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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020128012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902012801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902012801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-28
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Raches und Rolizei-Ämles -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Ls. Reklamen unter dem RedactlonSstrich l-gespalten) 7» vor den Familteuaach- richten («gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SV.—, mit Postbeförderung 7V.—. Aunahmefchluß für Anzeigen: Nbend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Berlag vou E. Polz in Leipzig. Nr. O. Dienstag den 28. Januar 1902. 88. Jahrgang. Die Polen als europäische Friedensgefahr. -ck- Nach dem Bekenntnitz ihrer eigenen Landsleute sind die Polen Verschwörer von Profession. Von Zeit zu Zeit zünden sie sogar das eigene Haus an, augereizt durch die Humanität oder Schwäche jener Regierungen, denen die schwierige Aufgabe zu Theil geworden ist, eine ruhe lose Völkerschaft zu modernen Staatsbürgern umzu modeln. Haben die Schwarmgeister Anderen und sich einen Schaden zugefügt, dann vertrauen sic darauf, daß die Hinwcgräumung des Schuttes nicht ihnen zufällt. So dürfen sie ungestraft ihrer gefährlichen Neigung nach, gehen. In Galizien, dem polnischen Makedonien, ist die Be leidigung befreundeter Mächte und ihrer Vertreter zum beliebten Nationalsport erhoben, dem Landsmann« Minister, LandSmann-Statthalter, LandSmann-Landes- hauptmann freundlich zulächeln. Die Jugend mutz auS- toben, um ihr poluisches Trutzgefühl zu stärken, denken Pan Pientak, Pan PintnSkt, Pan Potocki. In Lemberg haben die ersten Prvbedemonstrattonen unrer beifälligem Zuruf der Männer und Krauen besserer Gesellschafts kreise vor -em deutschen Consulate stattgefunden. Einige lärmende Demonstrationen wurden inscenirt, bevor man von den ernsten Mahnrufe» aus Berlin Notiz nahm. Damit verbanden sich die theatralischen Jnsccntrungen des Pan Dzteduczyski im österreichischen Abgeordneten hause und des Pan Ezartoryskt tm galizischen Landtage. Die edlen Polen im österreichischen Mintstergewand und Statthalterfrack sahen gelassen zu, ohne die Herzensangst des Ministerpräsidenten Körber zu bedenken. Czarto- ryski betonte in seinem hochmüthigen Angriff gegen die preußische Negierung, daß nunmehr die internationalen Herausforderungen erschöpft wären. Natürlich war das wie alles Uebrige feierliche Flunkerei. Die Schwann geister, welche beschworen worden sind, haben ihre Lust am bösen Schabernack noch lange nicht gebüßt. Besonders, da sie sich überzeugten, daß die Sache höchst amüsant und gänzlich ungefährlich sei. Drei Studenten wurden wegen der Demonstrationen beim deutschen Consulat verhaftet und sogleich wieder losgelafsen. Gtebt es einen billigeren Scherz- So wuchsen der patriotischen Jugend akademischer und unakadcmischer Fa^vn die Flügel. Sie erinnerten sich am Jahrestage des Ausbruchs der polnischen Revolution von 1883 auch der russischen Bedrücker, an denen man gleich falls sich rächen müsse. Schon, um nicht aus der Ucbnng in revolutionären Schaustücken zu kommen. Die Demon strationen galten diesmal -em russischen Consulat. Es ist nun höchst merkwürdig, daß das officiöse Telegraphcn- Burcau Oesterreichs, vermuthlich der Eingebung des Ministers Pientak gehorchend, rundweg vor aller