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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.03.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020303011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902030301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
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Der bisher in Windhoek thätige Lehrer wurde zur Einrichtung einer Regierungsschulc nach Keetmann Shoop versetzt. An seine Stelle trat ein neuer im Juni aus Deutschland eingetroffener Regierungslehrer. In Gibeon stieg der Schulbesuch zunächst sehr schnell von 17 auf 27, darunter 23 Boerenkinder. Der grüßte Thcil der Letzteren war schon über das schulpflichtige Alter hinaus. Dieselben wurden von ihren Eltern meist aus dem Grunde zur Schule geschickt, weil bet den Boeren der Schulunterricht als Confirmationsunterricht angesehen zu werden pflegt. Nachdem die größeren Schüler und Schülerinnen wieder auSgefchieden waren, wurde das neue Schuljahr mit 12 Schülern, 7 Knaben und 5 Mädchen, eröffnet, welche in drei Abthcilungen unterrichtet wurden. Unterrichts gegenstände waren: Deutsch mit 14 Stunden, Rechnen mit 4 Stunden, Religion mit 2 Stunden, Realien und Gesang mit je 1 Stunde, zusammen 22 Stunden wöchentlich. Die Thätigkeit der RegicrungSschulcn findet ihre Er gänzung tu -er Wirksamkeit der Missionen. Im Norden des Bezirks Outjo bat die Finnische Mission drei Stationen, Olukonda, Onjipa und On- dangua, die mit je zwei Missionaren besetzt sind. Die Zahl der die Schulen und den Tanfunterricht besuchenden Personen betrug insgesammt etwa 650. Der Unterricht wurde in der Stammessprache ertheilt und erstreckte sich auf Lesen, biblische Geschichte, Katechismus und Gesang. Eine sich auf das gesammte Schutzgebiet ausdehnende Thätigkeit entfaltete die (evangelische) Rheinische M i s s i o n s g e s e l l s ch a f t. Sie hat insgesammt 26 Stationen nnd 28 Außenstationen oder Filialen. Das Personal besteht aus 27 vrdinirten Missionaren und 37 besoldeten eingeborenen Lehrern n. s. w. Die Gesellschaft unterhält im Schutzgebiet 51 Schulen, die insgesammt von etwa 2700 Schülern besucht sind. Die Zahl der Getauften beträgt 12 164, die Zahl der Tansbcwerber 1629. Bon den 26 Stationen kommen 9 auf das Namaland, 15 auf das Hererolanb, 2 auf bas Ovamboland. Im ganzen Süden des Schutzgebietes wurde darüber geklagt, daß die Dürre die Eingeborenen nöthigte, mit ihrem Nieh ins Feld zu ziehen, worunter der Schulbesuch erheblich zu leiden hatte. In Gibeon z. B. ist unter diesen Verhältnissen die Anzahl der Schulbesucher von 180 bis auf 80—50 zstsammengeschmolzen, während die Gemeinde durch Taufe bezw. Confirmation einen Zuwachs von 61 Erwachsenen zu verzeichnen hatte. In Bersaba wurde mit dem Ban einer Kirche nnd eines Schulgebäudes durch die Eingeborenen nnler der Leitung eines MissionsbauMeisters begonnen. Die Seelsorge bet der evangelischen Bevölkerung in Sioqkop- mund wurde durch den in Walfischbat stationirten Missio nar aUsgeitbt. In der katholische« Missionsstation Heirach «bis waren ein Pater, ein Laienbruder und drei Ordensschwestern von -er Congregativn der Oblaten des H. Franz von Sales thütig. Bei den in Swakopmund und Windhoek Niederlassungen be sitzenden Orden der Oblaten derH. und unbe fleckten Jungfrau Maria wirkten 