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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.03.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020325018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902032501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902032501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-25
- Monat1902-03
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Ruthes und Nolizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 2S Ueelameu unter dem Redacttonsstrich (4 gespalten) 75 vor den Familieunach- richten (»gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprecheud höher. — Gebühren Nir Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgab«, ohne Postbeförderung .st 60.—, mit Postbesürderung 70.—. ^nnahmeschluß für Iinzeigen: Abeud-Au»gab«: vormittag» 10 Uhr. Morge»-Au»gab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen «nd Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» au die Expedition zu richten. Tie Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol- tu Leipzig. 96. Jahrgang. Der Zweibund in Mafien. V. 8. Lord Palmerston hat einst an Clarendon ge schrieben: „Die russische Regierung hat für ihre Politik stets zwei Sehnen auf ihrem Bogen: gemäßigte Sprache und Versicherungen der Uneigennützigkeit in Petersburg, thätigen Angriff durch seine Agenten auf dem Schauplatz der Handlung." Diese Taktik hat die zarische Diplomatie seit vielen Jahrzehnten erfolgreich angewandt, und namentlich konnte man sie in Mittelasien und im fernen Osten beobachten. Immer versicherten die Petersburger Staatsmänner, Rußland gehe nicht auf Eroberungen aus und wolle die Integrität seiner Nachbarn erhalten. Aber gleichzeitig arbeiteten die Gesandtschaften in Asien, durch Verträge ihrer Regierung die Oberhoheit über wichtige Landcstheile, ja mitunter fast über ganze Reiche zu sichern. Man ist dabei fast immer auf seine Kosten ge kommen. Korea nnd Persien vermögen kaum mehr sich dem russischen Einfluß zu entziehen, und China wird wahr scheinlich über kurz oder lang seinen Widerstand gegen das Zarenreich endgiltig aufgeben und die Mandschurei ihm abtreten müssen. Mit auffallender Klarheit tritt die Doppelhaltung der Petersburger Diplomatie in der russisch-französischen Er klärung hervor, die dieser Tage erschienen ist. Ge- wohntermaßcn wird erklärt, daß das AbkommenRußlands nnd Frankreichs befriedige, weil man in ihm die wesent lichen Grundsätze vorgefundcn, die man selbst zu wieder holtest Malen ausgestellt habe. Dann folgt aber ein Schluß von so auffallender Entschiedenheit, wie man es selten in diplomatischen Schriftstücken gefunden hat. Es wird betont, daß beide Mächte sich Vorbehalten, „eventuell auf Mittel bedacht zu sein", um sich einen Schutz für ihre Interessen zu sichern. Voraussetzung ist, daß Japan und England eine „aggressive Action" in China beginnen, oder daß neue Wirren im Reiche der Mitte entstehen, welche die „Integrität oder freie Entwickelung dieser Macht in Frage stellen". Der Inhalt der Note läßt keinen Zweifel, daß Rußland und Frankreich, welche ohnehin zusammengehen »nd durch einen Vertrag ver bunden sind, über Ostasien eine neue wichtige Verein barung geschloffen haben, eine Vereinbarung, welche die Möglichkeit des Krieges in Aussicht stellt, falls beide Staaten cs nöthig finden. Die Bedeutung der Ab machungen ist damit klar. Nur fragt es sich, ob Rußland nnd Frankreich cs wirklich zum Aeußerstcn kommen lassen und nicht zunächst