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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020312010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902031201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902031201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-12
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Reelamen unter dem RedactionSstrich («gespalte») 7d vor de» FamUiennach richten (6 gespalten) SO Tabellarischer und Ziffernsah entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannohme LS H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung .^l SO.—, mit Postbesürderunn 70.—. Aunahmeschluk für Auzeigkn: Abrnd-Iusgabe: Bormittag» lO Uhr. Morgen-Aulgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet de» Filialen »ad Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Grpedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr Druck u»d Berlag von E. Polz in Leipzig. 96. Jahrgang. Mittwoch den 12. März 1902. Ertremagrarische Ethik. L2 Bon den Agitatoren de» Bunde» der Landwirtbe ist man Diele», Alle» gewöhnt. Sie leben von der Unzufrieden heit der Landleute und richteu ihren Geschäftsbetrieb darnach ein, daß dieser Artikel nicht au-gedt. Die cooservative Partei hingegen beansprucht, ander» und besser eingeschätzt zu werden. Dennoch pflegt ihr führende» Pr-ßorgan neuerdings ein System sophistischer Irreführung und rasst- nirter Aufreizung, da» vo» jenen Agitatoren nicht übertroffen wird und auch nicht übertroffen werden kann. Die „Kreurztg." erwähnt die .heimlicke Besorgniß" der Linken, daß die Regierungen in der Frage der Bemessung der Mindestzölle „am Ende ihrerseits doch eiulenken könnten", und sie fügt h'vzu: „Diese Besorgniß ist sehr verständlich, denn, wie nicht ost genug wiederholt werden kau», wäre ein solche» Einlenken die ein fachste Lösung eine» sonst nahezu »»lösbaren Problems — eine LSsuag. die alle Theile befriedige» würde, mit Ausnahme der grund sätzlichen Gegner, während jede andere, selbst wenn sie sich er- zwingen ließe, einen einseitigen Lharakter trüge und al» Ver gewaltigung empfunden werdeu müßte. Daß die Landwirthschaft, wenn sie gezwungen würde, sich zu fügen, da» »ur so ausfassen könute und würde, steht vollkommen fest; nicht minder aber würde sich auch die Gewerbethütigkeit schwer benachtheiligt fühlen, wenn den Vertretern der Laudwirthschast nicht» übrig bliebe, al» ihr, um de» nothweudigrn Ausgleich» der Interessen will«», die Zollerdöhuage» z» versage», di» sie ihr an und für sich sehr gern gewährt". Diese Darlegung prasentirt sich al» die Zubereitung eine» Hetzmittel» für den Fall, daß eine Verständigung, die sich nicht mit dem Anträge Herold deckt — und nur eine Verständigung, die davon absieht, ist denkbar — zu Stande kommen sollte. Den Schürern vom Bunde der Landwirthe baden e« außer anderen Leuten auch CentrumSpolitiker auf den Kopf zugesagt, daß ihr Verhalten von der Absicht bestimm» sei, „hinterher", d. h. wenn ei« Mögliche» in» Leben getreten ist, da» Werk vor den Bauern al» unzureichend, ja al- bedeutung-lo» und sogar al» Berrath an der Landwirt»- schäft zu brandmarken und hinzurufügen: „Wenn wir im Reichstage stärker gewesen wären, so war« Euch wirklich ge- kolfeu worden". Da» Centrum bat erklären lassen, e» fiele ihm nicht eia, einem solchen Plänchea durch eine positive Mitwirkung seinerseits zum Gelingen zu verhelfen. Nun präparirt die „Kreuzzeitung" die von den Buudeöagitatoren in Autsicht genommene Taktik auch für die Conservativen, und man darf gespannt sein, waö da» Centrnm