bis zu 10 Jahren auf 12 Stunden festgesetzt. Schiedsgerichte sollen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern schlichten. In den Vorstand von gewerblichen Corporationen, die auf Grund dieses Gesetzes errichtet werden, können zwar fremde Handwerker anch gewählt werden, jedoch nur dann, wenn ihre Arbciterzahl mindestens zu zwei Dritteln ans Rumänen besteht. Bei Submissionen werden bei sonst gleichem Angebot Rumänen bevorzugt. Die Innungen dürfen nicht auch zugleich Productiv genossenschaften sein. Der Gesetzentwurf sieht sodann noch Versicherungscassen für den Krank heit s - und Jnvaltditätsfall vor. Die Ergebnisse der Volkszählung in Algerien, die Ende Mürz 1901 veranstaltet wurde, sind soeben bekannt geworden. Danach zählt die Gesammtbevölkerung der sranzösischen Colonie 4 738 331 Personen, von denen 1 640 985 auf Algier, 1 106 354 auf Orau und 1 990 992 auf Constantine entfallen. Etwa der zwölfte Theil dieser Gc- sammtzahl, nämlich 421 389 Personen, sind französische Staatsbürger, 121 500 in Frankreich, 170 964 in Algerien geboren. Ferner wurden gezählt 71793 naturalisirtc Ausländer und 57 132 naturalisirtc oder von naturali- sirten Eltern geborene Israeliten. Weitaus den größten Theil der Bevölkerung bilden mit 4ll71835 Seelen die eingeboren-'". Araber, Kabylcn nnd Mzabiten. Enblixy leben in Algerien noch 246 107 nicht naturalisirtc Aus länder, nämlich 2394 Tunesier, 23 872 Marokkaner, 155 519 Spanier, 38 791 Italiener und 25 881 Angehörige anderer Nationen. Vergleicht man den gegenwärtigen Stand der Bevölkerung mit den Ergebnissen der ersten, im Jahre 1856 vorgcnommenen Volkszählung, so ergiebt sich eine sehr starke Vermehrung sowohl des eingeborenen als des ausländischen Elementes. Im Jahre 1856 gab cs in Algerien 92 750 Franzosen, 21 048 Israeliten, 2 307 349 Eingeborene und 74 920 Ausländer. Die Zahl der ein heimischen Kabylen, Araber u. s. w. hat sich also nahezu verdoppelt, die der Ausländer mehr als verdreifacht. Da gegen ist die Zahl der geborenen Franzosen ziemlich con stank geblieben; ihre Zu nahme innerhalb 45 Jahren beziffert sich auf noch nicht 30000 Köpfe. Demgemäß ist auch unter den Colonisten das fremdländische Element stärker vertreten als das französische; während bei der Zählung von 1856, abgesehen von den Israeliten, etwa 18000 Fran zosen mehr als Ausländer gezählt wurden, stehen nach den Ergebnissen der vorjährigen Zählung 292 464 Colonisten französischer Abstammung, gleichfalls ohne die Israeliten, 318 900 theils natnralisirte, thcils nicht naturalisirtc Aus länder gegenüber. Feuilleton. Rittmeister Eckhoff. Roman von A. von Trystedt. Nachdruck verbeten. Bereitwillig führte ec sie aus der Reihe der Tanzenden fort. „Gestatten Sie, daß ich bei Ihnen bleibe, gnädiges Fräulein, ich möchte nicht, daß ein Anderer statt meiner den Platz an Ihrer Seite einnimmt. Zudem dürfte das Vergnügen deS Tanzes sich seinem Ende nähern, damit den jungen Damen vor der Heimfahrt Zeit zur Erholung bleibt." Eva nickte. „Schade, daß die schönen Stunden so schnell verflogen sind —" Paul lastete verstohlen nach Eva's kleiner Hand. „Darf ich annehmen, liebes Fräulein Eva, daß meine Gegenwart ein ganz klein wenig zur Erhöhung Ihres Vergnügens beigetragen hat?" fragte er zaghaft. Sie nickte nur, die Augen wagte sie nicht zu heben, aus Furcht, all' die heimliche, bisher ungeahnte Seligkeit zu ver- rathen, die ihre Seele berauschte. Weber zögerte noch einen Moment, dann vergaß er die Umgebung und bedachte nicht, daß der mit Gästen angefüllte Saal eines kleinen Restaurants nicht gerade der geeignete Ort für eine Liebeserklärung ist. „Fräulein Eva", flüsterte er ungestüm, „glauben Sie an eine Liebe auf den ersten Blick, an das kühne Wort des Dichters, daß die Liebe gleich heiligem Götterstrahl die Herzen trifft und zündet?" Und ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: „Ich habe die Wahrheit dieses Ausspruches in vollstem, be glückendem Umfange an mir erfahren muffen. Nur Ihr Bild sah ich bei meinen Verwandten, theure Eva, aber diese süßen Kinderaugen, Dein holdes Gesichtchen gaben mich nicht wieder frei. Immer