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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190203168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020316
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020316
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-16
- Monat1902-03
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1902
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I.V. t.1). l. o. i. v. l.0. t.o. l.0. 8. P.ISM (» aau) l. v. t»lt.a.u, t-v. i.i>- ». n l. II 1.0. i. o. i. I>. ,1). i-v. l.0. n»«. sli.l/r.0^ >«e»- er. 27:101,öi- IVN. l. > l. l. i. l. l. Llsrir - l-v. «. » «. v. «-1-. t.v- l.0 v. D. I'. I). l>. 1). l>. l). I». . 1> l.v. .Ne»t-V. .8«-t-l-. Llerli: t.0 l-v. l. v.rro Bezug-.Pret- 1» der Hauptexpedition oder den tm Stadt- bezirk und den Vororte? erichhtsteu Sus, gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung in« Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland «. Oesterreich: vierteljährl. ^tl 8. Man abounirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstolten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Dooaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Be»ug nur unter Kreuzbaud durch die Expsition dieses BlaUrS möglich. Redaktion und Expedition: Johannt-gaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. FUintevprditisne« r Alfred Hahn, Buchhandlg., Uuiversitätsstr.8, L. Lösche, Kathariueustr. 14, u. Königspl. 7. Haupt-Filiale in Lerliu: KSniggrätzerstraße 116. Fernsprecher Amt VI Nr. 3393. UeWMr.TaMalt Anzeiger. Amtsvkrtt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigeu.Prel- die 6gefpaltene Petitzeile 25 L,. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung -Xt 60.—, mit Postbesörderung -Xt 70.—. ^nuahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Rorgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 136. Sonntag den 16. März 1902. 96. Jahrgang. Aus der Woche. DaS officielle Amerika und die nichtdeutschen Amerikaner haben den Prinzen Heinrich, den Entsandten des deutschen Kaisers, während des allergrößten TheileS seines Aufenthalts und insonderheit bei der Abreise in ausgesuchter Weise als Privatmann behandelt. Zur Zeit der Einschiffung des Prinzen hat ein Depeschenwechsel zwischen den beiden Staatsoberhäuptern stattgefunven und Präsident Roosevelt hat bei dieser Gelegenheit den grellen Contrast zwischen neudeutscher und amerikanischer Rhetorik und Stilistik, der bei dieser Reise zum Vorschein kam, gemildert. Die Initiative zu dem Austausch dieser Aufmerksamkeiten ist aber wieder vou Berlin ausge- gangen. Berlin ist eben die Stadt der Initiative geworden. Mutter Klio wird sich wegen dieser Fahrt nicht in ArbeitSmühen stürzen, und sogar ihre neu modischen Hilfsarbeiter, die Reporter, setzen schon den Schwamm an, um auszulöschen, was sie in den letzten Wochen auf ihre Schiefertafeln geschrieben. Die eifrigsten, will sagen die sensationellen unter ihnen verdienen einen Erfolg. Denn sie haben anstrengend gelogen. Nämlich in Bezug aus die Hauptsache, den Empfang des Prinzen in nicht deutsch-amerikanischen Kreisen und den Eindruck seiner Reise auf den überwiegenden Theil der nordamerikanischen Welt. Merkwürdigerweise ist cS aber in dieser Hinsicht das fleißigste unter den fleißigen deutschen Blättern gewesen, welches, wohl in einem redactioncll nicht recht bewachten Augenblicke, einem Berichterstatter, der der Wahrheit die Ehre gab, nicht den Weg zum Papierkorbe wies. Der Mann schrieb zwischen anderen, nicht minder kräftigen Sätzen, eS sei „richtig, daß die hiesige (die amerikanische) Presse über die Prinzenreise wenig und dies an wenig hervorraAender Stelle bringt." Dann