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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.03.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020326025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902032602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902032602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-26
- Monat1902-03
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Amtsblatt -es Hönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes nn- Nottzei-Ämtes -er Lta-L Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lffertenanuahme 25 H (excl. Porto). Extra Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung «0.—, mit Postbesörderung ./L 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 155. Mittwoch den 26. März 1902. 88. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Friedensnnterhandlnnge«. Die Boerenoffictösc Correspondcnz „Nederland" schreibt uns: Kriegsmtnister Brvdrick hat es, englischem Brauche gemäß, gestern im Untcrhause so hingestellt, als ob der neue Schritt zu den angeblichen Friedensvorstellungen von der Transvaalregierung, speciell dem Stellvertreter des Präsidenten, Schalk Burger, ausgegangen wäre. Die Bocren haben sich allerdings nieVerhandlungen abgeneigt gezeigt, die auf gerechter Grundlage den Feindseligkeiten ein Ende machen konnten. Aber auch von der Begcgmmg Lord Kitchener's mit Botha im Februar 1901 zu Middel burg haben Chamberlain und Brvdrick imUnterhause nach drücklich erklärt, das „General Botha denBorschlag zu der Zusammenkunft gemacht, mährend die Regierung nicht ge mußt habe, mas der Boerengcneral vorzubringen hätte, nnd deshalb Lord Kitchener keine Instructionen ertheilt habe." Die beiden verantwortlichen Minister haben diese mahrheitswidrige Darstellung aufrecht erhalten, bis sie sich gezwungen sahen, Louis Botha's Brief auf den Tifch des Hauses niederzulegen, aus dem unwiderleglich hcr- vorgeht, daß der tranövaalsche Gencral-Commandant sich zu der Zusammenkunft bereit erklärt hat, nachdem er dazu durch eine ihm durch seine Frau übermittelte mündliche Botschaft Lord Kitchener's eingeladen morden war. Die strittige Frage, welcher von den Gegnern die neuer lichen Verhandlungen begonnen hat, findet vielleicht ihre Beantwortung durch ein Ereigniß, das kürzlich englische Blätter als sehr bedeutungsvoll gekennzeichnet haben. Die Transvaal-Regierung in Süd-Afrika befand sich auf dem Wege nach dem Norden von Pietersburg aus, als sie plötzlich nach Südostcn umkchrte. Man fand diesen Vor gang seiner Zeit einigermaßen unerklärlich. Und doch liegt die Sache sehr einfach. Schalk Burger hat damals die englische Note auf den Vermittelungs vorschlag der niederländischen Rcgirung — wohl mit einem freundlichen Wink — erreicht und zur Aenderung seines Reiseplancs veranlaßt. Auch der viel berufene Brief Schalk Burgcr's, worin er sich auf das Bestimmteste gegen die Preisgabe -er Unab hängigkeit erklärt, möchte in der Streitfrage einen be zeichnenden Fingerzeig abgeben. Der von englischer Seite so gerne als zaghafter und schwankender Politiker gezeich nete Präsidenten-Stellvertreter schreibt darin auch noch: „Wenn kein Widerstand mehr geleistet werden kann, so ist cs besser, die Waffen bedingungslos niederzu legen. Denn das gicbt nns das Recht, sie bei Gelegenheit wieder anfzunehmen und den Freiheitskrieg fortzusctzcn." Ein Mann, der einmal so gesprochen, warum sollte er über Nach davon abkommen? Es wird doch wohl Niemand be haupten wollen, es sei denn der wahnwizige Optimismus der englischen Jingos, daß die Boeren gegenwärtig Widerstand nicht mehr zu leisten vermögen. Im Gcgen- thetl, bas Recht auf einen Frieden in ihrem Sinne, einen Frieden, der die ehrenvollsten Bedingungen zur Grund lage hat, ist seit den Verhandlungen zwischen Botha nnd Kitchener nur