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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020307024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902030702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902030702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
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Um U/2 Uhr Nachmittags traf PrinzHcinrichin derMcmorialHall ein, und bald darauf fand der feierliche Actus statt, in dem der Prinz unter dem brausenden Jubel der Studenten zum Ehrendoctor der Rechts cruannt wurde. Der Präsident der Harvard-Universität, Eliot, hielt hierbei eine Rede, in welcher er darauf hinwies, daß es das erste Mal sei, daß die Universität eine außerordent liche Sitzung einem fremden Prinzen zu Ehren abhalte. Für dieses einzige Borkommniß seien gewichtige Gründe vorhanden. Viele Einrichtungen, die aus England nach Neu-England gekommen, seien deutschen Ursprungs. Die Universität sei eine puritanische Gründung, daher werde auf ihr das Gedächtniß der Reformatoren, die von deut schen Fürsten unterstützt worden seien, gepflegt. Als fernere Gründe führte Redner die deutsche Einwanderung an, welche die größte und gebildetste sei; die Dankver- pflichtung für Gaben der deutschen technischen Schulen und Universitäten; Deutschlands außerordentliche Bei träge seit Mitte des 19. Jahrhunderts zur reinen und angewandten Wissenschaft und die hohe Sympathie und Bewunderung für das neu politisch geeinte Deutschland. „Dazu kommt", schloß Redner, daß wir uus mit gutem Gedächtniß erinnern, daß vor 40 Jahren, als die Union sich in Todesgefahr befand, Englands Königin ihren Ministern den Krieg gegen Amerika verbot, und der Enkel dieser großen Frau steht vor uns. Nachdem noch weitere Ansprachen erfolgt, und von Studenten Dichtungen vorgetragen waren, erwiderte Prinz Heinrich in wenigen Worten, daß er jetzt ein Harvard-Mann sei, und forderte zu einem dreimaligen Hoch auf den Präsidenten Roose velt auf. * Cambridge, 6. März. Prinz Heinrich erhielt ein Telegramm vom Kaiser, in dem derselbe den Prinzen zur Verleihung des Doctor-Titcls, der höchsten Ehre, die Amerika austheilen könne, beglückwünschte. O. Cambridge, 6. März. lPrivattelcgram m.) Prinz Heinrich wurde durch eine Ansprache des Mayors und den Gesang von etwa 1000 Schulkindern be grüßt. Dann wurde die Fahrt nach Harvard fortgesetzt. Hier wurden in der Memorial-Hail die Mitglieder der Universitäts - Körperschaft durch den Präsi denten Eliot vorgestellt. Von hier wurde der Prinz nach dem der Universität gehörigen Sanders-Theater geleitet, wo dieErncnnuug zum Ehrendoktor erfolgte. Als Eliot in seiner Rede „äootor ok lawg" sprach, erhob sich der Prinz und machte eine Verbeugung. Der Prinz verließ sodann den Saal und begab sich unter stürmischen Beifallsäußcrungcn der Studenten nach der Universitäts halle, wo ein Lunche»» eingenommen wurde. Nach dem Luncheon fand ein Empfang in der „Harvard Union" ge nannten Gescllschaftshallc statt, wobei der Prinz durch die Gesänge der Studenten begrüßt wurde. Prof. Volling hielt eine Rede, in welcher er ausführtc: Der Geist Har- vard's findet seinesgleichen an den Universitäten von Deutschland nnd England. Wir sind ein Kampscorps, das Heuchelei, Intoleranz und Unwahrheit bekämpft, tämpfend lebenslang für Harvard's Traditionen mit allen Harvardleuten hinter uns. Das ist der Geist der Institution, deren Mitglied jetzt Prinz Heinrich ist. Dann hieß Higginson den Prinzen Namens Harvard's willkom men im Hause Harvard's als Sohu der Hohcnzvllcrn- Dynastie, die viel Geschichte gemacht hätte, manchmal durch Feuilleton. 