02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020211027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902021102
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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- Tag1902-02-11
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Amts bkalt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nokizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 vor den Familicnnacii» richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zifseriisatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lffertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./L 60.—, mit Postbesörderung ,/L 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr- Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 76. Dienstag den 11. Februar 1902. 96. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Boerenerfolge. t. London, 11. Februar. (P r i v a t t e l e g r a m m.) Aus Pretoria wird vfficicll gemeldet: Ein britischer Transport, bestehend aus 60 Esclwagcn, 100 Mann In fanterie und 60 Netter«, wurde unterwegs von Beanfort- wcst nach Fraserburg (Capcolonic) von den Boercn über fallen und cavitnlirte. Die britischen Verluste sind außer Gefangenen 2 Officiere und 11 Mann todt, sowie 2 Officiere und 47 Mann verwundet. Ferner überfielen die Boeren erfolgreich die Kolonne Doran nahe bei Calvinia (Capcolonic). Die britischen Verluste betragen 3 Officiere und 19 Mann todt, sowie 17 Verwundete und viele Gefangene. (Und da wird cnglischcrscits stets ver sichert, die Capcolonic sei von Bpcrcn so gut wie ge säubert. D. Ncd.) * London, 11. Februar. (Telegramm.) Lord Kiich euer berichtet aus Pretoria unter dem 10. Februar: Die Verluste der Boercn in den letzten drei Wochen betragen 69 Tvdtc und 17 Ver wundete: 574 Boercn sind gefangen genommen worden und 57 haben sich ergeben. General French berichtet, daß ein aus 60 Wagen bestehender Convoi, der «ach Beaufort, westlich von Fraserburg, ging und von 160 Mann cscortirt war, 30 Meilen von seinem Be stimmungsorte genommen wurde. Die Boercn führten zwölf Wagen weg nn d ver - vrannten die übrigen. Der hinzukommendc Oberst Crabbc trieb den Feind nach einem heftigen Kampfe zurück. Von den Engländern wurden 2 Officiere und 11 Mann gctödtet, ein Officicr und 47 Mann ver wundet, von den Boercn wurden 24 Mann gctödtet und 47 verwundet. — Von der Cvlvuue Dora n, die bei Calvinia operirt und Nachts auf dem Nückzugc angegriffen wurde, wurden 3 Officiere und 7 Mann ge- tödtet und 17 Mann verwundet. — Die Cv- lonne Vondvnop, die von General Methneu am 7. Februar nach Wvlmvranstad gesandt war, u bcr - raschte am 8. Februar Morgens zwei Boeren- lagcr; bei dem Ucberfallc wurden 2 Boeren gctödtet, 3 verwundet und 38 gefangen. Der Commandant P v t- gictcr entkam. * Durban, 10. Februar. („Reuter s Bureau".) Unter den hier cingetroffencn gefangenen Boeren, die ihrer Deportation entgegcnschen, befinden sich Commandant Erasmus und General Viljoen. Nach der nenesten amtlichen Liste betragen die Ber last e d c r En g l ä n d e r seit dem Beginn des Krieges bis zum 1. Februar d. I. im Ganzen 86 459. Davon sind todt 958 Officiere und 19202 Mann. Einem in St. Helena gefangen gehaltenen Boerenofficicr, dessen Name jedoch nicht genannt wird, ist cs gelungen, in einer Kiste zu entkommen, welche in Ascension ausgeladen wurde. Der Commandcur der englischen Truppen und der Adjutant der Garnison von St. Helena befanden sich auf demselben Schiffe. * New Bort, 9. Februar. Die vereinigten irischen Gesellschaften in Cincinnati erlassen eine öffentliche Erklärung gegen die Thcilnahme dar Tochter des Präsidenten