8 Patres und 8 Brüder. Gründungen von Stationen im Norden des Schutzgebietes sollen in nächster Zeil erfolgen. Die Urtheile der Missionare über die Erfolge sowohl ihrer Schul- als auch ihrer Bekehrungsthätigkeit lauten nicht allzu günstig. In ersterer Beziehung wird wohl eine gewisse mechanische Fertigkeit, z. V. im Lesen nnd Rechnen, erreicht, aber cs wird über die Gebankenträgheit -er Eingeborenen geklagt, welche der Erzielung von höhe ren Erfolgen cntgegenstehe. Ebenso wird Klage geführt über „die Charakterlosigkeit nnd den praktischen Materia lismus des NamavvlkeS", an welchen Eigenschaften der Einfluß der christlichen Lehre auf das Leben scheitele. Im Schutzgebiet Dcutsch-Nen-Guinea existiren Regie rungöschulen noch nicht, die ganze Schulthätigkeit liegt vielmehr in den Händen der Missionen. Im Gebiet von Dcutsch-Neu-Guinea haben folgende Mtssionsgesellschaften Niederlassungen: 1) evangelische Mission sgesellschaftenr die Rheinische Missionsgesellschaft, die Neuen-Dettelsauer Missionsgesellschaft und die Wesleyanische Mission: 2) katholische Missionsgesellschaften: Gesellschaft des göttlichen Wortes und Genossenschaft der Missionare vom Heiligsten Herzen Jesu. Von diesen Gesellschaften wirken auf Kaiser Wilhelms- land die Rheinische Missionsgcsellschaft, die Neucn-Det- tclsauer Mifsion und die Gesellschaft des göttlichen Wor tes: im Bismarck-Archipel die Wesleyanische Mission und die Gesellschaft vom Heiligsten Herzen Jesu. Die Rheinische Missionsgesellschaft besitzt vier Statio nen (Bvgadjim, Siar, Bongu und Gragct), die von vier Missionaren, von denen drei verheirathct sind, verwaltet werden. Die vier Schulen waren von 186 Schülern be sucht. Die Mtssions-, sowie die Schulthätigkeit hatten unter -en durch das Klima bedingten Unterbrechungen -er Wirksamkeit der Missionare zu leiben, doch gelang cö, wenn auch unter großen Schwierigkeiten, auf beiden Ge bieten einige Erfolge zu erzielen. Die Neuen-Dettelsaner Mission hat gleichfalls vier Stationen (Simbang, Sattelbcrg, Detnzerhöhe auf dem Festlande und die Jnselstation Tann). Ihr Personal be steht aus vier verheiratheten Missionaren mit ihren Frauen, drei lebigen Missionaren und sechs Missionars kindern. In den vier Schulen, deren Lehrstoff sich ent sprechend der niedrigen Cultnrstnfe der Eingeborenen nur auf die unterste Stufe einer Elementarschule er streckt, wurden insgesammt 90 Schüler unterrichtet. Die Schüler werden außerhalb der Unterrichtsstunden zur Gartenarbeit angehalten, um so durch ihre Mitwirkung die zu ihrem Unterhalte ttothwendigen Feldfrüchte zu gewinnen. Während die beiden evangelischen Missionsgescll- schaften in Kaiser Wilhelmsland auf ihrem bisherigen Feld weitergcarbeitct haben, hat die katholische Mission des göttlichen Wortes ihr Wirkungsfeld durch Gründung einer neuen Station, St. Anton auf der Insel Aly bei Berlinhafen, erweitert. Sie verfügt jetzt über vier Stationen: St. Anton auf Aly, St. Joseph auf Tumleo, Regina Angelorum in Vokau und Potsdamhafen. Ihr Personal besteht aus sieben Patres,^sechs Brüdern, von denen einer zur Erholung sich in Sydney aufhält und vier Schwestern. Die Zahl der getauften Gemcindemit- glieder beträgt etwa 220. Neben fünf Schulen wird in Tumleo eine Art Kindcrbcwahranstalt unterhalten. In den Schulen auf Tumleo wird