gewachsen. Denn seit der eigentlichen Wiederaufnahme der kriegerischen Thätigkeit nach Ablauf des vorigen Winters, also seit dem 15. September, haben die Boeren ein stattliche Zahl von Siegen zu verzeichnen, während ihre numerische und moralischcStrettkraft seitdem kaum nennenswerthc Verluste erlitten hat. Gesetzt also auch, daß die Bocren wirklich den Versuch machen, nach einer Verständigung unter sich durch Be sprechungen mit Kitchener eine Grundlage zur Ver ständigung mit England zu finden, so darf ihr Vorgehen keineswegs als dem Gefühl der Schwäche und der Einsicht in die Hoffnungslosig keit ihrer Sache entsprungen ausgelegt werden, Fenilletsn. 22s Die drei Freunde. Roman von Robert Misch. Nachdruck verboten. Einunddreißigstcs Capitel. Sie kamen um zehn Uhr Abends in Berlin an. Es war eine herrliche Fahrt gewesen, nachdem sich die Ge- müther von der aufregenden Scene im Rohrbacher Bahn hofe erholt hatten. Franz zitterte noch lange vor Wuth, Paula vor Angst und Entsetzen, Dietrich, weil er die Großen so erschreckt oder böse sah. Nur Papa Leue rauchte schmunzelnd sein Pfeifchen. Einen solchen Abfall hatte er seinem Heimathsort längst gegönnt. Er war so fidel und machte so drollige Witze über die Nohrbacher, daß schließlich Alle herzlich lachten. Paula überfiel freilich immer wieder eine bange Sehn sucht nach ihren zurückgelassenen Kindern, Helga und Bruno; aber Franz wußte sie schnell zu trösten. In wenigen Wochen schon sollte sie ihre Kleinen wieder haben. Bei der Fahrt durch die Vororte Berlin« starrte sie mit großen, glänzenden Augen in daS Lichtmeer. „Wieder daheim!" sagte sic leise, und ihre Gedanken führten sie hinaus auf da« blnmengeschmückte Grab auf dem HedwigSkirchhof. Papa Leue riß Mund und Augen auf, al« der Zug endlos lange an den tausenden Lichtern» an Häusern und Straßen vorübersauste. „Ja, wo fahren wir denn hin? Das iS ja dö« ver flixte Berlin schon. Ja, um GottcSwill'n, das iS ja der Bahnhof, warum steigen wir denn net auS?" Und als ihm Franz erklärte, bas seien Stadtbahnhöfe und der richtige käme erst, meinte der Alte kopfschüttelnd: „Aber in München is das net!" und schaute verblüfft und beunruhigt auf die fünfstöckigen Häuser, an denen sic so dicht vorüberfuhren, daß man beinahe in die Fenster htnetnlangen konnte. sondern höchstens der von England erklärten Bereit willigkeit, mit Len Boercnführern in Südafrika zu ver handeln und der diplomatischen Ausnützung eines — nach den jüngsten englischen Niederlagen — für günstig zu haltenden Augenblicks zuzuschreiben sein. Die Bocren führen den Krieg nicht um des Krieges willen, sondern lediglich zur Vertheidigung ihrer Unabhängigkeit, und werden einen Frieden, der ihnen diese gewährleistet, um so freudiger begrüßen, je eher er kommt. Der Bericht des „Standard": Die Transvaalregierung, die einen Theil der vorigen Woche hindurch eine Stellung bei Rhenosterkop inne gehabt habe, sei von Oberst Park und Anderen so bedrängt worden, daß ihre Stellung un haltbar geworden sei, und sie demnach ein Angebot zu Verhandlungen gemacht habe — ist nur als der rohe Triumph des vorzeitig jubelnden Siegers zu charaktcri- siren. Der Bericht des englischen Blattes wird auch schon dadurch widerlegt, daß nach Brodrick'S Erklärungen die gegenwärtigen Unterhandlungen bereits seit vierzehn Tagen im Gange sind, Schalk Burger also in der vorigen Woche gar nicht mehr „gehetzt" werden konnte und dürfte. * Pretoria, 25. März. („Ncuter's Bureau") In den holländischen Kirchen wurde gestern mitgcthcilt, daß a u f Ersuchen der Boerendelegirten der nächste Sonntag als Bettag für die W i e d e r h e r st e l l u n g des Friedens gehalten werden soll. politische Tagesschau. * Leipzig, 26. März. Auch die „Kreuzztg." beschäftigt sich nunmehr mit Ler in der klerikalen „Köln. Vvlksztg." aufgetauchten, aus