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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020130017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902013001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902013001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
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Amtsblatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Nolizei-Ämtes -er Lta-1 Leipzig. Anzeige« «PretS die 6gespaltene Petüzeile 25 Lj. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 78 H, vor den Familiennach richten (6 gespalten) 80 H. Tabellarischer nnd Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme L8 H (exek. Porto). Extra Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbkförderung ^l 80.—, mit Postbesörderung ^il 70.—. Auuahmeschluß fir Anzeigen: Abend-Ausgabe: BormtttagS 10 Uhr. Marge «.Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei de» Filiale» und Anaahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. , Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. DormerStag den 30. Januar 1902. 98. Jahrgang. Königlicher Lesuch in Licht! Seit der Mitt« der siebziger Jahre hat König Albert regelmäßig alle Jahre mehrere Tage in Leipzig geweilt. Diese Besuch» unterbrachen nicht nur das Einerlei de» Geschäfts leben» und versetzten den Bewohner der provinzialen Großstadt in die Atmosphäre einer Residenz, sondern sie bezeichneten den Höhepunkt de» gesellschaftlichen Leben» der Stadt, bildeten eine» Abschnitt in dem gesammten öffentlichen und geschäftlichen Verkehr von Leipzig. Es ist da» Attribut der über da» Volksleben hoch emporragentze» Hrrrscherstellung, daß die bloße Annäherung und Anwesenheit ihre» Vertreter belebend und erfreuend wirkt, und wiederum da» Vorrecht hochbegabter Naturen, daß ihr tieftre- Eindringen in den Werth und da» Wesen von Personen und Dingen da» Gefühl der Würdigung und de» Vrrstandensein» er weckt und schon dadurch anregend und fördernd auf den gesammten Kreis der Umgebung wirkt. Diesen Einfluß haben die Besuche unsere- König» im weitesten Maße au-geübt. E« wird einst eine dankbare Aufgabe für den Chronisten sein, die ungezählten Besuche und Besichtigungen, welche die reichbesetzten Tage dieser Leipziger Aufenthalte neben der Entfaltung einer wahrhaft königlichen Gastfreundschaft auf weisen, den Nachkommen zu erzählen. Diese Zusammen stellung wird Zeugniß ablegen von einer geradezu erstaunlichen Ausnutzung von Zeit und Kräften, von einer bis in da-Kleinste und scheinbar Unbedeutendste rindringenden unermüdlichen Geduld und Ausdauer. Und doch wird sie nur den äußern Umriß und Ausdruck bilden von dem echt lande-väterlichen Interesse und Antbeil, mit dem in dieser Zeit alle Erscheinungen und Ereignisse in der Entwicklung der Stadt von unserem Könige begleitet und in persönlicher Anschauung bethätigt worden ist. Hiervon wissen zu berichten die Kleinen wie di« Großen, die Geringen wie die Hochstehenden, die Männer der Wissen schaft und der Kunst wie die Vertreter de- praktischen Leben», Vertreter privater Vereine und Bestrebungen wie die An gehörigen hoher und höchster Behörden. In dem angegebenen Zeiträume hat kein neuberufener ordentlicher Professor der Universität seine hiesige Lauf bahn begonnen, ohne daß ihm die Ehre de» allerhöchsten Besuchs seiner Vorlesungen z» Theil geworden wäre, wohl keine» der bedeutenden Bauwerke in der Stadt ist seiner Bestimmung übergeben worden, ohne daß e» durch die ver- ständnißvolle