01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020307019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902030701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902030701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-07
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Thatsächlich pflegt auch das Leben in den bayerischen Ministerien und Landrechtsstuben mit ungewöhnlicher Gelassenheit, um nicht zu sagen Einförmigkeit, dahinzufließcn. Was man so Politik großen Stiles mit principiellen Meinungs kämpfen nennt, wird höchstens alle Jubeljahre einmal versucht; die ganze übrige Zeit verliert man sich an kleine und kleinste Sorgen, wie etwa in einem dörflichen Ge- meinderathe. Aber gegenwärtig geht's hoch her! Es ereignet sich -er Fall, daß bayerische Bürger Leitartikel über Angelegenheiten des eigenen Landes veröffentlichen. Es ereignet sich der noch weit seltenere Fall, daß baye rische Bürger die Bcrhandlungsberichte ihres eigenen Landtages lesen. Ja, es ereignet sich die Katastrophe, daß in den geheiligten Hallen der Bierburgen große NolkSvcrsammlungcn stattftndcn, um die politischen Ansichten der Menge zum Ausdruck zu bringen und Petitionen an die Herren Landboten zu be schließen! Was ist geschehen, was bereitet sich vor? Stürzt Rhodus unter Feuerflammen? Es rottet sich im Sturm zu» sammen. Und einen Ritter hoch z» Roß gewahrt man aus dem Menschcntroß. Und hinter ihm, welch' Aben teuer! Bringt man geschleppt ein — Schulbedarfsgesetz .. , Dieses Schulbedarfsgesctz ist ein vcritabler Drache, und zwar ein so mächtiger, daß ich zweifle, ob der bewußte Ritter ihn bewältigt hätte. Wir wollen das giftige Thier mit aller gebotenen Vorsicht ein wenig betrachten. Den Religionsunterricht an den Volksschulen hat die zuständige Pfarrgeistlichkeit zu crthcilcn. In Wirklichkeit aber wird dieser Unterricht der Hauptsache nach von den Volksschullchrern besorgt, die hierzu von kirchlicher Seite den Lehrauftrag erhalten. Obwohl nun eigentlich die Geistlichkeit für die Kosten dieser Einrichtung aufzukommen hätte, stellen die größeren Städte in der liberalsten Weise auf Gemeindckostcn eigene Katecheten auf, ein Gefällig keit, die allein den Münchenern mehr als 60 000 ^k! jährlich kostet. Vermutlich aus Anerkennung für diese freiwillige Leistung sollen nun künftighin alle Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern gezwungen (!) werden können, zur Erteilung des Religionsunterrichtes eigene Katecheten aus dem geistlichen Stande zu beschäftigen und zu besolden. Das heißt mit anderen Worten: Es wird ganz in das Belieben der regierenden Geistlichkeit eines Ortes gestellt, den Bürgern eine Mehrbelastung ihres Budgets zu decre- tiren oder nicht. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Jene fanatischen Bestrebungen des ttltramontanismus, Lehrern, die sich in politischer oder religiöser Beziehung einen freieren Standpnnct anmaßen, das Leben und Lehren sauer zu machen, sollen eine neue Handhabe insofern er- halten, als fortan jeder Gemeinde, die sich einen solchen Lehrer hält, die Besoldung eines kostspieligen Katecheten als „heilsame Buße" auferlcgt werden kann. Es ist gar nicht abzuschen, was ein eifriger Gottcsmann mit Hilfe des neuen Gesetzes Alles zuwege bringen könnte. Neben der konfessionellen Seite hat das Schulbedarfs gesetz auch noch eine finanzielle. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die einschlägigen Bestimmungen einzeln aufzuführcn, es handelt sich aber im Wesentlichen darum, daß die Stadtlchrer gegenüber den Landlehrern bei der Gehaltsbemessung benachtheiligt und die Kosten der Lehrcrbesoldung zu einem beträchtlichen Thcil von der Staatskasse aus die Eassc der Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern abgcwälzt werden sollen. Man braucht sich nur einen Moment zu besinnen, um auch hinter dieser Vorlage, die den Städten Millionen kosten wird, die ultra montane Baucrnschlauheit zu erkennen. Wer noch darüber im Unklaren war, ob Bayern ein Baucrnstaat sei oder nicht, kann sich heute bequem entscheiden. Denn da die Ultramontanen erfahrungsgemäß in jedem Lande, mit Fsirillrtsn. Wo ich sie zum ersten Male sah. Humoreske von I. Payn. Nach dem Englischen von Sophie Spiegel. Nachdruck verdoNn, Wer hat Recht? Die Leute, die sagen, die erste Liebe sei die einzig wahre, oder diejenigen, die sie nur als eine Art von Kinderkrankheit betrachten? Ich matze mir ein Urthcil in dieser Frage nicht an, ich will nur einfach er zählen, wo ich sie zuerst sah, sie, deren bloßer Anblick genügte, mir den Kopf für immer zu verdrehen. In den Tagen meiner Jugend — ich bin heute noch kein Greis — entstand in meiner Vaterstadt ein großartiges Gebäude, das „Polytechnikum". Es sollte der Wissenschaft nnd dem Vergnügen, der Belehrung und der Fröhlichkeit dienen. Und cS erreichte seinen Zweck vollkommen. Noch jetzt erinnere ich mich mit Ergötzen an die mit Gruseln ge mischte Freude, wenn uns die Elektrtflrmaschtnc, der Stolz der ganzen Einwohnerschaft, die Haare zu Berge steigen ließ, wenn uns die Funken aus -cm Rücken der Hände sprangen, wenn wir im Nacken ein knisterndes Geräusch verspürten; den Schmerz, den uns hier und da diese Experi mente verursachten, nahmen wir willig mit in den Kauf. ES wurden aber auch richtige Vorlesungen von Pro fessoren abgchalten, ein elektrischer Aal, der so alt wie Bileams Esel war, erfreute uns durch seine Beweglich keit, auf -em Accordton ließen sich Solisten hören, Dampf maschinen, Glasbläserei wurde «nS gezeigt und Limonade und Kuchen konnte man sich nach Belieben kaufen. An einem Sonnabend Stachmittag, unsere Bank schloß an diesem Lage regelmäßig ltm zrpet Uhr, brggh ich mich -en „Stärkeren Bataillonen" zu halten pflegen, so müssen in Bayern wohl die Bauern der wichtigste Machtfactor sein, da die Ultramontanen keine Gelegenheit verpassen, die Städte auf Kosten des platten Landes zu bcnach- theiligcn. Was soll auch der UltramontaniomuS in den bayerischen Städten noch viel für sich erhoffen? In Nürnberg ist der Pfarrer bei Weitem nicht das überirdische Wesen, das er auf dem Dorfe vorstcllt, und selbst in den kirchenreichsten Städten neigen die Leute zum Liberalis mus, wenn nicht gar zur Socialdemokratie. Nun weiß aber der Bauer selbst bei der größten Frömmigkeit stets sehr gut seinen Vorthctl zu wahren und so mag es denn kommen, daß die Männer, welche sich um seine Gunst be werben, sich diese Gunst auch etwas kosten lassen müssen. Es ist also im Lande üblich geworden, die Städte syste matisch zu berauben und den Raub auf die Dörfer hinans- zuschleppen. Alle Steuern, sagt man den Bauern, fließen