dazu sagen wird. Das konservative Organ hat den Gipfel der Unauf richtigkeit erreich», wenn e» die Sache so darstell t.al» ob die Gesetz werbung der Regierungsvorlage da» Ergebniß einer Nieder- zwingung der Landwirthschaft sein würde. Speculirt ist dabei selbstverständlich auf die Leidenschaften, nicht auf da» Denk vermögen, denn im Grunde ist e» eia Unsinn, wenn die „Kreuzztg." in demselben Augenblicke, wo sie ein „Einlenken" der Regierung fordert, eia Nachgebea der „Landwirth- schäft" al» da» Product eiaer „Vergewaltigung" im vorhinein stigmatifirt. So viel Recht» «ine Meinung und einen Wille» zu haben, wie e» einer Parla» ment-mehrheit zusteht, haben in Deutschland die Regierungen auch noch. Gottlob, sagen wir, die wir al» Nationalliberale von den Conservativen häufig al» unsichere Monarchisten be zeichnet werden, und die konservative Partei, die auf ihre Fahne die Devise ihre» Begründer» Stahl „Autorität, nicht Majorität" geschrieben hat, setzt sich mit der von ihrem Organ ausgestellten Tdeorie von dem größeren Rechtsansprüche einer au» allge meinen Wahlen bervorgegaagenen Parlamentsmehrheit in cinen heillosen Widerspruch mit sich selbst. < Da» weiß natürlich die „Kreuzzeitung" auch, aber sie will hintergehen. Diesem Zwecke dient die Lehre von dem erlaubten, auf die Regierungen auSgevbterr „Zwang" und von dem unerlaubten, dem konservative Paiteitaktikir angeblich unterworfen werden sollen, in der vorliegenden Frage besonder» auch iusofero, al», wenn io der Zollangelegen- heil da« Beharren der Regierungen bei ihrer Vorlage eine einseitige „Vergewaltigung" der Landwirthschaft genannt werden dürfte, man anerkennen müßte, daß in der Sache auch bisher schon sehr viel „gezwungen" und „vergewaltigt" worden ist und zwar nicht am wenigsten von den — Conservativen. Der Antrag Herold weist die Namen der Grafen Kanitz und Schwerin-Löwitz auf uud trägt einen höchst „einseitigen Charakter" gegenüber dem deutschen LandwirthschaftSrath und dem preußischen LaudeSökoaomiecollegimu, hinter deren Anforderungen er zurückbleidt; der Antrag „Zwingt" und „ver gewaltigt" noch viel — sollen wir sagen: brutaler? —- den Bund der Landwirthe sammt seinem Freiherr» v. Wangeuheim, die noch mehr al» die erwähnten Körperschaften ver langen; er zwingt auch den von dem Abgeordneten vr. Heim geführten Tbeil de» bayerischen Eentrum», der einen höheren Gerstrnzoll will. Uebrigen» hat auch der bayerische Bauernbund m Regensburg, der ungefähr 7000 Tdeilnehmer zählt, die Leitung de» Bunde» gezwungen und vergewaltigt, indem er einstimmig mit nicht undeträchtlich weniger, al» der Bond heischt, sich zufrieden geben zu wollen erklärte. Zwang also überall. Redlich und gewissenhaft wie in dies«« Stück« zeigt sich die „Kreuzzeitung" auch da, wo sie durchblickrn laßt, da» Versagen von Zollerböhuuge» für die Industrie seitens ver „Venrrter der Landwirthschaft" wär, al» «in Act de« Ausgleich« gedacht für da» Versagen von Zollerhöbuageu für die Laudwirthschast feiten» der Industrie. Die Vorlage enthält aber bekanntlich, und da» sollt« «au selbst Bauern uicht mehr durch jesuitisch« Wenbuagen ver schleiern wollen, außerordentlich weitgrheod« Zollerhöhungen für Erzeuaaifle de» Ackerbau«» und der Viehzucht. Di« „Kreuzztg." hatte allerding» 24 Stunden, bevor sie da» oben Auattührw schrieb, sich «men Standpnuet ,»recht- gelegt» der sich «it dm« „Jenseits von Gut und Böse" Nietzsche« dem «d dmn Start» gestattet» so z» spreche«, wie r» thut. Die „Kreuzzeitung" hat einfach da» Moment der Verantwortlichkeit, der moralischen Verant