versucht, die deutsche Sprache nach Möglichkeit einzubürgern. Einen größeren Umfang als auf Kaiser Wilhelmsland hat die MissionSthätigkeit im Bismarck-Archipel. Die Wesleyanische Mission besitzt drei Hauptstationen (Ulu für Ncn-Laueuburg und Neu-Mecklenburg, Kaba- kada und Raluana für Neu-Pommern) nnd 101 Außen stationen: die Gründung einer vierten Hauptstation, und zwar an der Westküste von Neu-Mecklenburg, ist in sichere Aussicht genommen. Den drei weißen Missionaren stehen als Gehilfen zur Seite 26 Ftdjiancr und Samoaner und 76 eingeborene Christen. Es konnte bereits eine beträchtliche Anzahl von Eingeborenen getauft werden. Neben 100 Dorfschulen besteht in Raluana eine Bezirks schule für vorgeschrittenere Schüler nnd in Ulu ein Seminar, das die Ausbildung von Eingeborenen zu Missionsgchilfen zum Zweck hat. Die Genossenschaft der Missionare vom Heiligsten Herzen Jesu besitzt im Bismarck-Archipel 18 Haupt stationen und 17 Ncbcnstationcn. Die Zahl der getauften Eingeborenen übersteigt 8000. Die «leisten Stationen haben Schulen, die zum Thcil sehr stark besucht sind. Auf den Ostkarolincn (Ponape) führte die Fürsorge für die Erziehung der Eingeborenen in Verbindung mit den Missionen zur Einrichtung von sieben Schulen mit farbigen Hilfslehrern. Die katholische Mission der Kapuziner der Provinz Aragonien hat auf Ponape fünf Stationen: ihr Personal besteht aus drei Vätern und sieben Laienbrüdern. Die Zahl der Kirchen Mitglieder beträgt 1051. In neu» Schulen wurden 186 Schüler und Schülerinnen unterrichtet. Die pro testantische Bo st on er Missionsgesell schaft hat zur Zeit als weißes Personal vier ver- beirathete Missionare mit ihren Frauen nnd acht Lehrerinnen. Sie hat das Jnselgebiet in drei Gebiete getheilt: Kusaic, Ponape, Ruk- und Mortlock-Jnseln. Aus dem letzteren Bezirk liegen statistische Angaben über die MissionSthätigkeit nicht vor. Im Bezirk Knsaie wurden drei Schulen von insgesammt 126 Schülern be sucht. In Ponape betrug die Zahl der Gcmeindemit- glieder in fünf Elemcinden 720. die Zahl der Schüler in acht Schulen (darunter fünf Sonntagsschnlen) 453. Die einzige Missionsgesellschaft, die in den West- Karolinen thätig ist, ist diejenige der spanischen Kapuziner, die auch auf Ponape Niederlassungen be sitzt. Sie hat in den West-Karolinen sieben Stationen, die mit acht Vätern nnd neun Laienbrüdern besetzt sind. Die Zahl der getauften Eingeborenen Japs, welche An fang des Jahres 1900 1018 betrug, ist auf 1048 gestiegen, dagegen ist der Schulbesuch vvu 542 auf 9 gefallen. In den Palau sind 20 Eingeborene getauft worden. Vvu einem Kirchenbesuch der Japcr kann man kaum sprechen, dagegen sind die Tagalen und Chamorros eifrige Kirch gänger. Die Japer erklären, daß, wenn man ihnen einen Lehrer aus Deutschland kommen ließe, sic alle Kinder zu ihm schicken würden: auch Erwachsene würden den Unterricht besuchen, um Deutsch zu lernen. Auf den Marianen unterhält die Genossenschaft der spanischen Augustiner-Recollcctcn je eine Station auf Rota, Tinian und Saypan. Die Zahl der Gemeinde mitglieder wird auf 1944 angegeben. Die von der Ver waltung eingerichteten Schulen in Garäpan, Tanäpag und Nota wurden in der bisherigen Weise mit ein geborenen Lehrern weitcrgeführt. Bisher liegen die Er folge mehr in der Gewöhnung der Kinder an Ordnung und