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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020206022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902020602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902020602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-02
- Tag1902-02-06
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Nr. 67. Donnerstag den i>. Februar 1902. Anzeigen-Preis die sigespaltene Petitzeile 25 H. Neclamen unter dem Rcdactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennacl)» richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannohme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Erpedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 96. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Der Wortlaut des holländisch-englischen Notenwechsels. Die holländische Note lautet in deutscher Uebersetzung wie folgt: 1) Nach der Ansicht der Regierung Ihrer Majestät der Königin liegt iu den ungewöhnlichen Umständen, worin sich eine der Parteien in Südafrika befindet, und die sie verhindern, sich dircet mit der anderen in Verbindung zu sehen, eine der Ursachen, die ruhelos und ohne Ende in jenen Gegenden einen Krieg sortwüthen lassen, der die Quelle so großen Elendes ist. 2) In der That ist es ein ganz außergewöhnlicher Um stand, daß eine der beiden Krieg führenden Parteien ganz eingeschlossen und von der Außenwelt abgeschlossen ist und daß die Vertreter der Bocren in Europa sich aller Mittel, mit den Feldherren, die an der Spitze ihrer Trup pen stehen, zu verhandeln, entblößt sehen. Hieraus ent steht die Unzuträglichkeit, daß die Autoritäten, die seitens der Boeren unterhandeln müßten, in zwei Gruppen ge- thcilt sind, die jedes Mittel vermissen, um miteinander zu verathschlagen. Es steht fest, daß die Delegirten der Bocren iu Europa nichts zu unternehmen vermögen, weil sie den Stand der Dinge in Südafrika nicht kennen, und daß die Boeren, die im Felde stehen, nicht in Verhand lungen eintreten können, weil sie über den Stand der Dinge in Europa nicht unterrichtet sind. 3) Außerdem sind die Delegirten iu Europa durch ihre Beglaubigungsschreiben gebunden, die im März 10W ausgestellt sind und die sic so genau an die Unabhängigkeit der Republiken binden, daß es ihnen selbst nicht erlaubt sein würde, die Wiederherstellung des »totem guo »nto bellum in die Hand zu nehmen, wenn nicht zu gleicher Zeit die Art, in welcher später hervortretendc Meinungsverschiedenheiten geschlichtet werden können, sestgcstcllt wird. 4) Diese Umstände lassen die Frage auftauchen, ob nicht das Anerbieten von guten Diensten seitens einer neu tralen Macht mit Erfolg gethan werden könne, nm Unter handlungen zu ermöglichen, die auf andere Weise nie würden angcknüpft werden können. 5) Aus diesem Grunde wäre es von hohem Interesse, wenn man über die Frage Sicherheit erhalten könnte, ob die britische Regierung geneigt sei, von den Diensten einer neutralen Macht Gebrauch zu machen, wenn diese guten Dienste sich nur darauf beschränkten, dtc Unter händler beider Parteien mit einander in Berührung zn bringen. tl) Gerade die Regierung Ihrer Majestät der Königin wäre auf diese Aufgabe angewiesen, weil die Delegirten der Boeren sich in den Niederlanden befinden und allein bei dieser Negierung accreditirt sind. 7) Wenn die britische Negierung diese Gefühle theilen sollte, dann würde für die Regierung Ihrer Majestät eine Veranlassung bestehen, nm den Delegirten der Boeren die Frage vorzulegen, ob sie bereit sein würden, sich nach Südafrika zn begeben, um dort mit den Führern der Boeren zu überlegen und nach einem Aufenthalt, dessen Dauer festznstcllcn wäre lz. B. 14 Tage), mit Vollmachten nach Europa zurückzukehrcn, die alle Eventualitäten vor sehen und die ihnen die Bcfugniß geben, einen Friedens vertrag abznschlicßen, der sowohl die Boeren in Europa wie die Boeren in Afrika in unlöslicher Weife bindet. 