81 Die drei Freunde. Roman von Robert Misch. Nachdruck Verbote». Doctor Meingart machte zwar einige Einwendungen, setzte sich aber, sichtlich interessirt von dem lustigen Treiben, schließlich in die Sophaccke. Bruno holte ein gefülltes Glas und rief Franz herbei, um die Herren einander vor- znstellcn. Bruno erkundigte sich zwar wiederholt nach seinem Vater; doch der fremde Herr that sehr rcscrvirt, gab kurze, aber höfliche Antworten und wollte durchaus uicht von dem Bürgermeister zu diesem Besuche vcraulaßt sein. Er hätte aus eigenem Antriebe selbst einmal nach dem ncnen Landsmanne schauen wollen. „Und sind gewiß sehr überrascht, uns in dieser Gesell schaft zu finden?" meinte Bruno mit verlegenem Lächeln, da er die üble Nachrede des Rohrbachcr Herrn in seiner Hcimath fürchtete. „Fch versichere Sic, daß wir sonst nm diese Zeit tief in der Arbeit stecken, und daß es ein bloßer Zufall ist . . ." Als Bruno gleich darauf abgcrufcn wurde und Doctor Mcingart schweigend mit hochgezogcncr Stirn auf die überlaut lachenden Mädchen blickte, meinte Franz plötz lich: „Ich sehe cs Ihnen an, daß Sic uns jetzt für arge Sünder halten." Der Rohrbachcr Herr zuckte vielbedeutend die Achseln: „Jedenfalls gehören diese Damen nicht dem Tugend bunde an." „Sie sind nicht so schlimm, wie sic sich jetzt gebärden . . . Was Sie da vor sich sehen, dürfen Sie freilich nicht mit dem Maßstab des Alltagslebens ober gar der Kleinstadt messen. Wir Zigeuner der Großstadt führen einen harten Kampf ums Dasein. Da bricht denn die Freude durch, wo sie kann und übersteigt zuweilen bet so jungen, feurigen und lebenslustigen Geschöpfen auch einmal die Schranken." „Das klingt ganz schön. In die gewöhnliche Sprache übersetzt, heißt es also, daß ein unregelmäßiges, aus schweifendes Leben für den Künstler nothwcndig ist." „DaS behaupte ich durchaus nicht. Weder ich selbst Feuer und Schwert, öfter durch die Künste des Friedens. Der Redner pries Deutschlands Verdienste nm Literatur, Wissenschaft und Musik. Hierfür dankend, gebe Harvard dem Prinzen das beste äußere Zeichen zum Besitz. Die Studenten begrüßten den Prinzen in poetischer Form. * Boston, 6. März. Auf dem von der Stadt im Somerset-Hotel veranstalteten Banket, das um 8 Uhr begann, wurden mehrere große Reden gehalten. Nachdem der Gouverneur Crane und der Mayor Collins gesprochen hatten, feierte der Zolldircctor Ly- man Friedrich den Großen, gedachte der Hilfe der 250 000 deutschen Soldaten im Bürger kriege und erklärte, der Plan des deutschen Kaisers, dessen Charakter demjenigen des Präsidenten Roosevelt ähnlich sei, die Vereinigten Staaten durch Freund schaft zu erobern, sei des Erfolges sicher. Präsident Eliot sprach über wahre Demokratie, der Massachusetts seine Größe verdanke. Ter Präsident der Handelskammer Canter schilderte den evunnercteilen Auf- schwung Deutschlands und betonte die Nothwendigkeit freundschaftlicher Handelsbeziehungen zu Deutschland. Der Vorstand der Universität Higginson führte anö, die Methoden der deutschen Wissenschaft seien nach Amerika verpflanzt worden, nnd thcilte sodann Erinnerungen an den Kaiser und die Kaiserin Friedrich mit. B. Boston, 6. März. iP r i v a t t e l e g r a m m.) Die eindrucksvollste Feier am heutigen Tage war der Empfang in Harvard-Union. Zunächst versammelten sich die Stu denten in der prächtig geschmückten großen Halle nnd saugen das Harvardlicd. Dann begrüßte H iggi n s v n, -essen Mnnificenz die Universität so viele Wohlthaten, namentlich die herrliche Union-Halle, verdankt, den Prinzen. Er gedachte der Verdienste Deutschlands um die Civilisation, der hohen persönlichen Eigenschaften nnd der ersprießlichen Thätigkeit des Kaisers nnd brachte das Harvard-Hoch