Pünktlichkeit, als in dem Inhalte des Unterrichts. Die Sendung deutscher Lehrer wäre sehr erwünscht. Vor nehmlich erzieherischen Zwecken dient auch die Aufrecht erhaltung der aus 43 Eingeborenen bestehenden Polizei truppe, die bet dem durchaus friedlichen Charakter der Bevölkerung für ihre ursprüngliche Bestimmung kaum nöthig werden wirb. Jährlich im Januar findet der Ersatz der abgehenden Mannschaften durch diejenigen jungen Leute statt, welche das 18. Lebensjahr erreicht haben und tauglich befunden werden. Geeignete Leute bleiben auch nach Ablauf ihres Jahres bei der Truppe. Aus ihnen sollen später die Aufseher und Gemcindc- bcamten genommen werden. Bet nur zwei täglichen Uebungsstundeu kann natürlich von einer eigentlichen militärischen Ausbildung keine Rede sein. Aber allein schon die Gewöhnung an Pünktlichkeit und Gehorsam, an exaktes Zusammenarbeiten und vor Allem die För derung der Kameradschaftlichkeit zwischen den sich bisher fremd gegknübcrstchcndcn Stämmen der Chamorros und Karoliner erscheint als ein nicht zu unterschätzender Ge winn dieser Einrichtung. Von den hierher gebrachten zwölf Malaien wurden neun aus ihren Wunsch, der, Höi ihrer Minderwerthigkeit mit dem Interesse Les Dienstes zusammenfiel, nach Ponape zurückgesandt. Im Schutzgebiet -er Marshallinseln wirken die evan gelische Bostoner Missionsgesellschaft und die katholische Genossenschaft der Missionare vom Heiligen Herzen Jesu. Die Bostoner Missionsgesellschaft unterhält im Schutzgebiet 27 Schulen, die von 30 Eingeborenen, theils Geistlichen, theils Lehrern, geleitet werden. Daneben ist seit November 1899 auf -er Insel Nauru ein weißer und öeutschsprechcnbcr Missionar stationirt. Die Anzahl der Schüler beträgt auf Nauru 246 Kinder ünb 215 Er wachsene. Die Missionare vom Heiligen Herzen Jesu haben ihre Station, die mit drei Priestern und drei Brüdern besetzt ist, auf Jaluit. In der Schule wird ausschließlich die deutsche Sprache gebraucht. In Samoa sind folgende Missionsgesellfchaften thätig 1) evangelische: a. die Londoner Missiousgescll- schaft, mit 7 Stationen und etwa 23 000 Gemeinde- Ferritlet««. Die Parsorce-tteiterin. Humoristische Skizze von MaxPolläczck. Nachdruck verboten. Der Referendar Philipp von Lanken hatte bas Pulver nicht erfänden. Da dies aber auch Nicht zu seinen dienst lichen Obliegenheiten gehörte und keinen Fleck in seine Pcrsonalacten machte, so ließ es ihn kalt. Im Uebrigen war er ein guter Junge, höchst correct und sterblich in die Tochter seines Präsidenten verliebt. Er hatte Fräulein Erna kennen gelernt, als er im Hause des hvhen Vor gesetzten seinen Antrittsbesuch machte, und seitt leicht ent zündliches Herz hatte sofort ist Flammen gestanden. Dann waren die GerichtSferten dazwischen gekommen, Erna war mit ihren Eltern in Norderney gewesen und Philipp hatte den SvmmerleutNant spielen Müssen. Er war sieben Pfund leichter geworden, aber seine Liebe war dieselbe geblieben, und nun. da der Winter und mit ihm die Saison gekommen war, nutzte er die Gelegenheit, welche sic ihm gab, daS Präsideutentöchterleln zu sehen, nach Kräften aus. Bei allen gesellschaftlichen Veranstaltungen war er in ihrer Nähe zu finden, und bei einem WvhlthätigkcitSbazar kaufte er ihr so viel ab, daß sic von allen Damen die grüßte Ein nahme und er von allen Herren die