wird — etwas widerwillig — bestätigt, daß die Presse in dieser Hinsicht das ge treue Spiegelbild der amerikanischen Auffassung bot: „In poli tischen Kreisen außerhalb dieser Presse steht man genau wie zuvor zur Prinzenreise, d. h. mit abwartender Sympathie." Und weiter: „In diesen speciell amerikanischen Kreisen herrscht allerdings häufig die Ansicht, daß viel- leicht ein bedeutenderer Anlaß zu der Prinzen reise hätte gewählt werden können." DaS genügt wohl und, wie gesagt, es ist das „priuzenreise"-begeistertste Blatt, in dem diese Beobachtungen nicht unterdrückt worden sind. Nun, der Prinz wird die Augen offen gehalten haben und genau wissen, wem er warmen Empfang zu danken und nicht zu danken hat. UebrigenS sind die Amerikaner unsere Vettern und unter Geschwisterkindern nimmt man eS nicht so genau. Die Engländer werden hier zu Lande schon lange so genannt. Bisher war das mehr spöttisch gemeint, aber durch den Herrn v. Richthofen sind sie rechtswirksam al» solche adoptirt worden, und zwar unter ausführlicher und nachdrück licher Verpflichtung des deutschen Volkes, diese Verwandten zu achten, zu ehren und zu lieben. Wird in weiten Kreisen gehor samst geleistet werden und zwar unbedingt. Die „Köln. Ztg." verlangt zwar Reciprocität, sie weist aus Anlaß der rührsamen Beschön igungeu unseres Staatssekretärs des Auswärtigen auf die Gehässigkeiten bin, mit denen Deutschland von England aus unausgesetzt bedient wird, und meint: „Auf die Dauer hat Niemand Lust, einen Igel zu streicheln". DaS beruht auf arger Verkennung des Wesens der Liebe, die an dem geliebten —. und gar auf obrigkeit lichen Wunsch geliebten — Gegenstände Alles schön findet und Stacheln wie Sammet fühlt. Außerdem ist der Igel ein nützliches Thier. Er frißt die schädlichen Feldmäuse und die Engländer haben uns ja auch die Colo nien Sansibar und Witu, die Deutschland so sehr incommo- dirten, ohne sich sonderlich bitten zu lassen, weggefangen und verspeist und dafür deutschen Dank verdient und geerntet. Welches Letztere die Dänen sich gesagt sein lassen sollen, die über den Verkauf ihres westindischen Besitzes Lärm schlagen. WaS das große deutsche Reich mit Vergnügen an sich ge schehen ließ, kann sich die Hand voll Dänen auch gefallen lassen. Zudem waren die westindischen Sachen nicht von einem fatalen und im Grunde schadenbringenden Regierungs chef erworben worden — und die Dänen bekommen Geld für ihre Inseln. Wir haben für unfern geldwerthen Besitz in Afrika eine geldverschlingende Insel erhalten und dazu jubilirt. Ganz allgemein verbreitet ist aber leider der deutsche Idealismus noch nicht und so kommt eS, daß das Balzen des Herrn v. Nichthofen eine Menge Leute verdrossen hat. Wie eS scheint, sogar den Herrn Reichskanzler, auf den wohl die bekannten Versicherungen zurückzuführen sind, Herr v. Richt- bofen habe nur ein freundliches Entgegenkommen Englands freundlich anerkennen, aber keineswegs die von semem Chef Herrn Chamberlain ertheilte Rüge abschwächen wollen. Schon der Umstand aber, daß solche Versicherungen für nöthig gehalten wurden, beweist, daß das Balzen des Staats sekretärs da befremden mußte, wo man jene Rüge noch im Ohre hatte. Auch naturgeschichtlich ist eS, weil, wenn auch nicht gerade im Auftrage, so doch sicherlich mit Berücksichtigung einer anderen Stelle und ihrer Stimmung erfolgt — der richtige Auerhahn sorgt für sich selbst —, eine Seltsamkeit. Aber nur gewöhnliche Geister hängen am Gewöhnlichen. Un begreiflich ist eS — namentlich in Anbetracht jener Ver sicherung und der erwähnten Ausführung der „Köln. Ztg." — immerhin nicht, wenn die Rede des Herrn v. Richthofen hier und dort al» eine Rectisicirung