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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190201199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-19
- Monat1902-01
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1902
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BezugS'PretS ooear» Druck und Verlag von E. Polt in Lripjl-. Jahrgang Nr. 33 Sonntag den 19. Januar 1902 »neu. Lt.L weg. t«n k-°- t. o. l. v. i. o. l-v. l.o. l.v. l.1). Fall zum ein der Großbritannien. Tod; PreMmnicn. * London, 18. Januar. (Telegramm.) TaS Parla- mentSmitglicd Asbmead Aartlctt ist heute gestorben. * London, !8. Januar. (Telegramm.) Zu der gestrigen Erwiderung Balsour'S aus Mac Neill'S An» als die unserigen schwer schädigen müßte. Wir fürchten aber nach wie vor nicht die Opposition, sondern die extremen Elemente der Mehrheit. Graf Bülow hat ihnen im preußischen Landtag inS Gewissen geredet und der badische Jinanzminister hat dies in der Karlsruher Kammer noch lästiger gethan: Wir lönnen die vorgeschlagcneu Ge- treidezollsätzc gerade eben noch vertreten, aber „gegen ein irgend nennenSwertbeS Herausschrauben des Zollschutzes würde die badische Negierung entschieden Stellung nehmen". So sind alle größeren Regierungen ge- onnen, schon weil sie gar nicht anders dürfen, und dre Alles oder NichtS-Leute sollten sich warnen lassen. Wenn heute, wo die Stadthagen und Richter die Zollerhöhung zu ver hindern suchen, mit der Parole „Besserer Schutz für die Landwirthschast" in einen Wahlkampf eingctrctcn würde, wir ind überzeugt, eS würde abermals eine zollsreundliche Mehrheit Stande kommen. Wirb aber gewählt, nachdem die SportS- und Geschäftsleute vom Bunde der Landwirthe eine sehr be trächtliche Erhöhung der Zölle vereitelt haben, dann kann der Unwille der gemäßigten Elemente leicht ein anderes Er- gebniß verursachen. l.0. t.o. l.o. Frarrkreich. * Paris, l8. Januar. (Telegramm.) Der Gemeinde rath beschloß heute Nacht, einer Pachtgesellschast die Con- cession zum alleinberechtigten Betrieb der Gas - Industrie in Paris auf 50 Jahre zu crtheilcn. i. o. l. o. l-v. er. * Pest, 18. Januar. (Telegramm.) TaS Abgeord netenhaus nahm die Vorlage über die Bewilligung des Rec ru tencout ingen tS für 1002 an. Victor Rakosi inter- pellirt den Minister deö Innern, ob er geneigt sei, die Polizei anzuweisen, daß keine weiteren Licenzen an deutsche Chantantkaffeehäuser ertheilt werden. In seiner Motivirung erklärt Redner, selbst ein Berliner Blatt habe daS Vorgehen der Universitätsjugend gegen die Ehautants gebilligt. Er müsse gegen die Auffassung protestiren, als ob der Bewegung der Jugend Verfolgung der deutschen Eultur oder Antisemitismus zu Grunde läge. i. v.vv Deutsches Reich. -r- Berlin, 18. Januar. (Die preußische Krone und Graf Bülow.) Dec preußische Minister präsident hat es gegenüber dem Abgeordneten Richter ab gelehnt, den Ministerwechsel vom vergangenen Frühjahre zu er örtern, weil Entlassung und Ernennung der Minister nach der Verfassung lediglich Sache der Kron« sei. Als Sache der Krone hat Graf Bülow ferner die Entscheidung darüber bezeichnet, wann ein- Auflösung des Abgeordnetenhauses erfolgen soll. Und schließlich nannte er die Entscheidung über das Einbringen einer Gesetzesvorlage in der preußischen Volksvertretung wiederum eine Sache der