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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.02.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020204020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902020402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902020402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme LS H (excl. Porto). Ertra - Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesördrrung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Dienstag den 4. Februar 1902. 86. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Die Friedenshosfnnngen. Der Erste Lord des Schatzes, Balfour, theiltc in der gestrigen Unterhaussitzung mit, er hoffe, daß die Schriftstücke, betreffend die Mittheilung der holländischen Negierung, morgen Abend ver öffentlicht werden würden. Aus dem Haag wird uns depeschirt, dast der britische Gesandte Howard mit dem Minister des Arabern van Lunden und dem Ministerpräsidenten Kuypc'r in der Wohnung des Letzteren gestern eine Besprechung hatte. Für die unnachgiebige Haltung der britischen Reglern na scheint die Rede zu sprechen, welche der Kanzler des Herzogthums Lancaster, Lord James, vor der Handelskammer von Sheffield Freitag Abend wenige Stunden nach dem Ministerrath gehalten hat. Der Minister erklärte, Friedensanträgc müßten ohne Einmischung von außerhalb gestellt werden und müßten von Denen kommen, die gekämpft haben. „Daily News" folgert, daß die Negierung entschlossen sei, den Kampf fortzusetzen, bis die Boeren um Frieden bitten. Pferde kaufe; Verlustliste. * London, 3. Februar. Unterhaus. (Schluß.) Bei Be- rathnng über den Nachtragsetat für das Heer erklärt Kriegsminister Brodrick, daß infolge der in der Berathung am letzten Freitag gemachten Mittheilungen, betr. den Kauf von ungarischen Pferden und das Vorgehen des Remontedepartements, General Trueman, der General-Jnspectenr der Remonten, verlangt habe, das Vorgehen des Departements einer Untersuchung zu unterwerfen. Die Regierung habe eingewilligt, daß eine Untersuchung ein geleitet werde. Brodrick bemerkt, die ungarischen Pserde hätten gute Dienste in Südafrika geleistet. Nach längerer Debatte, in welcher das Vorgehen des Kriegsamts von Liberalen und einigen conscr- vativen Rednern scharf getadelt wurde, nahm das.Haus den Nachtragsetat für die Armee mit 226 gegen 64 St im men an. * London, 3. Februar. Die heute veröffentlichte amtliche Verlustliste meldet, daß bei einem am 3l. Januar bei Burgherr- dorp erfolgten Zusammenstoß von Panzerzügen 5 Soldaten getödtet und 5 verwundet worden sind. politische Tagesschau. * Leipzig, 4. Februar. »Fortsetzung der zweiten Berathung des Etats deS NeichSamls des Innern", so lautet auch für heute die Tagesordnung deS Reichstags, denn auch gestern ist diese Berathung nicht zu Ende geführt worden. Das kann man dem hohen Hause nicht gerade verdenken, denn das Capilel „Gesundheitsamt" gab Anlaß, eine ganze Reihe von Wünschen und Beschwerden anzudringen, an denen jeder Deutsche lebendigen Antbeil nehmen muß. Und wenn auch ein großer Theil dieser Wünsche nicht von Neichswcgen der Erfüllung näher gebracht und ein nicht minder großerTbeil der Beschwerden nicht unmittelbar durch das Reich beschwichtigt werden kann, so wurde doch durch das Besprechen dieser Angelegenheiten das Augenmerk der oder einiger Einzelstaaten und Eommunen auf wunde Puncte gelenkt und dem Staatssekretär Grafen Posadowsky Anlaß geboten, eine Anregung bei den be treffenden Einzelstaaten in Aussicht zu stellen. Noch besser hätte man freilich gethan, eingehender die Frage zu besprechen, ob nicht dem ReichsgesundheilSamte ein größerer Einflußkreis gegeben werden könnte und sollte. Dieses Amt, so segensreich es auch wirkt, gleicht dock in mancher Hinsicht