feine» CbefS, de» Reichskanzler», angesehen wird, „der vor Wochen dem Herrn Chamberlain die Wahrheit gesagt und kürzlich verlautbart hat, daß er die Wahrheit noch immer für Wahrheit halte". Der Widerspruch ist eben nicht zu verkennen; eine Bedeutung für die nabe Zukunft wird man ihm aber wohl nicht beizumessen habe». Die politischen Aerzte geben dem Grafen Bülow noch einige Jährchen. Der Maßkrug, diese in bayerischen DorfwirtbShäusern wohlbekannte Waffe, mit der die streitende Kirche in München im Kampfe wider den Grafen HoenSbroech fick bereichert hat, ist in der Presse wahrheitsgetreu be ¬ schriebenworden. Wir sind von der Affäre nicht überrascht und gewinnen ihr die gute Seite ab, daß sie den mittelparteilichen „Toleranz"-Gimpeln des CentrumS eine freilich kaum noch wirksam werdende Lehre ertheilt. So waren die Streiter für Rom, so sind sie und so werden sie bleiben. Bierkrug oder Scheiterhaufen, der Unterschied ist nur in den geänderten Gewohnheiten deö Staates zu finden, nicht in anderen Intentionen der römischen Kirche. Der Krieg in Südafrika. Zur Lage auf dem Kriegsschauplätze. Es scheint Mes darauf hinzuwetsen, daß auf dem Kriegsschauplätze in Südafrika wieder einmal eine große Verschiebung der ganzen Lage, und zwar durchaus nicht zu Gunsten der Engländer, slattgefunden hat, indem jetzt der so lange ruhig gebliebene Westen Transvaals der Schauplatz wichtiger und in mancher Hinsicht vielleicht entscheidender Operationen werden soll. Lord Kitchener sagte bereits in seiner Depesche, die über die völlige Zer schmetterung Methucn's berichtete, daß er bereits vor gehabt habe, wettere Truppen in den westlichen District zu entsenden, was allerdings wie eine recht lahme per sönliche Entschuldigung klang. Jetzt sollen aber schon alle nur eben im Transvaal und Freistaat sonst ent behrlichen britischen Truppen nach dem Westen dirigirt werden und zum Theil unterwegs sein, so daß Reuter im bekannten phantasiercichen Uebereifcr schleunigst die interessante Nachricht in die Welt setzt, „Delarcy werde von berittenen britischen Abthetlungen auf das Schärfste verfolgt". Auch General Lord Methuen war in einer permanenten „Verfolgung" begriffen, bis er Kriegs gefangener der Boeren wurde. Ueber Heilbronn kommt nun die bcmcrkenswerthe Nachricht, daß in -er Nacht vom 9. d. M., also innerhalb 48 Stunden nach dem Delarey'schen Siege, General Christian De Wet und Stetjn mit etlichen Hundert Mann die Haupteisenbahn-Linie in der Nähe von Wolver- hoek westwärts überschritten haben, und dies kann schwerlich eine andere Bedeutung haben, als daß D c Wet und Delarey zusammentreffen und vereint weiter operiren wollen. Im Uebrigen beweist dieser neue Trek De Wet's, wie hinfällig und gegenstandslos die vielen kürzlichen Meldungen Kit- chener's über seine angeblichen vernichtenden Erfolge gegen die De Wet'schen Streitkräfte gewesen sind, und auf jeden Fall hat sich der schwarze Christian schon da durch wieder in bedeutenden Bortheil gesetzt, daß er überhaupt so weit westwärts vordringen konnte, denn er muß auf seinem Marsch zwei stark bewachte englische Blockhaus-Linien durchbrochen haben, die Heilbronn- Frankfort- und die doppelte Heilbronn-Koad-Ber- eeniging-Linie. Um sich mit Delarey endgiltig vereinigen zu können, hat De Wet, wenn er geradeaus nach Westen reitet, noch zwei andere Blockhaus-Linien zu über schreiten: die KlerkSdorp-Kruegersdorp- und die Klcrks- dorp-Ventersdorp-Linie, aber er wird höchstwahrscheinlich einen Umweg nach Südwesten cingeschlagen haben, in der Richtung auf Wolmaranstad, weil er dann nur eine, die Kronstad-Klerksdorp-Linie, zu durchbrechen hat. Dies wird ihm zweifellos gelingen. Die zum großen Theil mit