Roosevelt, Alice, an den eng lischen K r ö n u n g s f e i e r l i ch k e i t e n, es sei denn, daß sic eine von einer M illiou M üttcr unter zeichnete Petition zu Gunsten der Boerenmütter und Boercnkinder mitnehmcn würde. * Sydney, 11. Februar. ( Telcgram m.) Heute wurde hier unter dem Vorsitze des Mayors eine sehr zahlreich besuchte Volksversammlung abgehaltcn, in der nach einer Ansprache des Ministerpräsidenten von Neu-Südwales einstimmig eine Resolution angenommen wurde, durch die das Vertrauen zur Politik der englischen Regierung in Südafrika aus gesprochen wird, und die gegen die australischen und kanadischen Truppen im Auslände erhobenen Beschul digungen zurückgewicsen werden. «„Reuters Bureau".) * London, 11. Februar. (Telegramm.) Nach einer Depesche des „Rcuter'schcn Bureaus" aus Mel bourne wurde von einer Versammlung im dor tigen Stadthausc eine ähnliche Resolution zu Gunsten der englischen Regierung und ihrer Kriegführung in Süd afrika, wie in Sydney, angenommen. politische Tagesschau. * Leipzig, 11. Februar. Auch gestern wieder hat sich im Reichstag der Staatssekretär des Rcichsjustizamts bei der Bcrathung seines Etats nicht einen Laut über seine oder des Reichs kanzlers Stcllisng zur Ducllfrage herauspresscn lassen. Es ist daher zu begrüßen, daß dem Hanse außer einigen Anträgen auf Abänderung der Ducllbestimmungen auch eine vom Centrum beantragte Resolution bezüglich der Bestrafung des Zweikampfes zur Beschlußfassung vor liegt. Es ist damit ein Schritt »ach vorwärts geschehen, der den Reichstag zwingt, über die bisherigen plato nischen Erörterungen hinauszugehcn. Freilich kann nicht verschwiegen werden, daß die Vorschläge, die bisher vor gebracht sind, an erheblichen Mängeln leide». Sv will der von der freisinnigen Bereinigung cingebrachtc Antrag das Strafgesetzbuch in der Weise ändern, daß überall, wo jetzt Festungshaft augcdrvht ist. Gcsängnißstrafc ein treten und daß die Dauer der Strafzeit für gewisse Duell vergehen verlängert werden soll. Gegen den letzteren Vorschlag müssen wir uns schon darum wende», weil die moderne Criminalistik mit vollem Rechte in der langen Dauer der Strafen eher einen Nachtycil, als einen Vor- theil erblickt und viel mehr Werth darauf legt, daß die Strafe durch eine Verschärfung der Strafart als ein wirkliches Nebel empfunden wird. Diesem Zwecke soll ja nun nach dem freisinnigen Anträge die Umwandlung der Festungshaft in Gefängnißstrafc dienen, und sicher lich wird die Gefängnißstrafc als das schwerere Nebel empfunden. Es hieße aber mechanisch verfahren, wenn man die Gefängnißstrafc obligatorisch an die Stelle der Festungshaft setzen wollte. Gesetzt beispielsweise, das Duell Bcnnigscn-Falkenhageu, das ja den Hauptaus- gangspunct der lebhaften Erörterungen über die Duell frage bildet, hätte den Ausgang genommen, daß Herr v. Bennigsen dem Falkenhagen eine Verwundung bei gebracht hätte, die für diesen zeitlebens ein Denkzettel gewesen wäre. Wäre es dann gerechtfertigt gewesen, den in seiner Ehre und seinem Lebensglück so schwer ge kränkten Herrn v. Bennigsen ins Gcfüngniß zu stecken? Die Einfügung der Gefängnißstrafc in die Duellbcstim- mung halten wir für einen durchaus gesunden Gedanken, aber sic müßte fakultativ sein. Weit über die Vor schläge der freisinnigen Vereinigung hinaus geht die „Natioual-Ztg.". Ursprünglich hatte das Blatt rund weg gefordert, daß die DueUbcstimmungen überhaupt ge strichen und auf das Duell, je nach seinem Ausgange, die Strafbestimmungen über Körperverletzung und Tödtung angewendet werden sollten. Da das Blatt sich aber hat belehren lassen müssen, daß dies nach dem Wortlaute des