gai zu sehr dem Reichs- eisenbahnamte, das gerade da, wo man seinen Einfluß spüren möchte, nichts zu sagen hat. Auch etwas Anderes vermissen wir in der gestrigen Debatte. Es wurde zwar von dem „Grsundbeten" oder der „christlichen Wissenschaft", wie diese neueste, aus Amerika importirte Speculation auf das „mystische Bedüifniß" sich in ihren Reklamen nennt, mancherlei gesprochen, aber, wie uns scheinen will, nicht daS Rechte. Der Abg. Stöcker führte ;war aus, bei dem sog. „Gesundbeten" könne weder vom Cbristenihum, noch vom Beten die Rede sein, aber wovon eigentlich die Rede sein und von welcher Seite auf Grund der bestehenden Gesetze dagegen eingeschritten werden könnte und sollte, sagte er ebensowenig, wie der Abg. Dr. Müller- Sagan, der ein solches Einschreiten verlangte. Wenn man nur etwas schärfer den Gottesbegnff betrachlet, von dem die „Gesundbeter" auSgehen und den sie ihren Kunden beibringen, so muß man ihn als einen der lästerlichsten erkennen, die man sich überhaupt denken kann. Die Rolle, die von diesen „Betern" dem Höchsten zuertbeilt wird, ist eine jeden Ebristenmenschen empörende. Nicht nur die geistlichen Be hörden bällen also Anlaß, gegen den neuen Unfug entschieden aufzutreten, sondern auch die Staatsanwälte, von denen wohl jeder einen Fall kennt, in dem ein mit heißem Mühen nach dem höchsten und reinsten Gotlesbegriffe ringender Mensch wegen einer unvorsichtigen, von den sanctionirtcn Lehrmei nungen abweichenden Aeußeruug als Gotteslästerer vcrurtheilt wurde. Man hätte also gestern dem Grafen Posadowsky rathen sollen, privatim, da er es officiell nicht kann, seinen preußischen College» im Ministerium des Innern zu einer Hinlenkung der Aufmerksamkeit der Staatsanwälte auf daS Treiben der „Gesundbeter" und ähnlicher Leute zu veranlassen. Lurch einen solchen Rath hätte sich unseres Erachtens der Reichstag ein größeres Berdieust erworben, als durch die Annahme des Antrags Lenzmann, bei der Aufnahme von Geisteskranken in Irrenanstalten Laiencommissionen zu zuziehen. Daö Bild, das die Verhandlungen der Zolltarif commission bieten, erscheint nicht eben erfreulich. Mehr fach haben die Vertreter der verbündeten Negierungen sich genöthigt gesehen, entschieden Front gegen das Gros der schittzzollnerischen Mitglieder der Commission zu machen und gegen sie Unterstützung bei den Gegnern der Vorlage zu suchen. Daß diese Mehrheit unter sich keineswegs einig ist, erscheint schon nichts weniger als günstig für den Ver lauf der Verhandlungen. Ungleich bedenklicher aber er scheint cs, wenn zwischen den Vertretern des Bundes raths, der doch mit seiner Vorlage den Wünschen der Landwirthschaft soweit entgegen gekommen ist, wie dies die Rücksicht ans die Lebensbedingungen der anderen großen Erwerbszweige nur irgend gestatten, und der grundsätzlich auf dem Boden dieser Vorlage stehenden Mehrheit ein scharfer Gegensatz sich hcrausbildet, wie z. B? in der Frage der U r s p r u n g s z e n g n i s s e. Es mag sein, daß diese Mehrheit von der Absicht geleitet wird, durch Aenderung von für den deutschen Außenhandel un bedingt nothwendigen Bestimmungen des Zolltarifgesetzes Compensationsobjecte für die von ihr erstrebte Erhöhung der Minimalzölle für Getreide zu erhalten. Aber eine solche Taktik würde keine Aussicht auf Erfolg bieten. Denn die unüberschreitbare Grenze für die Höhe der Ge- trcidezölle ist durch die Rücksicht auf den Abschluß neuer Handelsverträge gezogen. Die verbündeten Negierungen dürfen sich nicht zur Annahme von Beschlüssen bereit finden lassen, die nach ihrer Ueberzeugung ein Hindcrniß für das Zustandekommen solcher Verträge bilden würden. Daran ist absolut nicht zu rütteln. Durch die Umgestaltung des Zolltarifgesetzes in einer Weise, welche einen entschiedenen Widerspruch