leersten Tasche« hatte. Leider fand diese Hingebung sticht de« verdienten Lohst. Nicht, daß Erna Herrn von Lanken abgeneigt gewesen wäre. Nein» ihr erschien er so weit ganz Nett» eine vor zügliche Partie war er, was sie als Jurtstentochtrr wohl beachtete, doch war er ihr rin bischen zu correct, ja zu fade. Mit der liebenswürdige« Ungenirtheit einer Biclüttt- worbcncn ließ sie ihm daß Merkest. Tie ließ burchbltcken, daß ein Mann, -et ihr gefallen oder gar imponiren solle, „gelebt" haben, daß er eine „Vergangenheit" besitzen müsse. Der Referendar wollte zuerst verzagen. Woher sollte er eine Vergangenheit nehisteM Er war auf der Nittcr- akadeMle gewesen, später aüs der Universität und hatte natürlich einem feudalen Lorps angehört, Sein Jahr hatte er in einem vornchmött CävällektcLegiiNönt abgeöient, war Reserveofficter geworden und nun war er Re- gierungsreferrnbar. Daß dieser LebenSgang keine Ver gangenheit in Ernas GiNnc war, sah er öhke Weiteres ein. Seine Sttuattön wnr kritisch Und eS blieb ihm tu seinem Mißvergnügen nichts anderes übrig, alb schärf nachzubenkcst. Er Vkrstieg sich babel sogar in die Regionen der Philosophie. Er argümesttirte! WaS Zukunft ist, ist im nächsten Augkstbttckr Gegenwart und wieder einen Moment weiter Vergangenheit. Da ich e» tn meiner Hand habe, wie ich meiste Zukunft gestalten will, so kann ich mir auch eine Vergangenheit nach meinem Belieben schaffen. Als er in seiner Gedankenarbeit so weit gekommen war, athmete er auf. Herr Gott, bequem war es ja nicht, ein Lebemann, ein Don Juan, ein Lovclace werden zu müssen, aber was thut man schließlich nicht um der Ge liebten willen. Selbstverständlich kann man kein Don Juan sein, wenn cs keine Zerlinen und Elviren gicbt und seine nächste Sorge mußte eS sein, sich nach solchen umzu sehen. Das war nun gewiß eine heikle Sache, aber da kam ihm das Glück ist Gestalt eines Circus zu Hilfe. Eines schönen TageS verkündeten riesengroße Plakate einem hohe« Adel und verchrlichen Publicum, daß der weltberühmte Circus Martinelli seinen diesjährigen Aufenthalt mit einer Ertra-Gala-Borstellung eröffnen würde. Am Mittage veranstaltete die ganze Gesellschaft eisten feierlichen Umzug durch die Stadt und da sic über zahlreiches Personal, geschmackvolle Costüme und gutes Pfcrdematetial verfügte, waren am ersten Abende alle Plätze des runden Baues besetzt. Das Referendar von Lanken zufällig neben der Loge Platz genommen hatte, in der der Präsident mit seiner Familie saß, wird Niemanden befremden. Dem Publicum schien das ganze Programm zu gefallen, denn cs klatschte tapfer, den größten Beifall aber fand Mademoiselle Marguörite Lejars, eine wirklich vorzügliche Parfvrcercitcrin. Auch FtäuleiN Erna gab ihrer Bewunderung für die schneidige Künstlerin und ihre Trics auf ungcsatteltem Pferde un verhohlenen Ausdruck. DaS erschien Herrn von Lanken als ein Wink des Himmels. Er beschloß, unter allen Um ständen mit der Kunstreiterin eine Liaison anzuknüpfen. Nach Schluß der Vorstellung merkte er, daß er diesen Ge danken nicht allein gefaßt hatte. Eine ganze Anzahl Herren der jennosso ckorö« hatten die gleiche Absicht und Man elnlgtc sich schließlich darauf, der Dame eine Kollektiv- rlstladustg zum Souper zu sende«. Man war nicht wenig ckstaüsti, als der Logenschließer, den mau mit der Ucbcr- mittlung