Kenntnißnahme de» König» seine Weihe erhalten hätte; ja, eü ist nicht zu viel gesagt: kein werthvolleS Be streben und Unternehmen auf alle» Gebieten de- geistigen uud de» materiellen Leben» hat hier seine Wirksamkeit entfaltet, ohne daß ihm die ermuthigende Billigung au» dem Munde und au» dem Auge de- König- zu Theil geworden wäre. s In der That, da» war mehr al- die Entfaltung einer I königlichen Repräsentation, al» die Entgegennahme von Huldigungen — da« Warrn Regierung-acte, die um so eindringlicher und nachhaltiger wirkten, als ihre Erfolge nicht auf der Anwendung irgend welcher äußeren Nöthiguug, sondern auf der Erweckung und Belebung der frei sich ent faltende» Kräfte beruhten. Äm vorigen Jahr« bestand trotz der betrübenden Nach richten über die Erkrankung de» König» doch die Hoffnung, daß auch in jenem Jahre der altgewohnt« Besuch, zu dem da- übliche Programm bereit» bekannt gemacht war, sich wiederholen werde. Allein in letzter Stunde noch wurde diese Hoffnung zu Nichte, al» die Nachricht eintraf, daß der andauernd ungünstige Gesundheitszustand und der dringende Rath der Aerzte den König genöthigt hätte», für jene- Jahr auf seinen Wunsch zu verzichten. Und in diesem Jahre? Wohl war auch hierher die erfreuende Kunde von dem besseren Befinden de» König» gedrungen. Allein man wagte noch immer kaum zu glauben, die Besserung dürste bereit» einen solche» Grad erreicht haben, daß die bei dem Alter de- König- ohnehin mühseliger gewordenen Strapazen der Reise im Winter unternommen werden könnten. Diese Re signation wurde gesteigert durch die allgemeine Mutlosigkeit, die, Gott sei e» geklagt, in Folge der unerwartet über Leipzig herrin gebrochene» wirthschaftlicken und geschäftlichen Schicksalsschläge fast wie ein Schuldbewußtsein auf den Gemüthern lagen. Und dennoch, wie ander- sollte e» kommen, al- man ge fürchtet hatte! Schon vor mehreren Tagen ließ eine gewisse Bewegung im sonst leer stehenden königlichen Palai» erkennen, daß dort etwa» sich vorbereite. Näher und zuversichtlicher konnte ms» sodann au» de» Ilkund« von Näherstrhendeo Vermuthungen vornehme«, daß e« doch möglich sein könnte, den geliebte« Landes herrn an der Seite seiner erlauchten Gemahlin in Leipzig z« sehen, bi» jetzt die officielle Bestätigung der be stehenden Absicht eine- Besuch- der Majestäten in Leipzig erfolgt ist. Die Stadt Leipzig begrüßt diesen Beschluß mit Heller, au- tiefstem Herzen kommender Freude. Was ihn un- vor Allem theurr macht, ist da» Anzeichen von de- König» besserem körperlichen Befinden. Aber er ist un» zugleich da» Unterpfand für de- Königs fortdauernde gnädige Gesinnung für Leipzig. Etwa» wie die Bewunderung des tapferen Soldaten, der im Kugelregen die Fahne hoch hält, wird uns erfüllen, wenn wir den greisen Monarchen, Alter und Krankheit nicht achtend, die Stelle einnehmen sehen werden, an die er durch seine Regentenpflicht gerufen zu sein vermeint — al« da» Bild de« treuen Führer» und Hüter» wird er vor u»S stehe», der in den Zeiten der Noth und Heimsuchung die Seinen auf sucht, nachdem er die Tage der Freude und de» Glücke» mit ihnen getheilt hat. Und wen« in diesen Tagen lauter al« je der Jubel der Bevölkerung da- erhabene Herrscherpaar umbrausen wird, dann wird diese Feststimmung getragen sein von dem Ge fühle unauslöschlichen Danke-, heißer und treuer Liebe für den geliebten, theuren König, für die geliebte Königin! Der Krieg in Südafrika. ArieLe«Sa«sstchten? —t>. Wa» man bisher für unmöglich gehalten hatte, eine erneute