Welt ableugnet, daß Kundgebungen vor fremden Consulats- gebäuden sich abgesvielt hätten, während gleichzeitig zu- gestanden wird, -aß auf -em „dünnen Blechschilde des russischen ConsulateS eine kleine Beschädigung sich vor finde, von der man nicht wisse, wann, wie und wo sie ent standen sei. Geschieht den Russen schon recht, warum fabriciren sie ihre Wappenschilder nicht aus Kanonen metall! In seiner unerschöpflichen Friedensliebe sprach trotzdem Statthalter Ptninski dem russischen Eonsul sein Bedauern über die geringe Haltbarkeit russischer Hoheits zeichen auS. Wie glorreich offenbart sich in diesem Falle wieder die polnische Wahrheitsliebe und Versöhnlichkeit. Man muh davon in Petersburg völlig entzückt sein. Um diese Seminarcurse polnischer Studenten in poli tischen Demonstrationen auch in die österreichische Reichs hauptstadt zu verpflanzen, sind die in Wien lebenden Polen auf -en famosen Einfall gekommen, eine „polnische Volksuniversität" an der blauen Donau zu begründen. Am 25. Januar sollte die zu diesem Zwecke cinbcrufene polnische Volksversammlung in Wien stattftnden. Wir sind wirklich neugierig auf die Berathungcn, noch neu gieriger, aus welcher Tasche die östlichen Culturträger das Geld nehmen wollen, um ihren Plan ins Werk zu setzen. Damit reimt sich auch herrlich zusammen, baß vor Kurzem die ruthenischen Hörer an der Lemberger Universität durch die polnische Unduldsamkeit zu einem Masscnauszug gezwungen worden sind. Daß Galizien noch nicht den dritten Theil der Volksschulen besitzt, um der armen, un wissenden Bevölkerung die Grundclememe menschen würdiger Bildung schenken zu können, verschlägt gleich falls nichts. Universitäten sind für die slawische Cavalters- poltttk unentbehrlich, sie sollen die geistigen Zeughäuser für revolutionäre Bewegungen und die Tummelplätze eineö freizügigen Demostrattonen-Sports werden. Der wissenschaftliche Zweck ist überflüssig, schadet höchstens den patriotischen Gefühlen -er interessanten Nationalitäten, welche in Oesterreich nur eine reiche Erbtante erschauen, die möglichst bald das Zeitliche segnen möge. CS geht nichts über diesen Hexensabbath autochthoner slawischer Culturen. Die russische Presse, welche mit einiger Schadenfreude die Demonstrationen gegen Preußen und bas Deutsch- thum begleitete, sich aber bald ernüchtert hat, wird aus der Lemberger Blechschildgeschichte sich den etwa noch nöthigen Rest von Belehrung über die Tragweite oes polnischen Fanatismus holen können. Die polnischen Komödianten begnügen sich nicht immer mit -en Theaterdolchen, son dern tragen auch spitzere Waffen bet sich. Der Witz dcS „Kuryer Poznanski", daß deutsche Hakatisten Prokla mationen in polnischer Sprache auSstreucn, um die PolM gegen die russische Regierung aufzuhetzen, wtrd nicht nur durch seine Albernheit, sondern auch durch die Lemberger Demonstrationen in die rechte Beleuchtung ge rückt. Und das „Gefühl der slawischen Solidarität gegen über der deutschen, an das die Posener Organe des Polo- niSmuS appelliren, dürfte bald sich wieder in sibirischen Einöden verflüchtigen. Die Polen zeigen wieder einmal den Ehrgeiz, als eine europäische FriebenSgefahr be trachtet zu werden. Nun gnt, man behandle sie darnach! General Vogel von Falckenstein über Loerenkrieg und ewigen Frieden. L. General Vogel von Falckenstein veröffentlicht im Februarhest der „Deutschen Nevue" eine interessante Unter suchung unter dem Titel „Der ewige