auf den Kaiser aus. Die nun folgende ein drucksvolle Scene läßt sich am besten mit dem deutschen Salamander vergleichen. Auf Commandv riefen die Stu denten „Hnrrah, Hurrah, Hurrah, Hurrah, rarara, Har vard, Harvard, Harvard, empcrvr William!" Dreimal wiederholte sich der Rnf, von über tausend Studenten aus- gcrufcn, welche die große Halle und die Galerien füllten, ivo auch Damen saßen, voll unbeschreiblicher Begeisterung aus genommen. Hierauf nahm ein noch nichtgradnirterStudent das Wort und feierte den Prinzen als neues Mitglied der Universität, worauf dem Prinzen das Harvard-Hoch aus gebracht wurde. Dann trug der Student ein Gedicht vor, woran sich der Gesang der „Wacht am Rhein" anschlvß. Ter Prinz dankte unter stürmischen Zurufen der Stu denten für die Huldigung und forderte die Studenten auf, auf den hervorragenden Harvardianer in Washington, den er kenne, Präsident Roosevelt, ein Hoch ausznbringen. Wieder erdröhnte das dreimalige Harvard-Hoch. In diesem Augenblicke wurde dem Prinzen ein Telegramm überreicht. Nachdem er cs dnrchgelesen, erhob er sich und las mit schallender Stimme den deutschen Text des Tclc- grammcs, das vom Kaiser hcrrührte und dessen beste Wünsche für den weiteren Aufenthalt des Prinzen aus drückte und zu der Doetorwürde der Harvard-Universität gratulirte. Beim Vorlcscn der Worte „dies ist die höchste Ehre, die Amerika verleihen kann", erhoben sich die Ver sammelten nnd brachen in betäubende Hoch- und Hnrrah- rufe aus. Schließlich commandirte Higginson ein neues Harvard-Hoch auf -en Kaiser, das, mit Verve ausgeführt, die Fenster klirren machte. Damit schloß die Feier. noch meine Freunde führen cs. Wir alle arbeiten und streben hohen Zielen zu, warum sollen wir uns also nicht einmal auf unsere Weise amüsiren?" Doctor Meingart blickte den jungen Dichter hoch- müthig, fast feindselig au: „Ich fange an zu begreifen, daß Sie Ihren Beruf wechselten. — Denkt Ihr Freund ebenso — leicht?" „Sic nennen cs „leicht", ich nenne cs „anders". Wir alle denken so — auch Bruno. Ucbrigcns, Sie sprechen von einem Berufswechsel. Ich war Ihnen also bekannt?" „Gewiß — da ich jetzt in Rohrbach lebe —" „Wo man mich gewiß für den leibhaftigen Lncifcr hält, der vom Himmel abgefallcn ist . . . Mein Vater hat mir das schon geschrieben und man läßt es sogar den alten Mann entgelten." „Nun, Sic können das Ihren Gönnern nnd Beschützern nicht übel nehmen, die sich für Sie intcressirtcn und ihr Geld hcrgaben unter der Voranssctznng, daß Sic Priester würden." „Und ihnen dafür ein warmes Himmelsplätzchcn ver schaffte, recht nahe beim lieben Herrgott . . . Bin ich denn ein Ding, eine leblose Sache, über deren Gebrauch man zu seinem eigenen Nutzen verfügt? Oder bin ich ein Mensch mit eigenem Fühlen und Denken, mit selbst ständigen Bedürfnissen, der seinem inneren Drange folgen muß, einem vvrgezcichnctcn Ziele zu? Es wäre meinen Gönnern und Beschützern in Rohrbach wohl lieber, daß ich ein falscher Priester geworden wäre, wie so mancher andere, der cs auL äußeren Gründen nicht wagt, aus der Kutte zu springen? — Rohrbach, wissen Sic, was das ist? Rohrbach ist das Mittelalter, die Welt vor der Refor mation!" „Lassen wir das fruchtlose Gespräch!" erwiderte Mein gart ruhig. — „Denkt Ihr Freund ebenso über seinen Be ruf wie Sie?" „Wie soll ich das verstehen?" „Nun, fühlt auch er »och immer den inneren Drang?" entgegnete Mcingart spöttisch. „Oder hat er die Wonnen dieser armseligen Existenz genugsam ausgekvstct, nm sie gern mit einem lohnenderen Berns zn vertauschen, wie cs sein Vater möchte?" „Sie kommen also im Auftrage seines Vaters?" „Durchaus nicht! Nur weiß ich, daß der alte Herr viel darum