8) Wenn auf diese Frage eine bejahende Antwort er folgt, dann würde eS nvthwendig sein, daß die Negie rung Seiner britischen Majestät der niederländischen Re gierung drei Geleitsbriefe anvertraut, die die Boerendelegirten in den Stand setzen, sich frei nach Afrika zu begeben und während des festgesetzten Zeitraumes frei in Afrika zu verkehren und frei nach Europa zurückkchren zu können. Außerdem würde es nöthig sein, daß das bri tische Gouvernement ihnen den freien Gebrauch eines tele graphischen Eode gestattet, nm den Ort zu bestimmen, wo sich besagte Dclegirte mit den Führern der Boeren be gegnen könnten. 9) Nach ihrer Rückkehr würde die Negierung Ihrer Majestät sic mit den für diesen Zweck Bevollmächtigten der Regierung Seiner britischen Majestät zusammcnbringen und sehr gerne diesen Herren die nöthigen Räumlichkeiten für ihre Berathungcn zur Verfügung stellen. 10) Die Regierung Ihrer Majestät der Königin würde hiermit ihre Aufgabe als erfüllt betrachten. 11) Es bedarf keines weiteren Nachweises, daß trotz alledem die Möglichkeit bestehen bleibt, daß die so ange knüpften Unterhandlungen nicht zum Ziele führen können, aber die Möglichkeit des Gegentheiles ist ebensowenig ausgeschlossen, und bei diesem Sachverhalte scheint es er wünscht, das Anknnpfen von Unterhandlungen zu be günstigen in der Hoffnung, daß dieses den gewünschten Erfolg haben möge. — Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die immerhin für eine kriegführende Partei darin liegt, nm in dieser Beziehung den ersten Schritt zu thun, sollte es möglich sein, daß sich ein Dritter dazu hcrgiebt, um als Bindeglied zu bienen. Die Antwort der englischen Negierung lautete folgendermaßen: Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, 20. Januar 1902. Sir! Sie haben die Güte gehabt, mir am 25. d. M. eine Mit theilung der niederländischen Regierung vorzulegen, in welcher der Vorschlag gemacht wird, daß die Regierung Seiner Majestät mit dem Endzweck, dem Kriege ein Ende zu machen, den augenblicklich in Niederland sich aufhaltcn- den Delegirten der Boeren einen Geleitsbrief ausstelle, um diesen die Möglichkeit zu geben, mit den Führern der Boeren in Südafrika in Verbindung zu treten. Es wird weiter dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß die Delegirten nach Beendigung der Verhandlungen mit Vollmachten zum Friedcnschließen mit diesen, Lande nach Europa zurückkchren würden, und die niederländische Re gierung gicbt zn erkennen, daß sie in diesem Falle später ihre Intervention dazu bieten könnte, die Bevollmäch tigten der Bocren mit den Bevollmächtigten, die durch die Regierung Seiner Majestät hierzu beauftragt werden könnten, znsammcnznbringen. Die niederländische Regierung gicbt zn erkennen, daß sie, wenn dieser Plan der Regierung Seiner Majestät an nehmbar erscheinen sollte, den Delegirten die Frage vor legen würde, ob sie bereit seien, die Reise nach Südafrika zn unternehmen. Hieraus darf also gefolgert werden, daß die Mitthei- lnng, die ich von Ihnen empfing, durch die nieder ländische Negierung ausschließlich auf ihre eigene Verant wortung gemacht worden ist, ohne Auftrag der Delegirten oder der Führer der Bocren. Die Negierung Seiner Majestät hat die Mittheilung in der ernltlichsteu Weise in Erwägung gezogen, und indem sie die Beweggründe der Menschlichkeit in vollstem Maße würdigt, die die nieder ländische Negierung zu diesem Anerbieten veranlaßt haben, hielt sie sich doch für verpflichtet, bei dem Beschluß zu verbleiben, der durch sie, einige Monate später, als die