Gesetzes einfach unmöglich ist, so schlägt cS eine Ab änderung dieser Bestimmungen vor. Es kommt hier aber gar nicht auf juristische Feinheiten an, sondern darauf, daß es eine Ungerechtigkeit sondergleichen wäre, das Duell nach der Art jener Delikte zu bestrafen. Es ist und bleibt ein Unterschied, der doch nicht nur dem Ju risten, sondern jedem Laien klar sein sollte, ob ein Mensch hinterrücks und ganz gegen seinen Willen gctödtet wird, oder ob er aus freier Entschließung und mit vollkommen gleichen Waffen einem anderen Manne gegenüber tritt. DaS erwähnte Blatt meint, daß nur die Gleichstellung des Duells mit der Tödtung eS ermöglichen würde, in einem Falle, wie dem Falkcnhagcn'schcn, die verdiente langwierige Zuchthausstrafe zu verhängen. Auch diese Beurthciluug des Falkenhagen'schen Falles enthält einen schweren Denkfehler. Denn worin bestand die Frcvclthat Falkcnhagcn's ? In erster Reihe doch in dem Ehebrüche. Mag man nun auch vom sittlichen Standpnncte aus den Ehebruch als schweres Verbrechen an sehen, so steht doch das Gesetz nicht auf diesem Staudpnncte, denn cs setzt für den Ehe bruch eine Höchststrafe von 6 Monaten Gefängniß fest und sieht von Ehrenstrafcn vollkommen ab. Was das dem Ehebrüche folgende Duell anlangt, so war Falken hagen der HerauSgcfvrderte und also hinsichtlich der Duetlhandlung an sich absolut nicht mehr schuldig als v. Bennigsen, der ihn ja ebenso leicht Hütte erschießen können. Das Plus an Schuld auf Leite FatkeustagenH liegt lediglich in dem Anlässe zum Duell, nnd da das Strafgesetz für diesen Anlaß, d. h. für den Ehebruch, nur eine Gefängnißstrafc vorsieht, so wäre auch nur eine Gefängnißstrafc in dein Falkcnhagcn'schcn Fallc ange messen. Auch wir sind, wir wiederholen cs, für eine Ver schärfung der Duellfragen, aber wenn man in Ueber- treibungen verfällt, die weder vom Standpunkte der Logik, noch von dem der Gerechtigkeit aus zu billigen sind, so dient inan damit nur Denen, die an alten Vor- urthcilen hängen und deshalb Alles beim Alten bleiben lassen möchten. Wie der Telegraph bereits gemeldet, bat gestern der Bund der Landwirthe eine Resolution deS Inhalts an genommen, daß die Zolltarisvorlage der verbündeten Negierungen ab zu leb neu sei, wenn eS nicht gelingen sollte, ihr eine Gestaltung zu geben, die den „berechtigten Forderungen der Landwirthschaft" entspreche. WaS der Bund unter diesen „berechtigten" Forderungen versteht, hat er durch seine Eingabe vom 23. November v. I. an BundeSrath und Reichstag zu erkennen gegeben. Auf diesen Forderungen beharrt er und will nicht einmal „LerständigungSvorschIäge"prüfen, zu deren Prüfung die „Deutsche Tagesztg." sich geneigt gezeigt hatte, geschweige denn auf den Boden der Vorlage treten, die nach der Erklärung des Reichskanzlers für die verbündeten Regierungen die Grenzen dessen bezeichnet, was der Landwirthschaft be willigt werden kann. Eine wesentlich andere Stellungnahme bat vom Bunde der Landwirthe — abgesehen von einigen Conservativen, denen die Wahl zwischen ihm und ihrer politischen Partei schwer fällt — wohl Niemand erwartet. Aber cS wird auch schwerlich Jemand mit dieser Stellnug- nahnie auf eine Verschlechterung der Aussichten der Zollvorlage schließen. Allerdings erklärte Graf Limburg- Slirum, nachdem der Beschluß der Versammlung gefaßt war, gegenüber einer festen Haltung der agrarischen Par teien werde die Regierung nachgeben müssen, und schien dadurch andeuten zu wollen, die Conservativen würden sich auf die Seite des Bundes der Regierung gegenüber schlagen. Aus der Art aber, wie die „Conservative Correspondenz" die Erklärung des Reichskanzlers bespricht, darf man wohl