in die großen Städte, da werden die theuren Bahnhöfe, Postgebäude, Schulen, Negierungspalästc, Museen u. s. w. gebaut, ja, in München, da kaufen sie sogar für die sauer verdienten Bauerngroschen Gemälde in die Pinakothek oder Statuen in die Glyptothek! Und nun kommen die Bauernfänger auf alle Eulturausgabcn des Staates zu sprechen, sie thun in beweglichen Worten dar, wie über flüssig diese Ausgaben seien, wie wenig Nutznießung der Bauer davon habe und was dergleichen Dinge mehr sind. Schließlich ist dann der Bauer so weit verhetzt, daß er überhaupt keinen Politiker mehr zu Worte kommen läßt, der nicht -en Haß gegen die Städte zu schüren weiß, und daß er nur solche Abgeordnete in den Landtag wählt, die sich grundsätzlich verpflichten, Eulturausgabcn zu ver weigern. Nirgendwo ist im verfloßenen Jahrhundert mehr für die deutsche Kunst geschehen, als in Bayern, aber Alles, was Ludwig I., König Max und Ludwig II. in dieser Richtung thaten, geschah im Widerspruch und theil- weise unter dem Hohn der gejammten ultramontanen Mehrheit. Noch neuerdings hat sich der Prinzregent, als er die bekannte Commission zur Kunstpflege in Bayern berief, der schärfsten Ausdrücke bedienen müssen, um dem Volk zu zeigen, daß es sein „ausdrücklicher Wille" sei, in den Traditionen seiner Vorfahren wciterzuschreitcn und der Knauserei des Landtags in Culturangclegenheiten cntgcgenzutreten. Der Kultusminister wäre ohne diese Kundmachung dcS Regenten selbst mit den nothwendigstcn Forderungen vor der Kammer glatt abgefahren, dem Kultusministerium wird in Bayern grundsätzlich kein Heller bewilligt. Bayern braucht keine Cultür. Auf das Schulbedarfsgesctz angcwendct heißt das aber: cs ist ja schade, daß wir die Schule nicht ganz ab schaffen und nur den Religionsunterricht belassen dürfen, aber da nun einmal die Nothwcndigkcit dieses Ucbels anerkannt ist, so wollen wir wenigstens dafür sorgen, -aß der Bauer möglichst wenig davon betroffen werde. Also decretiren wir, daß die Kosten der Landschulen in der bisherigen Weise vom Staat, diejenigen der Stadt schulen aber wie sichs gebührt in Zukunft zu einem ganz erklecklichen Thcile von den verhaßten Städten ge tragen werden sollen. Die Lehrer selbst — man kennt die abgründige Verachtung des Bauern für die „Schul meister" — sollen den Brodkorb gebührend höher ge hängt bekommen, derart, daß die in den Städten, statt die längst erwartete Aufbesserung zu erfahren, im Gcgen- thcil noch ungünstiger gestellt werden, als sie bisher schon standen. . . Wie die Dinge heute liegen, ist leider keine Aussicht vorhanden, daß dieser Gesetzentwurf abgclchnt werde. Die Mehrheit der Kammer stimmt ihm zu. Deshalb ist auch die jetzige Gährung in den Städten recht deplacirt. Sic hätte nur dann einen Zweck, wenn sie dem Volk die Angen über das nltramontane Regiment öffnete und ihm zur Sprengung seiner Fesseln behilflich wäre. Aber zu so kühnen Hoffnungen versteigt man sich in Bayern nicht. Die jetzige Aufregung in der Presse und in den Volksversammlungen ist das ohnmächtige Flattern eines Vogels, der gegen die Wände seines Käfigs fliegt. nach dem Polytechnikum, um meinen Geist dort wcitcr- zubtldcn. Ich hatte in der stattlichen Halle, die den Ein druck halb eines Theaters, halb eines Sccicrraumeö machte, die Wunder der Wissenschaft