Krone. Nun ist nach den Artikeln 45, 51 und 64 MWM.TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und N-lizei-Airrtes -er Ltadt Leipzig. »ö06iv «. V l. v. l. 0. t. l>. l.0 l. v. r. o. I. v. l. o. l.0. l. 0. I. o. l.o. 1.1) . t.o. .Le»t-O. i.v. 1.1) . «oet-O. .SvLt-U. sl»rk: l l». l.0. Der Krieg in Südafrika. Krau Aonbcrt, die Wiitwe des Generalcommandanteu der Boerenarmee P. I. Joubert, entwirft ein ergreifendes Bild von dem Elend der E o n c e n t r a t i o n s la g e r. Der Brief, oatirt Pretoria, 17. November 1901, lautet in der Ucbecsctzung: Keiner menschlichen Seele war cs bisher gestattet, die Camps zu besuchen. Gestern endlich, nach vieler Mühe und langem, in- tändigem Bitten, ist es mir gelungen, Zutritt zum Jrene-Camp zu erhalten. Nach den schrecklichen Nachrichten, die wir fort während daraus erhielten, wollte ich mit eigenen Augen selben und eigenen Ohren hören. Und es ist wirklich schrecklich, dieses Elend in jeder Größe und in allen Formen! Biel schrecklicher, als es mir bisher geschildert wurde, und viel entsetzlicher, als es sich auch die wahnsinnigste Vorstellung ausmalen kann! Die Menschen sterben wie die Mäuse vor Hunger, Auszehrung und Entkräftung. WaS die reichste Phantasie sich erdenken kann, muß weit hinter dem grausen Bilde Zurückbleiben, das die Wirk- lichkcit von dem Zustand nnd den beiden der Fracie., und Kinder bietet. Ueberall wüthct der Typhus. Wir haben einen außer gewöhnlich nassen Sommer. Gewöhnlich am Abend und nm Mitternacht erheben sich heftige Rcgcnstürme. Wer Transvaal kennt, kennt auch diese wilden Stürme. Ta die Camps in der Regel auf mäylich ansteigendem Gelände eingerichtet sind, schießt das Wasser mit der Wucht des Gicßbaches unter den Zeltwänden weg über das Lager hin. In zollhohem Wasser stehend, muffen die armen Geschöpfe ihre armselig: Habe, Zelt, Decken u. s. w. mit beiden Händen festhaltcn, damit sie der tosende Sturm nicht fortrcißt. In tiefem Koth müssen sie sich dann zur Ruhe legen. DanertverKricgnocheinweiteresJahr,vann i st keine Frau, kein Kind mehr üvrlg. Die Welt weiß dies, uns doch schauen die Mächtigen der Erde diesem nn barmherzigen Morden, siesen unmenschlichen Schlächtereien müßig zu. Die englischen Damen, die hierher entsandt sind, um die Behörden gegenüber den Enthüllungen der Miß Hobhouse wcißzuwaschen, werden ihre Berichte einsendcn und man wird ihnen glauben. Es ist eine Schande, da cs doch nur gräuliche Lügen sind! Miß Hobhouse hat die Dinge lange nicht so schauerlich dargestellt, als sie in Wirklichkeit sind. Als sie hier war, wurde das Aushungcrn noch nicht prakticirt, das die Engländer an das Ziel bringen soll, daS sie in offenem, ehrlichem Kampfe nicht erreichen können: die Ausrottung unsres Volkes. Die Zustände in den Conccntrationslagern im Transvaal sind schlechter, als irgendwo anders. Wir befinden uns auf Gnade und Ungnade in den Händen dieser Barbaren. Niemandem ist es gestattet, Krankenpflegerdienste zu thun, als Denen, die die Behörden zulaffen, ihren willigen Werkzeugen. Die Männer scchtcn darum jetzt einen heldenhaften Verzweif lungskampf: sie werden niemals nachgeben. Denn der Erfolg von Dem, was aus den Camps zu ihnen dringt, von der unmenschlichen Ausrottung ihrer Familien, ist nur, daß sie bestärkt werden in ihrer Ausdauer, ihrer Entschlossenheit