mit Neckt schließen, daß die überwiegende Mehrheit der Con servativen ganz anders denkt, als der Herr Graf. Das conservative Organ schreibt nämlich: „Die große Wärme, womit weiterhin Herr Graf von Bülow persönlich der Landwirthschaft gedachle, und das Verständniß, das er ihren Leiden entgegcngebracht hat, wird die Wirkung seiner Rede jedenfalls erhöhen und den Laudwirthen die Ueberzeugung nahe legen, daß es in der That gut gethan ist. das Erreichbare sicher zu stellen und die Kräfte nicht im Erstreben unannehmbarer Wünsche zu zersplittern. Wie wir schon seit geraumer Zeit gerathen haben, so ist unser Ralh auch angesichts der bedeutsamen Kanzlerrede, daß die Mehrheitsparteien im Reichstage mit der Regierung Fühlung suchen und sobald wie möglich ein für die» selbe ebenso wie für die Landwirthschaft acceptables Compromiß — nicht etwa vonPunct zu Punct, sondern über die ganze Vorlage — abschließen möchten. Wenn die vom Reichskanzler mit wünschenswerther Entschiedenheit ab gewiesene Opposition über „Nachgiebigkeit" höhnt, so kann ihr dieses Vergnügen vergönnt werden." In einem anderen Artikel des conservativen Parteiorgans heißt es: „Tie conservative Partei denkt auch im Entferntesten nicht daran, dem Reichskanzler und Ministerpräsidenten Schwierigkeiten zu bereiten. Wenn sie auch begreiflicher Weise nicht in allen Punclen mit dem leitenden Staatsmanne übereinzustimmen ver mag, so ist sie doch der Meinung, daß seit dem Abgänge des Fürsten Bismarck kein Reichskanzler in solcher Weise die conservativen Ausgaben unseres Staatswesens gefördert hat wie Gras Bülow, und daß sein Scheiden vom Amte ein Unglück sein würde. Darum werden die Conservative» ihn unterstützen, wo und wie sie es nur immer im Stande sind, in dem Bewußtsein, daß sie sich einen besseren Reichskanzler und Ministerpräsidenten als den Grafen v. Bülow nicht wünschen können." Aus Bukarest, 5. Februar, schreibt uns unser Cor- respoudcnt: Seit nahezu 200 Jahren hat sich die hiesige evangelische Gemeinde in der Straße seßhaft gemacht, welche nach ihr den Namen „S t r a d a L u t e r a n a" em pfing. Dort befindet sich auch die evangelische Kirche nebst dem Psarrhause, die deutsche Realschule, ein bei Rumänen wie Deutschen in hohem Ansehen stehendes evangelisches Schülerpcnsionat, und in unmittelbarer Nähe ferner die dentsch-evangelische Mädchenschnle und das Diakonissen haus. Die ganze Gegend ist seit vielen Menschenaltern Feirilletsn. Rittmeister Eckhoff. Roman von A. von Trystedt. Nachdruck verboltn. „Wenn ein Zusammenleben mit mir Ihnen unerträg lich erscheint, so steht ja dem nichts im Wege, daß wir ge trennt von einander bleiben", begann sie von Neuem in einem Ton, der erkennen ließ, daß sie ihre Macht hoch genug schätzte, um von ihr ganz Anderes zn erwarten, als was sie soeben aussprach, „aber Sic werden doch einer Marotte wegen nicht eine Lebensstellung aufgeben. Es ist doch ein zu gewaltiger Unterschied, ob Sie als Unter gebener in einem Bureau arbeiten, oder als freier, unab hängiger Besitzer das Leben auf Reisen genießen körnten —" „Um mich sorgen Sic sich nicht, mein Fräulein, auch handelt cs sich hier wohl vor allen Dingen um das, was Ihnen verloren geht! Sie wünschten eine Rolle tn der Gesellschaft zn spielen, zu bezaubern, zu bcthörcn! Durch mich aber werden Sie zu dieser Position nicht ge langen, daraus gebe ich Ihnen mein Wort! Zudem bin ich mit Margot Franke verlobt. Ich wollte nicht die oft ausgesprochene Bitte des Herrn Malchow, doch ja zu dieser projcctirtcn Zusammenkunft zu erscheinen, unberücksichtigt taffen. Ich werde morgen auch bei der Testamcnts- crösfnung zugegen sein. Dann