wortlichkeit, von der Politik getrennt, wenigsten» für agrarische uud konservative Abgeordnete. Sie schrieb, wir baden e» mitgetbeilt, gegenüber der „Südd. Corr.", die an die Gewissen appellirt batte, folgenden Satz: „Die Wen dung von der Verantwortung vor der Mitwelt und der Geschichte kehrt zu ost wieder, nm nicht al» Phrase behandelt zu werden." Da» heißt mit anderen Worten: Gesetze der Sittlichkeit werden durch häufigere» Vorträgen hinfällig und unverbindlich. Die „Kreuzztg." ist ein sehr frommes Blatt. Wa» sie aber da gesagt hat, läßt sich ebensogut auf die zehn Gebote, ja sogar auf Dogmen anwenden, wie auf da» Gebot, da» Berantwortlichkeitögefühl in der Gesetzgebung walten zu lassen. Vor allen Dingen wird aber die „Kreuzztg." nicht umbin können, die Bitten de» Vaterunser, die jedenfalls an: häufigsten in der Christenheit „wiederkehrenden Wendungen", dem Bereiche der Phrasen zuzuweisen. prim Heinrich in Amerika. ?. Philadelphia. 10. März. (Privattel.) Als Prinz Heinrich beim Eintreffen vorder vor der UnabbängigkeitSballe stehenden Statue Wasbingtou'ö da» Haupt entblößte brach unter der dichtgedrängten Zuschauermcnge ein langan- dauernder Beifallssturm lv». Nach dem Besuch der Unabhängig keit-Halle trat der Prinz die Fahrt nach dem Schifföbauhof von Eramp au. Während der ganzen, über eine vier Meilen lange Streckt führenden Fahrt war der Prinz Gegenstand ununterbrochener Huldigungen der Bevölkerung. Scherzhaft sagte der Prinz zu dem ihm begleitenden Bürgermeister Ashbridge, er möchte fast wünschen, daß da» Grüßen mit der linken Hand gestattet wäre, sein rechter Arm werde ihm schwer vom beständigen Salutiren. Ferner äußerte der Prinz, seine Rundfahrt durch Amerika sei höchst angenehm und belehrend gewesen uud habe ihn nicht allzu sehr an gestrengt. Die Besichtigung der Werft, wofür programmgemäß 4ü Minute» vorgeschriedeu waren, dauerte fast zwei Stunden. Charles Eramp, welcher den Prinzen am Eingang der Werft empfangen hatte, geleitete ihu bei dem hochinteressanten R«nd- gang. Zunächst wurde die SchiffSmaschinenbananstalt in Augenschein genommen. Alsdann wurde da» neue Schlacht schiff „Maine", da» im vorigen Jahr vom Stapel gelaufen, besichtigt und kritisch geprüft, ohne daß der Prinz an Bord desselben gegangen wäre. Auf dem russischen Schiffe „Retroisan", da» er später besichtigte, erfreute der Prinz die Mannschaft durch Evtbietung eine» russischen Gruße». Er betrachtete die Mrtallmöb« de» Schiffe» mit besonderer Aufmerksamkeit. Al» der Prinz die „Retroisan" verließ, brachte der russische Marineattachv Fersen ein dreifaches Hoch auf den Prinzen au», der sich über da» Gesehene äußerst befriedigt au-sprach. An diesen Besuch schloß sich die Besichtigung de» Panzerkreuzers „Colorado- Pennsylvania" an. Al»dann wurden die größten hier erbauten Kauffahrrr „Kroonland" und „Finland" besichtigt, sowie ein noch namenloser türkischer Kreuzer in Augenschein genommen. Bei der hierauf folgenden Besichtigung der Maschinrawerkstätten ließ sich der Prinz eine Reihe von Werkzeugen amerikanischer Erfindung vorführen, stellte häufig Fragen, ließ sich eine amerikanische Bohrmaschine ganz be- souder» eiugebend zeigen und sprach seine Bewunderung über den feinen Mechanismus derselben au». Schließlich erklärte der Prinz, die Amerikaner seien in Bezug auf pneumatische Werkzeug« allen anderen Nationen Vorau». Auch dem Werft- besitz" gegenüber drückte der Prinz wiederholt seine außer ordentliche Befriedigung über da» Gesehene au». In Weehawken fand die Rundfahrt de-Prinzen durch Amerika zur