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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020315023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902031502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902031502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-15
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Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./L 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 133. Sonnabend den 15. März 1902. 98. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Methuen's Auslieferung. In der gestrigen Sitzung des englischen Unterhauses fragte Hcaly an, obDelarcn ' s Farm von Eng ländern n i e d e r g e b ra n n t worden sei. Kriegs minister Brodrict erklärte, er habe hierüber keine Mittheilungen. — Grant fragte an, unter welche n Beding» ngen Mc thu e n von den Bocrcn frci- gelassen worden sei. Brodrick antwortete, er habe tcine Information, die über das hinausgche, was bereits bekannt gegeben sei. Vorgestern fragte ein Ire, ob die hochherzige That der Bocrcn mit der Freilassung Kruitzingcr's beantwortet werde. Darauf schwieg der Kriegsminister. Vorher hatte er mitgctheilt, daß die Untersuchung gegen Kruitzinger verschoben worden sei, weil die Prüfung der Zeugenaussagen noch nicht beendet sei. Es muß auf fallen, daß diese Prüfung so lange dauert,- sonst haben doch die englischen Kriegsgerichte immer kurzen Proeeß gemacht, und auch Kitchener's Urthcilsbcstätigung hat nie so lange auf sich warten lassen. Jedenfalls würde cs jetzt auf die ganze nichtenglische Welt einen peinlichen Eindruck machen, wenn die Engländer einen der Bvcren- sührer kriegsgerichtlich vernrtheilten, weil er nach den Be fehlen seiner höheren Vorgesetzten iTe Wct und Stcijn) Vergeltung für die Verwüstung des Oranjcfreistaates in der Capcvlonie geübt hat, während die Bocrcn einen der englischen Oberführer freigcbcn, der zwei Jahre lang diese Verwüstungstaktik im südwestlichen Transvaal mit englischer Gründlichkeit befolgt hat. Mag aber Methncil nun gegen oder ohne Entgelt frcigckvmmen sein, die Eng länder haben an diesem Falle wieder einmal erfahren, was für humane Gegner sie in Südafrika lmben und wie schweres Unrecht sic ihnen anthun, wenn sie sic ans eine Stufe mit Räubern und Mördern stellen. Auffallend ist das Eine, daß all' diese letzten kühnen Angriffe der Boercn in deutlicher Weise die Wegnahme von Geschützen bezweckten. Die meisten Attacken erfolgten gegen die Nachhut, und die Angreifer waren meist erfolgreich. — Vlakfvntein kostete den Engländern 2 Geschütze, Wil- manrust 2, Blovd River Port 3, Nähe von Bloem fontein 2, Bakeulaagte 2, Tafelkop 3, Twecfontcin 2, Elandslaagte 3 und Twccbosch jetzt 5 Geschütze, zu sammen also eroberten die Bocrcn letzthin 24. Da cs bekannt ist, daß die Boercn in letzter Zeit ver suchten, von Europa ans wieder Geschütze zu erhalten, so darf man wohl annchmen, daß sie es in erster Linie letzthin auf die Geschütze der Engländer abgesehen batten, und man hat sich dies so zn erklären, daß sic Ge schütze bcnöthigen, um sich gegen die Blockhäuser zu wehren. Mcthuen gehörte übrigens zu denjenigen, die bald ein gesehen hatten, daß Geschütze die Eolonnen nur anfhielten und störten, und meist ließ er deshalb ohne dieselben