ist aber auch Allem Ge nüge geschehen. Mag mein lieber, alter Freund es noch so gnt gemeint haben, diese- Heirathsproject war etwas Widersinnige-, da- habe ich ihm oft genug gesagt!" „Mit Margot Franke verlobt —Stephanie hörte eS kaum. Sie war vollständig nicdergeschmcttert. Ein Gefühl, alS schaue sie in einen bodenlosen Abgrund, er regte sic derart, daß sie, von einem Schwindel ergriffen, in den nächsten Fauteuil sank. Aber gleich raffte sie sich wieder ans. Eie dachte nicht mehr an ihre Schönheit, nicht, wie sic dieselbe durch ein Lächeln, einen Angcnausschkag ins rechte Licht setzen könne. Sie batte die Hände, wie in heimlichem Ringen ineinander geschlungen, ein Bild trostloser Ver zweiflung. So erhob sic sich, kam wieder näher zu ihm heran. Er glaubte den Athem ihres Mundes zu fühlen, der Duft ihres glänzenden, ein wenig rebellischen Haares um schmeichelte ihn. In dieser Stellung, mit der Todesangst im stummen Blick war sic schöner denn je. Eckhoff's Herz aber erschien von Stein, seine Züge wurden noch kälter, abweisender als vorher. „Bitte", sagte sie stockend, aber in einem erschütternden Ton, „bitte, seien Sic doch nicht so unbarmherzig!" Er sah finster auf sie herab. „Wenn diese versteckten Thränen, die ganze, hoffnungslose Verzweiflung meiner Person gelten würden, so könnte ich mich vi-lleicht über fast Unüberwindliches hinwcgsetzcn, könnte, wie Sie cs nennen, Barmherzigkeit üben, obwohl mein Herz unbc- thciligt bliebe —." Sic fand doch schon wieder ein spöttisches Lächeln. „Der Verlust wäre zu ertragen —." Er blieb durchaus gelassen. „Eben darum mag auch der Verlust des Cicldes getragen werden, cs findet, für wohlthätige Zwecke angelegt, wahrlich bessere Verwen dung, als wenn cs für luxuriöse Toiletten, raffinirtc, leicht entbehrliche (ycnüffc verausgabt wird!" „Es war aber Malchow s Wunsch, daß sein Rcichthum mir zu Gute komme —" „So hätte er Sie zur Univcrsalcrbin ernennen sollen „Sic richten eine ganze Familie zu Grunde!" rief sie mit funkelnden Augen, „ich weiß nicht, was ans den Meinigen werden soll, wenn dieses Capital nicht in meine Hände gelangt — „O, mein edler, alter Freund wird sicher Sorge ge tragen haben —" „Ja", vollendete sie hart und bitter, „er wird meiner Mutter ein Almosen bieten! O, dieser verrückte, alte Mann, er hat uns so sicher in den Glauben cingewiegk, daß wir einst reiche Leute sein werden! Statt dessen muß ich seinetwegen diese grenzenlose Demüthigung ertragen!" Ihr ganzer Körper bebte in verhaltenem Schluchzen, ihre dunklen Augen standen voll zorniger Thränen. Obwohl die Schmähreden auf den verstorbenen alten Mann Eckhoff tief verletzten, rührte ihn jetzt doch ihr Jammer. „Ihretwegen wünschte ich, mein Freund hätte meinen wiederholten Bitten, das Testament zu ändern, nachge- gcbcn", sagte er tiefernst, „er meinte cs so herzlich gut, und war fest überzeugt, durch seine Bestimmungen unser Glück zu begründen, obgleich er die kleine Stephanie nur ein einziges Mal gesehen hatte, und zwar, als sie noch nicht schulpflichtig war!" „Sv hatten Sic--von vornherein ein Vorurthcil gegen mich?" „O, nicht doch! Damals wurde ich von dem Wunsche geleitet, mir eine Demüthigung zu ersparen. Ich hielt es für vollständig ausgeschlossen, daß ein so schönes, viel umworbenes Mädchen des Geldes wegen einen solchen Handel — denn er bleibt cs immerhin — eingchen würde!" „Nun, und dann —" „Und dann? Muß ich cs wirklich erst sagen ? Meine Liebe zu Ihnen war zu jedem Opfer bereit. Ich hatte kciue Ahuung, daß das Ende des alte» Herr» so uahc bc- vorstand, ich rechnete überhaupt nicht mit seinem Gcldc — und ich wußte auch, daß Sic von Ihren Eltern