programmmäßig festgesetzten Zeit ihren Abschluß. Der Prinz gab seiner hohen Anerkennung und Befriedigung über die glanzenden Leistungen der Pennsylvauiabahn wiederholt rückhaltlos Ausdruck. Trotz Sturm und NebcrsLwemmung sei die Reise in allen Theileu glatt vrrlaufeu. Der Regie- ruugSschlrpper „John Bower»" brachte den Prinzen nach Hodoken. N. New Park, tl. März. (Privattelegramm.) Unter den Gasten beim Bauket au Bord der „Deutschland" befanden sich Corneliu» Banderbilt, Ogden Hill», Bürger meister Low, Emil Boa» und Eapitän Alcar». Der Prinz nahm mit herzlichem Danke Evans Photographie entgegen, auf welcher dieser die neue Eontreadmiral» - Uniform tragt. Der Prinz hatte Hill» recht», Low liuk» neben sich. Die „Deutschland" hatte Klaageuschmuck angelegt uud war festlich beleuchtet, de»gleichea dl« Dacht „Hamburg". Al« gestern Abend bei der Galavorstellung nn Irvingplace-Thrater Direktor Toaried die Portidre der Prosceuiumloge zurück schlug, war der Prinz sichtlich überrascht. Die festlich ge kleideten Zubörer jubelten dem Prinzen zu, Tücher uad Fächer schwenkend. Prächtige Blatt- und Blumengewinde rankten sich an den Säulen der Logenbrüstungen empor. Au» .den» Dunkelgrüu beraub leuchteten an den Wände» blaue und weiße Lämpchen. Mit Lorbeer uad Immer grün bekränzte Bilder de» Kaiser» Wilhelm Friedrich M. uad Wilb«l« II., sowie de» Primen Hemrich schmückten die Wände. Der Prinz verneigte sich lächelnd, da» Orchester spielte „Heil dir i« Sirgerkraaz", Hnrrnb» «d Hoch» erschallten. Der Prinz begrüßt« Car« Schurz «ns» Freundlichst«. Bürgermeister Low ließ sich recht», »er Botschafter v. Hvllebea link» »eben dem Prinzen nieder. Hedwig Lange sprach den von Ud» Brachvogel ge dichteten Epilog. Um l Uhr früh traf der Prinz wieder in Hobokn an Bord der „Deutschland" ein. H. R»W Vstck, Ll. Mär». sPrivattelearamm.) Der Briefträaerverei», 2000 Mitglieder «nsaffeod, degieb» sich beut« Vormittag nach Hobokia, um dem Prinzen ein« vronznaftl »it d»n Bildnisse, Lincoln'», Garfield» und M« Kinlw'», «in Werk de» Bildhauer» Matthew», zu über reiche». Wahrscheinlich wird vüraermeister Low »er Wort führer sei». Später beacht Äch Lv» um Abschiedsbesuch« nach der .Demschland". Di, Abfahrt «Kat »»/, Uhr Nach- «ttiag». Viel» Dampfer begleit« die „Hahenzollera", di« um 2 Uhr abfäbrt, um die „Deutschland" bei Sanryhock zu erwarten. Der Vertreter de» Prinzen kaufte einen Gasolm motor von fünf Pferdekräften für den „Meteor". Aus Wunsch de» Prinzen wurden der Polizeicommifsar Patridge, der Capitän Titu» und eine Anzahl Inspektoren vom Polizei- Hauptquartier Photographirt. Der Prinz nimmt das Bild al» Erinnerung mit. Der Krieg in Südafrika. Die englische Niederlage * Loudon, 11. März (Telegramm.) Die Bestürzung und Aufregung, die Lord Kitchener'S Meldung über die Nieder- tage und Gefangennahme Lord Metkmen'S .n allen Volksschichten hervorgeruscn hat, läßt sich kaum beschreiben; allgemein wird die Ansicht anSgedrückt, daß seit Colenso und MagcrSfontein den britischen Waffen kein so ernster Schlag zugesügt worden sei. „Daß ILVO britische Soldaten mit vier Kanonen", so «chreibt „Standard", „in Unordnung gestürzt und in die Flucht geschlagen wurden von einem Boerensührer, der allem Anscheine nach nicht über mehr al» lüM Mann verfügte, ist unstreitig ein schwerer Schlag für unsere Selbstachtung." Andere Morgenblätter urtheilen nicht minder streng, aber fast alle drücken die Ansicht auS, das; der Krieg entschlossen z» Ende geführt werden müsse. „Times" sagen, der zeitweilige Rückschlag sei nur ein Grund mehr für