marschiren. Um so wunderbarer erscheint cs, daß er selbst fünf Geschütze bei sich führte, und es beweist dies, daß er mit Grcnfell's Reitern zusammen größere Opera tionen vorhatte. Somit würde Delore» ihn also absicht lich, ehe er sich mit Grcnfcll die Hand reichen konnte, an gegriffen haben, nm ihn allein sicherer zu schlagen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 15. März. Zn den Bemerkungen, mit denen einige deutsche Blätter den Abschluß der Amerikafahrt oeS Prinzen Heinrich bildenden Depesche »wechsel zwischen dem deutschen Kaiser und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten begleiten, gebt hervor, daß bei uns trotz aller Er fahrungen die Leute nicht alle werden, die den bei solchen Gelegenheiten auSgetanschten Höflichkeitsformen eine Bedeutung beilegen, die sie nicht haben können. Gerade jetzt, wo bei uns die parlamentarischen Verhandlungen über den Zolltarif den selbst dem Blinden erkennbaren Beweis liefern, daß dem Wollen Les Kaisers Schranken gesetzt sind, sollte man sich sagen, baß das Oberhaupt des deutschen Reiches, selbst wenn es das Verlangen trüge, in politischer und wirthschaftlicher Hin sicht ein engeres Verhältnis; zu den Vereinigten Staaten her- beizusühren, dieses Verlanaen nicht mir uickts dir nichts in Thaten umsetzen kann. Wie viel mehr gilt dies von dem Präsidenten Roosevelt, der sich den nationalen Interessen des Erwerbslebens der Vereinigten Staaten unbedingt zu fügen und bei den Schweine-, Petroleum-, Eisen- und Eisenbahn königen der Republik nicht die geringste Rücksicht auf seine persönlichen Wünsche und Neigungen zu erwarten hat. Mehr als persönliche und in der Form durch die Stellung sowohl, wie durch die besondere Eigenart der beiden hohen Häupter bedingte Höflickkeits- und Freundlichkeitöbewcise hat man also in dem Depeschenwechsel nicht zu erblicken, und sollte sich, um sich Enttäuschungen zu ersparen, vor lleber- scbwänglichkeiten hüten. Auch über die Gründe des Em pfanges des Prinzen Heinrich, der Loch lediglich bei Len Deutsch-Amerikanern ein enthusiastischer war, sollte man sich keiner Täuschung hingeben. Mit vollem Rechte sagt der „Reichsbole": „Es war zugleich ein Triumphzug Les Deutjchthums, was demselben auch in seinem Ansehen im Lande zu gute kommen wird. Die Engländer haben voll Neid und Eifersucht auf die Vorgänge hingeblickt und sich offenbar gefragt, ob wohl ein englischer Prinz auch so gefeiert worden wäre wie der deutsche Prinz Heinrich? Und wodurch erklärt sich diese Erscheinung? In hundert Fahren ist es vielleicht nicht mehr so; denn es hängt das alles offenbar zusammen mit dem gewaltigen Eindruck, den die That Wilhelm's 1. und Vismarck's, die Errichtung des Reiches und die Krafteutfaltung der deutschen Nation im Krieg und dann im Frieden gemacht hat." Wird nun auch Lieser Eindruck in Amerika so bald nicht verlöschen, so wird er doch auch ohne neue deutsche Erfolge nicht wachsen. Und bis jetzt ist von solchen nicht allzuviel zu melden gewesen. Etwas zu gallig beurtheilt allerdings die „Rhein.