Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011206016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901120601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901120601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-06
- Monat1901-12
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen-Ausgabe Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Nr. 621 Freitag den 6. December 1901. die die Verträge zu schließen bat, »D Ausschlaggebende. Darum konnte bei zarnicht vorgeschlagenen hat. Daß die Futterzolle des Tarif« entwurfS aus Mobificirung gefaßt sein muffen, schien auch aus den Darlegungen dieses der Landwirthschafl weit entgegen kommenden Redners hervorzugehen. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzrile 25 H. Reklamen anker dem RedactionSstrtch (4 gespalten) 75 vor den FamiUeunacd- richten (6 gespalten) SO -3». Dabellarischer uud Ziffernlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr 25 (excl. Porto). *Haag, 5. December. (Telegramm) In der Zweiten Kammer erklärte auf eine Anfrage des Abgeordneten van Krl über die Concentrationslager in Afrika der Minister des Aeußern van Linden, die Regierung könne nur dafür Sorge tragen, daß die den in den Lagern befindlichen Personen zugedachten Anter- stütznngen an ihren Bestimmungsort gelangen. Den in den Lagern befindlichen niederländischen Staatsangehörigen stehe eS frei, soweit sie nicht Kriegsgefangene seien, die Lager zu verlassen. Den anderen Staaten müsse man eS überlassen, für ihre Staatsangehörigen zu sorgen; die niederländische Regierung könne nicht weiter gehen. * London, 5. December. (Telegramm.) Trotz gegentheiliger Meldungen behauptet daS Blatt „Daily NrwS", daß die eng lische Regierung mit neuen, nichtförmlichen Versuchen be schäftigt sei, um mit den Boeren durch deren Führer in Südafrika selbst FriedenSnnterhandlungen anzuknlipsen. Gleichzeitig meldet der Brüsseler Correspondent der „Morning Post", er hab« erfahren, daß trotz der veröffentlichten Ableugnung die in Brüssel am S. dieses Monat« abgehaltru« Boeren- conferenz hauptsächlich der Erwägung von Schritten zu «uastrn de« Friedensschlüsse« gewidmet war. Boeren, die an der Eonfereaz T heil nahmen, erklären jedoch, daß Unterhandlungen über den Frieden oder eine Waffenruhe so lange unmöglich seien, al« Milner den Posten »ine« Obeicommtffar« in Südafrika bekleide. — Der HauptauSschuß der nationalen liberale» Bereinigung, der gestern in Derby tagte, beschloß einstimmig eine Erklärung de« Inhalt«, daß der Zeitpunkt zur Anknüpfung von Unterhand lungen mit den Boeren zur Anbahnung de« Friedens schlüsse« erschienen sei. Mit diesen Unterhandlungen solle eia nach Südafrika zu entsendender außerordentlicher Eommissar betraut werden. Ein weiterer Beschluß befürwortete Maßregeln, um der Sterblichkeit der Frauen und Kinder ta den LonceuttattonS- lagera Südafrika« »in End« zu machen. (Mgdb. Ztg.) Annahmeschlub für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: vormittags IO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen gröffuek von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgrn-AuSgabe, ohne Postbesörderung -41 80.—, mit Postbesörderung 70.—. tung ist gekennzeichnet durch die Namen Schell, Koch, Kraus, Funk, Knöpsler, Hansjakob, Spirago, Joseph Müller u. s. w. Im Lager der „Renaissance" befindet sich Alles, was der deutsche Katholicismus an bedeutenden Kräften besitzt; sie ist der lite rarische Stützpunkt, von dem die Reform unseres bedrohten kirch lichen Lebens ausgehen soll . . . Theologen! Wann werdet Ihr aufhören. Euch zum Ausbeutungsobject und Agitationspersonal einer politischen Clique mißbrauchen zu kaffen . . . Katholisches Laienthum! Zum Schweigen in der Kirche ver dammte, einzig dem politischen Gezänk überantwortete Brüder, reget Euch! Wir kämpfen für Euere Erhebung! Einst waren die Görres, die Stolberg, die Daumer, Bader nicht blos religiöse Geisteskundige, sondern gingen sogar den Theologen voraus im Mühen für die Neubelebung des Katholicismus. Wo sind die katholischen Laien jetzt? In den Parla menten, in wüsten Volksversammlungen, wo siedieEntzweiuung, den Haß predigen und religiös entweder unkirchlich oder kindlich unwissend sich gebärden. Soll es so bleiben? Prote stanten! Ihr versichert immer, daß Ihr