Boeren die Feindseligkeiten begonnen hatten, gefaßt und zur öffentlichen Kenntniß gebracht wurde, daß es nicht in ihrer Absicht liegt, die Intervention irgend einer fremden Macht in dem südafrikanischen Kriege anzunehmen. Wünschten die Delegirten der Boeren selbst ein Gesuch um freies Geleit der Regierung Seiner Majestät zu unter breiten, so besteht kein Grund, weshalb sie das nicht thun sollten: aber die Negierung Seiner Majestät ist wegen der Art der Sache außer Stande, zu einer solchen Anfrage Stellung zu uehmen, so lange sie eine solche nicht em pfangen hat, und nicht im Stande ist, ihre richtige Be deutung und die Gründe, cuvf denen sie beruht, zu beur- thcilen. Indessen sei mir der Hinweis darauf gestattet, daß es der Regierung Seiner Majestät augenblicklich nicht klar ist, ob die Delegirten noch einigen Einfluß auf die Ver treter der Bocren in Südafrika oder einiges Gewicht in ihrem Rathe haben dürften. Nach -er Erklärung der niederländischen Regierung haben sie keine Beglau bigungsschreiben oder Jnstrnctionen von einem späteren Datum, als vom März 1900. Andererseits sieht die Re gierung Seiner Majestät ein, daß alle Rcgierungsbefug- nisse, diejenigen zur Unterhandlung mit einbegriffen, augenblicklich ausschließlich bei dem Herrn Stcijn für die Oranjc-Nivercolonie nnd bei dem Herrn Schalk Burger für die von Transvaal beruhen. Wenn sich dieses so ver hält, dann wäre es offenbar da« schnellste und aus giebigste Mitte', zu einer Vereinbarung zu gelangen, wenn die Aussihrcr der Boeren in Südafrika sich in un mittelbare Verbindung setzten mit dem Oberbefehlshaber Seiner Majestät Trupven in Südafrika, der bereits Befehl bekommen hat, jedes Anerbieten, welches er empfangen sollte, unmittelbar znr Begutachtung der Regierung Seiner Majestät zu übermitteln. Unter diesen Umständen ist die Regierung Seiner Majestät zu dem Entschluß gekommen,. daß, wenn die Boerenführer in Unterhandlungen zu treten wünschten zu dem Zweck, den Krieg zu beendigen, diese Unterband- lungcn nicht in Europa, sondern in Südafrika statt finden müßten. Außerdem darf nicht auS dem Auge gelassen werden, daß, wenn den Delegirten der Boeren die Zeit gegeben werden muß, um nach Südafrika zu gehen, dort mit den Boercnfübrern im Felde zu unterhandeln nnd nach Eu ropa zurückzukehrcn, um hier über den Erfolg ihrer Sen dung Bericht zu erstatten, mindestens drei Monate ver geben würden, während welcher Zeit die Feindseligkeiten fortgesetzt und viele menschliche Leiden verursacht werden würden. Ich habe die Ehre u. s. w. gcz. Lansdowne Baron Gericke von Herwnnen. Der Wortlaut der beiden Noten beseitigt manchen Zweifel, der sich aus der Wiedergabe bloßer Auszüge er geben konnte. Ein erheblicher Widerspruch zwischen dem authentischen Tert und den ersten kurzen, unverantwortlich ungenauen Me'dnngen fällt be sonders auf: während es nach diesen schien, die englische Negierung stelle den europäischen Boeren- vertretern frei, sich mit den Boerenofficiercn und mit Lord Kitchener in Verbindung zu setzen, spricht in Wahrheit die Note nur von dtrccten Verhandlungen zwischen den im Felde stehenden Führern und dem eng lischen General selbst, ohne an dieser Stelle der Delc- girten zu gedenken. Immerhin bleibt bestehen, daß im Londoner Eabinet der Wunsch, so rasch als möglich zu einem Friedensschlüsse zu gelangen, sehr lebhaft ist, sowie daß den Boerendelegirten freies Geleit nicht ohne Weiteres versagt wird. Vielleicht crgiebt sich hieraus doch noch der Mittelweg einer direkten telegraphischen Verstän digung zwischen den Delegirten und den Boerenführern im Felde, die sich sehr wohl ermöglichen ließe. Nach einem Reuter'schen Telegramm aus dem Haag vom 5. Februar erklärten die Boerendelegirten, sie er