gäbe, wenn sein Sohn den Künstler an de» Nagel hängte. Liegt das so ganz ans dem Bereiche der Möglich keit N * Boston, 0. Mürz. Die Ueberweisnng der Photo graphien, welche der Kaiser der Harvard-Univer sität schenkte, vollzog sich in folgender Weise: Professor Münster berg und Frau empfingen den Prinzen in ihrer geschmackvoll decvrirten Wohnung nnd geleiteten ihn nach der Bibliothek, wo der Vorsitzende des Verwaltungs- rathes des Germanischen Museums, P utna m , ciue An sprache hielt, den hohen Gast bewillkommnete und als dann darauf hinwies, daß Professor Franke die Errichtung -es Museums anrcgte und v. Hvlleben sic förderte. Der P rinz antwortete: „Lassen Sic mich in wenigen Worten Ihnen danken für die erwiesene Freundlichkeit, und sagen, -aß die Vereinigten Staaten von der anderen Seite des Oceans aufmerksam beobachtet werden; wir kennen die Riescnindustrie, durch die Ihr Land zu dieser Stellung gekommen ist, wir kennen auch das Germanic-Museum der Association. Besonders der Kaiser, mein Bruder, dcu hier zn vertreten ich die Ehre habe, richtete sein Auge darauf nnd befahl mir, Ihnen die Photographien von Re- productionen von Denkmälern zu übergeben, von denen die Abgüsse gemacht werden. Die Arbeit ist in ihrem An- sangsstadium und dauert vier Monate, ehe der Kaiser die Abgüsse senden kann." Hierauf überreichte der Prinz dem Präsidenten Elliot die Photographien mit der Be merkung: „In Ihren Händen sind sic wohl am sichersten" «Heiterkeit), und scherzend zu Putnam gewandt, sagte er: dies solle natürlich für ihn keine Kränkung sein. Hierauf bat Elliot, dem Kaiser den aufrichtigen Dank der Har vard-Universität zn übermitteln. Der Prinz bemerkte, er hoffe, daß dies die Freundschaft der beiden Völker fördern werde. Elliot antwortete, etwas Anderes wäre auch unmöglich. Nachdem Erfrischungen eingenommen waren, kehrte der Prinz in das Hotel zu rück. Richard Olney, der unter dem Präsidenten Clcvcland Staatssekretär war, legte dar, wie Amerika aus dem „Lick'iint torriblo der heiligen Allianz" zur Welt macht wurde, nicht trotz, sondern wegen seiner demokrati schen Volkskraft. Tas gelte auch für Deutschland, dessen Haupt alle monarchischen Häupter überrage, nicht nur durch persönliche Begabung, sondern weil es die leben dige, wahre Verkörperung sei des Charakters, der Ziele und Ideale des deutschen Volkes. Den Anspruch auf diesen Ruhm habe der Kaiser nicht besser beweisen können, als durch die freundschaftliche Mission seines Bruders. Die Völker selbst, nicht die Herrscher, gefährdeten heute den Frieden, darum sei das beste Mittel, einen Krieg zu vermeiden, die Völker freund schaftlich mit einander bekannt zu machen. Der Haager SchicdsgcrichtShof sei eine große Errungen schaft, und der Kaiser suche den Frieden zu erhalten, da durch, daß er Mißverständnissen zwischen den Nationen vorbeuge. Tas sei besser als Hcilvcrsnche nach einem er folgten Bruche der Freundschaft. Die Entsendung des Prinzen sei sehr zeitgemäß, denn Amerika fordere die Welt zum K a m p f n m d i e i n d n st r i c l l e O b c r - Herrschaft heraus, dem gewaltigsten in der Welt geschichte. Der Besuch des Prinzen und der überaus günstige Eindruck, welchen derselbe mache, sei unzweifel haft geeignet, dem vorzubcugcn, daß der Kampf in einen Krieg ausartc. Deutschland und Amerika verpflichteten sich gewissermaßen, den Kampf in den Grenzen christlicher, civilisirtcr Völker zu halte». In diesem Sinne werde der Besuch -cs Prinzen zu den merkwürdigsten Ereignissen der internationalen Geschichte gehören. „Bruno wird heute fünfundzwanzig Jahre alt i i. etwas spät für einen Wechsel!" „Durchaus uicht ... Da er bereits officicll fünf