parlamentarischen Kreisen stammenden Nachricht, der zu folge begründete Anhaltspunete dafür vorhanden sind, daß die Regierung und eine Mehrheit -es Reichstages bezüglich der Minimalzölle weniger ent fernt von einander wären, als dies in weiten Kreisen angenommen werde. Gleich der „Germania" bestätigt das eonservative Blatt die Richtigkeit jener Mittheilung und wünscht den neuen Verstündigungsversuchen Er folg. Die „Kreuzztg." läßt dabei die Erwartung durch blicken, daß das bekannte „Unannehmbar", das von meh reren hervorragenden Staatsmännern ausdrücklich im Namen der verbündeten Regierungen abgegeben wor den ist, doch noch eine Modifikation erfahren werde. Worauf diese Ansicht sich stützt, ist heute ebenso unerfind lich, wie bisher. Gestern hat in der zweiten hessis ch c n Kammer der Staatsministcr Rothe im Namen der hessischen Negierung die Erklärung abgegeben, ans die Erhöhung der Minimalzölle für Getreide könne die Regie rung nicht hinwirken, weil sonst der Abschluß von Handelsverträgen gefährdet werde. Damit ist der Standpunkt der verbündeten Negierungen wieder einmal ins Gedächtntß gerufen, und zwar in einer Weise, die dem Glauben an eine Nachgiebigkeit des Bnndesraths betreffs der Mindestzölle sicherlich nicht förderlich zu sein vermag. Wie stark aber in der C e n t r u in s p a r te i jene Strömung sein muß, die fiir die Annahme der Mindestsätze der Regierungsvorlage eintritt, geht ans den schon gestern erwähnten Darlegungen des Reichstags abgeordneten Müller- Fulda auf dem Fuldaer Bauern tage hervor, über den heute ein ausführlicher Bericht vorliegt. Nach diesem berief sich Müller zustimmend auf den Artikel eines Krcisblattes, in dem davor ge warnt wurde, den Nogen zu überspannen; und er berief sich weiter, ebenfalls zustimmend, auf den Artikel eines „amtlichen Blattes", der zum Verzicht auf die Geltendmachung von Einzelwünschen und zur Be schleunigung der parlamentarischen Arbeit aufforderte. ES war Paula gar seltsam zu Muthe, als sie alle Bier wie Fremde in einer Droschke zu einem Hotel garni fuhren und dort zwei Zimmer micthctcn; das eine für Paula und Dietrich, das andere für den Vater. Hier sollten sie, da Paula keine Verwandten in Berlin hatte, so lange Hausen, bis die neue Wohnung gefunden nnd eingerichtet war. Franz, der wieder in sein altes Stübchen in der „Kleinen Oper" zog, konnte sich vorlänfig wenig nm sie kümmern. Ein Haufen Arbeit nahm für die erste Zett seine Kraft und Zeit in Anspruch. Die neue Stellung, das Wohnungsuchen, die Laufereien auf das Standesamt, alles lag auf seinen Schultern. Kam er aber des Abends zu ihnen, so strahlte er vor Glück und Unternehmungs lust. Paula benutzte die freie Zeit, um Papa Leue Berlin zu zeigen. Auch nach dem Kirchhof fuhr sic öfter hinaus, zu ihrem armen Tobten, nnd dort weinte sie jedesmal bitterlich. Sie bat es thm ab, daß sic sich ein neues Glück gründen wollte. Papa Lene half dann nach Kräften, sic wieder aufzuheitern. Er hatte dann so viel zu fragen, lief Arm in Arm mit ihr die breiten, mcnschenwimmclndcn Straßen entlang, staunte Alles, Menschen, Gebäude und Läden, so komisch an, bis sie wieder lachen mußte. Es entzückte den alten Rohrbacher Schuster aber auch Alles. Es ging ihm eine Ahnung auf von der ge waltigen Arbeitskraft, dem raschen Pulöschlag, dem drängenden Vorwärtsstrcbcn dieser Weltstadt und von der frischen Lebenslust, dem gcnußfrcndtgcn Dasein seiner Bewohner. Das war freilich eine ganz andere Welt. Alle diese Menschen hatten einen gemeinsamen Zug — das Vorwärtshasteu. „Da weiß man doch, warum man lebt", wieocrholte er unaufhörlich; und der trübe Schatten, der dabet über sein altes, freundliches Gesicht flog, mochte wohl den ver lorenen fünfundsechztg Jahren auf dem Rohrbachcr Schusterschemel gelten. Eines TagcS brachte Franz seinen Freund Mieglitz