kennen die gute Absicht der niederländischen Regierung; den Krieg zu beendigen, an. Die Behauptung Englands, die Boerendelegirten seien ohne Einfluß auf die Vertreter der Boeren in Afrika, sei völlig unbegründet. Die Weigerung Englands, den Vorschlag der niederländischen Regierung anzunehmen (eine directe und absolute Weige rung liegt nicht vor. D. Red.), beweise, daß die Politik Englands nach wie vor darauf gerichtet sei, das Boeren volk auszurotten und alle Bemühungen zur Erlangung eines ehrenvollen Friedens für die Boeren scheitern zu lassen. Der Wortlaut der Antwort der eng lischen Regierung hindere die Bocrendelegation, daran zu denken, von England freies Geleit und Anderes zu ver langen (?). Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. Februar. Auch wenn gestern im Reichstage Wichtigeres geschehen wäre, als die Zurückweisung der vorgestern vom Abg. Stadt hagen gegen die Berussgenossenschasten erhobenen Anklagen und die Genehmigung einiger EiatStitel, so würde dock in unserem engeren Vaterlande heute die Presse sich an erster Stelle nicht mit dem Reicksparlamente zu beschäftigen haben, sondern mit dem Berichte, den soeben die Finanz deputation L der sächsischen Zweiten Kammer über Diel 5l des außerordentlichen Staa'shauSbaltsetats für 1902/03 (Bau einer normalspurigen Nebenbabn von Chemnitz durch daö Cdemtntztbal nach Wechselburg) erstattet bat. Wir haben diesen Bericht seiner Wichtigkeit halber gestern Abend im Wortlaute wiedergegeben und fügen ihm beute zunächst die — eigentlich selbstverständliche — Mittbeilung der „Dresdner Nachrichten", daß über das Jndemnilätsgesnck des Finanz ministeriums das Gesamnitminislerium Beschluß gefaßt habe, sowie die Bersiche-ung dieses Blattes hinzu, daß nur durch die cs Gesuch das Znrückgreisen auf die tzß 110—142 der Verfassung vermieden worden sei, welche lauten: tz 140. Tie Stände haben das Recht, Beschwerden über die durch die löniglichen Ministerien oder andere Staatsbehörden geschehene Verletzung der Verfassung in einem gemeinschaftlichen Anträge an den König zu bringen. Dieser wird den Beschwerden iosort abdelsen, oder, wenn ein Zweifel dabei obwaltet, selbige, nach der Natur des Gegenstandes, durch die oberste Staatsbehörde oder die oberste Justizstelle erörtern lassen. Wird die Erörterung d>r obersten Staatsbehörde übertragen, so hat diese ihr Gutachten Lein Könige zur Entscheidung vorzulegen; wird selbige aber an die obere Justizstelle verwiesen, so hat letztere zugleich die Cache Feuilleton. Kittmcister Eckhoff. Noman von A. von Trystedt. N.Kttruck verbotm. „Einen Moment nur noch —" Wcbcr's Stimme war klanglos, sein Gesicht todtenblaß. — „Die Schuld an Ihrem Tode will ich nicht tragen, Herr Döring. Ich ver spreche Ihnen —", sein Athem ging trocken nnd stoßweise, der Berrath wollte nicht über die Lippen. Aber schon waren die Würfel gefallen, dieses letzte Aufbänmen kam taum noch in Betracht — „eS soll nach Ihrem Wunsche ge schehen, wenn auch Eva cs so will — Eva mag ent scheiden!" „Wie, das können Sie wirklich fertig bringen, ein jnngeS Mädchen, welches noch ein halbes Kind ist, mit sv dclicatcn und dcmüthigcndcn Dingen zn behelligen? Könnten Sic wirklich je wieder ruhig werden, wenn Sie der lieben Kleinen ans eine so ganz unnöthige Weise das bräutliche Glück zerstört hätten? Da weiß ich etwas Besseres! Wir feiern gleich morgen in aller Stille und Gcmüthlichkeit die Verlobung —" „Um welchen Preis —", sagte Paul bitter. Er senkte den Kopf. Er fühlte recht wohl, daß er in einer Schlinge saß. — Dies war sein Bcrhängniß, dem er nicht zu ent rinnen vermochte. Er war unverzeihlich thöricht gewesen, das Geld zn zeigen, es gewissermaßen als Lockmittel um Eva s Besitz zn benutzen. Nun hatte