mußte ich an Dich denken, Du fesseltest, ohne daß ich viel von Deiner Person wußte, all' meine Sinne, Deinetwegen trieb es mich, nicht eher zu rasten, als bis ich absolute Selbstständigkeit erlangt hatte! .... Es zwang mich. Dir etwas Besseres zu bieten, als das Leben an der Seite eines Technikers, der jeden Tag seiner Stelle verlustig gehen kann! Und endlich bin ich am Ziel, nach monatelangem, vergeblichem Bemühen — darf ich weiter sprechen, liebe, holde Eva, darf ich hoffen, daß meine Lebensverhältnisse, mein Geschick nicht ohne Interesse für Sie ist?" Ihre schimmernden Augen gaben eine recht beredte, ihn mit Jubel erfüllende Antwort. Er zog die kleine Hand, die sich ihm so willig anschmiegte, näher zu sich heran. „Es steht mir jetzt ein beträchtliches Capital zur Verfügung, ourch das ich absolute Selbstständigkeit erlange", fuhr Paul eifrig fort, „schwer genug ist es mir geworden, dieses Geld in meinen Besitz zu bringen, aber dadurch, daß ein Freund von mir, Inhaber eines blühenden Geschäftes, für mich bürgte, erzielte ich endlich den gewünschten Erfolg. Ich werde nun das bekannte Strombach'sche technische Bureau hier in L. ankaufen, und damit ist, nach menschlicher Voraussicht, uns eine, wenn auch nicht glänzende, so doch vornehme und absolut sorgenfreie Zukunft gesichert. Das Geschäft wird schon in den allernächsten Tagen perfect werden. Darf ich morgen zu Deinen Eltern kommen, Herzensliebling, ihnen meine Wünsche offenbaren, und Deinen lieben Vater, welcher ja gleichfalls Ingenieur ist, um seinen un schätzbaren Rath und Beistand in der Verkaufsangelegenheit bitten? Die Summe von 30 000 Mark ist disponibel. Ich bin also nicht so ganz der Herr von Habenichts, dm ich noch vor Kurzem repräsentirte, und als der ich es natürlich nicht gewagt hätte, um diese kostbare, kleine Hand zu werben." Eva lauschte mit verhaltenem Athcm. Ein Wogen und Wallen von betäubendem Glücksgefühl und süßer Lebenslust war in ihrem Innern. Eine ehrliche, zielbewußte Liebe tönte ihr aus Weber's Worten entgegen, ein vertieftes, inniges Empfinden, dos stür mischen Widerhall in ihrer eigenen Brust fand. Und von all dieser Seligkeit fast erstickt, ein seltsames, unnennbares Angst gefühl, eine peinigende Unruhe, deren Ursache das verwirrte Kind vorerst vergeblich nachspürte. Paul hatte sich durch blitzschnelles Umschauen vergewissert, daß man taktvoll genug war, das junge Paar sich selbst zu über lassen. Man umging und umtanzte sie in weitem Bogen. Zuckte hier und dort ein Blick lächelnden Einverständnisses herüber, so war der junge Mann klug genug, freundlich dankend zu qinttiren. Er besaß überhaupt die köstliche Eigenschaft, sich die Herzen im Fluge zu gewinnen, und das Glück »vor ihm Immer günstig gewffen. Als das junge Mädchen noch immer selbstvergessen, und ver geblich nach Klarheit ringens, schwieg, wagte er cs, verstohlen den Arm um ihre Hüfte zu legen. „Eoa, Du süßes, geliebtes Kind, willst Du meine Braut sein, willst Du es versuchen, mich ein wenig lieb zu haben?" Da lehnte sie stumm, hingebungsvoll ihr blondes Köpfchen gegen seine Schulter, einen flüchtigen Moment nur, aber er ge nügte, um Paul vollständig zu befriedigen. „Nun bist Du mein, Du holde Lilie", flüsterte er, stürmische Seligkeit durch Ton und Blick verrathend, „meine heißgeliebte Braut, meine zarte Rose, die ich hegen und pflegen werde als mein köstliches Gut! Hätte ich Dein liebes Birv nicht gesehen, so wäre ich nach wie vor in meiner abhängigen Stellung ge blieben, allem Streben fern, die Liebe aber har meinen Ehrgeiz geweckt, und wo ein fester Wille, da ist auch schon der Weg zur Ausführung desselben uns gewiesen! Bald werde ich meine eigenen Ideen bethätigen, mein nicht unbedeutendes Talent ent falten können, und diese glückliche Wendung in meinem Dasein dank ich Dir, Dir allein, Du bist mein guter Engel!" „Ich wäre auch mit einem schlichten Leben zufrieden ge wesen", flüsterte das junge Mädchen in ihrer sanften, träume rischen Art, „freilich, wenn Du von so hohem Streben bewegt wirst, soll mich das nur noch glücklicher machen, und wenn die Liebe zu kühnem Gedankenflug