mit, der eben von einer Eoncertretse durch die Bäder zu- rllckgekehrt war. Er hatte ihm unterwegs Alles erzählt, die Verlobung, die baldige Hochzeit mit Paula, die guten Vor Allem jedoch benrtheilte der Abg. Müller die Stellung der Regierung in der Zoüfrage ganz anders und ungleich richtiger als die führenden Eentrumsvrgane, indem er laut der „Fuldaer Ztg." sagte: „Die Negierung hat dem Reichstage gegenüber eine starke Position, sie kann auch ohne neuen Tarif weiter arbeiten, wenn keine Verständigung erfolgt, allein sie hat, dies steht unbedingt fest, den dringenden Wunsch, im Interesse der wirthschaftlichen Gesammtintcressen Deutschlands und im Interesse der Landwirty- schaft besonders den neuen Zolltarif zn Stande zu bringen. Deshalb wird sie auch noch, so weit dies überhaupt möglich ist, zn einem Entgegen kommen bereit sein, wenn man ihr den guten Willen zeigt, eine Einigung mit ihr zn versuchen, und ihr sonst keine unnöthigen Schwierigkeiten macht." Nach den eigenen Worten des Abg. Müller ist seine Annahme, daß die Negierung „entgcgenkommen" werde, in der denkbar diplomatischsten Form ausgesprochen. Im Hinblick auf seine sonstigen, oben erwähnten Aus führungen bedeutet seine Fuldaer Rede eine Mahnung an das Centrum, auf den Boden der Regierungsvorlage zu treten. Sehr charakteristisch für das Verhältniß des EentrumS zn den Polen ist ein Leitartikel, den die „Köln. Vvlksztg." in ihrer Mvntagsnummer dem preußischen Herrenhause widmet. Sehr scharf geht dieser Artikel mit der Mehrheit dieses Hauses, die für die Ermäßigung des Fideicommiß- stempels, für die Abänderung des Provinzialdotations gesetzes zu Gunsten der Gutsbezirke, d. h. der großen Gutsbesitzer, und für die Einrichtung eines besonderen CoursbucheS für Nasse- und Zuchtpferde gestimmt hat, ins Gericht. DaS Interessanteste an diesem Artikel ist je doch das, was nicht Larin enthalten ist: die Rede des Grafen v. Hoensbroech über die Bctheilignng katho lischer Geistlichen an der großpvlnische n Agitation und Propaganda. Graf Hoensbrocch ist eifriger Katholik, war früher im Abgeordnctcnhanse Mitglied des Ccntrums nnd stimmt im Hcrrenhause zumeist so ab, wie seine früheren Kollegen in der Zweiten Kammer es thun. Seine Rede, ans der wir an anderer Stelle das Wichtigste nach dem stenographischen Berichte mittheilen, hätte also das Eentrnm und diejenigen ultramontanen Blätter, die sich gleich der „Köln. Vvlksztg." bereitwilligst zn Schutzherren der Polen anfwcrfen, nm so tiefer berühren müssen, als der Redner erklärte, das Verhalten der nationalpolitischen Geistlichen stehe im strikten Gegensätze zn den Grundsätzen der katholischen Kirche und unter dem Deckmantel der Confcssion verfolge diese polnische Bewegung einseitige nationale Ziele. Jedenfalls hätten diese Erklärungen eines hervorragenden Mitgliedes des Ccntrums füglich für letzteres größere Bedeutung haben nnd größeres Schwergewicht tragen müssen, als die Anträge Mirbach nnd Lcvetzow auf Ermäßigung des Fideicvmmißstempels und Abänderung des Provinzialdotationsgesetzcs, die doch erst noch dem Votum des Abgeordnetenhauses unterliegen und schwerlich dort Annahme finden. Aber La, wo ans seiner Mitte selbst die Stimme des Warners und Tadlers gegen das deutschfeindliche Polenthum ertönt, da ver schließt das Eentrnm Ohren nnd Augen. Die „Köln. Vvlksztg." läßt diese für das Eentrnm so bedeutende, allerdings auch unbequeme Kundgebung >des Grafen Hoensbrocch völlig unbeachtet! Das sagt mehr als Worte: das Centrum wird nach wie vor das deutschfeindliche Polenthum unter seine Fittiche nehmen und „unter dem Deckmantel der Confcssion" die einseitige nationale Be wegung der polnisch-katholischen Geistlichkeit begünstigen. Daß es trotzdem seinerseits von der preußischen R e - gierung auch ferner begünstigt werden wird, davon ist cS überzeugt