uns ihrem Kampfesmuth. Das Niederbrennen von Far- m e n wird noch immer fortgesetzt. Bewaffnete Kaffern fechten in den Reihen der Engländer zu Tausenden. Zur Hinrichtung drS Vocrencommandantcn Lonw. Der Afrikander William Louw ist bekanntlich auf Kitchener's Befehl am 23. November 1901, Nachmittags 3 Uhr, erschaffen worden. Louw legte bis zum letzten Augenblick die Ruhe uns Gottergebenheit eines Helden an den Tag. Seiner Schwester und seinem Schwager, die bis 5 Minuten vor 3 Uhr bei ihm weilten und ihn fragten, ob sie den Eltern noch etwas von ihm bestellen sollten, erwidert« er: „Ich habe dem Vater und der Mutter bereits geschrieben, aber wiederholt ihnen als Abschieds gruß den Vers des Psalmes 118, Cap. 6: Der Herr ist mit mir, ich fürchte mich nicht . . . lvas soll mir ein Mensch anhaben!" Die Schwester nahm gefaßt Abschied von ihrem Bruder mit den Worten: „Auf Wiedersehn, lieber Willi!" Und er ging dann zum Tode mit der ruhigen Gelassenheit, als ob er ein« kurz weilige Europareise ankräte. An den Vater hatte Louw neben dem obenstehenden Bibel vers noch geschrieben: „Der Herr stärke Sie mit der starken Hand seiner Gerechtigkeit!" An seine Mutter: „Gott hat mir ver- sprocken, daß er Sie und den Vater trösten wird; was soll mich also noch an die Welt binden?!" Anzeige« «Preis die 6 gespaltene Pentzeile SS «ec kamen unter dem RedactionSstrtch (4 gespalten) 7S H, vor de» FamUiennach- richten (S gespalten) kW H. Tabellarischer und Ztffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme LS H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgeu-AuSaabe, oha« Postbefürderung SO.—, mit Postbefürderung tO.—. Aus der Woche. Wenn nicht geleugnet werden kann, daß zu viel Regieren einer Regierung schadet, so muß auch anerkannt werden, daß allzustarke Inanspruchnahme des parlamentarischen Apparates dem Ansehen deS RepräsenlationSsysteins ab- träzlich ist. Selbst inhaltsvolle Debatten ermüden, wenn sie zu lange dauern, von den Verhandlungen, die der Reichstag und das preußische Abgeordnetenhaus in der ver flossenen Woche gepflogen haben, wird man aber nicht sagen können, daß sie irgendwie WerthvolleS dar geboten hätten. Die Wiederholung heißt die Göttin, der von allen Seiten geopfert wurde, und wir denken dabei nicht an den Grafen Bülow. DaS verböte erstens der schuldige Respect nnd zweitens haben wir nicht individuelle rhetorische Eigenart, sondern daS unausgesetzte Zurückkommen auf die gleichen Gegenstände im Auge. Der jetzige Reichs kanzler allerdings ist ein großer Wiederholer, er liebt seine Gedanken so sehr, wie ein brave« kleines Mädchen die Beschäftigung mit der Puppe, und er zieht jedem Hinter einander zwei-, drei-, auch viermal andere Wortkleider an. Aber dabei verfolgt er doch wohl den löblichen Lehrerzweck größtmöglicher Verständlichkeit. Die Abgeordneten holen ihre Puppen allzuoft ohne erkennbaren Zweck hervor und zumeist ist eS mit dem Garderobenrcichtbum ihrer Lieb linge schwach bestellt. Etatsdebatten verlocken freilich besonders zu Wiederholungen, zumal wenn man mehr geneigt ist, einzelne Bächlein der Unzufriedenheit als deren Quelle zu be- deswegen kommen gewöhnlich auch die Insonderheit kann dies der sich sagen, der im Reichstage Interpellation gemacht wurde, die Thätigkeit war, die sich nach Aunahmeschluß für Anzeigen: Ab «ad'Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen and Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Dir Expedition ist Wochentags Ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. l.o. ,. o. l.o. l.1). t. r>. l>. l. o. ,. o. w.Op m.0p.A l. v 1. l) t.1). der Verfassungsurkunde für den preußischen Staat nicht dec geringste Zweifel daran möglich, daß die preußische Krone in der That 'die eben angeführten Rechte hat. WeA aber nicht weniger zweifellos ist, daß die Ausübung jener Kronrechte erst durch die Gegenzeichnung eines Ministers (Artikel 44 der preußischen Verfassung) möglich ist, so bleibt der preußischen Volksvertretung die parlamentarische Erörterung der Art, wie von jenen Kronrechten Gebrauch gemacht worden ist, jederzeit un benommen. Ein Mann, der einerseits zu den hervorragendsten Kennern des preußischen Berfassungsrechtes gehört, andererseits absolut frei von demokratisirenden Tendenzen ist, der verstorbene preußische Geh. Justizrath und Heidelberger Staatsrechtslehrer Hermann Schulze, äuß'ert sich hierüber u. A. folgender maßen: „Die konstitutionelle Staatsordnung, welche Vie Minister zum nothwendigen Medium aller Negierungshandlungen des Monarchen macht, verlangt von ihnen «in s e l b st st ä n d i g e s Urtheil über die Verfassung«- und Gesetzmäßigkeit derselben, sollten ihnen diese auch unmittelbar vom Monarchen be fohlen sein. Ihre Verantwortlichkeit besteht nicht blos dem Monarchen, sondern der Verfassung und dem 'Gesetze gegen über. Darum kann sie nicht blos vom Monarchen, sondern auch von d e m staatlichen Organe geltend gemacht werden, welchem vor Allem der Schutz der Verfassung zusteht, von der Volksvertretung. Alle Befehle, Verfügungen und Anord nungen bedürfen der Contrasignatur eines Ministers, durch welche der persönliche Wille des Monarchen erst rechtsverbind liche Kraft erhält. Nur contrastgnirte Acte sind vollziehbar. Durch die Contrasignatur wird unzweifelhaft der contrasig- nirende Minister als p e r s ö n l i ch v e ra n t w o r t l i ch hin gestellt." Da die Verantwortlichkeit des preußischen Ministers keine rechtliche, sondern blos ein« parlamentarische ist, wird die preußische Volksvertretung um so weniger geneigt und befugt sein, das Ministerium von parlamentarischer Verantwortlichkeit zu entlasten. Wenn Graf Bülow in seiner Entgegnung aus di- N«de des Aba. Richter sich auf die Krone zurückzog, geschah es schtrerlich deshalb, weil er die Entscheidungen der Krone in den gedachten Punctcn nicht billigte. In Bezug auf zwei dieser Puncte hat der Ministerpräsident ausdrücklich im Parlamente ausgesprochen, daß er die von der Krone getroffenen Entschei dungen gebilligt oder vorgcschlaqen habe. Betreffs des Ver zichtes auf die Auflösung des Abgeordnetenhauses sagte er, dir Krone habe auf seinen Vorschlag hin die Auflösung als nicht dem Staatsinterellc entsprechend behandelt. Was aber den Verzicht angeht, die Canalvorlage nicht jetzt, sondern „seiner Zeit" ein- zubringcn, so sagt: Graf Bülow in der Reichstagssitzung vom 3. Tecember 190il, er wolle nicht die Hand dazu bieten, daß zwischen der Regierung und großen Parteien des Landes ein Zwiespalt herbeigeführt werde, bei dem der Abgeordnete Richter der tcotinx puriri<n,8 sei- Fragt man nun nach den Motiven, die angesichts dieser Sachlage