sich das Blatt ge wendet. Eva war ihm verloren, wenn er den Kanfvreis nicht zahlte — ach, sie wckr ihm verloren, so nnd so — er wußte es ganz bestimmt — er wollte aber nicht den Tod eines Menschen auf dem Gewissen haben — deshalb gab er nach. „Derlei läßt sich nur unter Männern in rein ob jektiver Weise erledigen", meinte Julius, von seiner Niedergeschlagenheit mar nicht mehr viel zu merken, „meine Frau, glaube ich, weiß kaum, was ein Wechsel be- deutet!" „Und wenn nun gegen alles Erwarten eine Testa- mentSänderung stattgcfnnden hätte» oder den früheren Bestimmungen ein Codtcill beigcfügt worden wäre —" wandte Paul noch einmal ernst ein. „Gar keine Idee daran! Dann hätte ich eS erfahren! Und nnn Vertrauen gegen Vertrauen: Der verstorbene Millionär, einst ein armer Beamter in meines Vaters Bureau, war der erste Verlobte meiner Frau — er hat sic nie vergessen können und hinterläßt ihr nun, da er keinen Menschen in der weiten Gottcswelt besaß, dem er nah? gestanden hätte, sein Universalvermögen — ihr und meiner ältesten Tochter. Sie erhalten das verdreifachte Capital zurück; ich gebe Ihnen mein Ehrenwort darauf. Wenn auch nur der allcrlciseste Grund vorhanden wäre, daß ich fürchten müßte, Sic des Geldes zu berauben, sv würde ich die Hand nicht darnach ausstrecken, wo aber so absolute Sicherheit geboten ist, und Sic wünschen, unserer Familie anzugchvren, ist cs Ihre Pflicht, mir nach Lage der Sache den materiellen Beistand zu leihen." Panl's Gesicht hellte sich merklich auf. Seine Bedenken erschienen ihm jetzt selbst übertrieben. „So mag der Himmel nur geben, daß sich Alles nach unseren Wünschen fügt nnd erledigt", bemerkte er ernst, „so daß keine neuen Conflictc erstehen und nicht etwa ein neues Unglück her- cinbricht!" Döring schloß den noch immer Beunruhigten lächelnd und mit einem Seufzer der Erlösung, der Befreiung von Folterqual verrieth, in seine Arme. „Dn hast die reinen Polizciangen, mein Junge, sich mich nicht länger so durch bohrend an, oder ich gestehe Dir aus eigenstem Antriebe all' meine kleinen, heimlichen Sünden! Wenn Dn immer in geschäftlichen Dingen solch' ein Vorsichtsrath bist, so darf man Eva zu ihrer Wahl unbedingt nur gratuliren —" „Das nennen Sic vorsichtig handeln, wenn ich mich innerhalb einer Stunde bestimmen lasse, eine so hohe, unter ganz bestimmten Voraussetzungen mir anvcrtrautc Summe auS der Hand zu geben! Es ist im Grunde eine ehrlose Handlung, die ich begehe, und es bleibt nur zu wünschen, -aß sic nicht verhängutßschwerc Folgen nach sich zieht!" „Neune mich Du, mein lieber Junge! Diese Stunde knüpft ein feste-, unlösliches Band zwischen uns. Höre nun aber auch auf, mich mit diesen, verzeihe, ganz über flüssigen, wehleidigen Vermuthungen und Prophe zeiungen zn quälen. Mir ist dergleichen verhaßt. Es kann Dir egal sein, ob die Banknoten in den nächsten vierzehn Tagen sich in Deiner Brieftasche befinden, oder irgendwo anders. Du wirst überreich entschädigt werden, daS vergiß nicht!" Düring hatte natürlich die denkbar besten Absichten. Und wenn da eine leise Stimme in seinem Innern sich mahnend erhob nnd ihn daran erinnerte, daß er Positives bezüglich des Testamentes durchaus uicht wisse, sondern sich ganz nnd gar auf das verließ, was Malchow vor länger als einem Jahrzehnt beschlossen hatte, so wußte er mit solchen Regungen schnell fertig zu werden. Wozu sich un- nöthig peinlichen Bedenken hingcben, dazu mar noch Zett, wenn — aber Tborheit, dergleichen auch nur entfernt in Betracht zu ziehen! Paul hätte nun übcrselig sein können vor Glück und stolzer Freude! Seine kühnsten Hoffnungen waren über troffen! Die blonde Fee, zu welcher er bis zum gestrigen Tage kam daö Auge zu erheben wagte, sie war sein! Seine süße, liebliche