Frieden". Bevor wir die wesentlichsten Gesichtspunkte, die der genannte General der Infanterie über jenes Thema entwickelt, zusammen fassend skizziren, seien zwei Urtheile desselben über den Borrenkrieg wiedergegeben: „Der Borrenkrieg hat sich .. zu einem der scheußlichsten Kriege entwickelt. Wenn die eine Partei von einem rndqiltigen Erfolge, d. h. dem Friedensschlüsse, noch weit entfernt, die Unter- werfung de» Gegner- proclamirt, um unter dieser Firma den aller seits als kriegführende Macht anerkannten Feind lrrevi manu als Rebellen zu behandeln, so wird diese Methode modernster Krieg führung die Grundlage für weitere Friedenskonferenzen, jedensalls um eine neu» Programm»ummer bereichern . . . . Weit mehr al» taktisch« Theorien scheint mir auS dem Boerenkriege da» erkennbar, wa- diesem sonst so achtbaren Volk« fehlt und dessen Fehler ganz wesentlich zu seinem Untergange beitragen wird und da- ist eben der soldatische Geist, welcher in dem willigen, einsichtsvollen Sichuntrrordnen unter Höhere besteht." Was nun daö Tbema vom ewigen Frieden anbelangt, so ist Bogel von Falckenstein der Ueberzeugung, daß die blut triefende, wie ein Hohn auf die Haager Conserenz er scheinende Entwickelung der Ereignisse nicht davon abhalten dürfe, den gesunden Kern ehrlicher Friedensbestrebungen, die Humanisirung des Krieges, immer wieder und immer weiter zu cultiviren. Von der Lehr« deS Haager Mißerfolges aber erwartet der General andererseits, sie werde uns davor be hüten, Utopien nachzujagen, die, abgesehen von jenem Miß erfolge, ernste Gefahren enthalten. Welche Gefahren z. B. der von Deutschland bekanntlich abgelebnte Vorschlag der unbedingten Annahme eines Schiedsgerichts enthält, zeigt Vogel von Falckenstein in folgenden knappen Sätzen: „Wie denken sich . . solche Tbeoretiker den Verlauf i. I. 1870, wenn beide Parteien -«nächst ein Schiedsgericht angeruken und bis auf dessen Enscheidung naturgemäß mit dem LoSschlagen gewartet hätten? Dir in emsigster Arbeit und mit schweren Opfern ge wonnene frühere Schlagfertigkeit der deutschen Heere, welche doch thatiächlich den Ausgangspunct seiner Erfolge bildete, wäre einfach Werthlos geworden, aber der Krieg wäre dennoch entbrannt unter gänzlich zu unseren Ungunsten veränderten Verhältnissen. Dies eine Beispiel allein ist meine- Erachten» so schlagend, daß damit die Frage internationaler Schiedsgerichte im großen Stile bei allein ernsthaften Vorgehen von vornherein anszuschalten ist." Eine Gefabr allgemeiner Natur leitet Vogel von Falcken- siein auS der Gcsammtheit der modernen Friedensbestrebnngen her, indem er ausführt: „Es ist meines Erachtens bestimmt zu befürchten, daß dieses ständige FriedenSblasen allmählich unserer Nation den kriege rischen Geist auSbläst. Natürlich verstehe ich unter diesem nicht rohe Rauflust oder Landsknechtsbegier, im Kriege Fortune zu machen, ich versteh« darunter sehr hohe, sehr werthvolle Svldatentngendrn, wie sie gottlob heute noch unserem Volke eigen sind. . . Die Zeiten scheinen mir wenig dazu angethon, diesen heut« noch durch die vor nehmste Volksschule, das ist die allgemeine Dienstpflicht, erhaltenen militärischen Geist absterben zu lassen. Ec ist nun einmal ein gut Stück Vorbedingung der Vaterlandsliebe und mit ihr innig verbunden. Ohne jene können wir diese nicht bi» zur letzten Eonsequenz, bi» zum pro patria mvri betbätigcn. Mit seinen» Verschwinden geht un» viel von der edelsten Tugend