und darf es überzeugt sein. Aussichten in pekuniärer Beziehung, und wie glücklich er jetzt sei. Mieglitz machte große Augen bei diesen Nachrichten, von denen thm der Freund vorher nichts mitgetheilt hatte. Er begrüßte Paula ganz in Wehmuth getaucht und gratulirtc ihr in einem so vorwurfsvollen Tone, als Hütte sic ihm das bitterste Unrecht gcthan. Wenn sic nun doch wieder heirathctc, hätte sic auch ihn nehmen können, der immer in sie verliebt war, flötete er mit dem schönsten Tremolo. Schließlich aber rückte er, zur größten Heiterkeit der Freunde, mit dem Gestündniß heraus, daß er sich vor einigen Wochen in Reichcnhall mit einer wohlhabenden, feschen Wittwe aus Wien verlobt hatte und sich dem nächst, nach seiner Uebcrsieüclung in die Donaustadt, nnr noch mit dem Couponabschneidcn beschäftigen würde. Seine Gesangskunst wolle er nur noch in Liebesliedern zu Füßen seiner Gattin auöüben. Auch die anderen Zigeuner fanden sich nach und nach bei der jugendlichen Wittwe ein, toll und lustig, wie früher. Ihr Versuch, mit Papa Leue Ulk zn machen, mißlang gänzlich. Nachdem er seine erste Verblüffung über ihren freien Ton, ihren wilden Uebermuth, über wunden hatte, zeigte er ihnen bald, daß man auch in Rohrbach schlagfertig und witzig sein könne. Sie amüsirtcn sich über den fidelen Alten so, daß sie ihn einigemal in ihre Kneipen mitschlepptcn. Die Wohnung für das junge Paar war endlich ge funden — vier Zimmer, bell und luftig. Ein Schlaf zimmer, ein Eßzimmer, Franzens Arbcitsgcmach, zugleich Wohn- nnd EmpfangSstubc. JnS vierte kommen die Kinder, meinte Papa Lene. Der Alte machte große Augen, als ihm Franz ruhig mitthciltc, das solle er mit Dietrich thcilen. Tenn so hatte cs Franz mit Paula verabredet. Der Alte hatte schon wiederholt ängstlich auf seine dcmnächstigc Abreise angespiclt. Sollte man den alten Mann, der vielleicht nur noch wenige Jahre lebte, in seine jetzt ihm ungewohnte Einsamkeit zurück kehren lasten? DaS wäre grausam gewesen. „Ja, aber das Häuserl und mein Handwerkszeug?" stammelte er ganz verwirrt. Mit großer Rückhaltlosigkeit und dankenswertster An erkennung bespricht ein englisch-amerikanisches Blatt, die NewAorker „T ime s", in einem längerem Artikel unter der Ueberschrist „Was wir Deutschland schulden" die Leistungen der Deutschamerikaner für das Gedeihen der Vereinigten Staaten. Die „Mittheilungen des All gemeinen Deutschen Schulvereins" geben einen Auszug aus dem Artikel, der sicherlich allgemein, und gerade jetzt vielleicht mehr als zu irgend einer anderen Zeit inter- essiren wird. Es heißt da: „Wenn wir er wägen, wie zahlreich die gegenwärtige deutsche Bevölkerung der Vereinigten Staaten ist, so sehen wir, wie unpatriotisch für jeden Amerikaner, einerlei welcher Nationalität, es wäre, wollte er die Elemente unterschätzen, welche Deutschland unserem Bürgerthum beigesteuert hat. Den bedeutendsten Theil, den wir irgend einer der Quellen nuferer Nation verdanken, bilden die Deutschen. Wenn sie nicht die Elemente guter Bürger schäft bringen, dann helfe Gott der Republik. Die deutsche Ein - wander u u g zeichnet sich vor Allem durch ihren Um fang aus. Eine genaue Statistik ergiebt, daß von 1821 bis 1850 583 941 Deutsche einwaudertcn; von 1851 bis 1860: 951 667; von 1861 bis 1870: 787 468; von 1871 bis 1880: 718 182; von 1881 bis 1890: 1 452 970; von 1891 bis 1900: 565 192; zusammen 5 009 280. Das bedeutet fast 25 v. H. der Gcsammteinwanderung. Eine ganze Nation ist aus Deutschland zu uns gekommen." — Es wird weiter ausgeführt, wie schon zur Colvnialzeit die Deutschen stark vertreten waren nnd blühende Ansiedelungen und Gemeinwesen schufen und schassen halfen. Dann wird der Verdienste gedacht, die in der Z c i t der Revolution nicht nur Steuben und Kalb, sondern auch die deutsch amerikanischen Bataillone geleistet haben. „Die