weitere und entschlossenere Anstrengungen, und „Daily Mail" schreibt: „Die Niederlage ändere nicht wesentlich die Lage, obwohl sie die Boeren sicherlich noch hartnäckiger machen und den Krieg verlängern werde. Die Nation hat ans Grund der häufigen amtlichen Versicherungen gehofft, daß der Krieg sich jetzt endlich seinen Abschluß nähere. Die Niederlage werde in ihrem Herzen ein Gefühl tiefer Beunruhigung über eiu Regierung er- zeugen, die so ost verhängnißvolle Jrrthümer begangen habe, aber wenn unsere Feinde wähnen, daß sie unseren Entschluß schwächen werden, so irren sie sich gewaltig, wir werden vor keinen Opfern zurückschrecken und sind bereit zu jedweder Anstrengung, um Len Krieg zum Abschluß zu bringen, ober die Nation erwartet größere Energie, Wachsamkeit »nd Umsicht der Regierung". „Daily News" macht di« Regierung allein veranttvorttich für die Nieder lage und hofft, die Menschiichkeir der Boeren werte Meihnen'-Z Leben schonen. (Boss. Ztg.) England nnd die Coucentrationslager. Um die Concentrationslager hat sich allgemach eine Legende gesponnen, nnd Chamberlain ist eifrigst bemüht, ihr überall Eingang zu verschaffen. Die Legende ist diese: Die C o n c e n t r a t i o n s - lager sind ans reiner Menschenliebe her- vorgcgangenc Einrichtungen; sie sind er richtet, nm die nngliicklichen Kranen nnd Kinder aufzu nehmen, die in Folge der ruchlosen und unmenschlichen Handlungsweise ihrer Väter, lÄattcn und Brüder obdach, los geworden sind. Die englische Regierung hat mit ihnen -en Beweis geliefert, für eine bis dahin in den Annalen -er Geschichte unbekannte Großmuth, und verdient dafür statt des Tadels das höchste Lob. Seit einigen Monaten läßt Chamberlain keine Ge legenheit vorübergehen, um Liese Vorstellung von der Sache zu befestigen, indem er sich dabei seiner alten und bis jetzt stets erfolgreichen Taktik bedient: Greift man ihn an, dann vertheidigt er sich nicht etwa, indem er gegen die erhobenen Beschuldigungen Einwendungen erhebt, son dern er erkennt die Beschuldigung an nnd sagt: „Nnn ja, das habe ich gcthan! Aber was soll das? ... Ich habe cs nicht zu Unrecht oder aus Unvernunft so gemacht, sondern in wohlüberlegter Absicht, weil ich cs so für gut befunden habe." Und dann sind seine Widersacher dass. Das „bald so, bald so" kann in der Menge nicht fest gehalten werden, oder cs finden sich Dumme genug, die cs glauben. Und wenn damit nicht nur der Eigenliebe eines Volkes geschmeichelt, sondern cö selbst auch in die Lage versetzt wirb, sich ans höchst peinlicher Verlegenheit zn ziehen, dann braucht man sich absolut nicht mehr darüber »u wundern, wenn eS Gläubige die Fülle findet. Mit -em Loos von Frauen und Kindern hat man sich in Eng land jederzeit angelegentlichst beschäftigt, und cS stets als eine Art Monopol der Ritterlichkeit erachtet, die man be sitze, um über das Schicksal von Frauen und Kindern zu wachen, wenn es irgendwo im Ausland bedroht würde. Zur Rechtfertigung -er Genossen Jameson's wird ja auch angeführt, daß sie auSgezogen seien mit dem Plane, Frauen und Kinder aus den Händen -er barbarischen Boeren zu retten. Und späterhin hat man die Bolks- letdenschaft durch die Klage aufgestachelt, -atz die Boeren die flüchtigen Frauen und Kinder der Ausländer beleidigt und mißhandelt hätten. Es galt in England als die größte Niederträchtigkeit, Frauen und Kinder schlecht zu behandeln. Im Würterschatze der großen Worte der Jin gos standen die Wörter „vvwen anck olliläron" obenan. Peinlich, höchst peinlich mußie eS also für den eng lischen Dünkel sein, als auS dem