Braut! Aber wie dunkle Trauerschleicr hatte es ssch aus sein go'dtrcues Gemüth gesenkt — „um welchen Preis —", er mußte es immer wieder denken! Und noch immer konnte er sich zu der Herausgabe der Banknoten nicht entschließen. Es war doch ein schweres, fast zu schweres Opfer, bas da gebracht werden sollte! Die unrnhigen Mienen Döring s aber zwangen ihn zum Handeln. Wozu auch das Zögern, — die Galgen frist konnte wenig nützen! Aber besteht das Leben nicht aus tausend Zufällen, deren jeder, einzeln genommen, eine hochwichtige Rolle im Dasein spielt? Und Paul sah sich wirklich nach allen Ecken um, spähte verstohlen in's Nebenzimmer, ob nicht im letzten Augen blick ihm noch Hilfe nahe, Befreiung auS diesem wirklich tragischen Conflict! Doch nichts Auffälliges geschah. Die Herren dort drüben spielten eifrig ihren Scat, Andere hatten sich zu einem gemächlichen Whist zusammcngcfunden, und wo ein wenig gekannegicßert wurde, da achtete man erst recht nicht auf die Umgebung. Und da zog Paul denn endlich sein Portefeuille wieder hervor, aber nicht, wie vor einer Stunde, stolz und selbst bewußt, sondern widerstrebend, mit einem Gefühl, a's nehme er mit der Entäußerung dieser Geldscheine auch Ab schied von aller Freude, aller Glücksbercchtigung! „Diese Stunde wird sich rächen!" dachte er» „sie wird sich furchtbar rächen!" Döring hatte sich erhoben nnd war an einen Tisch ge treten, auf dem sich Schreibutensilien befanden. Mit seiner schnörkeligen, charakteristischen Handschrift schrieb er den Schuldschein über brcißigtausend Mark. Seine Gedanken glichen einem wilden Strudel. Was Alles blivtc auf in ihm in dieser Stunde, ihn blendend, die herrlichsten Farben ihm vorzanbcrnd! Geld ist ein machtvolles Zaubermittel, und wer eS richtig zn gebrauchen weiß, dem öffnen sich alle Thore, die zu Freuden und Ehren führen, wer es aber verschwendet, dem bringt cs weder Vorthcil, noch Befriedigung, in dessen Händen ist cs wie Schnee, der zerrinnt und auch nichts zurückläßt, als ein erkältendes, unangenehmes Gefühl. Und endlich waren die Banknoten über den Tisch ge wandert. An ihrem bisherigen Platze lag der Schuld schein. JnlinS wünschte den jungen Mann jetzt dorthin, wo der Pfeffer wächst. Ein solennes Souper sollte diesen Glückstag beschließen. Ein schwaches Schamgefühl hielt ihn davon zurück, Paul zu dieser Feier cinzuladcu. Zu dem hätte dessen Trauermiene ihm nur den Appetit ver dorben. Seinen Dank hatte Julius mit Enthusiasmus kund gegeben. Nun war er mit allerhand Plänen beschäftigt. Das Geld brannte förmlich in seiner Tasche. Er gehörte zu Denen, welche uicht eher ruhen, als bis der letzte Groschen verausgabt ist. Paul dagegen fühlte eine schmerzliche Leere in sich. Zum ersten Male war eS, daß er stellungslos und auch ohne jede Aussicht war. Zum ersten Male batte er sein Glück von dem blinden Spiele des Zufalles abhängig gemacht. Ein stechender Schmerz in den Schläfen quälte ihn, ein Hämmern und Glühen, als solle der Kopf auS den Fugen gehen. Wie abwesend starrte er vor sich hin. Nie zuvor hatte er dergleichen gethan. Es war, als sei er plötzlich ein Anderer geworden. Nnd dann plötzlich flammte einem grellen Blitzstrahl gleich die Erkenntniß in ihm empor, daß er dies nicht hätte thun dürfen, um keinen Preis, auch nicht in der Aussicht ans Eva s Besitz. Wenn dieser Punct ein Hinderniß für sein Glück ge bildet hätte, so wäre cs richtiger gewesen, Allem z» ent sagen — wer neue Pflichten auf sich nimmt, muß vor allen Dingen den alten Verpflichtungen nachgckommcn sein. Denn von nnn ab war er seiner Person ja nicht mehr allein Rechenschaft schuldig, auch seine Sorgen mutzten sich schon jetzt Eva mit -uwenden.
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