bewaffneten Koffern besetzten Blockhäuser werden De Wet und Steijn schwerlich aufhaltcn können, wenn sic im Dunkel der Nacht wie die wilde Jagd heran gebraust kommen und Angst und Schrecken „auf der ganzen Linie" erwecken. Ueberdics ist Delarey mit seiner jetzt beträchtlich verstärkten Artillerie leicht im Stande, einige der berühmten Blockhäuser zu ccrasircn und den Weg für De Wet zu ebnen, ohne daß große Ver luste aus der Boerenseite zu befürchten sind. Das Londoner Kriegsamt hat zwar noch nicht eine Silbe über die von den Boeren unter Delarey bet Twec- bosch erbeuteten Mafien von Kriegsmaterial jeder Art verlauten lasten, aber cs müssen geradezu ungeheure Borräthe von Munition, Waffen, Uniformen, Lebens mitteln u. s. w. gewesen sein, da Lord Methuen seinen ganzen Bestand an diesen schönen Dingen auf Ochsen karren mit sich führte. Außerdem sollen Delarey noch eine bedeutende Summe haaren Geldes, also die Mcthuen'sche KriegScasse, sowie die sämmtltchen wichtigen Papiere des Hauptquartiers in die Hände gefallen sein, was Alles in Allem dazu beitragen muß, die Lage im westlichen Transvaal für die Boeren so günstig wie nur möglich zu gestalten. * LlNsSN, IS. März. „Daily Mail" erfährt, die britischen Behörden übermittelten Delarey ihren Dank für die freundliche Behandlung Lord MethuenS. DaS Kriegsamt werde dem nächst seine Anerkenn ung der ritterlichen Handlung in besonderer Weise zum Ausdruck briugeo, aber die Freigrbnng eine» gefangenen voereufiihrerS von hohem Rang« ist nicht beabsichtigt. Lord Methuen sei auf Leranlassung Botha'» zurückgesandt worden, weil kein Arzt für seine Behandlung aufgetrieben werden konnte. (Boss. Ztg.) Deutsches Reich. D Berli», IS. März. (ReformkatholictSmuS.) Immer kühner erhebt der ReformkatholiciSmuS das Haupt. Noch hat sich die katholische Welt nicht mit Ehrhard's „KatholicismuS und 20. Jahrhundert" ab gefunden, da kommt auS Innsbruck die Kunde von einer kampsesfreudtgen Reformrcde des katholischen Professors Wahrmund, die er am 8. d. M. in der Schlupvorlesung über Kirchenrecht hielt. Er sagte u. A.: „Der KatholicismuS ist auf dem besten Wege, Pagan- religion zu werden . . . Wer der religiösen Gleich- giltigkeit der Gegenwart mit Proceffionen von Gebet bruderschaften oder mit Rosenkranzandachten aller Weiber abhelfen will, macht sich nur lächerlich. Am aller- lächerlichsten aber macht sich, wer den Geist der Auf klärung und beS kulturellen Fortschritts mit brutaler Gewalt niederknüppeln zu können meint.. . . Die Katho- ltsch-Conscroattven haben den Bischof von Rom im Jahre 1902 als den absoluten Despoten der gesammten Welt hingestellt. Nie haben sich geistige Beschränktheit und blinder Fanatismus zu einer ungeheuerlicheren Lüge verstiegen. ... Es handelt sich um die klarste Bethätl- gung jenes religiösen Fanatismus, jener furchtbaren In toleranz» welche die katholische Kirche als unseliges Erb stück des mütterlichen Judenthums den arischen Volkern des Abendlandes überliefert hat, denen zuvor Intoleranz völlig unbekannt war. . . . Genau dasselbe behauptet Bonifaz VIII. in seiner Bulle „Ilaum uunetaw" 1302. Dieser Standpunct war es, auf Grund dessen der Bischof von Rom eingriff in das innerste Leben der Völker, das Weib entzweite mit dem Manne, niederhielt mit ge waltiger Hand jede selbstständige Regung des mensch lichen Geistes, die wilde Verzweiflung der geknechteten Menschcnseelcn im Blute der Religionskriege erstickte, die Naturgesetze meisterte, die Sonne sich bewegen ließ und mit Index und Inquisition diejenigen verfolgte, die von echt wissenschaftlicher Forschung zu Resultaten ge führt wurden, die mit dem Dogma der katholischen Kirche nicht völlig im Einklänge