freundschaftliche Intervention zu Gunsten de» Frieden-, nachdem die Bereinigten Staaten sich in London seiner Zeit einen Korb geholt Hatteil — allen dahingehenden Anregungen gegenüber zeigten die offi- ciellcn Repräsentanten England- fast beleidigt die ganze Breitseite ihrer Rückansicht — scheint doch noch zur Wirk lichkeit geworden: daö kleine Holland, von dem man annehmen sollte, daß es den Zorn deö allgewaltigen Albion am meisten zn fürchten hätte, hat sich ins Mittel gelegt un- der Londoner Regierung in einer Note seine guten Dienste zur Herbeiführung des Frie dens angeboteu. Ohne von London dazu ermuthigt zu sein, habe» die Staatsmänner im Haag das auf keinen Fall gethan, vielleicht ist die Note sogar bestellte Arbeit, den;« England sehnt ebenso, wie die Boeren es thun, das Ende dieses furchtbaren Krieges herbei. Ucber den In halt der Note im Einzelnen verlautet noch nichts, ebenso, wenig darüber, ob die niederländische Regierung gleich zeitig im Einverständniß mit -en leitenden Boerenkreisen handelt, was nach den bestimmten Erklärungen der leb ten Zeit von dieser Seite aus kaum wahrscheinlich ist. Stur die folgende Meldung können wir verzeichnen: * Haag, ». Januar, siele gram«) I« der Erste« Sammer interpellirte Pq«acker,Hordik die Regierung »ege« der gestern Ko« Balfour dem eng lischen Unterhaus« gemachte« Mittheilung über ei«e Rsteder «iederlü«dischcn Regierung i« der Boereufragc. Der Ministerpräsident cr» widerte, die Mittheilu«- Balfour s sei richtig, er könne aber zur Zeit über den Inhalt der niederländischen Rote keine Mitthetlung machen. Die Höflichkeit verbiete eine Mittheilu«-, so lange die englische Regierung den Inhalt nicht veröffentlicht habe ober nicht wenigstens eine Ant- wort der cnglischcn Regierung bei der niederländischen Regierung eingegangen sei. Nun erklärt cs sich übrigens auch, daß, woraus wir neulich aufmerksam machten, in der Adreßdebattc Salis bury noch den Spröden spielte (er wollte nichts davon wissen, daß man durch Versprechungen die Energie des Gegners zu beugen suche, dieser müsse erst die evnciitio «ine gu» non erfüllen, d. h. um Frieden bitten, während ein oder zwei Tage darauf Chamberlain ein ganzes Füll horn von Versprechungen (Selbstverwaltung, Amnestie re.) i auSgoß. Dazwischen hinein ist wohl die niederländische I Intervention gekommen, die die Sachlage plötzlich änderte. Die Gefa«geu«ahme Be« Viljoens wird, so beklagenswerth sie für die Boeren auch ist, an dem allgemeinen Zustande nnd dem endlichen Ausgang des Krieges doch nichts ändern. Und die Engländer geben sich einer neuen argen Täuschung hin, wenn sie glauben, Viljoen» Gefangennahme habe sie dem Siege einen guten Schritt näher gebracht. Die Boeren haben zu allen Zeiten nnd namentlich während des gegenwärtigen Krieges die Wahrheit des Satzes bewiesen, daß große Männer nicht erzogen, sondern geboren werden. Noch jeder der Boercn- generalc, die den Heldentod gestorben sind oder gefangen sitzen und inmitten ihrer Erfolge als unersetzlich gegolten haben, hat seinen würdigen Nachfolger erhalten, und so weit menschliche Voraussicht reicht, ist dafür längst auch vorgesorgt. Fttr Stenn wie fttr Schalk Burger, für Botha wie für Dewct und Delarey ist für den Fall, daß ihnen etwas Menschliches vassiren sollte, heute schon der Nach folger bestimmt, und die eiserne Nothwcndigkeit, die aus schlichten Bauern sieggewohnte Führer macht, wird auch für Ben Viljoen den rechten Ersatz stellen. Ben Viljoen war einige Jahre vor Ausbruch des Krieges