-Westfäl. Ztg." die jüngste deutsche Vergangenheit und ihre Bestrebungen, wenn sie schreibt: „Für uns ist diese Amerikafahrt nichts als eine Aeußerung des Grundübels, an dem wir seit Jahren kranken: irrlichtende politische Seitensprünge, Mangel au fester Zielsicherheit, Fehlen der klugen Zurückhaltung.SehnsuchtnachErsolgenundeitlcGcuügsamkeitmitlächer- lich kleinen Erfolgen und ein falscher Glaube, daß man mit politischen Boubous ganze Völker einsängt. Dieselben geschmacklos-eitlen Wolken voreiliger Selbstberäuchernng zogen demselben Prinzen voran, als er die andere Erdenslraße ostwärts nach China zog; wo sind denn heute die geschwollenen Leitartikel von damals? Wir können uns heute höchstens beglückwünschen, daß der liebenswerthe Prinz nicht in Peking erschlagen wurde. Und weshalb diese westöstliche Reise- tust, dieses verbindliche Kokettiren mit allen Gekrönten und unge krönten Potentaten unterm Monde? Warum laden sich nickt einmal die Majestäten von China und Japan bei uns ein, warum sieht sich Herr Th. Roosevelt nicht einmal Loyd und Hapag bei uuS zu Hause an; warum lassen wir nicht mal Leu Zaren unter deutsche Abgebrannte Goldstücke vertheilen? Ein Jahr nach dem Besuch des Prinzen Heinrich in China wurde der Fürsprech unserer freundschaftlichen Gesinnung in Peking Herr v. Ketteler erschlagen; hoffen wir, daß nicht binnen Jahresfrist die deutsch-amerikanische Freundschaft auch in Scherben geschlagen wird." Aber mindestens hat eine selche Betrachtung auf Beachtung denselben Anspruch, wie jene „geschwollenen Leitarikel", die sich über die Erfolge der Reise in einer Weise äußern, als ob in Amerika ein neues Sedan geschlagen worden wäre. Den größten Erfolg wird jedenfalls Prinz Heinrich selbst haben, der Erfahrungen gesammelt hat, die für ihn nicht verloren sein werden. Wieviel sich von ihnen auf Andere überträgt und wieviel von dem Uebertragenen sich zu Hand lungen entwickelt, müssen wir abwarten. Und je geduldiger wir warten, nm so weniger werden wir in Versuchung gcrathen, Len von dem Bruder unseres Kaisers bereisten Boden als einen solchen zu betrachten, auf dem wir ohne Weiteres unseren Kohl bauen können. Leider sind bei unS Handels und Zndustriekreise ähnlichen Versuchungen bei ähnlichen Gelegenheiten schon zu oft unterlegen, als daß man eine solche Mahnung unterdrücken dürfte. lieber einer neue AuSSrhnnng der Arbeitcrschntz- gesctzbnng wird den „Hamb. Nachr." aus Berlin berichtet: Dem Vernehmen nach finden auch gegenwärtig im Reichsamte des Jnnern Erwägungen über die Erweiterung der Arbeiter- schutzbeslimmungen auf unter dieselben bisher noch nicht fallende Gewerbszwcige statt. Bekanntlich ist ein Entwurf, der die Ausdehnung der Kinderschutzbcstimmungen aus die Hausindustrie bezweckt, bereits in legislatorischer Behandlung. Im Reichs amt des Innern wird aber auch eine weitere Einbeziehung der Hausindustrie in den Arbeiterschutz geplant. Vorläufig will man die Heimarbeit in der C i g a r r e n i n d u st r i e in dieser Beziehung den Fabriken gleichstellen oder annähcrn. Man würde diese Neuerung, da die Gewerbeordnung dem Bundesrathe das Recht zur Ausdehnung des Arbeiterschutzes auf die Haus- Industrie gewährt, aus dem Verwaltungswege durchsetzen können, wie diese Ausdehnung ja auch anfänglich überhaupt geplant war. Wenn man wegen der Einführung des Kinderschutzes in die Hausindustrie den Weg der Gesetzgebung beschritten hat, so liegt dies bekanntlich nur daran, daß wegen Einbeziehung der eigenen Kinder der Unternehmer in diesen Schutz