eines mann haften Volkes verloren and wir sinken mehr und mehr i» krassen Materialismus, der zum Niedergange führen muß. Wenn wir auf- HSkeu, nnS an den Heldcnthaten unserer Väler anfzurichten, . . . . wenn wir den ewigen Frieden decretirt und dem „Moloch Milita rismus" das Haupt zertreten haben und an seiner Stelle die Wissen schaft allein ihre höchsten Triumphe feiert . ., dann — wird noch lange kein ewiger Friede sein, und cS werden die Völker, welche sich ihren kriegerischen Geist erhalten haben, nnS sammt unseren herrlichen FriedcnSerrungenschasten einfach ousfressen. ES scheint mir in der That richtiger, sich auf Gewitter rin- zurichten, al» slt abschaffen zu wollen." Der Krieg in Südafrika. Die Kriegslage in Südafrika ist, so schreibt die boerenofftctöse, im Haag erscheinende Korrespondenz „Nederland", im gegenwärtigen Moment also zu sktzziren: Beginnen wir mit der Capcolonie, da dort bet der Tag für Tag wachsenden Macht der Boeren anscheinend sehr belangreiche Ereignisse bevorstehen. Allgemein wurde unterm 16. Januar gemeldet, datz sich die Boeren unter Marttz im Nordwesten zusammen ziehen. Von Gegcnmatzregeln hier wie anberSwo war bis jetzt so viel wie nichts zu hören; vielleicht will das englische Oberkommando den Winter abwarten, um den Boeren auf den Leib zu rücken. Oder soll am Ende die Blockhauslinie, die von Victoria West, einer Station der Bahnlinie Capstadt-Kimberley, ungefähr 100 Kilometer südlich von De Aar, nach der rund 128 Kilometer nördlich von Capstabt gelegenen LambertS- bat angelegt wird, biesc Gegenmatzrrgcl bilden? Die Strecke zwischen den beiden Punkten mißt 480 Kilometer, so datz nach der Regel ebenso viele Blockhäuser und mindestens 5000 Mann Besatzungötruppcn uöthig sind. Die Linie soll wohl auch verhindern, -atz die eingefallenen Boeren Unterstützung aus dem Norden erhalten und, wenn in die Enge getrieben, nach dem Norden entkommen können, «»er e» ist kein« ungewöhnliche Erscheinung, daß von zwei kriegführenden Parteien, von denen die eine numerisch mindestens zehn Mal so stark ist als die andere, sich die schwächere auf dem Grundgebtete der stärkeren befindet und sich dort häuslich cinrichtet. Auf den Werth der Blockhauslinicn kommen wir noch weiter unten zu sprechen. Einem Berichte Frcnch'S zufolge haben zur selben Zeit etwa 130 Boeren unter der Führung von Wessels die BlockhauSlinic, die die Bahnlinie Stormbcrg-Ltcrk- stroom beschützen soll, durchbrochen und sind in westlicher Richtung wcitergezogen. Nach einem Berichte aus Cradock vom 20. Januar hat dieses Cvmmmando, dessen Stärke nunmehr auf 200 Mann geschätzt wird, nachdem es eine Zeit lang zwischen Cradock und dem 55 Kilometer nördlich davon gelegenen Maraisburg operirt hatte, am 19. Januar eine etwa 50 Mann starke Abtheilung der Bürgcrgarde von Tarka st ad (etwa 55 Kilometer östlich von Cradock) überrumpelt. Nur einige Wenige davon seien in die Stadt znrückgekehrt, die Uebrigen würden vermißt. Wenn man weiß, datz die militärisch sehr minderwcrthigcn Stadtwachen nur die Aufgabe haben, ihren Platz gegen einen Ueberfall zu ver- thctdigcn, und ja nicht, in offenem Felde aufzutreten, so läßt sich der dadurch nur noch auffälligere Vorgaug ledig lich mit der Vcrmuthung erklären, daß sich die Bürger garde den Boeren planmäßig ergeben, d. h. sich ihnen angeschlosscn hat. Denn die offensichtliche Zunahme der Boerenstrciter auf allen Gebieten des weiten Kriegsschau platzes