begeistert, so wkrst Du immer erreichen, mein Paul, wonach Du strebst, denn ich — ich habe Dich grenzenlos lieb!" Es war ihr nicht einmal zum Bewußtsein gekommen, daß sie ihn mit dem traulichen Du beglückte. Wie sie dort neben ihm saß, mit dem bräutlich verklärten Gesichtchen, dem sinnigen Lächeln um tffc keuschen Lippen, da erschien sie allerdings wie ein überirdisches Wesen, das göttliche Flammen in armen Sterb lichen entfacht, und diese zu höchsten irdischen Ehren empor geleitet. „Mein süßer Engel, wie danke ich Dir", raunte Weher zärt lich, tiefathmend, wie von einem Alp befreit, „wenn Du ahntest, wie hoffnungslos ich war, mit wie zagendem Herzen ich stets an Dich dachte —" „Ach, Paul! Deine Tante muß Dir etwas angemerkt haben. Vor längerer Zeit übergab sie mir scherzend Dein Bild, und seitdem —" „Eoa, Herzensschatz, denke, ich kniete jetzt zu Deinen Füßen und vollende, sprich aus, was Du sagen wolltest, Du machst mich überselig dadurch!" „Seitdem trennte ich mich nicht wieder davon", flüsterte Eoa verschämt, „alle Abende sagte ich Dir Gute Nacht, und des Morgens, ehe ich aus meinem Zimwer ging, sprach ich mit Dir, Tag um Tag! Ehe ich auch nur das Geringste von Deiner Person wußte, warst Du mir so lieb vertraut geworden, Ivie ein treuer Freund." „Also auch Du, süßes Lieb", sagte er mit flammenden Augen, „auch Du gehörst mir mit Deinem innersten Herzen an. Und doch glaubte ich vor wenigen Minuten zu bemerken, daß ein Zwiespalt Dich quäle. Was beunruhigt Dich, mein Mädchen? Bitte, lasse nichts Ungesprochenes zwischen uns sein!" Das junge Mädchen schauerte sichtlich zusammen, ein Zittern schien sie zu befallen. Erschreckt wich sie dem forschenden Blicke des Geliebten aus, denn seine directe Frage erst ließ sie klar erkennen, was vorher so dunkel und geheimnihooll in ihrer Brust rang. Jetzt wollte sie lächeln über ihre thörichte Furcht und die aufdringliche Wahn Vorstellung, die sich ihr aufgedrängt. Sie konnte cs nicht. Eine Warnung wollte sich über ihre Lippen drängen, Worte, die den eigenen Vater herabsetzen und den Geliebten mit Unruhe und Zweifeln erfüllen muhten. „Verrathe meinem Vater nicht, daß Du im Besitze eines disponiblen Capital» bist", wollte sie sagen, aber sie brachte die Mahnung nicht über die Lippen. Nein, sie war außer Stande, sich und dem Vater, welchem sie doch in schwärmerischer Kindesliebe anhing) diese Dc- müthigung zu bereiten. Vielleicht auch war ihre Furcht über trieben — es wäre ja doch ungeheuerlich, unverantwortlich, wenn das, wovor sie zitterte, wirklich eintreffen sollt«! Freilich war ihr bekannt, daß die Mutter jene Summe sorg fältig vor dem Vater verbergen mußte. Mochten es nun größere oder kleinere Beträge sein, die für Garderobe und unvorher gesehene Ausgaben zurückgelegt wurden, erhielt der Papa nur die leiseste Ahnung davon, so wußte er das Geld auch in seinen Besitz zu bringen, und es ward auf eine höchst überflüssige Weise verthan. Dieser Akann, welcher in so wohlgeordneten Verhältnissen dahinlebte, besaß alle gefährlichen Talente und Eigenschaften eines Gauners, und nur der bewundernswerthen Klugheit und nie versiegenden, ihn stets von Neuem verpflichtenden Herzensgute seiner Gattin hatte er es zu danken, wenn er bisher vor Hand lungen zurückschreckte, vie ihn mit dem Strafgesetz in Konflikt bringen mußten. So weit gingen natürlich Eoa's Gedanken nicht. Aber die Furcht hatte doch ihren glühenden Stachel in ihr junges, hilf loses Herz gesenkt, und da sie entschlossen war, den Vater zu schonen, so entgegnete sie endlich leise und zagend: „Es ist wegen des fremden Geldes, Paul. Beunruhigt eS Dich nicht, Jemandem so weitgehend verpflichtet zu sein? Be denke doch nur, welch' ein Risiko für Dich und Deinen Freund, der für Dich bürgte —" Paul schüttelte mit einem überlegenden Lächeln den Kopf. „Es 'wird besser sein, ich spreche meinem Lieb in Zukunft nicht wieder von gesckäftlichen Dingen! Deiner Auffassung nach dürfte man zur Gründung einer Existenz nur die eigenen Baarmittel benützen. Bedenke nur daS Thörichte einer solchen Auffassung,
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