eine Aenderung der Gewerbeordnung nothwendig ist. Außerdem wird im Reichsamte des Jnnern ein umfassendes Vorgehen betreffs des Ausschlusses von Arbeiterinnen von gesundheitsschädlichen Be schäftigungsarten erwogen. Schon jetzt gewährt die Gewerbe ordnung Handhaben zu einem solchen Vorgehen, und es sind auch im Laufe der Jahre manche Versügungen in dieser Richtung er gangen. In nächster Zeit will man aber gerade auf diesem Gebiete noch eingreifender als bisher vorgehen. Das genannte Blatt mißbilligt „alle derartigen Eingriffe in die Autonomie der Arbeiterfamilien", verneint die Be- Lürfnißfrage und giebt den Rath, wenigstens zu warten, bis andere Länder Len Vorsprung eingeholt haben, den wir in den Arbeiterschutzfragen zu Ungunsten unserer Industrie ge wonnen haben. Da könnten wir lange warten und in zwischen würde die Beschäftigung von Arbeiterinnen in gesundheitsschädlichen Beschäftigungsarten immer weitere Nachtheile herbeisühren, die auch unsere Industrie zu spüren hätte. Aber so lange sollte man wenigstens warten, bis die ungünstige Geschäftslage, die auf Arbeit geber und Arbeitnehmer in gleicher Weise drückt, sich gebessert hat. Dies gilt besonders von der Gleichstellung der Heim arbeit in der Cigarrenindustrie mit den Fabriken. Gerade jetzt könnte eine solche Gleichstellung gar leicht der Heim arbeit in dieser Industrie das Lebenslicht ausblasen. Wenn aber das Reichsamt des Jnnern jetzt erst bei der „Erwägung" ist, in welcher Weise die Erweiterung der Arbeiterschutz- bestimmungen herbeizuführen sei, so ist eine Uebereilung schwerlich zu besorgen. Jedenfalls gehört es zu den Pflichten dieses NeichSamlS, solche Erwägungen anzustellen. Aus Tanger, 7. Mürz, schreibt uns unser Corrcspon- dent: Ich bin heute iu der Lage, Ihnen nachstehend den Verlauf des Besuches des deutschen Speeialgescmdtcn Frei Herrn von Mentzingen beim Sultan von Marokko zn schildern. Ein außergewöhnlich glän zendes militärisches Gepränge, für welches sich das weite, baumlose Terrain besonders eignete, war vor den Thoren von Rabat zum Empfange entfaltet worden. Der marok kanische Kriegsminister Si Mcnebhi und eine Reihe von Würdenträgern bewillkommneten die Gesandtschaft im Namen des Sultans in herzlicher Weise und geleiteten sie nach dem für sie bestimmten Hause. Am 17. Februar fand beim Sultan die Audienz statt, in welcher der Gesandte eine von dem Eonsul Lüderitz sofort ins Arabische über tragene Ansprache verlas und die hohen Ordensinsignien übergab. Der Sultan sprach die in sehr warmem Tone gehaltene Antwort zunächst selbst leise an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der sie dann laut wiederholte. Vor dem Palaste war eine größere Anzahl Truppen ausgestellt, der Sultan selbst saß auf einem Divan und hatte den Minister der auswärtigen Angelegenheiten zur Seite. Der marokkanische Herrscher drückte leb haft seine Freude über dieOrdensaus- Zeichnung nnd über den Besuch des deut schen Vertreters an s. Für den darauf folgenden Nachmittag lud der Sultan den Gesandten und die ihn begleitenden Herren zur Besichtigung eines in der Nähe der Stadt befindlichen, von einem deutschen Ingenieur er bauten Forts ein. An demselben Tage fand ein Diner bei dem Minister des Auswärtigen statt; am 19. folgten ein Frühstück beim