den Ministerpräsidenten zu dem Rückzüge auf die Kron: bestimmt haben, dann geht man vielleicht nicht fehl in der Annahme, dckaß taktische Gründe für veu Grafen Bülow maßgebend gswesen seien. Und zwar spricht Manches für die Vermuthuirg, es hab: dem Ministerpräsidenten vor Allem daran gelegen, den canalgegnerischen Parteien die V e r- sö h n l i ch k e i t d e r K r o n e i h n c n g e g e n ü b e r besonders scharf dadurch in's Licht zu rücken, daß er die nach der Ablehnung der Canalvorlage befolgte Politik als di: eigenste Politik der Krone hinstelltr. Würde Graf Bülow mit seinem Rückzug auf die Krone nicht diesen oder einen anderen taktischen Zweck ver folgt, sondern seinen Entschluß bekundet haben, zu Gunsten der Krone deS Rechtes auf eigene persönliche Verantwortlichkeit sich zu begeben, dann hätte er sich jenen Staatsmännern der nenesten Zeit beigcsellt, die ihre ministerielle Stellung durch eigene Schuld unter die ihr zukommende Bedeutung henrtbdrücküen. Für die Wahrung dieser Stellung ist auch der thatkräftigste Vorkämpfer für die Rechte der Krone Preußen, Fürst Bismarck, mit dem größten Nachdrucke eingetrcten. Die Ernennung von Beamten ließ Fürst Bismarck in letzterer Beziehung nicht als Ausnahme fall gelten: es sei nur an die ohne Gegenzeichnung eines verant wortlichen Ministers erfolgte Ernennung des Herrn v. Gruner zum Wirkt. Geh. Rathe erinnert, die im „Staats-Anzeiger" nie mals veröffentlicht worden ist. 0. II. Berlin, 18. Januar. (Die Socialdemo- krati« und die preußischen LandtagSwahlen.) Die Stimmung in dec Berliner Socialdemokratic bezüglich der Betheiligung an den preußischen Landtagswahlen ist vollkommen umgeschlagen; aus hartnäckigen Gegnern sind warme Befür worter geworden. Die Ursache liegt ganz wesentlich in den Er folgen, welche die „Genossen" bei den Stavrverordnetenwahlen erzielt haben. Die Erfolge beweisen leider, daß das Bürger- thum in Berlin in der dritten Abtheilung fast vollständig abge- wirthschaftet hat. Die Socialdemokratic kann nach der Probe vom November bestimmt darauf rechnen, daß sic fast alle Wahl männer in der dritten Abtheilung durchdringt. Und da die frei sinnige Partei in der zweiten und der ersten Abtheilung in ein zelnen Stavttheilen keinen leichten Kampf mir den Conser- vativen und den Antisemiten durchzufechten hat, so ist die frei sinnig« Majorität gebrochen, wenn die bürgerlichen Gegner auch nur 17 Procent ihrer Wahlmänner durchbringen. Das erfüllt die Genossen mit der Zuversicht, auch bei den Landtags-Wahlen Erfolg« zu erringen. Herr Bebel hat zwar kein Hehl daraus gemacht, daß die Socraldemokraten nur durch Compromisse dieses Ziel erreichen können, aber er ist zu Compromisscn auch bereit. Findet er mit seinen Freunden Entgegenkommen bei anderen Radicalen, so sind in Berlin social demokratische Wahlsiege nicht ausgeschlossen; noch weniger in Breslau. Auch in Frankfurt a. M. glauben die Socialdemokraten mit ihrer Taktik Erfolge erringen zu können. Jedenfalls ist an die Stelle der Ab neigung, die frül)«r bei den Berliner „Genossen" gegen die Be theiligung an den Abgeordnetenwahlen unter dem Dreiclassen- wahlzhstem herrscht«, reger Eifer für die Betheiligung getreten, und aus den Provinzen wird das Gleiche gemeldet. Die Agi tation ist bereits im Gonge nnd mahnt die bürgerlichen Par teien, sich auch ihrerseits frühzeitig zum Kampfe zu rüsten. T Berkin, 18. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser nabm gestern Nachmittag im Gebäude der Seebandlung das Modell ^für die Neu-Anlagc des Platzes vor dem Branden burger Thor in Augenschein und unternahm hierauf mit der Kaiserin einen Spaziergang im Park von Bcllevuc. — -L.I/7.02 Heute Vormittag um 9 Uhr machte der Kaiser einen Spazier gang im Thiergarten und hörte später den Vortrag des Staatssekretärs deSRcichS-Marineamts. —Der Großberzog von Mecklenburg-Schwerin ist gestern Abend abgereist. D Berlin, 18. Januar. (Telegramm.) Dis „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" meldet: Am 11. Januar hat liier eine Sitzung des Ausschusses des Verbandes deutscher Beru fsgen ossenschaf t en stattgefunden, zu der auch Ver treter deS Reichsversicherungsamtes eingeladen waren. Der Hauptgegenstand der Verhandlungen war die Berathung über die Mittel und Wege, zu einer sachgemäßen, doch mög lichst schonenden Anwendung der Bestimmungen des neuen Gewerbc-UnfallversichernngsgesetzeS über die für die Industrie so schwer wiegenden Zuschläge zu den Reserve fonds der BerusSgenossenschaften zu gelangen. Nachdem hier über eine allseitige Einigung erzielt war, nahm der Präsident des ReichsversickerungSamtes Gaebel Veranlassung, den neuerdings in der Presse gegen das ReichSversicherungSamt gerichteten Angriffen entgegen zu treten, wonach au« einer Anzahl Maßnahmen dieser Behörde auf die Absicht, Vas Selbstverwaltungsrecht der BerusSgenossenschaften zu ver kümmern, geschlossen werden müsse. Es wurde beschlossen, die zur Berathung gestellte Angelegenheit bei dem nächsten, in Düsseldorf stattfindenden Genossenschafts-VerbandStage wiederholt zu verhandeln. L. Berlin, 18. Januar. (Privatte leg ramm.) Ueber daS Ergebniß der Eonferenz von Vertretern verschiedener Parteien im Reichstage zur Herbeiführung einer Verständigung wegen der Branntwctnstcncr verlautet, man sei geneigt, den Denaturirungszwang fallen zu lassen und die Brenn steuer zu erhöhen. (Berl. Börs.-Ztg.) — Das Centrum bat nach der „Koblenzer VolkSztg." eine Eingabe an den Bundesrath in der Angelegenheit des Jesuitengesetzes beschlossen. — Verschiedene deutsche Zeitungen batten, um Abonnenten zu gewinnen, mit Versicherungs-Gesell schaften ein Abkommen getroffen, wonach den Hinter bliebenen ihrer Abonnenten für den Fall deS TodeS der Letzteren durch einen Unfall eine bestimmte Summe auS- gezahlt werden sollte. Die Behörden sind nun darauf bin- gewiesen worden, daß derartige Unfallversicherungen durä> 8 108 deS neuen NeichSgesctzes über die privaten Versicherungs unternehmungen fortan verboten sind. — Wie heute in den Wandelgängcn deS Reichstags erzählt wurde, i't der Abgeordnete Rickert zum Ordcnsfeste eingc» laden worden. (SiSlcbcn, 18. Januar. Die manöfeldiscbe kupfer schiefer bauende Gewerkschaft bat durch AuShang aus reu Schächten und Hütten bekannt gemacht, daß in Folge de« Preissturzes auf dem Kupferniarkle vom 1. Februar ab die Normalschichtlöhne und Gedingesätze ebenso wie die Gehälter der Beamten eine Herabsetzung er fahren müssen. zMgdb. Ztg.) * Gotha, >8. Januar. Der Statthalter der Reichslande, Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg, ist nach Straßburg abgereist. (Mgdb. Ztg.) d) Stuttgart, 18 