kaum eine Ausstattung zu erwarten hatten! Aber mit jubelndem Herzen hätte ich Sic trotzdem hcimgefnhrt! Wie fern lag cs mir, solche profanen Dinge überhaupt in Betracht zn ziehen! Und wenn Sie als Bettlerin in mein Hans ein gezogen wären, ich hätte Sic auf Händen getragen, so lange ich an Ihre Liebe glaubte! Seitdem ich weiß, welcher Hinterlist Sic fähig sind, und wie leer Ihr hoch mütiges Herz ist, könnten Sic in Gold gefaßt sein, ich wKjse Sie doch zurück!" Stephanie fühlte, wie alle Farbe aus ihren Wangen schwand. Sie schrie auf, als habe sie einen Schlag ins Gesicht empfangen. Mit einem fast wahnsinnigen Ausdruck in dem be rückenden, wunderbaren Antlitz stürzte sic nach der Thür. Eckhoff stand schon an ihrer Seite. „Verzeihen Sie mir, gnädiges Fräulein, ich durfte das nicht sagen, ich wollte cs auch nicht, die heftige Erregung, der Schmerz nm mein verlornes Glück rissen mich fort —" „ O, Sie — Sie —" „Ja, ich bin Ihr Feind, offen und ehrlich sei cs gesagt. Aber mein Ebrenwort darauf, daß ich mich nicht wieder vergessen werde! Bitte, vertrauen Sie sich meiner Füh rung an, geben Sic mir Ihren Arm, daß ich Sie hinaus geleite! Sic werden nicht wünschen, daß das Hotelper sonal Ihretwegen die Köpfe zusammensteckt — Sic mochte einschen, daß er Recht hatte, preßte die Lippen so fest aufeinander, daß sie fast blutleer erschienen und legte die Fingerspitzen ans seinen Arm. Seite an Seite, rnhig und vornehm schritten sie durch das Vestibül dem Ausgange des Hotels zu. Die Schleppe des weißen Tuchkleides schleifte mit leisem Geräusch den Boden, sie ließ Stephanies Gestalt noch majestätischer erscheinen, als sonst und ihr zur Seite, sie noch fast nm Haupteslänge überragend, der stolze, vor nehme, stattliche Officicr in der schimmernden, so überaus kleidsamen Uniform seines Regiments. Der Wagen stand schon bereit, ein Hotelüiener sprang herzu und riß den Wagenschlag auf — Eckhoff verneigte sich sehr tief, aber wieder mit dem eisigen, undurchdring lichen Gesicht — Stephanie sah und hörte nichts mehr. Der Wagen schloß sich, die Pferde zogen an. Wie be täubt lehnte die mit den duftigen Rosen geschmückte, an- mnthige Gestalt in den weichen Kissen. Und wenn Feuersflammen sic umzüngelt hätten, sie würde nichts bemerkt, keine Rettung versucht haben. Es gicbt Zustände, wo das Empfindungsvermögen versagt. Die Strafe war für das zärtlich verwöhnte Mädchen zn hart gewesen. Sic, deren Fehler man stets nachsichtig zu entschuldigen, ja zu beschönigen strebte, die nie ein rauhes Wort zu ertragen hatte, sondern cs für selbstver ständlich hielt, daß sic zu den Bevorzugten im Leben gc- börc, zu denen, für welche die Härten des Daseins nicht cxistiren, war in einer tödtlich verletzenden Weise zurück gewiesen worden! „Und wenn Sie in Gold gefaßt wären —", wie ein hvhnvollcs Echo tönten ihr die Worte nach, die vernich tende Erklärung, zu der ein Impuls den unversöhnlichen erregten Mann getrieben hatte! Das Alleinsein war eine Wohlthat, und wie ein ent setzliches Ereigniß fürchtete sie den Augenblick, wo der Wagen halten, sic am Ziel der Fahrt angelangt sein werde: für sic hätte dieselbe heute kein Ende zu nehmen brauchen. Aber nur zu bald war der kurze Weg zurückgclcgt, den sie vor einer knappen, halben Stunde so übermüthig, so ganz durchdrungen von ihrer Unwiderstehlichkeit und deut ungewöhnlichen Glück, das ihr bcschicden war, unter nommen hatte. Auch nicht der leiseste Zweifel war ibr gekommen, daß es anders werde» könne, als sie erwartete. CS erschien Alles so selbstverständlich. Statt dessen diese »«barmherzig grausame Wendung.
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