auf diplomatischem Wege zu ihrem Ziele — die Unterstellung der Mandschurei unter die Oberhoheit des Zaren und Zugeständnisse für die Re publik im südlichen China — zn gelangen suchen werden. Rußland hat die Zeit seit dem 30. Januar, dem Tage des Abschlusses des englisch-japanischen Vertrages, nicht müssig zugebracht. Es hat zunächst sein Vcrhältniß zu Korea so glücklich geregelt, daß der Einfluß Japans dort einigermaßen lahm gelegt ist. Aber die Bundesgenossen schaft Koreas würde ihm allein gegen England und Japan nicht viel nützen, wenn ihm nicht gleichzeitig von anderer Seite Machtmittel zur Verfügung gestellt würden. Man konnte kaum zweifeln, daß das befreundete Frank reich von den Petersburger Diplomaten in erster Linie ausersehen war, nach dieser Richtung angegangen zn werden. Manche Anzeichen sprachen denn auch wirklich dafür — wir erinnern nur an die freundliche und feier liche Form, mit der der Zar die Einladung an den Präsidenten Loubet erließ —, daß neuerdings Rußland die französische Republik nöthig hatte. Die Voraus setzungen haben sich nach der eben bekannt gewordenen Vereinbarung bewahrheitet,' Rußland und Frankreich sind beide einig und wollen den verbündeten Japanern und Engländern entschlossen in Ostasien entgegen treten. Die erste Folge der neuen Coalition wird nun wahr scheinlich darin bestehen, daß die russische Diplomatie die Unterzeichnung des M a n d s ch u r e i - A bk o m m e n S von China fordert. Bekanntlich war diese Frage gleich nach der Veröffentlichung des Jnftlstaaten-BündniffeS vollständig ins Stocken gerathen. China hatte im Ver trauen auf Großbritannien seine Verhandlungen mit dem Zarenreiche abgebrochen, und dieses gab sich im Hinblick auf die Lage einstweilen mit dieser Wendung zufrieden. Aber man hat in Petersburg wohl nie im Ernst an einen wirklichen Verzicht auf seine Pläne im fernen Osten gedacht. Man verlegte nur, während man von Freundschaftsversicherungen überfloß, den Schwerpunkt seiner diplomatischen Thätigkeit von Peking nach Söul nnd Paris. An beiden Orten können die Russen mit ihren Erfolgen zufrieden sein. Dem Zweibunde der Insel staaten steht der Zwcibund der Continentalmächte in Ost asien geschloffen gegenüber. Der geräuschlosen Art, mit der die Ruffen ihre Ziele verfolgen, würde cs entsprechen, wenn sie die Verhand lungen über die Mandschurei ohne viel Gerede und Zcitungsbctrachtungcn alsbald wieder aufnehmen. Wenn wir also in nächster Zett nichts von Fortschritten nach dieser Richtung hören, so ist das deshalb kein Beweis, daß die Sache wirklich ruht. Wir dürfen wohl annehmen, daß die Petersburger Diplomatie ihre Zeit nicht unnütz vergeuden wird, und das Abkommen mit Frankreich nicht als ein Mittel ansieht, die Hände in den Schoost zu legen. Sobald aber Rußland actio geworden und Eng land und Japan mit Gegenmachcnschaften in Peking ant worten, beginnt die Frage eine kritische Wendung zu nehmen. Wir wollen nicht behaupten, daß die be waffnete Auseinandersetzung zwischen beiden feindlichen Gruppen dann unvermeidlich ist. Aber wir können un möglich denen beistimmen, welche die gegenwärtige Grup- pirung als ein Mittel, den Frieden zu fördern, ansehen. Die schroffe Gegenüberstellung der vier Großmächte, deren Interessen nickt überbrückt werden können, hat immer etwas Gefahrdrohendes an sich, auch wenn die Regie rungen den Krieg so viel als möglich zu vermeiden wünschen. Der gegenwärtige Zustand wird jedenfalls die endgiltige Entscheidung beschleunigen, und da hängt