läßt sich, ganz abgesehen von dem allgemein ge meldeten, aber schwer zu schätzenden internationalen Nachschub über die gefügige Ostküstc herein, doch nur da durch erklären, datz sich immer mehr Colontsten der Partei ihrer Ltammesgenosscn anschlictzcn. Englische Willkür akte, wie die Ermordung des Commandanten ScheeperS, sind dabei die besten Werber. Im Nordosten der Capcolonie befinden sich noch immer, in kleine Trupps zerstreut, die Commandos von Fauche und Myburgh, ohne datz die englischen Eolonnen sie fassen könnten. Im Westen der Capcolonie befinden sich die Boeren in größter Anzahl in den Distrikten Fraser burg und Carnarvon ; aber auch von dort aus ver lautet nichts darüber, daß die englischen Expeditionen im Stande wären, ihnen das besetzt gehaltene Gebiet streitig zu machen. Daraus geht ebenfalls hervor, daß der A n fstaud i n der Capcolonie bereits allgemein geworden ist. Tas willkürliche, brutale Regiment der Engländer treibt die Leute zum Acußerstcn, und wir können die Thatsache verbürgen, daß nun auch schon Diejenigen, die auf ihren Höfen geblieben waren, nm sie — als ihre Eigenlhnmer wurden sie zu den „Loyalen" gerechnet — vor der Zer störung und dem Untergang zu bewahren, zu den Waffen gegriffen haben. Daß die Lage für die Boeren, wie überall, so namentlich in der Capcolonie äußerst günstig ist, mag auch noch dadurch seine Bestätigung erfahren, daß Chamberlain in seiner Nvth Australien und Neuseeland neuerdings nm Hilfe angernfen hat und daß auch aus Indien noch mehr Truppen nach Südafrika gesandt werden sollen. Die Johannesburger Depesche Kitchcncr'ö vom 21. Januar, daß sowohl im Norden vom Oranjefl« ß als auch im Norden von Thabanchn Boeren-Com mandos — ohne Erfolg — verfolgt wurden, zeigt, daß die Boeren den ganzen östlichen Theil des Frei- staatcs beherrschen. Daß gegen sie von Kitchcncr nichts unternommen werden kann, muß der anhaltende Regen der letzten Woche rechtfertigen. Im N-or dosten wird noch immer an der Ausdeh nung der Blockhauslinicn gearbeitet. Das Vertrauen auf das Blvckhaussystem scheint also noch immer nicht er schüttert, so oft auch die Operationen der Boeren ihrer ge spottet haben; ebenso wenig das Vertrauen auf ihre Be satzungen, die, an und für sich schon miudcrwcrthigcS Material, ihr Bischen Schneid in den Blockhäusern doch gänzlich einbüßen müssen. Im Osten Transvaals sind die Boeren wieder einmal vollständig zersprengt. Eines schönen Tages aber sott man wieder glauben, daß die und die englische Colonue von einer großen Uebcrmacht unter Botha über fallen, angegriffen oder niedergerungcn worden ist. Im westlichen Transvaal hat Mcthuen auf der gewagten Suche nach Delorey und Kemp, die anscheinend bei Bentersburg (soll wohl BenterS- dorp, 50 Kilometer nordwestlich von Potchefstroom. heißen) vermuthet wurden, am 14. Januar nur mehr die Spur von mehreren Commandos aufgefunden, sie selbst sind jedenfalls in kaltem Graus vor ihm ausgcriffen. Es ist eigenthümlich, datz Mcthuen seit seiner Niederlage bei MagcrSfontein nie mehr zum Schlagen kommt; seine ganze kriegerische Thätigkcit muß sich deshalb mit dem Nicdcrbrenncn von Farmen, dem Vernichten der Feld früchte, dem Rauben von Vieh und der gcwaltthätigcn Fortführung hilfloser Greise, Frauen und Kinder be gnügen. Aber warum ging er denn, als er Bryburg am 18. Januar verließ, nicht in die entgegengesetzte Richtung, nach Grikwastad? Ehe er feindliches Gebiet betrat, hätte