angcstaunt, hatte den großartigen Apaprat, der cs einem ermöglichte, auf trockenem Lande schwimmen zu lerrrcn, so lange ange starrt, bis ich das Bedürfniß fühlte, mit Händen und Füßen nach einem eingebildeten Ufer abzustoßcn, und hatte -es Oefteren den elektrischen Aal betrachtet. Plötz lich wurde laut geklingelt und eine wohltönende Stimme rief aus: „Experimente, die mit der Taucherglocke ausge führt werden." Kaum waren diese Worte verklungen, so drängte sich alles in den Theil des Gebäudes, wo sich ein runder Teich auSklarcm,grüncmWafser, dessen außerordent liche Tiefe mir stets ein Räthscl war, befand. Wohin lief er ab? Welche Abzugsröhren brachte er zum Uebcrfließcn? Aus welcher Quelle entnahm er seine durchsichtige Fluth? In Gegenwart aller Anwesenden machte unterdessen der kühne Taucher Toilette. Er wurde mit so schweren Ge wichten beladen, als sei er einer der schlimmsten Ver brecher, dann stülpte man ihm eine Art von Helm über den ganzen Kopf, Len ihm seine Gehilfen anschraubtcn, ein Verfahren, das den Anschein erweckte, als drehten sic ihm den Hals um. Mit Polypen in Form von Gummi schläuchen bedeckt, stieg dieser Riesenfrosch schwerfällig auf einer eisernen Letter in den Teich hinunter, dessen Grund bereits mit Fünf- und Zchnpfenntgstllcken besäet war. Nur unklar sahen wir ihn hcrumwatscheln und sich bücken. Von da drunten gewährte er einen noch viel scheußlicheren Anblick wie von oben, verkürzt, verkrümmt, vergrößert, lmproportiontrt — das entsetzlichste Bild der Habgier, das man sich nur denken konnte. Große, bewegliche Blasen stiegen über ihm auf, hier und da hob er den Kopf und die Schultern aus dem Wasser und klopfte mit einem Nickel an feinen Helm, um UN» -u -eigen — al» wem! wir sicht alle Der Krieg in Südafrika. Der Correspondent des „Standard" über die Niederlage der Briten bei Elandslaagte, südwestlich KlerksdorpS. Man schreibt uns aus London, 4. März: So weit hat man bisher nnr Lord Kitchener s Vernon über die Niederlage der Engländer im westlichen Trans vaal gehört, und auch diese schien mehr ein Sammelsurium von Gerüchten, welche das Hauptquartier erhalten hatte, zu sein, als ein klarer Gefechtsbericht. . „Standard" dagegen ist heute in der Lage, em Tele gramm seines Special-Eorrespondenten aus Klerksdorp zu veröffentlichen, welches aber leider an der interessantesten Stelle, nämlich beim Beginn des Gefechtes, abbricht. Im Leitartikel sagt der „Standard", daß er diesen zweiten Theil, als das Blatt zur Presse ging, noch nicht erhalten hatte, wahrscheinlich aber wird derselbe wohl vom Censor aufgehalten worden sein und vielleicht nie das Licht der Welt erblicken, d. h. nicht in der Originalform. Während Botha sich im östlichen Transvaal still ver halten hat, ist De la rey, so hören wir, im Stande ge wesen. sich in einem großen Gebiete gänzlich frei zu bewegen, denn Kitchener kann seine Aufmerksamkeit an scheinend immer nur auf einen Punct conccntriren, und während er De Wct chassirtc, konnte er nicht gleichzeitig Dclarcn genügend überwachen. Der Correspondent lobt die Tüchtigkeit Dclarcy'S und seiner Leute über Alles un fügt hinzu, man habe, seit der wackere Führer sich von seinem Fiebcranfalle erholt hatte, stets einen der artigen, auf rascher Concentration basirten Ueberfall er wartet. Delarcy hat nach dieser