Januar. (Telegramm.) In der volköwirthscbaftlichen Commission der Abgeordneten kammer wurde uiitgetheilt, die Einnahmen der Staats bahnen seien im vergangenen Jahre um mehr als zwei Millionen hinter dem Etatsansatz zurückgeblieben. — Die Stcnercommission setzte mit großer Mehrheit unter entschiedenem Widerspruch des Finanziuiuisters eine Pro gression der Einkommensteuer bis zu sechs Procent fest. Oesterreich-Ungarn. Prinz Adalbert von Preussen * Triest, 18. Januar. (Telegramm.) Nach dem Diner bei dem SeebezirkScommandanten fuhr Prinz Adalbert zur Galavorstellung im Communaltheater, wo er nach dem ersten Act der Oper „Lohengrin" cintraf. Bei der Einfahrt wurde er vom Statthalter, vom Bürgermeister, dem deutschen Gcneralconsul und dem Präsidium der Theater- direction empfangen. Nach dem zweiten Act begab sich der Prinz in den anstoßenden Salon, woselbst er Cercle abhielt. Vor dem Theater erwartete eine große Menge den Prinzen und verharrte daselbst bis zum Schluß der Theatervorstellung. Die Reichsdeutsche Vereinigung in Triest gab einen Bierabend für die Unterofficiere und eine Mannschaftsabordnung der „Charlotte", zu welcher 10 Mann mit drei Deckofsicicren und 42 hiesige Reichsdeutsche erschienen waren. bezirk und den Bororten erricht«»«» Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^tl 4.K0, bet zweimaliger täglicher Kust«ll«»g in» Hau« k.äv. Durch die Post bezog«» für Deutschland ». Oesterreich: dierteljähn. ^l «. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bet den Postaustalten in der Schwei», Italien, Belgien, Holland. Luxem- bar» Dänemark, Schweden und Norwegen. Rußland, de» Doaaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrige» Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch dia Expedition diese» Blatte» mSgltch. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? klhr^ die Abend-AuSgaoe Wochentag» um k Uhr. NeLactioa und Erpe-itionr IohanntSgaffe 8. Filialen: Alfred Sahn vorm. O. Klemm'S Sortim. UmvrrsitStöstraße 3 (Paulinum), Laut» Lösche, Katharinenstr. Ich -art. und König-Platz 7. sprechen; dabei Bäche gelind Spahn von Object einer Muster jener Mahnung richtet: „Wasch' mir den Pelz und mack mich nicht naß." Graf Hoensbroeck, der ehemalige Jesuit, der sonst auch bei im Grunde Gleichgesinnten häufig vergebens ans Beifall rechnet, findet vielen Anklang mit seiner zur Be handlung der Angelegenheit der Straßburger Geschichts professur gemachten Bemerkung, mit Phrasen komme man dem UltramontaniSmuS nicht bei, nur mit Thatsachen, an denen die unterrichteten Kritiker dieser Richtung doch eben keinen Mangel litten. Jedenfalls ist in dieser Betrachtung richtig, daß eS eine bedauerliche Versäumniß war, den Centrums- inann Bachem nicht auf den wabrcn Sachverhalt aufmerksam zu macken, nachdem er gemeint lzatte, an der Erklärung des Prof. Huber, Alles, waS in einer bestimmten wissenschaftlichen Arbeit von ihm etwa gegen die Lehre der Kirche verstoßen könnte, im voraus, sogar auf Vorrath zu widerrufen, könne doch nichts so Schlimmes zu finden fein, denn die betreffende Schriftsei von der Wiener Akademie der Wissen schaften herauögegeben. Die Herrn Bachem gewiß nicht ver schleiert gebliebene Wahrheit ist, daß der Secrctär dieser Akademie längst öffentlich erklärt hat, die Bekundung der Bereit willigkeit Huber's