cs weniger von der Friedensliebe der Staatsmänner, als von der Erregung der Oefsentlichkeit, der gegenseitigen Kriegsbereitschaft und verschiedenen, im Augenblick nicht übersehbaren Momenten ab, ob die Regierungen sich so viel Zugeständnisse machen können, damit das Aeußcrste vermieden wird. In Rußland rechnet man, wie aus ver schiedenen kürzlich verbreiteten Meldungen hervorgeht, mit der Möglichkeit, daß cs im Osten in absehbarer Zeit zum Schlagen kommt. Bricht der Krieg aus, so würde es sich zunächst nur um die Zukunst der Mandschurei handeln; Deutschland wird dadurch nicht im Geringsten berührt. Die Hinein ziehung anderer, als der -irect betheiltgten Staaten, scheint uns nicht erforderlich zu sein. Ja, es fragt sich überhaupt, ob diese Auseinandersetzung einen derartigen Umfang annehmen würde, daß Deutschland, Oesterreich und Italien später cingreifcn müßten. Schließlich bleibt die Möglichkeit noch offen, daß Japan und England vor einem Kampfe mit Rußland zurückschrecken und ihm die Mandschurei unter gewissen Voraussetzungen lassen. Deshalb aber dürfen wir die Weiterentwickelung der Frage nicht aus den Augen lassen. Die Angelegenheit ist bedeutsam genug, um aufmerksam verfolgt zu werden. Der Krieg in Südafrika. ArieSenSverhanVlungcu1 -p. Jetzt liegt eine amtliche Bestätigung der Nachricht vor, daß Friedensvorschläge von den Vertretern der Transvaal regierung erwogen werden. Man meldet unS: * Lou»ou, 24. März. (Telegramm.) Im Unter haufe theilte derKriegsministerBrodrtck mit, Schalk Burger habe sich vor 14 Tage» von Lord Kitchener freie» Geleit erbeten, um mit Tteiju die Möglichkeit »on NriedenSvsrfchlSgen zu be spreche». Lord Kitchener habe mit Zustimmung der Regierung etngewtlligt. Nach dieser amtlichen Mittheilung ist also da» Ersuchen um freies Geleit nicht die unmittelbare Folge der angeblich verzweifelten Lage der „Boerendelegirten" während der letzten vierzehn Tage, was wir gleich für un wahrscheinlich hielten. Was für ein Moriv dem Ersuchen zu Grunde liegt, bleibt also noch ungewiß. Wie man im Haag die Sache auffaßt, geht aus der folgenden Meldung hervor: * Haag, 24. März. (Reuter-Meldung.) Die Nachricht von der Reise der Mitglieder der Transvaal-Regierung nach Pretoria überraschte die hiesigen Boerenkreise. Sie ver- muthen, daß die Reise mit dem an Kitchener ergangenen Befehl in Zusammenhang steh«, die Note der holländischen Regierung und die Antwort Englands auf dieselbe den Regierungen der beiden Boeren- rrpubliken officiell zur Kenntniß zu bringen. Ei» Brief au» dem voerenlagcr ist den „Münchner N. N." zur Verfügung gestellt. Der Ab sender, G. P. auS dem District Rouxville im südöstlichen Frcistaatc schreibt: „Wie wir allgemein vernehmen, ist der englischen Censor so streng, daß Briefe überhaupt nicht durchgehen. P. C. versprach mir aber, diesen Brief mitzunehmen und in Holland zur Post zu geben. WaS kann ich Dir über uns sagen? Meine Frau und kleinen Kinder sind irgendwo in einem ConcentrationSlager, von meinen Söhnen drei bei ihren Com- maudoS, einer wurde seinerzeit mit Olivier gefangen und ist in Ceylon. Zu Anfang des Krieges glaubten wir nicht, daß wir unS so lange herumschlagen müßten, wir merken aber, daß England keine Opfer scheut; dennoch hoffen wir stet«, unsere gerechte Sache wird siegen, heute hoffen wir eS nicht nur, sondern Jeder von uns hat das Gefühl, England kann eS nicht mehr lange machen, seine Truppen hier sind ziemlich fertig und was noch mehr, Zug-, Last- und Reunthiere au« anderen