Großvezier und ein Diner beim Kriegsminister Si Menebhi. Während des kurzen Auf enthaltes in Rabat hatte der Gesandte zwei förmliche Audienzen, und drei Mal empfing ihn der Sultan zn privatem Besuche, wobei er wieder holt seine freudige Gcnugthuung über die Anwesenheit der Gesandtschaft äußerte. Der Sultan machte den Eindruck eines Mannes von großer geistiger Lebhaftigkeit, körper licher Gewandtheit und liebenswürdigen Formen. Nach dem in Marokko bestehenden Branche erhielten die Mit glieder der Gesandtschaft vor ihrer Abreise von Seiten des Sultans die üblichen Geschenke, so der Gesandte ein gesatteltes Pferd und ein Schwert, Oberleutnant von Köckritz ebenfalls ein gesatteltes Pferd und einen Dolch, der dem kaiserlichen Consulate in Casablanca attachirte Gras Adclmaun, der die Mission von dort aus nach Rabat begleitet hatte, ein ungesatteltcs Pferd, die übrigen Herren Säbel öder Dolche. Bei der Abschiedsaudicnz, die am Feuilleton. 13, Die drei Freunde. Roman von Robert Misch. Nachdruck verbvNn. Siebzehntes Capitcl. Bekümmert und erschrocken schlich die junge Frau in die Wohnstube zurück. Es war also wirklich so, wie Lcuc vcrmnthet hatte. Nach Rohrbach sollte sic mit dem fremden, harten Mann. Fort aus ihrer gcmüthlichcn Wohnung, in der sie Herrin war, in der sie so viele glück liche Stunden verlebt hatte. Fort aus Berlin, ihrer Hcimath, in dem ihr Alles lieb und vertraut war, nach dem kleinen niederbaycrischen Nest, vor dem ihr graute, über das Freund Lcuc so unbarmherzig die Schale seines Zornes und Spottes ergoß. Das Heimweh brachte sie gewiß um. Nun, gutwillig ging sie nicht - nein, gewiß nicht! Aber wenn er ihr dann die Kinder fortnahm? Das mar sicher sein Recht als Vormund nnd Großvater, und er hatte es so bestimmt gesagt. Einen Augenblick schoß cs ihr durch den Kopf, die Kinder bei den Freunden zu verstecken. Aber auch das ging nickt. Dann blieb er in Berlin und nahm womög lich die Polizei in Anspruch. Seufzend setzte sic sich ans Fenster und starrte hinaus. Die Kinder hingen an ihr, lagen ans ihrem Schooß, guctschten die Näschen an die Glasscheiben und jubelten lustig, als es in den Gaslaternen der Straße hell auf flammte. Ihr aber wurde es immer schwerer «uns Herz. Gerade diese Abendstunde hatte Bruno so sehr geliebt und oft be hauptet, er sähe tu dieser magischen Dämmerung die herrlichsten Bilder. Freilich, gemalt hatte er sie nie, weil ihm die Stimmung fehlte. Die Häuslichkeit laste ans ihm, meinte er, und das hatte sie ost gekränkt. Es war gar nicht so leicht gewesen, eine Künstlerssran zu sein; im Gegentheil, ein ordentliches Studium ge hörte dazu, um nichts zu thnu nnd zn sagen, was ihm die Stimmung nahm oder seine Eitelkeit verletzte. Aber dafür auch die glückstrahlende Heiterkeit, wenn ihm etwas gelang; da konnte er sich nie genug thun in Zärtlichkeit, verehrte sie al- seine Muse und triumphirte über sein häusliches Glück. Und als die Ehckrtsis überstanden war, als sie erst die betrübende Erkcnntniß, daß Braut stand und Flitterwochen etwas anderes seien als die Ehe, verwunden hatte, trug sie auch seine Launen ohne Kummer. Gab cs denn ein vollkommenes Glück? Und nun war er todt, fort für immer, und sie. — Ein heftiges Läuten ließ sic aus ihrem Sinnen erschreckt auffahrcn. Aber cs mar nicht der