dieser Botschaft betrauen wollte, entschieden er klärte, daß er das ehrenvolle Amt ablchnen müsse, da Mademoiselle Marguerite ihm streng untersagt habe, ihr dergleichen -u bringen. Eine Garderobiere, die man schließlich dazu gewann, kehrte unverrichteter Sache zurück. Adressatin hatte die Annahme verweigert. In den Nächsten Tagest sprach man überall nur von der unnahbaren Kunstreiterin. Herrn von Lanken war das gerade recht. Einmal schreckte dieser Ruk Mitbewerber ab, dann tväk er geeignet den Ruhm feines Sieges ganz be trächtlich z» erhöben uns data«, -aß er siegen würde, zweifelte er keineswegs. Er fing die Sache seiner Meinung nach sehr geschickt an. Abend für Abend ließ er Mar- g«rttte Blumenkörbe und Kränze überreichen, an denen Mitunter Etntß Mit blitzendem Inhalt befestigt waren. L«a für Lag bvmbardirtr er sie mit Briefchen, indem er um Gewährung eines Stelldicheins bat. Das Einzige, waö er erreichte, war, daß er sich comprvmittirte. Die ganze Stadt sprach von seiner Leidenschaft zu der Kunst reiterin, der Präsident erwiderte seinen Gruß in eisiger Weise und die Frau Präsident übersah ihn völlig. Ihm selber machte die Geschichte wenig Spaß, er schätzte Marguerite als Reiterin, sonst ließ sic ihn furcht bar kalt, aber er hatte sich vorgenommen ein Dott Juau zu werden und diesen Vorsatz wollte er um jeden Preis ausführen. Er verdoppelte seine Anstrengungen, d. h. seine Rechnung beim Blumenhändler stieg ins Uegchcuer- liche und auch der Juwelier verdiente ein schönes Stück Geld und siehe da, endlich schien ihm das Glück zu lächeln. Den Abend vor der Abreise des Circus erhielt er zum ersten Male eine Antwort von der Künstlerin. Auf einem eleganten, duftenden Billct, aber in sehr markigen, kräftigen Schriftzügen bat sic ihn, sie vor der Vorstellung in ihrer Garderobe aufzusuchcu. Lanken triumphirte. Er war überzeugt, daß er heute noch an das Ziel seiner Wünsche gelangen würde und be stellte für jeden Fall im ersten Hotel ein vorzügliches Souper für zwei Personen, zu servircn in einem kleinen Salon apart. Nachdem er noch geraume Zeit bei seinem Friseur zugebracht hatte, wandelte er, ein paar langge- sticlte in Scidcupapicr eingewickeltc Rosen in der Hand, zum EircuS. Das Herz klopfte ihm doch ein biSchcu, als er vor der mit grauer Oelfarbe gestrichenen Wellblech- thüre stand, hinter der die Holde weilte. Deswegen be merkte er wohl auch das süffisante Lächeln deS Stallbc- dienten nicht, der ihn geführt hatte. Er klopfte an und trat ein. Mit einer Entschuldigung wollte er den häßlichen, kahlen Raum wieder verlassen, denn nicht Mademoiselle Marguc-rite, sondern eist jnnger Mann befand sich darin. Aber der winkte ihm zu bleiben. „Sic suchen Mademoiselle LejarS, nich wahr? Bitt warten Sie einen Momäng, se wird jleich kommen." Er sprach ein recht ordinäres Deutsch. Gegen Herrn von Lanken aber war er recht höflich. Er fegte ein paar Riemen und Sporen von einem elenden Holzstuhl her unter nnd lud den Gast ein, darauf Platz zu nehmen. Dann fing er an unaenirt Toilette zu machen. Lanken sah sich discret uw. viel Beschäftigung sand fein Auge Nicht. An den nackten Wänden klebten einige grellbunte balbzerseyte Plakate, irgend ein früherer Benutzer dieses Raums batte mit Kohle einige Zeichnungen als Schmuck htnzugrsügt. die seiner Phantasie