Ländern halten hier nicht au», hiesige» Material haben sie nicht mehr. Seit Juni 190l haben wir außer einigen Kleinigkeiten Erfolg über Erfolg, der Herr sei gelobt dafür, uns thut das Herz weh, daß wir Hunderte von Wagen verbrennen müssen, aber dadurch schwächen wir die Engländer am meisten. Jeder von unS ist heute so sicher, daß wir unsere Unabhängigkeit behalten, daß Keiner nachgeben würde und müßten wir noch zehn Jahr« fechten. Allerdings dachten wir anfangs de» Krieges, al- unsere Munitionsfabrik in die Luft flog, woher Munition nehmen, aber der liebe Gott schickt unS durch die Engländer mehr als wir brauchen, und wir haben jetzt für zwei Jahre genug. Trotz der Grausamkeiten, Hinrichtungen unserer Führer, Gewaltmittel, unsere Frauen und Kinder in Lägern zu halten, unsere Farmen zu verbrennen und zu verkaufen, wird England un« doch nicht abschrecken. Die Engländer kämpfen tapfer, Respect vor ihnen, aber gegen die Verhältnisse hier kann England eben mir all seinem Geld und all seiner Großmacht doch nicht ankämpfen. Im Mai beginnt der Winter und wir werden von da ab den Engländern einen närrischen Tanz aussühre»; ich würde Dir unseren Plan mittheileu, wir haben aber geschworen, nicht« verlauten zu lassen; bei Gelegenheit schreibe ich Dir wieder." * v»»batz, 24 März. (Reuter'« Bureau.) Ein Deutscher Namen« Walter Hoffmann, der al» Srleg«gefang»ner sich tm Boerenloger in Bellary (Madras) befand, ist in der letzten Nacht bei einem Fluchtversuche von einem Posten erschossen worden. Deutsches Reich. * Leipzig, 24. März. Die „Wiener Zeitung" enthalt eine Verordnung der österreichisckeu Minister de« Handel« und de« Innern, nach welcher die Unternehmungen, welche sich mit dem Betriebe de- telegraphischen oder tele phonischen Nachrichtendienstes auf politischem oder volk-wirthschastlichem Gebiete befassen (Telegraphen-Agenturen, Telegraphen-Bureaux,Telegraphen-Correspondenz-Bureaux) an eine Concession gebunden werden. Zur Erlangung der Eon- cession für ein solches Gewerbe werden nebst den allgemeinen Beringungen zum Betriebe eines jeden concessionirten Ge werbes Verläßlichkeit und Unbescholtenheit deS Be werbers und überdies der vor der Gewerbebehörde zu er bringende Nachweis einer zum Betriebe dieses Gewerbes genügenden allgemeinen Bildung gefordert. Bei Ver leihung der Concession ist auf die Localverhältnisse Bedacht zu nehmen. Die Verleihung der Concession für ein der artiges Gewerbe wird in erster Instanz den politischen Landesbehörden übertragen. — Bei den vielfachen üblen Er fahrungen, welche alle ZeitungSredactionen, die nicht auf Sensation st toM prix arbeiten, auch bei unS in Deutschland mit einigen unzuverlässigen und unsoliden, redactionell nicht gebundenen Telegrammfabrikanten machen müssen, möchte man fast eine derartige Maßregel auch bei unS befürworten. Trotzdem möchten wir von einer solchen politisch zwei schneidigen discrelionären Vorbeugungsmaßregel abrathen, dagegen empfehlen, den Behörden eine Handhabe zu geben, um solchen Agenturen, die nachweislich leichtfertiger Verbrei tung falscher und aufregender Meldungen sich schuldig machen, das Handwerk zu legen. Berlin, 24. März. (Staatörccht undWelfen- t h il m.) Das hannoversche Welfenvrgan entwickelt staatsrechtliche Auffassungen, die sür die Vertreter gerade einer „Rechtspartei" zu charakteristisch sind, als daß sie nicht beleuchtet werden müßten. Aus die Anschauung, der Herzog vom Cumberland habe die Rcichsverfassung rück haltlos anerkannt und damit