Gefürchtete. Ein Dicnstmauu überbrachte einen Zettel. Der Schwiegervater schrieb: „Liebe Schwieger! Da ich niemals Jemand lästig fallen mag, so ziehe ich cs vor, im Gasthofe zu über nachten. Morgen früh nm 6 Uhr werde ich zu Euch kommen. Habet Ihr Euer Zeug fertig gepackt? Wenn nicht, so thut cs sogleich! Es grüßt Euch Euer Schwiegervater Dietrich Breitingcr, Bürgermeister." AlS Paula gelesen, mußte sie trotz ihres Kummers laut lachen. Um sechs Uhr? Großer Gott, standen die Leute in Rohrbach so früh auf?! Das wäre nichts für sic, die Verwöhnte, die sich so ost erst von ihrem kleinen Dietrich aus den warmen Federn ziehe,! ließ. Aber einerlei, mochte er morgen früh kommen, heute hatte sie wenigstens Ruhe vor ihm. Am nächsten Morgen lag Paula »och im tiefen Schlaf, als ein schrilles Läuten durch die Wohnung tönte. Ent- setzt sprang sie ans dem Bett. Ein Blick nach der Uhr — cs war ^8 Uhr. Sie hatte verschlafen. Halb bekleidet, das Haar in Unordnung, stürzte sic hinaus und öffnete. Der Schwiegervater trat nach kurzem Gruß geschäftig ein, eine Wolke der feuchte» Morgenluft ausströmcnd. Ein kleiner magerer, ebenso geschäftiger Herrn folgte ihm mit kurzen, schnellen Schritten. Die beiden Männer gingen durch den Flur ins Wohn zimmer, ohne Paula weiter zu beachten. Diese flüchtete in das Schlafzimmer, nm ihre Toilette zu vervoll ständigen, sich erstaunt fragend, wen der Alte da am frühen Morgen mitbrächtc. Als sie wieder hinanskam, sah sie den Schwiegervater am Tische sitzen, die Feder in der Hand, einen großen Bogen Papier vor sich. Der fremde Herr stand, die beiden Daumen in die Weste ge steckt, den Hut auf dem Hintcrkops, vor einem prächtig geschnitzten, altdeutschen Schrank, den Bruno vor ihrer Hochzeit zu ihrem und der Tante Entsetzen bei einem Trödler billig ergattert hatte. „Gehört der auch dazu?" fragte der Händler, gleich- giltig über die Schultern den Schrank musternd. Seine Stimme, sein Gesicht und die halbgeschlosscncu Augen drückten eine unsägliche Verachtung ans. „Jawohl!" nickte der Bürgermeister und notirte etwas auf dem Papier. „Js »ich viel wcrth, der olle Bofcl!" murmelte der Händler und wandte sich einem anderen Gegenstände zn. „Wenn Ihr auch schimpft, zahlen müßt Ihr doch!" Paula lauschte, die Hände gefaltet, mit angchaltcucm Athcm diesem seltsamen Gespräch. War cs möglich, mau verkaufte ihre Möbel? Wie im Traume hörte sic den Händler wieder mit seiner glcichgiltigcn, eintönigen Stimme fragen: „Gehört die Staffelei mit dem Bild dazu?" „Nein!" schrie sic und breitete die Arme abwehrend aus. „Die Staffelei nicht und überhaupt gar nichts! Ich will nicht, daß meine Sachen verkauft werden, und ich will nicht nach Rohrbach; ich will cs nicht und will cs nicht!" Dann wendete sie sich und lief, aufs Tödtlichstc über ihre eigene Kühnheit erschrocken, in die Schlafstube zurück. Der Händler zog seinen Hut in die Stirn, znckte ver ächtlich mit den Achseln und machte Miene, fortzugchen. Zum Theatcrspiclen hatte er keine Zeit. Entweder — oder! Wenn die Leute nicht wußten, was sic wollten, auch gut, dann ging er. Als aber der Bürgermeister, ohne ihn zu beachten, der Fran folgte, nnd die Thür hinter sich schloß, besann er sich wieder anders. Er setzte seine Besichtigung in recht ungcnirtcr Weise fort, inoem er