Schilderung 1500 Mann conccntrirt, um damit den nach Klerksdorp fahrenden Convoy zu überfallen. Das Gefecht spielte sich neun Meilen südlich von Klerksdorp ab, und die Bewohner dieses Ortes waren im Stande, von den vor der Stadt liegenden Kopjes das Gefecht zu beobachten. Während der moralische Eindruck dieses Gefechtes für gefährlich erachtet wird, hört man voll Staunen, daß der „großartige Widerstand" der Escorte nur dazu beitragen könne, das Prestige -er Armee zu erhöhen. „Unsere Leute fochten mit äußerster Entschlossenheit, aber sie waren völlig überrascht worden" und erlagen der erdrückenden Ucbermacht. Die Colonne gehörte zu dtsi Säften, Re unter Lord Mcthucn opertrcn, und deren Bewegungen er von Bry- burg aus leitet. Die Escorte bestand aus zwei Halbcompagnien der Northumberland - Füsiliere, 250 Mann stark, 280 Aromen, 60 Mann von Paget's Reitern, 40 Artilleristen mit zwei Feldgeschützen, einem Pompon und zwei Maximge- schlltzen. Eine merkwürdige Sache geht aus dem „Standard"- Telegramm hervor, nämlich, daß ein Oberst Murray und Capitän Pcrcival gleichfalls zur Colonne gehörten. Sic hatten sich am Abend vor dem Gefechte Erlanbniß geholt, nach Klerksdorp vorzureitcn, wohl, um eine bequemere Nacht, als im Lager, zu haben, und hatten auch Erlaubniß hierzu erhalten, „da man auf dem ganzen Wege von Wolmaranstad an keinem Puncte Bvcrcn gesehen hatte". Die beiden Herren nahmen die 60 Paget'schen Reiter mit sich, natürlich nicht als persönliche Begleiter, sondern ans irgendwelchen anderen taktischen Rücksichten, die aber bis zur Stunde noch nicht aufgeklärt worden sind. Es wird sich wohl später zeigen, warum diese zwei Officierc und 60 Reiter nicht bei der Colonne waren. Ihre Abwesenheit reducirte die Stärke der Escorte auf 580 Officierc nnd Mannschaften, und wenn auch Niemand behaupten wird, daß 60 Mann mehr etwas an der gänz lichen Niederlage der Engländer hätten ändern können, so ist der Fall doch wieder einmal ein Beweis, wie sorg los die Engländer sind, und wie leicht sie ihre Pflicht thcilwcise nehmen. Man wird unwillkürlich an den Oberst Fireman vom Twccfontcin - Lager erinnert, der, als seine Leute von De Wct überfallen wurden, „ab wesend" war. Hier bricht der Bericht des „Standard"-Correspondentcn ab und das eigentliche Gefecht ist noch immer in Dunkel seinen gräßlichen Bewegungen gefolgt wären —, daß er das Geld gefunden hatte. Es vermag wenig glaubhaft klingen, aber seine amphibienartigc Beschäftigung zog mich an, mir mar es, ich müße ebenfalls diese luftlosen Tiefen ergründen. Als er endlich, wie ein zwetrüsseligcr Sec- Eelcphant, wicdcrkam und in seiner abstoßenden Manier den Zuschauern dankte, fürchtete ich beinahe, er könne den „Damen oder Herren" seinen Apparat anbictcn. Ich fühlte mich ordentlich erleichtert, wie ich sah, daß er Alles in einen Schrank verschloß, denn jetzt konnte keine unnatür liche Versuchung — „Irgend welche Damen oder Herren für die Taucher glocke?" fragte die wohltönendc Stimme. „Die Maschine wird gleich hinuntcrsteigcn." Das Herz klopfte mir Lis zum Halse hinauf, meine Füße wurden kalt wie Eis und ich schrie: „Warten Sie einen Augenblick, nehmen Sic mich mit." Die Menge, die sich um die Maschine gedrängt hatte, wich nach rechts und links zurück und ließ mich durch. Solch große Eile mar