Bericht der Miß Hobhouse und den Sterbczissern zu Tage trat, wie die englisch« Regierung mit den Frauen und Kindern der Boeren umspringe. Zwei Strömungen machten sich nun in -er öffentlichen Meinung gellend: ein Theil bes Volkes erhob sich entrüstet gegen «ine Politik, die solche Leandaleim Gefolge habe und forderte ungestüm die Berdesserung solcher Zuständer der andere gab Nch mit dem Zustand zufrieden und stellte die Frauen und Kinder der vyeren hin als nur zur Hälfte menschliche Wesen, sür die die schlechte Behandlung noch viel zu gut sei. An- sänglich gingen Chamberlain und seine Lollcgen in -er Regierung mit dieser Strömung. Die Bildung von Eoueentraiionslagern, so hieß «S damals, war eine militärische Noihwendigkeitr daß viele Frauen und Kiuder sterben, sei ja sehr traurig, aber sic hätten dies «ur ihren eigenen schmutzigen Gewohnheiten »« »erdnuten. Bald aber sah man ei», daß der größte »heil des englische« Volkes darin nicht auf Seiten der Re- sismms sitmd. Mn« ««Pfand Schnm aber die C o n c e n tr a t i o n s la g e r. Der Sturm der Cm- rüstung, der sich im Ausland erboben hatte, macstlc seinen Einfluß ebenfalls geltend. Man befand sich in einer höchst peinlichen Sitnation. Wie ihr entgehen? Fnvcin man seine Schuld eingcstand und das Ministerium davcw jagte? Eine Zeit lang schien cs keinen anderen Aus.'"e.> zu geben. Aber C h a m b cr la i n ist g e w a n d t. C c, der an Allem die Schuld trug, erstand wiederuni nlc- Retter. Warum denn sich schämen über die Conccntrationslager? so erhob er sich. Z m Gegentheil, man kann sich ihrer rühmen Roch nie hat eine Nation einen Beweis von so viel Menschenliebe gegeben, wie gegenwärtig bezeigt wird gegen die Frauen und Kinder des Feindeök Was man wünscht, das glaubt man gerne. Tie Jn- cvnseqncnz, deren sich Chamberlain dadurch schuldig machte, daß er die Concentrationslager nun eine men schenfreundliche Einrichtung nannte, nachdem er sie zuerst als den Ausfluß einer militärischen Nothwendigkcit hin gestellt hatte, wurde gar nicht bemerkt. Und das britische Volk sieht nun mit Bewnnbcrung auf seinen großen, den guten Chamberlain, der die Conccntrationslager gegründet zum bauernden Ruhme Englands. Die Conccntrationslager bilden von An beginn einen Bestandthcil der Politik der Ber ni ü st n n g. Das Land muß cntblöst werden von Allem, was Len Boeren Zuflucht gewähren oder sic mit Proviant oder selbst mit Nachrichten versehen kann. Tie Häuser werden nicbcrgebrannt, das Vieh wird geschlachtet ober weggctrieben, die Ernte vernichtet; auch die Frauen und Kinder, die Greise werben weggeschleppt, da sie eS ja sind, die den Leuten im Felde Nachrichten verschaffen oder Un terhalt bieten. Daran, die Bevölkerung von den Wider wärtigkeiten des Krieges srcizuhalten, ist selbstverständ lich nie gedacht worden. Diesen Grund hat man erst her vorgeholt, als es galt, dem Vorwurfe geflissent licher Grausamkeit, -er gegen die englische Re gierung im Ausland erhoben wurde, Widerpart zu kalten. Chamberlain brüstctsich abcrnnn mit den Concentration Klägern. Deutsches Reich. LH Berlin, 11. März. (Centrnm und Con se rvative.s Es ist eigentlich nicht mehr über raschend, aber cS fällt doch immer noch wegen der inneren Unnatürlichkcit der Lache auf, wenn man das Freund- schastsverbältniß beobachtet, das sich in Preußen seit einer Reihe von fahren zwischen Centrum nnd Conservativen hcrausgcbildct hat. solange die sreundnachbarlichen Be ziehungen beider Gruppen sich nur auf eiu Cartell zur Be kämpfung gemeinsamer Gegner bezogen, ließ sich gegen einen