als einfacher Pvlizeibeamtcr in Roodcpoort bei Krttgersdorp thätig. Allein schon damals fühlte er sich zn etwa- Höherem geboren. In einer Pretoriaer Zeitung, „Land nnd Volk", ließ er, als entschiedener Anhänger Jonbert's, unter dem Namen „Klein-Joggom" fKlcin- Jochem) häufig mit geistreichem Spott versetzte politische Plaudereien über den Volksraad erscheinen, nicht immer zur Freude der Herren Volksvertreter. Später gründete er, da er sich mit der Nolle des politischen Kannegießers allein nicht begnügen wollte, in KrligerSdorp die Zeitung „OnS lUnser) Volk" und lebte von da ab nur mehr von dem Ertrag seiner Feder. Da er wie Keiner in afrikanischer Mundart so einnehmend zn plaudern wußte, stieg seine Popularität von Tag zu Tage. Die Bürger wählten ihn zum Feldcornet — als solcher focht er bei Doornkop gegen Jameson — und später zum Commandanten des frei willigen Cavallerieevrps, das er selbst gegründet hatte. Im Kriege lernte er auch Joubert näher kennen, und nach -cm Jamcson-Cinfall <31. Dcccmber 1895) wurde er ein entschiedener Anhänger .Krüger s. Als dann bei den letzten Präsidentenwahlen die Eigenthümer von „OnS Volk" das Blatt an die Partei des Gegcncanbidaten, Schalk Burger, verkauften, gründete er „De Vortrckker" und unterstützte damit kräftig Krüger s Candidatur. Als darauf im Zweiten Volksraad der Abgeordnete für Jo hannesburg znrücktrat, wurde Viljoen von der anti- capitaltstischen Partei als Candidat ausgestellt nnd ge wählt. Im Volksraad bewährte cr sich als guter Sprecher nnd Gegner aller halben Maßregeln. Obwohl er eben sowenig wie die Andern für den Krieg war, trat cr jeder zeit entschieden gegen „das Abbröckeln und Erschüttern unseres Prestiges" von Seiten Englands nnd dafür ein, daß die Eorrcspondenz mit dem „perfiden Joe" eine kräf tige nnd nmweideutige Sprache führe. Seine militärischen Erfolge sichern Ben Viljoen einen unbestrittenen Ehrenplatz in der Geschichte des südafrika nische» Krieges. Zn Anfang deS Krieges konnte cr sich wenig hervor« Feuilleton. Ein Feliber. (Schluß.) Der „Halbgeöffnete Granatapfel" und die „Töchter Avignon'»" sind die Hauptwerke Aubanel'S „von Jenseits de» Grabes", das „Brod der Sünde" fallen unserer Mei- nung nach gegen die ersteren ab. Der „Granatapfel" zer fällt in drei Theile: I.on librv 6s i'amour, das Buch der Liebe, I/Hntrelnsrcko, die Lichtblicke, Ixm librs 6s la Llort, das Buch be» Todes. Welchem von beiden Werken die Palme de» Sieges gehört, dem Granatapfel oder den Töchtern Avignon'», wollen wir nicht entscheiden. In beiden glüht die Leidenschaft und in beiden befinden sich die formgewandtesten Gedichte. Aubanel'S deutscher Bio graph, Welter, der den Spuren des Dichters liebevoll nachgegangen ist, scheint für die manchmal gar zu üppige Poesie eine kleine Entschuldigung zu suchen — eigentlich weniger Entschuldigung, denn Aubanel entfernt sich in seiner Leidenschaft nicht vom Schönen und Schicklichen — aber eine Erklärung, und diese Erklärung giebt in etwa» persönlicher Form Aubanel'S Freund Pamard. Aubanel, so meint cr, ist menschlich; er schildert, «a» er fühlt, was cr verspürt. Die Leidenschaft ist bei ihm nicht durch de» Besitz abgeschwächt, sie wird auch nicht durch ihn gesteigert. Er ist immer keusch gewesen; seine Keuschheit war gewollt, sic ward ihm durch seinen Glauben zur Pflicht gemacht. Sein Werk beweist wieder einmal, daß di« Leidenschaft von Niemand Sefser wteder-egeben wirb al» von jenen, die sie ihr ganze» Leben lang be- meistert haben. Das feurige