der Negie rung hervorruft, wird daran nicht das Mindeste geändert, vielmehr nur das Zustandekommen der Tarifvorlage wesentlich erschwert. Wenn so in Bezug auf die Höhe der Gctreidezölle nichts erreicht wird, so macht man mit einer solchen Taktik bei der Zolltarifvorlage offenbar die Ge schäfte der Gegner. Deren Presse läßt keinen Zweifel darüber, daß sie unter diesen Verhältnissen sich Erfolg von ihren Bestrebungen, das Zustandekommen der Vor lage zu verhindern, versprechen. Ihre Schlußfolgerungen find auch nicht ohne Weiteres von -er Hand zu weisen. Die unerläßliche Voraussetzung für die Ueberwindnng des frcihändlcrischeu Widerstandes ist der feste Zusammen^ schloß der starken schutzzöllnerischen Mehrheit nicht nur unter sich, sondern auch mit der Negierung. Wären die Vorgänge in der Zolltarifcommission in der That Symp tome des Gegenthcils, so würden für die Anhänger der Zolltarifvorlage die Aussichten schlecht sein, und es liegt in dem dringendsten Interesse derselben, zu verhüten, daß diese Auffassung der Vorgänge zur Wahrheit wird. Man würde cs draußen nicht verstehen, wenn diese Mehrheit durch eine verfehlte Taktik zum Zwecke der Verwirklichung thatsächlich unerfüllbarer Wünsche das Scheitern der Vor lage herbeiführte und damit die Verstärkung des Zoll schutzes für Landwirthschaft und Industrie verhinderte. Soll Unheil vcrhiitet werden, so ist es die höchste Zeit, in der Mehrheit der Zolltarifcommission auf den richtigen Weg fester Einigkeit nnter sich und mit der Regierung zu rückzukehren. Die Behauptung des Centrumsmitglieds vr. Spahn in einer de» letzten Sitzungen des deutschen Reichs tages, „Preußen solle sich bei der Königin von Holland bemüht haben, die Jesuiten in ihrem Lande nicht zu zulassen, sei aber abschlägig beschieden worden", hat, wie dem „Schwäb. Mercur" aus Amsterdam geschrieben wird, in Holland ihrer Ungeheuerlichkeit wegen in allen, selbst ultramontanen Kreisen, Heiterkeit erregt, denn einmal wäre die Königin gar nicht die richtige Adresse, an die sich Preußen zu wenden hätte, wenn cs ein solches An sinnen stellen würde, da dasOberhaupt eines Verfassungs staates bekanntlich nicht die Macht hat, die verfassungs mäßigen und gesetzlichen Bestimmungen kurzweg umzu- stoken. Nach diesen kann jeder Fremde, der die öffent liche Ordnung nnd Sicherheit nicht gefährdet, die nvthigcn ^.uvchtenzmtttel besitzt nnd keinen Anlaß zu internatio nalen Verwickelungen giebt, sich unbehelligt in den Niederlanden aufhalten. Ferner haben sich während der vier Jahre, in denen Königin Wilhelmina die Negierung führt, weder aus Deutschland, noch aus einem anderen Lande (Frankreich vielleicht in den letzten Monaten ab gerechnet) Jesuiten in den Niederlanden niedergelassen, so daß also auch hier der Abgeordnete Spahn dem Reichs tag ein Märchen ausgetischt hat. Es könnte allein die Zeit in Betracht kommen, in der das Jesnitengesetz vom Reichstag angenommen wurde, aber damals regierte noch König Wilhelm III. und stand Bismarck an der Spitze des deutschen Reiches, der es sicher unterlassen hat, bei der Regierung eines fremden Staates eine Forderung an hängig zu machen, die diese auch beim besten Willen nicht hätte erfüllen können. Thatsache ist allerdings, daß die da mals üveir die holländische Grenze gekommenen deutschen Jesuiten ebenso wie andere Geistliche von der Negierung auf das Fremdengesetz aufmerksam gemacht worden sind, nach welchem der Fremde, der durch sein Auftreten Anlaß zu internationalen Verwickelungen geben kann, über die Grenze gebracht werden muß. Aus den Berichten der französischen Budgetcoinmissiou über die Nachtragscredite zum Staatshaushalt des Jahres 1901 ergiebt sich die genaue K o st e n r e ch n u n g der letzten Anwesenheit des russischen Kaiser paares