die Schrankthürcn öff nete, die Evmmodcschubladcu aufzog und mit seinen hin und her flackernden Angen Alles aufs Genaueste ab schätzte. In der Schlafstube gab es einen heftigen Zwist. Der Bürgermeister snchteltc mit beiden Händen vor Panla's Gesicht herum und befahl ihr, zu gehorchen. Diese aber hatte nun doch so viel Mnth gesunden, daß sie sich wie ein wildes Kätzchen wehrte. Sie wolle nicht nnd wolle nicht! Dazu stampfte sie mit den Füßen nnd schlug mit den kleinen Fäusten auf die Bettdecke. Der Bürgermeister wurde bleich vor Wuth. Hatte er erst mit lauter, harter Stimme gescholten, so zischte er sie nun heftig an. Er Hütte sich's ja gedacht, daß sie ein so eigensinniger Racker sei, ein dummes, gedankenloses Frauenzimmer, unfolgsam und ohne christliche Demuth. Was sie denn eigentlich wolle allein in Berlin? Zimmer vermiethen an junge Herren? Am Hungertuch nagen? Die Kinder verkommen laßen? Mit den Kumpanen herumzichcn? Möge sic cs thun, aber die Kinder kämen mit ihm nach Rohrbach. Er sei der gesetzliche Vormund. Sic wolle er gar nicht mehr mitnehmen; sie könne bleiben, wo sie sei, und treiben, was sic möge. Noch mehr und Schlimmeres wollte er ihr in seiner Wuth sagen, als sein Blick ans Paula's verzweifeltes und trotziges Gesicht fiel. Er unterbrach sich und trat ans Fenster. Dann, nach einer kleinen Pause, fing er aufs Neue in ganz verändertem, beinahe väterlichem Ton zu reden an: „Ihr seid auf dem Holzweg, Frau", sagte er, ohne sich nach ihr umzndrchen. „Berlin ist nicht das Himmelreich, in keiner Weise. Ihr kennet Rohrbach nicht. Da ist der Frieden, die Ruhe, die eine arme Wittwe mit drei Kindern braucht. Und über die Achsel darf Euch in Rohr bach Niemand anschauen, dafür bin ich da, der Bürger meister Breitingcr. Und jetzt will ich mit dem Händler draußen Alles abmachen, packt Ihr derweil Euer Zeug! Morgen, hoff' ich, sind wir fertig." Damit verließ er, als wäre nun Alles in Ordnung, schnell die Stube. Erstaunt hatte Paula die beinahe gütigen Worte ihres Schwiegervaters angehört. Was nun? Vorhin noch, als sie sich gegen ihn wehrte, hatte sic wenigstens ge wußt, was sie wollte. — Aber jetzt —? Wie in einem Chaos sah cs nntcr ihren blonden Haaren aus. Plötz lich fiel ihr ein, daß sic gestern beim Abschied Leue ver sprochen hatte, ihn möglichst früh in einer benachbarten Cvnditvrei zu treffen. Sie mußte versuchen, ungesehen von hier fortzukvmmen. Seinem Rath wollte sic folgen. Sie zog sich schnell an, bereitete den Kindern ihr Früh stück und horchte ab und zu an der Thür auf die lauten, streitenden Stimmen im Wohnzimmer. Da schien ein wildes Handeln nm den Preis eines jeden Stückes los gegangen zu sein. Der Händler lachte, quietschte, schrie verzweifelt in den höchsten Tönen; der Bürgermeister antwortete un entwegt mit seiner tiefen, harten Stimme: „Ich gcb's nicht billiger." Befriedigt lauschte Paula. Die beiden geizigen Hart köpfe konnten sich gewiß noch lange nicht einigen, nnd so schlüpfte sic rasch nnd lautlos znm Flur hinaus. Lene wartete schon auf sic. Er wurde seltsam bleich und still, als sie ihm Alles erzählte. Sic batte gehofft, er würde sie zum Widerstand ansfordcrn, ihr seine Hilfe versprechen, mit Rath und That beistchcn — nun saß er
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