Blut, da» in den Adern diese» kräftigen Südländers rollte, wird ihm den Steg oft schwer gemacht haben. S» fanden sich in ihm zwei erblich über kommene Einflüsse, die sich manchmal schreckliche Kämpfe liefern mußten: einerseits die Aubanel'S, starre, ruhige, gesetzte Katholiken; andererseits der Grtechenfrldhaupt- mann, der ein Abenteurerleben geführt, die Türken zu Stücke gehauen, die Sarrazeninnen geraubt hatte, furcht- bar, unveugsam nnd wild. Di« „venu» von Avignon" wir- neben der „Venus von ArleS" für sein Meisterwerk gehalten^ Vir -rucken nach der ausgezeichneten Uebersetzuug Welter - einige Strophen hier ab: DicVcnuSvon Avignon. Ihr Kindcraugc, grün und fromm, Ihr großes Auge winkt dir: komm! Die Lippen öffnen sich, die vollen, Geschürzt zum Scherzen, wie zum Schmollen; Milchweiß erbltnkt der Zähne Reih' — — Da ist sic! Still, sie kommt vorbei! Just fünfzehn Jahre zählt das Mädchen. Geh nicht vorbei, denn du tödtest mich, Oder laß mich verzehren dich, Mädchen, mit Küsten l Ihr Haar, das jeden Zwang verschmäht, Ist stark in Flechten aufgedreht; Ein rotheS Sammtbanü hält's gefangen; Da» schwankt im Wind und färbt ihr Wangen Und Hal» mit rothem Widerschein; E» scheint der BenuS Blut zu sein, Da» rothe Sammtband meine» Mädchen». Geh nickt vorbei, denn du tödtest mich, Oder laß mich verzehren dich, Mädchen, mit Küsten! Beflügelt scheint ihr leichter Tritt; Ihr Röckchen läßt bei jedem Schritt Den Knospenretz de» jungen Leibe», Die GtegeSschönheit all d«S VeiSeS Vor unsrer Sehnsucht Angen stehn; Doch nur die Füßchen sind zu sehn, Doch nur die Knöchel zeigt da» Mädchen: Geh nicht vorbei, denn dir tödtest mjch, Oder laß mich verzehren dich, Mädchen, mit Küsten! V schlänge nLr die Zauberin Um meinen Hal» die Aermchen bin! Noch steckt kein Ring an ihrem Finger; Und naht sich wer al» HerzenSzwinger Mit Schloß uuß Gold und Demantschein, Sie weist ihn abr au» Lieb' allein Ergiebt der Liebe sich da» Mädchen! Geh nickt vorbei, denn du tödtest mich, Oder laß mich verzehren dich, Mädchen, mit Küsten! RoyaltSmu» «nb Republikanerthum, altjüngferliche zu entziehen gewußt, wie im Allgemeinen die meisten der Zimperlichkeit und eine unerhörte Lockerung de» yami-1 Feliber von Mistral beeinflußt werden. licnlebens sind anch heute noch die gesellschaftlichen Merk zeichen der Stadt, der in Theodor Aubanel ihr größter Dichter erstand. Als echtes Avignoner Kind ist anch Aubanel der Mann -er Gegensätze. Sein Platz in der ncuprovenzalischen Literatur ist Dank seiner Größe nicht schwer fcstzustellen. Aus Liebe zur Heimath zum Feliber geworden, erkor cr sich von An fang an das seiner natürlichen Begabung angemessene Feld. Der Sänger der Arbeit und des Elends ward bald zn dem begeisterten Herold der Liebe und der Schön heit, als der er unter seinen Mitfclibcrn unerreicht da steht. Er dichtete nur, um zn dichten. Roumanillc unter stellte, sagt Welter, die Poesie durchaus den Gesetzen der Religion und Sittlichkeit; Mistral ließ die Forderungen der reinen Kunst manchmal patriotischen Rücksichten zn Liebe aus dem Auge; Felix Gras, der im März vorigen Jahres verstorbene dritte Capoultv deS Fcltbrtgc, ver sündigte sich in seinen Dichtungen sowohl wle in seinen Novellen nnd Romanen am guten Geschmack und huldigte dabei einer verdächtigen Tendenz; Aubanel allein an erkannte als einzige Richtschnur die Schönheit und hielt sich trotz Allem nncntwcgt daran. Freilich ward ihm da durch nicht im Entferntesten die VolkSthümltchkcit Mistral s nnd Ronmanille'S zu