Se mester Jurisprudenz studirt hat —". „Oder vielmehr nicht studirt." „Das ist gleich, sobald sie ihm nur bescheinigt wurden. In zwei, drei Semestern kann er sich cinpaukcn lassen." „Um Jurist zu werden?" „Vielleicht irgend eine Vcrwaltnngscarrierc oder etwas im Bank- und Finanzwesen . . . Sein Vater hat gute Verbindungen,." „Bite, fragen sic ihn selbst, wie er darüber denkt! — Bruno!" Der Gernfcnc löste sich von einer lachenden Gruppe, deren Mittelpunkt Mizzi Weber war, nnd kam auf die Herren zu, langsam und verlegen oder vielmehr gelang weilt von diesem ernsten, schweigsamen Fremdling, der so gar nicht in dies übcrmüthigc Treiben paßte. Natürlich würde er nur den Rohrbachcr» eine Schauermär be richten — frei nach dem „verlorenen Sohne" der Bibel. Franz erzählte, was Doctor Mcingart von ihm wissen möchte. Der junge Maler blickte sie Anfangs vcrständniß- und fassungslos an. Dann lachte er hell ans. „Meinen Beruf wechseln — Jurist werden oder Bankier oder so was?" rief er erstaunt. — „Und wenn Sic mir jetzt eine Million in Tauscndmarkscheinen auf den Tisch legten — ich könnte sic wahrhaftig gebrauchen, nur einen einzigen, —, so bliebe ich doch Maler." „Aber mein Gott, Sic können ja Ihre Kirnst neben bei " „Eine Kunst, die man nebenbei treibt, nennt man Dilettantismus, Herr Doctor. Und das Malen verlangt schon ganz seinen Mann. Haben Sic je von einem großen Maler gehört, der es nebenbei war? — Und wenn ich von allem Anderen absche, können Sie sich vorstellcn, -aß ich im Bureau sitzen soll und Vorgesetzte haben und be stimmte Stunden, in denen ich arbeiten muß? Die Frei heit, das ungebundene Leben, sind mir nothwcndig wie Luft und Licht. Das können Sie meinem Vater sagen. Und wenn er die Versöhnung davon abhängig macht —" „Ich werde cs ihm sagen!" erwiderte Doctor Mcingart ernst, während er sich erhob und seinen Blick verächtlich durch die beiden Zimmer schweifen ließ. Nebenan bei Mieglitz kreischten und lachten sie jetzt überlaut. „Tonichcn" und ihre beiden Freundinnen, die Oer Krieg in Südafrika. Zum Rcmonte-Scandal. Man schreibt uns aus London, den 5. März. Bon Tag zu Tag wird es klarer, daß im britischen Re- monte-Departement etwas, und zwar etwas sehr Haupt sächliches, schief gegangen ist und noch immer schief geht, besonders was den Ankauf von Remonten in Australien anbclangt. Die Frage des Remonte-Scandals ist im Augenblick diejenige, welche im Parlamente und im Volke das lebhafteste Interesse hervvrruft, und es scheint, als ob sie dazu geeignet wäre, der Regiernng nicht nur schwere Stunden zn bereiten, sondern dem gegenwärtigen Cabinet auch zum Verderben zu werde», denn nicht nur auf Seiten der Opposition, sondern auch in den Reihen der Rcgic- rungöfrcunde ist man entschlossen, sich nicht mit Mr. Brodrick's ausweichenden Redensarten zufrieden zu geben, sondern der ganzen Frage auf den Grund zu gehen. Das Volk leidet schwer unter dem Drucke der hohen Kricgssteuer, und wenn der britische Steuerzahler zahlen muß, immer mehr und auf unabsehbare Zeit, dann wird er ungcmüthlich und alle Kriegsbegeisterung schwindet, und er verlangt Klarlegung über die Verwendung der Riesensummen. Obwohl Lord Stanley im Unterhause vor einiger Zeit erklärte, die Colonien seien nicht in der Lage, die nöthige Zahl guter Pferde zu liefern, steht cs heute nach Er klärungen des General-Agenten für Queensland fest, daß Australien einen „unerschöpflichen Vorrath" an Pferden jeder Gattung, besonders aber an jenen mittelgroßen, ausdauernden, in den trockenen Steppen des Inneren ge züchteten Pferden besitzt und daß nur das Ankaufsver- fahrcn der britischen Regierung die Producenten veran laßt hat, mit