er doch eigentlich erst den eigenen Boden reinfegen müssen! Denn nächst Grikwastad, ungefähr 100 Kilo meter westlich der Grenze, befand sich eine starke Boeren- strcttmacht. Bet dem nahegelegenen Doornfontein hat die berittene Infanterie auch eine Stellung der Boeren bestürmt, nach allen Berichten zu schließen, mit großen Verlusten und ohne Erfolg. Hält man nach alledem mit dem allgemeinen Ausstand in der Capcolonie die Thatsache zusammen, datz dort sowohl im Osten als auch im Südwcstcn und im Westen, ja sogar im Eentrnm sich BoerencommandoS aufhaltcn und daß nicht einmal ein so energischer und umsichtiger Führer, wie Frcnch, erfolgreich, ja nur abwehrend da gegen auszutrctcn vermag, fo muß cs Einem klar werden, daß die Aussicht für die Boeren, den Krieg siegreich zu Ende zu führen, von Tag zu Tag grützcr wird. In Grikwaland stehen die Boeren bis auf 100 Kilometer von der Grenze; die Nutzlosigkeit der Blockhäuser haben sie zwischen Mafektng und Kraaipan wieder überzeugend dargethan; und im Westen sowohl als auch im Osten Transvaals, im Freistaat allerorts beherrschen sie übermächtig das Gebiet, und kommt es wirklich einmal zu einem Kampfe, überall sind die Boeren die Angreifer. Und wie viele ihrer Siege bleiben verschwiegen, weil Chamberlain s Politik für England keine ober nur mehr jene Niederlagen brauchen kann, die eben nicht ver schwiegen bleiben können. Sv wollen wir heute nur ein Gefecht aus jüngster Zeit erwähnen, dessen Ernst und Bedeutung neben den Bcr- lustziffcrn auch noch durch Kitchcner's „Verschwiegenheit" bestätigt wirb. Bei K l e t n f o n t e i n, im Westen von Transvaal, wurde die Colonne des Obersten von Donop von Delarey mit 200 Boeren urplötzlich auf der linken Flanke angegriffen. Die ersten Salven der Boeren hatten eine ganz schreckliche Wirkung. Ihnen nach stürmten die Boeren auf die Proviant- und Munitionöwagcn ein und machten nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Weiterhin galoppirten sie auf die beiden Fünfzehn - Pfünder der vierten Batterie Royal Field Artillcry los, die sich bet -er Nachhut befanden. Leutnant Hill, der mit dem Schutze der Kanonen betraut war, trachtete diese in Stellung zu bringen, und es gelang ihm auch, sic einmal abzufeuern, doch alsbald sank er wie die gesammtc Bedienungsmannschaft zn Tode getroffen nieder. Der Gesammtverlust der Engländer an Tobten und Verwundeten, der sich auf die Yeomanry auS Wor- ccstershire, die Northumberland Füsiliers und die Royal Fiel- Artillcry vcrthetlt, beträgt weit über 100; darunter befinden sich auch 20 Kaffern! Außerdem erbeuteten die Boeren die beiden Kanonen und elf Wagen. Die zer sprengten Reste der Donop'schcn Abtheilung wurden von der Colonne Mcthuen ausgenommen. * Brüssel, 27. Januar. Dem „Petit bleu" zufolge erbeuteten die Boeren in den letzten Wochen de-Jahre» 1S01 über 18 Pro viantwagen, 17 Kanonen, sowie einen englischen Eisenbahnzug, in dem sich 700 000 Lstrl. in Gold befanden. Deutsches Reich. tt Berlin, 27. Januar. (Deutsche Arbeiter« fürsorge.) Die Socialdemokratie hat es im Reichs tage wieder einmal gewagt, die ganze Socialpolttik des deutschen Reiches als werthlos hinzustellen und den An schein zu erwecken, als ob das Ausland hierin dem eigenen Vatcrlandc vorans sei. Es ist, um die völlige Haltlosig keit dieser Behauptung darzuthun, nur nöthig, darauf hin- zuwciscn, daß dem Reichstage in letzter Zeit zwei Ucber- sichten socialpolitischer