zu jedem gewünschten Widerrufe sei von der Akademie nicht gekannt gewesen und ohne ihr Wissen der Schrift vorangeschickl worden. In der Polendebatte des Abgeordnetenhauses, deren erster Tag einen vortrefflichen Verlauf genommen, bat eö sich besonders deutlich gezeigt, wie übel der Brauch ist, daß jede Fraktion zu jeder irgendwie wichtigen Angelegenheit mindestens einmal daS Wort nehmen lassen zu müssen glaubt, auch wenn sie nichts zu sagen hat, WaS nicht schon vor gebracht worden ist. DaS gilt aber nicht von der freisinnigen Volkspartei, die etwas zu sagen, nämlich durch eines ihrer Mitglieder ihren Verrath an der Sache deS Deutsch- thums in den Ostmarken ungescheut zu proclamiren hatte. Als vor Jahren, zu einer Zeit, wo die polnische Ge fahr noch nicht so allgemein gekannt war, wie heute, ein freisinniger Abgeordneter aus Posen, Namens Jäckel, sich durch eine ähnliche Ephialtes-That im ganzen Reiche und darüber hinaus berühmt gemacht hatte, rückte manche im Lande er scheinende freisinnige Zeitung von dem Manne ab, Herr Kindler aber hat ausdrücklich im Namen seiner Partei ge sprochen und auf deren Schulconto wird die Unterstützung ver Polen gebucht werden. Insbesondere für die nächsten Wahlen und dies gerade deshalb, weil die Stellung nahme der Volköpartei auf polnische Wahlhilfe be rechnet war. DaS deutsche Wablcartell hat keinen Sinn, wenn eS Männer deutschen Geblüts ins Parlament bringen kann, die wie Polen auftretcn. Ein Pole ist solchen „Deutschen" entschieden vorzuzieben, denn dieser compromittirt die deutsche Sache, indem er sie anfeiodet, während jener eben nur anfeindet. Von dem Zwischenfall Kindler abge sehen: geredet worden ist in der Polensrage von deutscher Seite, namentlich aber von der Negierung, gerade genug. Nun wird man die Tbaten abwarten und insbesondere sehen müssen, ob der für die Ostmarken ungeeignete Tbeil der Beamten, den Graf Bülow mit anerkennenSwerthcr Schonungslosigkeit charakterisirt hat, anderen Wirkungskreisen zugewiesen wird. Daß der Entmuthigung der Deutschen im Osten entgegen gewirkt würde, wenn ein glaubwürdiges Dementi der Meldung erfolgen könnte, daß der Kaiser den Maler Kossak aus Galizien, der „wegen der Wreschener Vorfälle" Berlin verlassen wollte, schriftlich um Verbleiben habe bitten lassen, daS wird sich Gras Bülow wohl selbst sagen. Von Karl V. wird rühmend erzählt, er habe dem arbeitenden Tizian (oder Dürer) den zu Boden gefallenen Pinsel aufgehoben und dem Künstler überreicht. Die kaiserliche Aufmerksamkeit, wenn sie lsistorisch ist, wäre eine private Handlung gewesen und das kleine Mißgeschick deS großen MalerS erst recht eine Privatsache. Wenn aber ein ausländischer Pole gegen deutsche Rickter und das Deutsch- thum ungefähr in der vom deutschen Reichskanzler getadelten Art demonstriren will, die in Galizien beliebt ist, so ist daS keine Privatsache. Blätter der Linken lassen selbst schon die Frage offen, ob man daS Verhalten ihrer Freunde in der Z o l lt a r i f c o m m i s s i o n schon oder „noch nicht" Obstruction neunen kann. Jedenfalls ist das Einbringen und offenkundig nur aus Zeitraub berechnete Besprechen nicht ernst beweinter Anträge ein illoyales Verfahren, daS den ConstitutionaliSmuS auch in weniger autokratischen Zeiten
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