nicht von Nöthen, doch ich fühlte, wenn ich jetzt nicht ge sprochen hätte» wäre cs niemals geschehen. Ich war der Erste, der sich zu diesem gefahrvollen Unternehmen anbot und wurde sofort ein Gegenstand des allgemeinen Inter esses. Ich ging durch die kleine Schranke, bezahlte meine Mark für die unterseeische Fahrt und kroch dann unter all gemeinem Jubel in die große, glotzäugige Glocke. RingS nm das Innere der Maschine zog sich ein schmaler Sitz; obwohl wir uns noch auf dem Erdboden befanden, mar es fast dunkel und die Luft schwer. Dicht in meiner Nähe bemerkte ich etwas Glänzendes, eS war ein Knabe mit einer Menge Knöpfe vorn, der Page der Anstalt, dem die entsetzliche Pflicht oblag, ich weiß nicht, wie viele Male täglich, mit Untcrwasserltebhabern hinunterzufahrcu. Er hielt ein Seil tii der Hand, da» p.oy der Zvecke -er Glocke gehüllt. Wir hören nur, daß es Delarey gelang, sich zwischen die Stadt und das „schlafende britische Lager" zu schieben und aus der Dunkelheit und dem Regen Vortheil zu ziehen. Wären Paget's Reiter dagewesen, hätte vielleicht Patrouillcngang stattgefunden, aber am Ende wären auch sic in dem „schlafenden Lager" gewesen nnd hätten nichts von der Ankunft der Bocren geahnt. Die Bvcren müssen es wirklich verstehen, sich so lautlos zu bewegen, daß man die Annäherung von 1500 Reitern in der Nacht nicht vernehmen konnte. Allerdings schlief man. Boeren waren auf dem ganzen Wege nicht gesehen worden, und wo sollten sie denn nun mit einem Riale Herkommen, wo man schon so nahe an Klerksdorp heran war, daß ein Theil schon dorthin vorausgcrittcn war. — Deutsches Reich. --- Berlin, 6. März. (Die „K r e üz z e i t ü n g" anfdcrRetirade.) Die „Kreuzztg." mutz heute Abend cinräumen, daß sie Anlatz zu „berechtigten Ans- stellungen" gab, als sie gegen unseren, von der „Nordd. Allg. Ztg." übernommenen, Artikel „Bismarck'schc Tradition und Zolltarif" den Vorwurf der Fälschung er hob. Das conservativc Hauptorgan führt zu seiner Ent schuldigung an, daß es durch die Fassung eines Artikels der „Hamburger Nachrichten", der ihm allein vorgelegen habe, zu dem scharfen Urtheil über „die die bekanntesten Thatsachen fälschende officiöse Presse" ver anlaßt worden sei. Hierin liegt zunächst implicite das Ein- gcständnitz der vollendeten Gewissenlosigkeit, mit der die „Krcuzzeitung" im vorliegenden Falle verfahren ist. Denn schreibt das leitende Organ der conservattven Partei: „Schärfer kann die gegenwärtige Politik in der That nicht gekennzeichnet werden, als daß die officiöse (!) Presse, um ihr ein Ansehen zu geben, die bekanntesten Thatsachen fälscht und dem Fürsten Bismarck das Gegen- theil von dem in den Mund legt, was er wirklich gesagt (!) hat" —, schreibt das leitende Organ der konservativen Partei derartig scharfe, die gröbsten Angriffe gegen die Regierung, enthaltende Behauptung nieder, dann sollte vorausgesetzt werden dürfen, daß cs ocn von ihm kriti- sirtcn Artikel selbst, zumal, wenn er so leicht zugänglich ist, wie der in Rede stehende, nicht nur gelesen, sondern gründlich gelesen und durchdacht hat. Das Beste aber an dem Rückzüge der „Kreuzztg." hinter die „Hamburger Nachrichten" ist die Thatsachc, daß die „Hamburger Nachrichten" sich keineswegs so ausge sprochen haben, wie die „Krcuzzeitung". glauben machen will! Der betreffende