Natur zugcgangen sind, auS denen klar erkennbar ist, welchen Umfang die Fürsorge der Arbeitgeber Deutschlands für ihre Arbeiter allmählich annimmt. Danach haben auf das Jahr 1900 die gewerb lichen und die landwirthschaftltchcn Arbeitgeber für die Unfallversicherung ihrer Arbeiter rund 118 Millionen Mark aufgebracht. Für die Invalidität»- und Alters versicherung sind auf dasselbe Jahr rund 118 Millionen Mark Beiträge eingcgangen. Von diesen haben die Arbeit geber mindestens die Hälfte, also 59 Millionen Mark, ge leistet. Für zwei Einrichtungen svcialpolitischer Natur, welche lediglich den Arbeitern zu Gute kommen, haben mithin die Arbeitgeber mindestens 172 Millionen Mark in einem Jahre ausgcgebcn. Rechnen wir für die Kranken versicherung nur noch etwa 80 Millionen Mark als Ar- beitgebcrbeitrag hinzu, so kommen wir zu cmer Ausgabe der deutschen Arbeitgeber von über 200 Millionen Mark jährlich für die Arbeitervcrsichcrung. Es dürste der Locialdemokratie schwer werden, irgend ein andere- Culturland zu nennen, welches für die Arbeiter fürsorge solche Summen durch die Arbeitgeber aufbringcn läßt. Dazu kommt, -aß die Ausgaben wenigstens für die Unfallversicherung sich noch von Jahr zu Jahr ganz be trächtlich steigern. Die Socialdemokratic thut, obwohl auch auf dem Gebiete dcS Arbciterschutzcs in letzter Zeit geradezu mit Hochdruck gearbeitet wird, so, als wenn in dem Ausbail der deutschen Socialpolitik ein ganz un genügendes Tempo cingeschlagcn werde. Sre verschweigt aber, daß die Belastung der Arbeitgeber aus früher er lassenen Gesetzen auch jetzt noch von Jahr zu Jahr st e i g t und deshalb auch die Arbeiterfürsorge noch stetig durch die alten Gesetze erweitert wird. Die Steigerung der Ausgaben, welche allein 'für die Unfallversiche rung von 1900 auf 1901 namentlich in Folge der Vor schrift wegen Wiederauffüllung -er Reservefonds erwartet wirb, dürfte sich auf etwa 17 Millionen Mark belaufen Und wenn die Belastung der Arbeitgeber aus einem ein zigen VersicherungSzwcige in einem einzigen Jahre derart sich steigert, bann wagt die Locialdemokratie noch von einer Stockung tn der Socialpolitik Deutschlands zu reden! Berit», 27. Januar. (D«r Wreschener Fond».) Die wahren Beweggründe» an- denen die Polen für di« Wreschener „Opfer" gesammelt haben, treten jetzt an läßlich de» Streite» über die Verwendung der ge sammelten Gelder zu Tage. Im „Dziennik Poznanski" liegen sich hierüber eine Anzahl edler Polen in den Haaren. Graf GaudzinSki verlangt die Vertbeilnng unter die Wreschener „Opfer" zu gleichen Theilen; Herr von JackowSki dagegen hält ein solche» Vorgehen für unpraktisch; nach seiner Ansicht sollen nur die bedürftigen Wreschener die nationalen obnli er kalten und der Rest soll für ErziobungSzwecke polnischer Kinder angelegt werden; ähnlich spricht sich em dritter Geber aus, der die Erürtirung der VrrwendungSfrage in der polnischen Presse verlangt und zum Schluß über dir Schwierigkeiten klagt, „vor den Augen von ganz Europa jene» Geld . . würdig anzulegrn." — Wir erlauben un», den polnischen Hrrren einen Vorschlag zur Güt« zu machen. Wi« wär« e», wenn man die ganze Summe dem polnischen National schatz in NapprrSwpl zufübrte? Damit wäre dock den Intentionen der edlen Geber zweifello» am meisten entsprochen, und .Europa" würde nicht einen Augenblick bezweifeln, daß jene» Geld so am .würdi-sten" angelegt wäre!
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