standen. . . . Der inzwischen stattgehabtc Umschwung der Weltanschauung hat sich grvßentheils ohne, ja sogar gegen die katholische Kirche vollzogen und bedeutet eigentlich nichts Anderes, als eine Emancipation der abendländischen Welt von der Omni- potenz des römischen Papstes . . . Die katholische Kirche hat nur die Wahl, sich der Cultur, dem Zeitgeist, der Auf klärung zu accommodiren oder rettungslos unter- zugehcn. Schon im 20. Jahrhundert wird die große Frage definitiv entschieden werden." — Dem Freimuthe des kühnen Redners gebührt die höchste Anerkennung. Es wird sich bald zeigen, wie die Hierarchie sich zn ihm stellt — und ob er mit seinem Freimuthe die Festigkeit verbindet, die Herrn Professor Schell in Würzburg abgeht. G Berli«, 15. März. Unter den Ausfällen derEisenbahneinnahmenfürdaslaufende Rechnungsjahr spielt der Rückgang der Ein nahmen aus dem Personenverkehr an sich eine untergeordnete Rolle; aber diese Mindereinnahme er reicht auch nicht entfernt nur den Betrag derjenigen Ein nahmen, welche im Jahre 1900 aus der Pariser Welt ausstellung erwachsen sind. Rechnet man hinzu, daß ans der Herabsetzung der Preise gewisser Militürbillcts ein Ausfall von 1^ Millionen entstanden ist, so erhellt, daß dieser Rückgang auf einmaligen zufälligen Umständen be ruht und demzufolge auf diesem Gebiete eine auf- steigcndc Bewegung demnächst mit Sicherheit zu erwarten ist, wie denn ja auch schon der Monat Januar wiederum eine Mehreinnahme aus dem Personenverkehr gegenüber dem Vorjahre aufgewicsen hat. Anders liegen die Aussichten in Bezug auf die Einnahmen aus dem Güterverkehr. Für die Beurtheilung der Gestal tung dieses Einnahmezweiges ist der Umstand von ent scheidender Bedeutung, daß über zwei Drittel, nahezu drei Viertel, des Einnahmeausfallcs auf den Verkehr des Nuhrrcviers entfallen. Man wird daher in der Annahme nicht fehlgchcn, daß der starke Rückschlag ge rade dieses Verkehrs in ursächlichem Zusammenhänge mit den Productionscinschränkungcn steht, welche von dem Kohlen- und Coakssyndicat zum Zwecke der Aufrecht erhaltung der Preise verfügt worden sind. Trifft diese Annahme zu, so dürfte auch auf eine aufstcigcnde Be wegung des Verkehrs und demzufolge auch der Ein nahmen aus dem Güterverkehr so lange nicht zu rechnen sein, als namentlich das Kohlcnsyndicat fortfährt, einem Rückgänge der Kohlcnprcise durch vermehrte Beschrän kung der Production entgegen zu wirken. Zur Zeit ver folgt das ganze Syndikat diese Taktik noch in vollem Umfange, und es erscheint daher selbst nicht ausgeschlossen, daß der Rückgang des Verkehrs im Ruhrkvhlcnrcvicr und damit auch der Einnahmen der Eiscnbahnvcrwaltung aus dem Güterverkehr den Tiefstand noch nicht er reich t h a t. * Berlin, 15. März. (Kein Latein auf den Ober-Realschulen.) Der von einigen Direktoren von Ober-Realschulen geäußerte Wunsch, es möge mit Rücksicht auf die Zulassung der Abiturienten dieser Schulen zum juristischen Studium das Latein als facnl- tativer Lehrgegenstand aus den Ober-Realschulen ein geführt und die Möglichkeit eröffnet werden, bei der Ab- gangsprüfung die zum Studium der Rechtswissenschaften erforderlichen Kenntnisse in dieser Sprache nachzuweiscn, erscheint, wie die „Bcrl. Pol. Nachr." in einem anscheinend offtciösen Artikel ausführen, zur Erfüllung nicht ge eignet. „Mit der, wenn auch nur fakultativen, Herein nahme des Lateins in den Lehrplan dieser Anstalten würde die Eigenart derselben verwischt werden, während cs doch einer der wesentlichen Zwecke der Reform des höheren Unterrichtswescns ist, die verschiedenen, als glcichwcrthig anerkannten Arten der höheren Unterrichts anstalten sich in ihrer Eigenart selbstständig und kräftig