Weltweites Engagement Zinzendorf befand sich in Dresden, als am 6. März des Jahres 1726 I die Landvögtin in Großhennersdorf unerwartet ihre Augen schloß. Als er von ihrem Heimgang hörte, eilte er sofort nach Berthelsdorf. I Als Enkel hielt er ihr die Parentationsrede, die gedruckt vorjiegt. Für | ihn hat es viel bedeutet, daß diese große Frau, nach deren Tod un- | gezählte teilnehmende Schreiben aus dem Ausland von Persönlichkei ten europäischen Rufes eintrafen, sich in ihren letzten Lebensjahren I ganz eindeutig zu ihm und dem Herrnhuter Werk gestellt hatte. Nun hielt den Grafen nicht mehr viel in Dresden, wenn er auch erst im Frühjahr 1728 seinen Dresdner Haushalt aufzulösen begann. Das Schwergewicht seiner Pläne konzentrierte sich vorerst auf die Oberlausitz und seine Mähren. Die Hofhaltung der gräflichen Fa milie, die in Herrnhut ein Herrschaftshaus einrichten ließ, später je doch wieder nach Berthelsdorf übersiedelte, erweiterte sich ständig. Äußerlich gesehen entsprach sie dem Zuschnitt, wie man ihn auf den vielen kleinen Rittergütern der Oberlausitz antraf. Jeder gräfliche Angestellte hatte mehrere Obliegenheiten zu erfül len. Einer der beiden Lakaien verwaltete das Tafelsilber, rangierte als Tafeldecker und war zugleich Konditor. Der zweite Lakai diente Zinzendorf als «Copist», dem er die Korrespondenz diktierte. Ein Silberputzer war zugleich Schneider. Die beiden Hofdamen bzw. Ge sellschafterinnen standen zugleich der ausgedehnten Wirtschaftsfüh rung vor. Die drei Kammerjungfern betreuten die Kinder, eine un ter ihnen war zudem Köchin. Die Hofhaltung Zinzendorfs wurde zu einer großartigen Erzie hungsschule für die Mähren. Denn aus ihren Reihen nahm er sich die gräflichen Bediensteten, die auf diese Weise lernten, sich auf je dem Parkett richtig und sicher, ohne falsche Unterwürfigkeit, zu be wegen. Ein serviler Tön war verpönt. Nüchterne, zähe und zielbe wußte junge Mähren wurden im täglichen Umgang mit dem Reichs grafen für ihre Aufgaben vorbereitet. Es herrschte in jener Anfangs zeit eine solche Freimütigkeit in Herrnhut, in den Häusern, auch im Herrschaftshaus, daß jeder frei sagen konnte, was ihm nicht recht dünkte. Es war ein rechter Streiterhaushalt. Der Gedanke freiwilliger Ar mut beseelte die Hausbewohner des Herrenhauses. Das gräfliche Paar ging in der äußersten Bedürfnislosigkeit allen voran. Im Blick auf Kleidung und Nahrung war Zinzendorf anspruchslos. Er ging fast nachlässig gekleidet und blieb in seinen äußeren Gewohnheiten sein Leben lang unkorrigierbar. Wir lassen unsere Kleidung wenden und ausbessern, solange etwas dran ist; auch Strümpfe und Schuhe; denn wir müssen vor dem Herrn mit der Rechnung zu bestehen suchen. Wenn es Essenszeit ist, gehe ich zu Tisch; wenn ich eine warme Stube brauche, so wird sie mir geheizt; brauche ich Licht, so zündet man's an; gibt man mir Tee, so trinke ich ihn, gibt man mir keinen, so fordere ich's nicht, und bei diesen Umständen sehe ich in vielen