im Falte seiner Zulassung zur braunschweigischen Negierung ans die Geltendmachung seiner hannoverschen Thronrechte in einer mit der Rechte verfassung nicht verträglichen Art verzichtet, also allen im Interesse des Reiches zn stellenden Anforderungen ge nügt —, auf diese Anschauung sei nur vorübergehend hingemicsen. Kein Unbefangener wird in Abrede stellen, daß eS nicht in das Belieben eines Thrvnprätendentcn gestellt werden darf, was er bei der Verfolgung seiner Ansprüche als mit der Reicksversassung verträglich an sicht. Noch bezeichnender als die eben erwähnte Auf fassung ist die Methode, mit der das Welfenorgan ge wissermaßen die Wahrung der welfischcn Ansprüche ans Braunschweig zum Ausgangspunet sür die Gründung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches macht. Das wölfische Blatt schreibt nämlich: „Zu der Zeit der Gründung des Norddeutschen Bundes, ans welchem das Deutsche Reich bekanntlich hervorgcgangcn ist, bestanden überdies die Erbrechte des Hauses Hannover auf den her zoglich braunschweigischen Thron bereits zn Recht, nnd dieses Erbrecht, wie überhanot alles „im Bundesgebiet geltende Recht", zu schütze«, ist der Bund geschlossen, wie dies in der Eingangsfvrmcl zur Verfassung des Nord deutschen Bundes zum besonderen Ausdruck gekommen ist. Indem Preußen sich mit Braunschweig zu diesem Bunde rückhaltlos vereinigte, hat cs mithin jene Rechts lage als auch für sich verbindlich anerkannt." — Be dauerlicher Weise hat das Welfeublatt die Neichsvcr- fassung an der einschlägigen Stelle nur unvollkommen citirt. An jener Stelle heißt cs wörtlich: „Se. Majestät der König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes, Sc. Majestät der König von Bauern rc. rc. schließen einen ewigen Bund zum Schlitze des Bundesgebiets und des innerhalb desselben gü tigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes." Mit der Wohlfahrt des deutschen Volkes ist cs unverträglich, wenn in die Reihen der Bundesfürsten ein Prätendent tritt, der die reichsvcr- fassungsmäßige Zusammensetzung des Bundesgebiets, wie sie in Art. 1 der Rcichsverfassung angegeben wird, über den Haufen werfen will. Wenn das Wclfcnblatt fort fährt: „Inzwischen sind keine Umstände cingctrcten, welche Preußen von diesem Anerkenntnis! entbinden könnten, und somit hat Preußen keinen Anhalt an der Rcichsverfassung, wenn es sich weigert, den Herzog als Herzog von Braunschweig anzncrkenncn" —, so setzt es sich über das hinweg, was im Reiche „giftiges Recht" geworden ist. Das ist einmal das mit dem Herzog Wil helm von Braunschweig vereinbarte braunschweigische Regentschaftsgesetz vom 10. Februar 1879 nnd der R » n d e 8 r a t h s b e s ch l u ß vom 2. Juli 1885, der den Herzog von Cumberland von der Thron folge in Braunschweig ausschlicßt. Dieses „giftige Recht" wird aber von den „Rcchtsparteilcrn". für nichts ge achtet. U Berlin, 24. März. (Vorbereitung für den Justiz di en st.) Während in Bezug auf die Ordnung der praktischen Vorbereitung der Negierungs referendare ein Act der Gesetzgebung aus dem Grunde nothwendig ist, weil das Gesetz von 1879 über die Befähigung für den höheren Verwaltungsdienst die Bestimmung enthält, daß die Uebernahme der Referendare in die Verwaltung erst nach zweijähriger praktischer Vorbereitung im Justizdienst zu erfolgen hat, bedarf es für die durch die Abkürzung von vier auf dreieinhalb Jahre bedingte Acuderung der praktischen Vorbereitung für den Justizdienst an sich keines Ein griff- der Gesetzgebung. Diese