ihren Thieren zurückzuhalten. Zudem hat eine australische Firma im August 1900, also in einer der kritischsten Perioden des Krieges, der Regierung eine be liebig große Zahl von Pferden angeboten, und zwar zn Preisen, die weit unter denen stehen, die die Regierung anderswo für weit geringeres Material zahlte. Connexions- und Protectionswescn scheinen in der Vergebung der Cvntracte neben einer gewissen Flüchtig keit und Leichtgläubigkeit eine große Rolle gespielt zu haben, und cs ist kein Wunder, daß die Nation mit aller; Energie Rechenschaft über die Riesensummen fordert. * London, 6. März. (Unterhaus.) Aüf eistb An frage, wicvielBocre n'n ochimFelbeständen, erwidert Kriegsminister Br 0 drick, da die Bocren über ein großes Gebiet vertheilt seien, sei eine genaue Schätzung schwierig. Die Anzahl der seit November statt gehabten Gefangennahmen beweise, daß die damalige Schätzung sanguinisch gewesen sei; er — Redner — wage daher ohne eingehendere Information nicht, eine andere Schätzung aufznstcllen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 7. März. Daß es vorgestern im Reichstage hauptsächlich das Cent rum war, auf das die Versagung aller Mittel zur Weiterfübrung der Usambarabahn bis Mombo zurück geführt werden mußte, haben wir schon gestern hervorgehoben. bereits einen leichten Scctspitz hatten, tanzten, von ihren Offcnbachiadcn an dergleichen gewöhnt, daß die Spitzen unterrücke nur so flogen. Bruno folgte den Blicken des Doctors. Sein bleiches Antinous-Antlitz röthetc sich leicht, aber seine Lippen preßten sich trotzig zusammen. „Ich hatte Sic bitten wollen, meinem Vater nichts da- von zu sagen. Doch bah, warum nicht?! Sagen Sic ihm meinetwegen, was Sic wollen! Warum sollen wir nicht auf unsere Weise lustig sein, die sich freilich von Ihren Klcinstadtsittcn ziemlich weit entfernt? —Und nun, da ich Sic nicht halten kann, wie ich sehe — leben Sie wohl!" Mit einer kühlen Verbeugung verabschiedete sich der Arzt von den beiden Herren und schritt dem Ausgang zu, als plötzlich Mieglitz, der ebenfalls leicht angetrunken war, auf ihn zustürztc. „Was.... Sic wollen schon ge . . . . gehen, Herr Doctor? . . . Das ge . ... geht nicht . . . Sie müssen bei uns bleiben . . . Bowle mit mis trin . . trinken" . . . — Er stellte sich breit vor den Ausgang, den Doctor an die Verbindungsthür drängend. — „Sie sind ein Rohrbacher, wie ich höre . . . haha . . . das muß ein furcht . . . . furchtbares Nest sciu." „Laß' doch den Herrn Doctor in Ruhcj" rief Franz er schrocken und versuchte, ihn zuruckzuziehcn. Mieglitz wehrte sich mit der Hartnäckigkeit eines Trun kenen dagegen. „Jh was! Wenn der Herr Doctor aus Rohrbach ist. daun soll er hier bleiben und ver . . gnügt sein . . . Hehe, sehen Sie, so leben wir alle Tage — alle Tage!" — Und damit wies er stolz auf die lärmende Schaar im anderen Zimmer. — „Wir schwim . . . schwimmen nämlich in Gold . . . das können Sie den Rohrbachern erzählen." „Du bist betrunken, Mieglitz!" „Ich bin nicht bc . . . betrunken. Aber die Rohrbacher sollen es wissen, daß wir in Gold schwi. . . schwimmen und ein sehr ver. . . vergnügtes Leben führen. — He, Toni, Mizzi, Milly!" brüllte er in s Nebenzimmer, „der Herr will schon fort .... Das erlauben wir nicht . . ." Und trotz des lebhaften Protestes der beiden Freunde hielt Mieglitz den Doctor so lange fest, bis die Mädchen lachend angestürzt kamei^nnd ihn tanzend umringten. Dazu riefen und sangen sie in toller Scctlaune: „Warum geht er denn schon, der fremde Herr aus Kvttbns? — Er soll da bleiben, der fremde Herr aus Kottbus. — — Mein Herr Marquis, ein Mann, wie Sic -2
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