Theil, nnd seine Werke werben den Weg in einen prvvcn<?alischcn noch kaum gefunden haben; aber nm solche BolkSthümlichkcit war es ihm auch gar nicht zu thun. Ihm genügte die Anerkennnng einiger gebildeter Freunde. Diese Freunde bewunderten ihn als wahrhaft großen Dichter nnd stellten keinen über ihn. Den Kaiusstempel -er Poesie, den eng brüstige Nörgler ihm aufdrängen wollten, erklärten sie für das sonnige Gepräge des Genius. Und den Ruhm eines großen Dichters wir- Anbancl auch die Nachwelt nicht streitig machen. Um ihm gerecht zu werden, darf man ihn, unter allen Feltbcrn, nur an Mistral messen. Allerdings wäre es verfehlt, ihn in einem Athcm mit diesem zu nennen. Denn Mistral nimmt in der nenprovcn<?altschen Literatur eine AuSnahmestcllnng ein. „Er ist nicht blo» Dichter, er ist auch der Schöpfer einer Sprache, er ist der Vater nnd Pathe, der Apostel und das Haupt des Felibrigc und von diesen verschiedenen Gesichtspnnctcn betrachtet, steht er einzig unter seinen Zeitgenoffen da." Auch hat sich Aubanel nicht immer der Macht des größeren Freundes Die leidenschaftliche Poesie fand aber bei Aubanel'S Landsleuten nicht immer die gerechte Bcurthcilnng. Es erschien alles von ihm in Abschnitten und ans -en einzelnen Veröffentlichungen suchten seine Gegner, die sowohl literarische Neider, als gewerbliche Concnrrentcn waren, Capital zu schlagen. Gegen Fen frommen Mann, gegen das Mitglied -er barmherzigen Brüderschaft, gegen den fleißigen Kirchgänger nnd Beichtenden erhob sich immer mehr -er Sturm. Schon oft hatte cr eine Gc- sammtausgabe der Gedichte unter dem Titel der Töchter Avignons angcstrebt. Im Jahre 1885 versuchte cr zum letzten Mal eine cndgiltige Veröffentlichung. Leine Gattin warnte ihn mit sorgender Liebe. „Thn cs nicht, Theodor", bat sie; „Dn wirst sehen, Dn schaffst Dir Ver druß." „Ach was, meinte der Dichter, was soll mir denn viel widerfahren? Zudem lasse ich es nur in zweihundert Exemplaren, nn- nur für die Freunde, drucken." So wanderte das Manuscript in die Druckerei, uud am S. Februar übersandte er Freund Legr6 ein Exemplar der „krüo 6'^vlgnoun", sein ganzes Poctenlcben, wie cr sagte. Da geschah ein Unerwartetes! Bon den Exemplaren, die Aubanel während der ersten Tage den besten seinerFreunde überreichte, kam eins dem Erzbischof zu Augen. Dieser las die Uebersetzung, denn als richtiger Nordfranzvse hatte cr sich nie die Mühe gegeben, proven« valtsch zu lernen, nahm Anstoß an dem leidenschaftlichen Tone verschiedener Gedichte und beschloß, auf daö Drängen übelgesinnter Rathgeber, eine weitere Ver- breitung deS Buche» zu hindern. Er ließ Aubanel vor sich kommen und drohte, seinem Hau» die wichtigen, von Aller» her überkommenen Titel und Privilegien z» ent ziehen, wenn er nicht mit der AuStheilung des Buches tnnrhalte und die noch übrigen Exemplare verbrenne. vor Lieser Maßregelung erschrak der Dichter. Er konnte seine Familie ler führte nach dem Tode seines -wetten Bruder» da» Geschäft tn seinem und der Schwä gerin Namen weiter) sdlchem Verluste nicht au-setzcn und versprach, sich zu fügen. Aber von dem Tage an war ihm La» Dichten verleidet nn- gegen Ende de» Jahres traf ihn der erste Schlaganfall. Die Schlaganfälle wiederholten sich nnd am 31. Oktober 1SSS starb Lieser Sänger Ler Schönheit und Liebe au» Gram über -ie Maßregelung, die ihm sein vergötterter Bischof in geschäftlicher Beziehung tn Aussicht stellte. - Strenger KatholiciSmu» und äußerster Unglauben,
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