Aenderung kann ausschließlich durch die Verwaltung erfolgen. Sachlich bandelt eS sich dabei darum, wie an der Verkürzung die verschiedenen, von den Justizreserendarien zu durchlaufenden Stadien zu be- theiligen sind. Die für diese jetzt ausgeworfene Mindest zeit beträgt genau drei Jahre zehn Monate, sodaß eS in Wirklichkeit nur darauf ankommt, in der Folge vier Monate an den hierzu geeigneten Stellen einzusparen. Wenn, wie bei den Regierungsrefereadaren, die Bemessung der ersten ArbeitSreit auf dem Amtsgerichte mit sechs Monaten statt jetzt neun für ausreichend erachtet werden sollte, so würde an einer anderen Stelle nur eine Kürzung um «inen einzigen Monat erforderlich, um den Vorbereitungsdienst der auf dreieinhalb Jahre verkürzten Gesammtzeit anzupassen. Die Justizverwaltung hat bereits die zu erlassenden Anordnungen getroffen. Die OberlandeSzerichtSpräsidenten sind zur gutachtlichen Aeußerung über die Sacke auf gefordert worden. Ihre Berichte liegen jetzt vor. Tie Auf- saffungen der Berichterstatter gehen aber vielfach auseinander, und es ist daher eine sorgsame Abwägung der Gründe für und wider erforderlich, bevor eine endgiltige Beschlußfassung erfolgen kann. Es darf indessen vorausgesetzt werden, daß, wenn nach der Osterpause die Berathungen über den Gesetz entwurf, betr. die Vorbereitung für den höheren Justizdienst, wieder ausgenommen werden, die Justizverwaltung in der Lage sein wird, auch nach dieser Richtung hin bestimmte Mittheilungen zu machen. * Berlin, 24. März. (Eine Badegeschichte.) In der Sitzung des preußischen Abgrordnetenbauseö vom 15. d. M. trug der polnische Abgeordnete v. CzarlinSki eine Badegeschickte vor, die geeignet ist, das größte Auf sehen zu erregen. Nach dem stenographischen Bericht äußerte der genannte Herr: „Bei Pieschen hat die Mühlenbesitzerin Frau Jonas eine Badeeinrichtung eröffnet mit der Anordnung, daß bis Mittag Frauen und Nachmittags Männer baden sollen. Eines schönen Sonntags des verflossenen Jahres begaben sich drei junge Damen mit höherer Bildung und auS den besseren Ständen der dortigen Stadt nach der Mickle, um zu baden. Ein paar Minuten nach 12 Uhr kam nun der Kreisschulinspector Neuen dorf mit seinem Sohne, der vor Kurzem das Abiturienten examen gemacht haben soll, und unwillig darüber, daß die Badcbude noch verschlossen war, brach er sie mit Gewalt auf, nahm die Klei- dungsstücke der jungen Damen und brachte sie auf eine unweit ge legene Wiese, so daß diese armen Wesen genöthigt waren, in dem Costüm der Stammmutter des menschlichen Geschlechts bei den Herren vorüberzugehcn und unter freiem Himmel sich anzukleiden. So viel mir bekannt ist auS dem Briefe meines Gewährsmannes, hat zum Mindesten ein Vater dieser jungen Damen eine Be schwerde bei der Regierung eingereicht. Aber die Regierung war äußerst human; sie schickte einen Commissar, um die Zu rückziehung der Sache zu bewirken, und der Kreisschulinspector soll heute noch an Ort und Stelle sein. Wenn eS darauf ankommt, kann ich die Namen nennen; ich thue cs nur nicht mit Rücksicht auf die Damen, denen es gewiß heute noch unangenehm ist, daß so etwas in die Welt gelangt ist." Der Regierungsvertreter vr. Kügler ersuchte daS Haus, die Mittheilung mit Vorsicht aufzunehmen, zumal die Krcis- schulinspectoren bei den Polen die bestgehaßten Leute seien. Herr v. CzarlinSki erwiderte und nannte nunmehr die Väter der jungen Damen, einen Gerichtsassistenten und einen KreiS- cassenrendanten. Jetzt ist es Pflicht der Regierung, schleunigst zu untersuchen, was an der Sache ist. Bewahrheilen sich die Angaben des Herrn v. CzarlinSki, so ist eine Sühne un bedingt erforderlich; hat der Vorgang nicht stattgesunden, so muß vie Regierung dem angegriffenen Kreisschulinspector öffentlich Genugthuung geben. D Berlin, 21. März. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen gestern Nachmittag einen Spaziergang. Zur Abendtafel waren keine Einladungen ergangen. — Heute Morgen unternahm der Kaiser einen Spaziergang, conferirte mit dem Staatssekretär des Aus wärtigen Amts Frhr. v. Richthofen und hörte im Schloß den Vortrag des Chefs des CivilcabinetS v. Lucanus. Um 12'/, Uhr empfing der Kaiser den Director der Gemälde-Galerie vr. Bode, um 12'/« Uhr den bisherigen russischen Militär - Attache Oberst Graf von Nostitz zur Abmeldung und um 1 Uhr die Theil- nebmer an der nächsten Orientfabrt auf der Jacht „Victoria Luise, nämlich Wirft. Reg.-Ratd und vortragenden Ralk in der Colonial-Abtheilung des Auswärtigen Amts v. d. Decken, Oberlt. v. Winterfeld (!. G.-R. z. F.), Hauptmann v. Leip ziger (K. Alexander G.-Gren.-Reg. Nr. I), Lt. v. Versen (Leib-G.»Husaren-R.), Oberstlt. Keppler (Gren.-Negt. König Friedrich Wilhelm I.) und Major Schulze (l. Leib-Husareu- Regiment Nr. 1). (-) Berlin, 24. März. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht die Ernennung des GebeimrathS Gruner zum Präsidenten deS Aufsichlsamtes sür Privat- versicherung. Gruner war früher Mitglied des NeickS- versicherungSamtes und gehörte seit l89l dem Reichsamt deS Innern an. Er ist als Verfasser der Denkschrift zur ZuckthauSvorlage bekannt geworden. Der „Reicksanzeiger" veröffentlicht ferner die Bekanntmachung betr. Einrichtung und Betrieb von Steinbrüchcn und Stetnhaucreicu (Stein metzbetrieben). D Berlin, 24. März. (Telegramm.) Zu dem deutsch - niederländischen Kabclabkounnen, durch welches für Deutsch-Neuguinea und die deutschen Südsee-Jnscln die Mög lichkeit deS telegraphischen Verkehrs geschaffen wird, erfährt die „Nationalzeitung", daß durch eine niederländische Privatgesellschaft das projectirte amerikanische Kabel nach Guam verbunden werden soll, über Palau einer seits mit Niederländisch - Indien und andererseits mit China. Den Anschluß nach Menado soll ein Staatökabel Herstellen. Hingegen sollen die Privatlinic nach China und die übrigen Anschlüsse seitens Deutschland- und Hollands angemessen unterstützt werden. Die Leistung Deutschlands werde von der Hebe der Bewilligung der Generalstaaten ab- bängen. Der Gegenstand werde nicht alsbald den Reichstag in Gestalt eines NachtragScredit» beschäftigen, da bis zur Aus führung deS Planes noch längere Zeit vergehen dürfte. Die betreffende Privatgesellschaft habe aber bereits das nöthige Capital aufgebracht. V Verltn, 24. März. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: In der Colonialabtheilnng trat heute unter dem Vorsitze Stübel'S eine Lonfercnz Tach- verstiinviger und Intkrcffentcn auf dem Gebiete des Anbaues und der Verwendung von Baumwolle zusammen. Es wurden folgende Beschlüsse einstimmig angenommen: 1) Die Conferenz bat mit Interesse Kenntniß genommen von dem Bericht über die befriedigenden Ergebnisse der Baumwoll-Expedition deS Colonialwirthschaftlichen Comitvs nach Togo und spricht dem Comit^ ihren Dank anS. 2) Unter der Voraussetzung, daß die erforderlichen Geldmittel von den Interessenten unv dem Gouvernement zur Verfügung gestellt werden, soll unter
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