Artikel deS Hamburger Blattes ist uns jetzt von befreundeter Sette zugesandt worden (Nr. 40 der „Hamb. Nachr.", Morgen ausgabe); wir ersehen daraus, -aß die „Hamb. Nachr." mit den eigenen Worten unseres Artikels angeben, daß Fürst Bismarck seine Erklärung vom 11. Januar 1887 nicht in der Commission abgegeben hat, sondern „als die Mtlitärvorlagc 1887 modificirt anS der Com mission ins Plenum zurückgenommen". Hier ist der springende Punct, betreffs dessen die „Kreuzztg." unter Berufung ans die „Hamb. Nachr." uns der Fälschung bc- zichtigtc! Wenn die „Kreuzztg." es „höchst sonderbar", nennt, daß autzc.r der von ihr namhaft gemachten Mün chener „Allgemeinen Ztg." andere Blätter, die unseren Artikel gleichzeitig veröffentlichten, ihre Verleumdungs sucht an den Pranger stellten, so ist das Erstaunen hierüber echt jesuitischer Natur. Denn aus der Ab wehr, die auch andere Blätter gegen die „Kreuzztg." richten mußten, geht eben klipp und klar hervor, daß jene Blätter von dem Vorwnrf der Fälschung direct mit getroffen waren. Mit der Miene einer ver folgten Unschuld nennt die „Kreuzztg." diese unsere Ab wehr „gröbliche Bcschimpfnnge n". Durch solche Empfindlichkeit erhärtet das conservativc Hauptorgan auf's Neue die alte Erfahrung, daß Diejenigen die grüßten Ansprüche ans rücksichtsvolle Behandlung machen, die der Ehre ihrer Mitmenschen selbst auf das Frivolste zu nahe treten. hcrabhing und das, wie ich mir nur zu gerne cinrcdcte, die Verbindung mit den wissenschaftlichen Autoritäten herstelttc, damit wir jeden Augenblick cmporgezogen werden konnten; hierin irrte ich mich jedoch. Ein kleiner, runder Fleck, oben mit einer Menge kleiner Löcher, ähn lich, wie ein Küchenansguß, war die einzige Verzierung des Raumes, in dem wir uns befanden, — durch ihn kam die Luft, die wir cinathmctcn. Was hätte ich darum gegeben, wenn ich mein Eintrittsgeld zurückerhaltcn und wieder hinaus gekonnt hätte. Nicht eine, fünfzig Mark hätte ich mit Freuden bezahlt, um mich an dem Anblick des geringfügigsten Wesens auf Gottes Erdboden zu ergötzen. Alle meine Sünden fielen mir ein. Ich faßte die festesten Vorsätze, in Zukunft ein besseres Leben zu führen — ob gleich ich gar kein so großer Verbrecher war —, wenn ich nur unbeschädigt aus dieser Glocke wieder herauSkam. Allerdings hätte ich das sofort thun können, denn noch immer klingelte der Veranstalter nach etwaigen Passa- gtrcn, aber dazu fehlte mir der moralische Muth. Ich konnte nicht durch dieselbe Menge hindurch, die mir vor hin Bravo zugcklatscht hatte und mich jetzt verhöhnen und auSzischcn würde. Zwei neue Mitreisende trafen ein, mit sardonischer Freude constatirtc ich, daß sie von demselben Gefühl, wie ich beherrscht wurden, auch sic warfen verständnißinnige Blicke nach dem Eingänge -er Glocke, auch sie hielten augenscheinlich Umschau in sich selbst. „Nehmen Sie Ihre Beine in die Höhe, meine Herren", sagte jetzt der Page, „Sie verringern so die Gefahr des HinunteriallenS, wenn wir unter das Wasser sinken." „Verringern die Gefahr?" stammelte ich, während ich seinen Rath befolgte, „soll das heißen, daß wir überhaupt irgend welche Gefahr laufen?" „Wenn Sic nicht ganz ruhig sitzen, kann schon etwa» passiren. So, wie jetzt, sind Sie aber ganz sicher."
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