Kolo nisten deutscher Abstammung", heißt es da, „standen an Hingebung nicht hinter den britischen zurück. Die von Herkheimer gesammelten Bataillone batten den Anprall des heißen Kampfes zu bestehen, welcher an der „alten New Yorker Grenze" stattfand." — Ueber die Leistungen der Deutschen im Bürgerkriege wird dann gesagt: „Nicht nur einzelne ausgezeichnete Deutsche, sondern ganze Corps von Soldaten deutscher Geburt und Sprache dienten der Union. „Vlenker's Division" von deutschen Regimentern war einer der ersten vrganisirten Truppen- theile. Dann war das ganze 11. Corps so vorwiegend aus oeutschsprechenden Leuten zusammengesetzt, daß es als das „Deutsche Corps" bekannt wurde. ..." — Es wird daun in dem Artikel der deutsche C n l t u r e i n f l u ß, der Einfluß deutscher K u n st in Malerei und Musik und der Einfluß der Deutschen im Erziehungs- wese n hervorgehöbeu. Zum Schlüsse sagt daS Blatt: „Der Eingeborene sollte an die deutsche Recht schaffenheit, Ehrlichkeit und Brüderlich keit denken. Er sollte daran denken, daß die Familie die Grundlage des Staates, das Heim die Quelle alles guten VürgcrthumS ist, und daß bei keinem Volke das Familien leben glücklicher, das Heim heiliger ist, als bei Len Deut schen in Deutschland und in Amerika. Wer dies Alles in Betracht zieht, wird zugcben, daß unsere Verpflichtungen gegen Deutschland außerordentlich sind. In unserem Bürgcrthnme bat das deutsche Element unS keinen Harm gebracht, der das viele Gute, welches eS uns getban, den ungeheuren nationalen Nutzen, welchen eS den Ver einigten Staaten gebracht hat, aufwiegen könnte." Deutsches Reich. G Berlin, 25. März. (Steigerung d e r K o st e n der Unfallversicherung.) Wie auS Lem vom Neichs-VersichcrungSamte dem Reichskanzler erstatteten und dem Bundesrathe wie Reichstage zur Kenntnißnahine „DaS Handwerkszeug lassen wir Dir schicken, dann kannst Du dem Dietrich seine Schuhe flicken; und das Häuserl vermiethen wir. Tann hast Dn auch noch eine Rente." „Aber nein, aber nein!" rief der Alte leise, sich die nassen Augen wischend. „Ja, bin ich Euch denn wirklich keine Last?" Die Frage der Wohnungseinrichtung trat nun au sie heran. Franz hatte ja seinen Vorschuß vom Verleger und sollte beim Erscheinen des zweiten TheileS noch einen weiteren Vorschuß erhalten. Er war auch nicht so an spruchsvoll, wie der schönheitsdnrstige Bruno; er sah mehr auf Nützlichkeit und Gebrauchsfästigkeit. Sie hatten bereits Einiges auf Versteigerungen zu- sammengekauft und auch schon Möbel in einem Geschäft angesehen, als ihn eines Tages der Chcfredacteur in sein Zimmer rief nnd über die geplante Einrichtung aussragte. Franz thetltc ihm bereitwillig Alles mit. Jedenfalls wollten ihm seine College» einen Teppich oder sonst einen nützlichen Gegenstand znr Hochzeit verehren. Wie erstaunte er aber, als der gütige Mann, dessen Wohlwollen er ja zum Theil die feste Anstellung verdankte, lachend anSries: „Na, das wäre beinahe eine nette Bcschcernng ge worden! Können Sie denn nicht noch warten mit Ihren Einkäufen?" „Aber ich kann mich doch nicht erst nach der Hochzeit cinrichten?" „Na, dann muß ich Ihnen das Geheimnis? wohl ver- raihcn. — Beinahe hätten Sie 'ne doppelte Einrichtung gehabt. — Also, ans Veranlassung von irgend Jemand haben sich Ihre sämmtlichen Redactionseollegcn vom „Morgcnboten" mit unserem Verleger und Ihrem Buch» Verleger geeinigt, nm Ihnen die ganze Schosc ans einmal zn verehren . . . nicht gerade fürstlich, aber doch so, wie es sich für den Fcuillctvnredaetcnr eines so großen NlattcS und für einen so hoffnungsvollen Zukunftsdichtcr und GegenmartSgelehrtcn gehört", fügte er lächelnd biuzn. „Was denn? Man will mir — die Einrichtung — die ganze Einrichtung —?" „Nur vier Zimmer, Vcrchrtester — die allerdings
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