in Frankreich. Die Neueinrichtung -es Schlosses in Compiögnc erforderte 558 900 Francs. Das Mini sterium des Aenßcrn bestritt mit iusgesammt 603 000 Frcs. die Schmückung der Handelskammer in Dünkirchen, die Pflanzendecorativnen und Beleuchtung in Compiögne, sämmtliche Essen und Bankette in Dünkirchen und Cvm- pugnc, die Festvorstellung in Compiegne, sowie alle Aus gaben für Orden, Geschenke und Trinkgelder. Das Ar beitsministerium gab für Sonderzüge und Herstellung be sonderer Gleise in Dünkirchen und auf dem Paradefeld von Bctheny 180 700 Frcs. aus. Der Minister des In nern müße 96 500 Frcs. flüssig machen für den nöthigen Polizeidienst. Die besonderen Post- und Telegraphen einrichtungen erforderten 51 400 Frcs. Ein besonderer Eredit von 1332 600 Frcs. wurde dem Kriegsminister für die Dislocation von Truppen zum Sicherheitsdienst und für die große Parade von Betheny eröffnet. Mit Zurech nung aller kleineren Ausgaben beziffert sich der Gesammt- auswand des Staates für den viertägigen Aufenthalt des Zareupaares auf 2 862 000 Frcs. Rechnet man die Aus gaben der Stadtverwaltungen von Dünkirchen, Com- pidgnc und Reims hinzu, sowie die besonderen Reisekosten des Präsidenten der Republik, so dürften sich die Gesammt- ausgaben auf 1 Million täglich beziffern. Deutsches Reich. -F- Leipzig, 4. Februar. Herr KammergericbtSratb Richter in Berlin wurde vom 15. Februar dieses Jahres ab zum ReichsgerichtSrath ernannt. Der Neuernannte wurde 1875 als GerichtSassefsor vereidigt, war 1876 Kreis- rickter in Labiau, 1877 in Memel, wo 1879 seine Ernennung zum Amtsrichter, 1884 zum Landrichter erfolgte. Im Jahre 1887 in gleichem Amte nach Berlin versetzt, wurde er dort 1889 LandgericktSrath und 1892 KammergericbtSratb. */. Leipzig, 4. Februar. DaS sächsische Ministerium des CultuS und öffentlichen Unterrichts bat eine Reclamation gegen die Heranziehung zu den katholischen Kirchen anlagen auf daS laufende Jahr als unbegründet ver worfen, da der Rcclamant, wenn er auch excom municirt sein sollte, doch so lauge als Katholik anzuseben sei, al« er nicht seinen, auf dem durch das Mandat vom 20. Februar 1827 vorgescbriebenen Wege erfolgten Aus tritt aus der katholischen Kirche nachgewiesen habe. Feirrlletsn. Mttmcifter Eckhoff. Roman von A. von Trystedk. Nachtnick vcrkotm. Eigentlich waren eS ja harmlose Genüsse gewesen, die er sich für Franke'ö Geld verschaffte. Er hatte immer zahl lose Wünsche auf dem Herzen und spielte obencin gern den Großen. Eine ganze Tafelrunde sich im Casino auf seine Kosten amüsiren zu sehen, sie zu bcwirtyen mit edlem Gerstensafte und Delikatessen, das war seine Force! Oder auch ein paar Tage nach -er Residenz zu fahren nnd dort den splendiden Provinzler herauszukehrcn, bereitete ihm die angenehmste Befriedigung. Auch für antike Kleinig keiten gab er gern Geld aus, ohne jedoch ein rechter Kenner zu sein. Oft genug hatte man ihm gänzlich werthlose Dinge für einen theuren Preis anfgeschwatzt, und wenn er endlich den Betrug erkannte, so war er doch viel zu recht haberisch, um das einzugestehen. Auf diese Weise war das Geld davongcflogeu, es reichte niemals aus. Er hätte ein Dutzend solcher heimlich und discret helfenden Freunde gebrauchen können, und wäre dann doch wohl noch in Verlegenheit gerathen! Wozu auch den Kopf darüber zerbrechen, wo all' die namhaften Summen eigentlichen geblieben waren! Sie waren fort und sollten nun mit einem Male hcrbeigeschafft werden, daran ließ sich nichts ändern! Und wenn er bis zum nächsten Mittag die Wechsel nicht einlöstc, dann kam es zum Protest. Dann erfuhr alle Welt die Geschichte, nnd vielleicht auch der junge Aristokrat, welchen Malchow als Stephanie's Gatten ausersehen hatte. Dieser konnte sich möglicher Weise zurückziehen, die schöne Erbin