fortentwickcln zu lassen. Die auf die Bedürfnisse der technischen Berufe und der damit zusammenhängenden Erwerbsthätigkeit gerichtete Eigenart der Obcrrealschule besteht aber eben gerade in der Ausschließung des alt- sprachlichen Unterrichts und in der Concentration der fremdsprachlichen Entwickelung auf die lebenden Sprachen, und man würde denjenigen Zwecken, welchen die Ober- realschulen dienen sollen, einen überaus schlechten Dienst erweisen, wenn man sic durch Angliederung des Unter- richt» im Lateinischen zu einer Art Zwitterding zwischen ihrer jetzigen Gestalt und den Realgymnasien machen wollte. Eine solche Einrichtung erscheint nichts weniger als erforderlich. Mit einer einzigen Ausnahme befinden sich die überhaupt in verhältnißmäßig geringer Zahl eingerichteten Ober-Realschulen in größeren Städten, in denen zugleich mindestens ein humanistisches Gymnasium besteht. Schüler, welche von vornherein zum juristischen Studium bestimmt sind, werden daher die Obcr-Rcal- schulen kaum jemals besuchen, vielmehr ihren Bildungs gang auf den humanistischen Gymnasien nehmen, und es werden daher regelmäßig nur solche Abiturienten der Ober-Realschulen sich dem juristischen Studium znwcndcn, welche ursprünglich für einen anderen Beruf bestimmt waren, später den Beruf und die besondere Befähigung für das Studium der Rechtswissenschaft empfunden haben. Solche junge Männer werden nicht nur ein Gewinn für die juristische Laufbahn sein, in welche nur zu viele junge Männer mehr aus Gewohnheit wegen der Werth schätzung der juristischen Laufbahn, als durch inneren Berns gedrängt werden, sie werden auch regelmäßig das Durchschnittsmaß der Befähigung für das Rechtsstudium überschreiten und demzufolge auch verhältnißmäßig leicht im Stande sein, sich die zu diesem Studium erforderlichen Kenntnisse der lateinischen Sprache und des AlterthnmS nachzuerwerbcn. Man nimmt in der Unterrichtsver- waltung an, daß es solchen Studirenden möglich sein wird, wenn sie hierauf ihre Kraft concentriren, im erstell Semester ihrer Studienzeit sich die zur fruchtbaren Absol- virung des römisch-rechtlichen Excgeticums nöthigcn Sprachkcnntniffc zu erwerben, und daß es ihnen auch in der Regel gelingen wird, das Rechtsstudium in den übrigen sechs Semestern mit ausreichender Vertiefung zum Abschluß zu bringen, so daß die Anregung, die obligatorische Studienzeit der Abiturienten an den Ober- Realschulen um ein Semester länger zu bemessen als das der übrigen Studirenden des Rechtes, sich als entbehrlich erweist und um so weniger zur Berücksichtigung geeignet erscheint, als eine solche Bestimmung im Widerspruche mit dem Grundsätze der Gleichwerthigkeit der verschiedenen Arten der höheren Lehranstalten stehen würde." (D Berlin, 15. März. (Telegramm.) Der Kaiser be sichtigte heute Vormittag 8 Uhr in Brunsbüttelkoog das von seiner Mittelmeerreise zurückgekehrte Schulschiff „Char lotte" und nahm später an Bord des Linienschiffes „Kaiser Wilhelm II." die Vorträge deS Chefs des MilitärcabinetS Graf v. Hülsen-Häseler und des Chefs des CivilcabinetS v. Lucanus entgegen. (-) Berlin, 15. März. (Telegramm.) Der Prinz- Regent von Bayern bat auf ein von dem stellvertretenden Staatssekretär des ReichS-Marineamtes an ihn gerichtetes Glückwunschtelegramm die nachfolgende Antwort gesandt: „Die Mir Namens der Kaiserlichen Marine zu Meinem heutigen Geburtsfeste darqebrachten freundlichen Glückwünsche haben Mich aufrichtig erfreut, und sage Ich hierfür von Herzen Dank. Gern gebe ich hierbei die Versicherung, daß Mein Interesse für das fernere Gedeihen der Marine derselben stets erhalten bleiben wird. Luitpold, Prinz-Negent von Bayern". V Berlin, 15. März. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." meldet: Der Reichskanzler Graf v. Bülow empfing gestern Abend den RcichStagSpräsidenten Graf v. Ballestrem zu einer längeren Besprechung. L. Berlin, 15. März. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Ztg." veröffentlicht folgende Zuschrift: Göttingen, 14. März. Hochgeehrter Herr! In der Presse will die Behauptung nicht verstummen, daß ich aus der hiesigen Gesellschaft der Wissenschaften aus getreten sei in Folge des von mir im Januarheft der „Preußischen Jahrbücher" veröffentlichten Aufsatzes. Ich bitte Sie, Ihren Lesern mitzutheilen, daß ich ausgetreten bin, weil die Gesellschaft den Bischof Kopp zu ihrem Ehrenmitglied gewählt hat. Professor Max Lehmann. S Hamburg, 15. März. (Telegramm.) Der Kaiser hat dem Generaldirector der Hamburg-Amerika-Linie, Ballin, den Rothen Adler.Orden zweiter Classe mit der Krone und dem ersten Vorsitzenden des Auisichtsraths, Tietgens, den Rotheu Adler-Orden dritter Classe verliehen. (Wiederholt.) G Bremen, 15. März. (Telegramm.) Der Kaiser hat dem Präsidenten des Norddeutschen Lloyd, Geo Plate, und dem Generaldirector Wiegand den Kronenorden zweiter Classe mit Brillanten verliehen. (Wiederholt) * AuS der Lstmark. Der MarcinkowSki-Verein hielt kürzlich in Posen seine diesjährige Generalversammlung ab. Dem Cassenbericht entnimmt das „Posener Tageblatt" nach dem „Kuryer" Folgende-: Die Einnahmen des Vereins im Geschäftsjahre setzten sich zu- sammen auS: ordentlichen Beiträgen 29 315 außerordentlichen Beiträgen 8624 XL, zurückgrzahlten Stipendien 7009 .XL, Zinsen 36 672 .eil, Gewinn aus dem Verkauf von Effecten 1046 .XL, Dispositionsfonds vom Jahre 1901 in Höhe von 16 591 zu sammen 99258.Xl — An Ausgaben sind zu verzeichnen: Stipen dien 67 741^X6 (und zwar an Besucher vou Universitäten 21845.XL, an Techniker 24045 .XL und an Gymnasiasten 21851 -Xi), Bureau-Unkosten 4168 .XL, Zinsen 4371 ^L, dem Jubiläumsfonds überwiesen 745 .XL, dem Fonds der znrückgezahlten Stipendien überwiesen 2000 .XL, Dispositionsfonds für das Jahr 1902 — 20232 -XL, zusammen 99 258 — Die Fonds des Vereins bestehen aus dem eisernen Fonds in Höhe von 750 572 .XL, dem eisernen Fonds unter Vorbehalt der Zinsen in Höhe von 89 475 .XI, Legaten 56 975 .Xk, dem Jubiläumsfonds von 1900 7500 ^L, dem Pfarrer Sibilski-Fonds 6000 .XX, dem von Sczaniecka-Fonds 2500 .Xl, dem Fonds der rurückgezahlten Stipendien 2000 -XL und dem Dispositionsfonds in Hohe von 20 232-XL, zusammen 985675-XL Der Verein besitzt 4722 zahlende Mitglieder und 449 Stipendiaten. D Züllichau, 15. März. (Telegramm.) Beider beutigen LandtagSersatzwabl im Wahlkreis Crossen- SchwiebuS-Züllichau wurde Hauptmann a. D. Grandkc- Oblath gewählt. -s- Altenburg, 15. März. Der Redakteur der hiesigen social- demokratischen Volkszeitung, Bruno Kühn aus Schmölln, der sich wegen Beleidigung durch die Presse vor Gericht verantworten sollte, aber nicht im Termine erschien, ist verhaftet worden. iv. Weimar, 15. März. (Privattelegramm.) Der Landtag vertagte sich heute auf unbestimmte Zeit nach Erledigung kleinerer Vorlagen. * München, 14. März. Superintendent Meyer in Zwickau und ReichSrathS-Abgeordneter vr. Eisen kolb, die beiden Führ.c der evangelischen Bewegung la Oesterreich und Deutschland, haben die Herausgabe der neuen „LoS von Rom"-Z»itschrift, die ob I.Avnl unter dem Namen „Die Wartburg" in München in I. F. Leh- mann'S Verlag erscheint, übernommen. AIS Schriftleiter zeichnen für Deutschland Psarrer Eckardt in Windischleuba und für Oester- reich Vicar Hochstetirr in Stainz. DaS Blatt erscheint wöchentlich und kvflet Im Vierteljahr 1 .6
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