solchen Zusammenschluß wenig einwenben. Allmäh lich aber hat sich zwischen diesen beiden Parteien auch eine geschäftliche Beziehung hcransgebildet, die auf jeder Leite unter Opferung vermeintlicher Kleinigkeiten die Mithilfe der anderen Leite zur Gewinnung vermeintlicher größerer Vortheilc erstrebt. Es ist nicht zu leugnen, baß diese Be strebungen bisher thatsächlich stets zumVortheile der beiden Contrahenten ansgeschlagcn sind, aber cs ist ebenso augen fällig, daß die Art solcher ßkschäfte die politische Charakter losigkeit innerhalb dieser politischen Gruppen fördern muß und bisweilen auch schädigend auf die politische Denk weise weiter Wählermaffcn wirkt. Bei dem vorhandenen Tauschgeschäfte zwischen Centrum und Conservativen war die Lachlage fast immer derart, daß die Conservativen durch Drangabc von Grundsätzen ideeller Natur sich wirt schaftspolitische Vortheile zu verschaffen wußten, wäbrend das Centrum ans diese Weise Schritt für Schritt seine iirchcnpolitischcn Pläne der Erfüllung näher bringen konnte. Seitdem nun vor 3 Jahren bei Gelegensten der C h a rs re i t a g sv o r la g e die conservative Partei im preußischen Abgcordnetcnhause ihre fast durchweg evan gelische Wählerschaft im Ltich gelassen und die Fassung der Vorlage in abgeschwächter und dem Eentrum genehmer Form -urchgedrückt hatte, nur um die Beihilfe einiger Herren des Centrums gegen die Canalvvrlagc zn er handeln, hat man sich bereits hänfig im Lande darüber ausgesprochen, das; die Leichtherzigkeit, mit der hier da§ Erstgeburtsrecht gegen ein Linsengericht vertauscht wird, ernster und öffentlicher Rüge bedürfe. Die conservativen Herren, meistens im Osten der Monarchie ansässig nnd ohne praktische Kenntniß nltramontanen Wesens, staben ihren Wählermaffen gegenüber dieselbe Verpflichtung zur Wahrung ihrer wirthschaftlichen wie ideellen Interessen, da dieselben und soweit dieselben eben auch im Landtag, vcrfassungsgcmäß zur Vertretung kommen können. Run ist es bei der diesjährigen Berathnng des Cultusenn., wiederum ausgefallen, daß die Conservativen dem ewigen Quernlircn des CentrumS ans kirchenpvlitischem Gebier an keinem Puncte cntgegcngctreten sind, vielmehr wieder holt ihre leise Unterstützung dem Centrnm gegen die Re gierung haben angcdeihcn lassen. Noch deutlicher wurde die Situation, als am letzten Lvinrabend Herr B a ch c ni trotz seiner leidenschaftlichen Erregung, die sich fast aus schließlich persönlich gegen den Abg. Hacke «berg richicie, dennoch in seiner Philippika gegen die Evangc UscheneinenMomcntZeit fand, umsichnachderrcchtcn Leite des Hauses zu wenden und in seiner schulmeisterlichen Art der conservativen Fraktion sein ausdrückliches Lob für ihr Verhalten in kirchenpolitischen Fragen auszusprecheu Dieses Lob deS fanatischen CentrumSführerS siebt viel zu denken, zumal er von der Partei sprach, die „wenig vvu Toleranz rede, aber viel Toleranz übe". Gleichzeitig wurde im Hause bekannt, daß die Conservativen «m preußischen Abgcordnetenhanse die Zollbebatten aus dem Reichstage in baS Abgeordnetenhaus hinüberzichen und dem Grasen Bülow neue Daumenschrauben in der Frag, der <Äctrcidezvlle anleyen wollten. Wir haben cs also offenbar auch diesmal wieder mit einem stillen Handelsge schäfte zu thnn, sür das der Etat deö CultuSministeriums den Tummelplatz bildet und in dem da» evangelische Be wußtsein der Wühler den Auswüchsen des Agrarierthums zum Opfer gebracht wird. Die Ältung de» Bunde« der mmdwmhe, die je länger je mehr zersetzend aus -te ein-
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