allgemeinem Spotte prcisgcbcn, dann war Stephanie s Zukunft vernichtet, ach, die der ganzen Fa milie! Was sollte dann nur werden! „Freilich", tröstete er sich wieder, „wer läßt denn wohl eine Millionenerbschaft im Stich? Aber dunkle, gcheimnißvolle Ahnungen quälten ihn doch, und Staub genug mußte die Geschichte ja auch aufwirbcln! AIS er sich in einem kleinen Nebenraume des eleganten, nach großstädtischem Muster eingerichteten Casino- rrstaurants an einem leeren Tische niederlieb, hatte er alle Hoffnung verloren. „Mag der Himmel wissen, wie die fatale Geschichte endet", dachte er, „vielleicht muß ich doch zur Pistole meine Zuflucht nehmen! Aber nein, das ist ja unmöglich! Wie habe ich mich auf diese Erbschaft gefreut, wie lange ver geblich darauf gehofft! Und nun sie uns endlich zufällt, sollte ich mir Todtenkränze davon winden lassen?" — Er schüttelte sich vor Grauen. „Solchen albernen Gedanken muß man nicht einmal Raum geben! .... Du grund gütige Vorsehung, hilf mir nur dies eine einzige Mal noch!" Der Kellner, welcher Döring's Gewohnheiten kannte, brachte mit devotem Gruße das schäumende Bier in dem «tammseidcl herbei und stellte cs mit einigen freundlichen Worten auf den Tisch. Dann begab sich der Dienstbeflissene in eins der an deren Zimmer nnd flüsterte einem jungen Mann, welcher gleichfalls allein vor seinem Glase saß, zu: „Wenn Sie Herrn Döring sprechen wollen, so bietet sich Ihnen die beste Gelegenheit, er hat drüben ganz allein in der kleinen Stube Platz genommen. Freilich scheint er nicht gut aufgelegt zu sein, und wenn Sic ein Anliegen haben, so warten Sie lieber bis morgen damit!" Der junge Herr, cs war Paul Weber, dankte durch eine Kopfbewegung, trank langsam ans und erhob sich dann. Ein Wanken und Erwägen gab es für ihn nicht. Es lag nicht in seiner Art, sich mit einer Bürde lange herum zu schleppen, und seine Angelegenheit, die Bitte nm Eva s Hand, lag ihm viel zn schwer auf dem Herzen, als daß er die Erledigung auch nur eine Stunde hätte hinaus schieben mögen. Wenige Minuten später stand er Döring gegenüber und stellte sich mit jener liebenswürdigen Form vor, die uns einen gebildeten und selbstbewußten Menschen ver- räth. „Es wurde mir heute die Ehre zu Theil, Herr Döring, Ihrem jüngsten Fräulein Tochter Ritterdienste erweisen zu dürfen. Gestatten Sic mir die Frage, wie vcm gnädigen Fräulein die Partie bekommen ist?" „Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Weber", sagte Döring zerstreut, „Eva, denke ich, wird längst schlafen, wenigstens pflegt sic sich durch nichts in ihrer Ruhe stören zu lassen." Er dachte bei diesen Worten an die Aufregung seiner Gattin und der ältesten Tochter. Er wußte nicht einmal, ob Stephanie eben noch bei den Döring's gewesen war Die Gesellschaft deS jungen Mannes war ihm nicht unangenehm. Er hatte es schon bereut, sich so abge sondert zu haben. Was half alles Grübeln! Geändert wurde nichts dadurch! Er hatte sich ja so oft schon in dringlicher Verlegenheit befunden und war im letzten Moment auf irgend eine unvorhergesehene Weise daraus befreit worden. Vielleicht kam ihm auch diesmal ein glücklicher Zufall zu Hilfe . . .! Aber zu dem gewohnten, zuversichtlichen Lächeln konnte er sich doch nicht auf schwingen. Hier falschen, trügerischen Hoffnungen Raum zu geben, wäre vermessen gewesen! Mochte das Unwetter denn morgen hereinbrechen! Ein Thor, wer den Augen blick nicht nützt! Die frisch gefüllten Pocale stießen zusammen. Döring leerte den seinigcn bis auf die Neige, dann lehnte er sich behaglich zurück. „Also, Sie sind gleichfalls Ingenieur, Herr Weber, und noch dazu augestellt bei der Wettfirma Siemens? Ei, da müssen Sie ja trotz Ihrer Jugend bereits recht Tüch tiges geleistet haben, denn es ist mir bekannt, daß man nur