mehr Ehre machten als seiner Technik. Allerlei Plunder hing von den Nägeln herab, ein rober Tisch unter einem schlechten Spiegel und rtn vaar elende Stühle machte« daS Mobiliar aus, Und das war die Garderobe der gefeierten Künstlerin? Hm, der Gedanke war ihm entschieden unangenehm Ernaß Boudoir gewährte sicher einen angenehmeren, ästhetisch befriedigenderen Anblick. Am Ende mußte Margusrtte diese erbärmliche Kammer noch mit jenem Burschen thetlen. Er sah hinüber. Na, es war ja eigentlich ein ganz forscher, hübscher Kerl, wenn er nur nicht den häßlichen Stoppel bart gehabt Hütte. Aha, nun rastrt er sich. Als was er wohl auftrat? Wahrscheinlich als Baron. Dann würbe er sich wohl später roth schminken und weiß pudern, jeden falls irgend eine Fratze anmalen. Zum Kucknk, man konnte ihm, dem Referendar und Rescrvcleutnant Philipp von Lanken doch nicht zumuthen, den Zuschauer bei der Costümirung solch eines Faxenmachers abzugcbcn. Und was geschah, wenn Marguerite dazu kam? DaS konnte ja furchtbar peinlich wetdcn. Und wenn daS auch nicht, würde der Kerl wenigstestö soviel Tact haben, «m schleunigst den Rückzug anzutrctest? Während der Referendar so überlegte und noch un schlüssig war, was er ihn« sollte, hatte der junge Mann sich rasirt nnd aus verschiedenen Porzellantöpfchcst, die sich in einer alten Cigarrcnschachtcl befanden, geschminkt. Nun hüllte er sich in ein großes Umschlagetuch ein, zog die Schublade des Tisches auf, holte eine Pcrrtickc hervor, stülpte sic sich rasch auf und wandte sich zu dem Besucher nm. Der prallte zurück, als sähe er einen Geist. Bor ihm stand Mllc. Marguerite. Und sie begann zu sprechen, nicht französisch, sondern in dem Idiom, das an den Ufern der Pankc blüht. „Jetzt, wcröen't Sc's woll merken, Herr Baron, wa rum ick aus mein' Jncojnito nich raus jcjangcn bin, als Mademoiselle Marguerite zieh'k besser, als mit mein' ehr lichen Namen Fritze Naujock. Jetze, wo wer fortjchn, kann'k es Ihnen ja sagen, damit Se keene unglückliche Liebe zurückbehaltcn." Fritz Naüjock lachte aus vollem Hatse. DaS war Mehr als Philipp von Lanken ertragen konnte. Er warf die Rosen, die et in der Hand trug, zu Boden und stürzte fort. Es dauerte eine geraume Zeit biS et sich einigermaßen gefaßt hatte. Während die ganze Honorattvrenschaft der Abschiedsvorstellung beiwohnte, Mllc. Margüekite zujubcltc und sich nur wunderte, daß deren treuester Verehrer, Herr von Lanken fehlte, irrte dieser durch die Straßen und übelegte: „Was nun?" Er faßte endlich drei Entschlüsse. Zunächst aß ek bas bestellte Souper allein auf NNd zwar beide Couverts. Dann erklärte er sich, einmal den Dött Juan gespielt zu staben und nie wieder. Zum Dritten aber nahm er sich vor, da er daran verzweifelte, zu eitle* „Vergangenheit" zu kommen, ohne diese nm Erna anzuhaltcn. Das that er denn auch und — sie sagte In. D. h. nicht gleich, zuerst wies sic — die ihn selber nufgcMuntert hätte, — vorwurfsvoll auf seine züttgsie BergängenVett hin, aber als er beichtete, wie sein Abenteuer geendet hatte, mußte sie fachen und da hatte sie auch schon den Berlobungskuß weg. Das Lanken'sche Ehepaar hat sich aber jede» Jahr dte berühmte Parsoreercitcrtn angesehen, btck an deren Stelle einst der Jocketreitir Miste» Fred Naujock trat.
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