erste Kräfte dort beschäftigt!" Paul nickte. „Ich besaß so gar keine Protection. Man beneidete mich oft um das „Glück", das mich so schnell und leicht erreichen ließ, wonach tausend Andere vielleicht Jahrzehnte hindurch vergeblich streben; Sie dürfen aber versichert sein, Herr Döring, daß ich nur durch mein Talent, meinen Fleiß und meine Gewissenhaftigkeit den Erfolg errang. Ich bin der festen Ansicht, daß ein Jeder seines Glückes eigener Schmied ist, und wer nicht vor wärts kommt im Leben, da sind unbedingt die Ursachen bei den sogenannten „Enterbten" selbst zu suchen. An irgend Etwas mangclt's dann immer Entweder an -er nothwendigen Ausdauer, dem rastlosen Fleiß, dem Kön nen überhaupt oder an Selbstbewußtsein, das gleichfalls vorhanden sein muß, damit man auch einen vertrauen erweckenden Eindruck macht." „Ja, wo finden Sie denn auch das Alles beisammen?" meinte Julius verstimmt, denn das eigene, in Trägheit dahtngcflofsene Leben ward ihm hier einmal recht em pfindlich zum Bewußtsein gebracht, „wenn all' diese Eigen schaften sich in einem Menschen vereinigen, so ist er eben ein vom Glück Begünstigter, ein Sonntagskind, deren cs wahrhaftig nicht viele giebt!" „Ich bin der Ansicht, daß die Natur uns Alle als Sonntagskinder in die Welt setzt. Jedes Ziel ist in jedes Menschen Hand gegeben, der Eine könnte erreichen, waS der Andere erreicht! DaS Schicksal, daS von außen an uns herantritt, ist zu überwinden, wenn wir in uns selbst eins sind. Und von vergeblichem Ringen und Kämpfen soll mir Keiner reden — wer Tüchtiges leistet, hat den Erfolg unbedingt für sich!" Julius wollte diese Ansichten nicht gelten lassen. Er belog sich selbst und suchte auch den Andern zu täuschen. „Wenn Sie einen tieferen Einblick in die Schicksale der Menschen hätten", sagte er, „so würden Sie anders sprechen. Ich besaß auch ein das Mittelmaß weit über ragendes Talent, ohne je etwas Besonderes erreichen zu können. Ich war auch fleißig und an Selbstbcwußsetn hat es mir wahrhaftig nie gefehlt." „Nun, und woher kamen die Mißerfolge?" fragte Paul interessirt, indem er die klaren, glänzenden Augen fest aus Döring richtete. Diesem war- unbehaglich nnter dem unbewußt for schenden Blick. „Wenn ich das so mit wenigen Worten erklären könnte!" sagte er. „Zahllose Zufälligkeiten schienen sich gegen mich verbunden zu haben! Entweder war mir ein Anderer zuvvrgekommen —" „Ja", lachte Paul, „man muß eben immer der Erste sein!" „Das kann wohl Jemand, der frank nnd frei ist! Wer aber Familie besitzt, befindet sich in einer Zwickmühle! Entweder war ich gezwungen, rücksichtslos das Vor handensein von Frau und Kind zu verleugnen, oder aber — nun ja, ich brachte cs eben nicht fertig, meine Gattin einsam zu lassen, wenn die Kinder krank waren oder Anderes, oft noch Schlimmeres vorlag l" „Das sind allerdings Conflictc", pflichtete Paul ernst bei, „wo es für den in solcher Situation Befindlichen schwer genug sein mag, das Rechte zu treffen. Doch weiß ich von mir, daß ich nur mein geschäftliches Ziel im Auge behalten hätte, von dem Grundsätze ausgehend, daß vor allen Dingen Geld erworben werden müßte, um den Leidenden Linderung und Hilfe zu schaffen." „Nun, dann wird ja dereinst Ihre Familie niemals in eine Nothlagc gerathen", meinte Julius trocken, den die Geradheit des jungen Mannes, das goldechte Herz, das sich hier in Wort und Blick offenbarte, ärgerten und beunruhigten. Aber der gereizte Ton verfehlte seine Wirkung gänz lich, denn er wurde einfach nicht wahrgcnommcn. „Nein! DaS wird nicht geschehen!" rtcf Paul feurig, wenigstens nicht, so lange ich meine Arme rühren kann! Aber ich danke Ihnen, banke Ihnen tausendmal für die gute Meinung, die Sie für mich hegen, für Ihr Ber«
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