nicht gegen den Katholicismus, sondern nur gegen den Ultramontanismus und Jesuitismus kämpft — macht nun die Probe aufs Exempel! Bei uns sind obige Tendenzen nicht min der gehaßt. Leset unser Blatt! Lernt von uns, wie wir von Euch lernen, auf das einmal Friede wird, statt Gezänk und unchristlicher Haß!" Man versteht, daß über solche Behauptungen und Tendenzen das genannte Centrumsblatt sehr ungehalten ist und diesen Prospekt der „Schmähsucht" und „Anmaßung" zeiht. Selbst verständlich, so heißt es, müßten sich Professor Schell und die neben ihm genannten Gelehrten über ihre Stellung gegenüber dem Prospekte äußern. Thäten sie das nicht, so würden ihre Gegner sie für diese Beleidigung aller nicht auf die „Renaissance" schwörenden katholischen Forscher mit verantwortlich machen. Die Sache wird also wohl noch weitere Kreise ziehen. (-) derlia, 5. December. (Telegramm.) Indem Star für da« Auswärtige Amt für 1902 schließt unter den fortlaufenden Au-gaben da» Eapitel „Auswärtiges Amt" mit eiuer Medrfoiderung von 12SL40 Hierbei sind neu vorgeseben eine Stelle für einen Vortragenden Ratb und eine solche für einen ständigen Hilfsarbeiter. Für (Nrianbt- schaften und Consulate werden 401 900 -4! mehr verlangt; dierbei ist die Neueinrichtung von BerufSconsulate» in Itckang, Nanking, Tönaufu und Manager« beabsichtigt. Für allgemeine FondS werden 73 245 mehr verlangt, darunter 30 000 .4! Zuschuß an die Deutsche Colonialgesellschaft sür die Beschaffung einer Auskunftsstelle für Auswan derer. Für die Colonial Centralvcrwaltung werden 56 122 Mark mehr verlangt. Im Ganzen belaufen sich die geforderten fortdauernden Ausgaben sür das Auswärtige Amt und die Colonial-Centralverwaltung zusammen auf 13971 652 -4! gegenüber 13 310 745 .6 im lausenden Rechnungsjahre. Die Gesammtsumme der geforderten einmaligen Ausgaben, ein schließlich der Zuschüsse zur Bestreitung' der Verwaltungs ausgaben in den aftikaniscben Südsee-Schutzgebieten und der Fehlbeträge au« der Verwaltung der Schutzgebiete, beträgt 24 440 521 gegen 22 698 107 -L im Etat 1901. Die Einnahmen des Auswärtigen Amtes und der Colonialverwaltuog sind um 90 580 erhöht. Der Colonialetat beziffert sür Deutsch-Ostafrika die eigenen Einnahmen des Schutzgebietes aus 3 186 296 -4! gegen 3 232 000 -4! im Vorjahre. Der Mmderansay rübrt von den Zolleingängen her. D^r Reichszuschuß beträgt 6 405 200 gegen 5 259 000 -4, die fortdauernden Ausgaben beziffern sich auf 7 393 374 gegen 7 145 590 -4t, die einmaligen Ausgaben auf 2 195000 gegen 1323200-4! DieGesammlsumme der Ausgaben und Einnahmen dalancirt mit 9 601496 gegen 8 691 000 -4 Unter den einmaligen Forderungen sind die erste Raie von der auf 3 270 000 -4 veranschlagten Fonsübruag der Usambara- dahn bis Mombo und Vie Weitersübrung deS Tclegrapbcn von Mpapwa bis Tabora. Der Etat von Käme rum weist an Einnahmen infolge der Steigerung der Zolleingänge 4 236 600 -4 gegen 3 775 800 -4 auf. Der ReichSzuichuß ist um 25 300 Köder angesetzt. Die fortdauernden Ausgaben be tragen 2 987 286 gegen 2 672 302 -4, die GesammtauSgaben 4 236 800 ^! Der Etat von Togo zeigt eine Steigei unz der eigenen Einnahme» um 71000 -4 und deS Reichs- zuschuffe« um 131 000 ^! Die AuSaaben uud Einnabmen dalanciren mit 1 650O00 gegen 1 448 000 -4 Unter den einmaligen Ausgaben sind 25 000^« für die Grenzbest mmung zwischen Togo und der englischen Goldküstencolouie. Der Ei.it oon Süvwest-Asrika zeigt eine Steigerung der eigenen Einnabmen um 475 000 -4 infolge der Einnabmen res Eisenbahnbetriebe«, hingegen eine Minderung dc« Reich-- Zuschusses um 1 467 700 -4 Der Etat dalancirt mit 9 458 900 gegen 10 451600 -4! Die einmaligen Ausgaben enthalten 40 000 zu Beihilfen wegen ter Rinderpestschäden. D e einmaligen Ausgaben betragen 2 893 500 gegen 4 790 700 .4, die fortdauernden 6 520 947 gegen 5 616 456 -4 Ter Etat von Neuguinea balaucirt mit 822000 gegen 809 700 -4 Der Reich-Zuschuß ist um 12 300 -4 gestiegen. Der Etat der Carolinen.Palau- und Marianen- Sasein dalancirt mit 338 >00 gegen 3l1 500 .1 Unter den Forderungen befinden sich 10 000 -4k zur Verbreitung der deutschen Sprache. Der Etat von Samoa dalancirt mit 441400 -4 gegen 286 000 ^! im Vorjabre. Die eigenen Einnahmen find um 151 000 ^k, der Rcich-zuschuß um 24 000 gestiegen.- — In dem ElatSeniwurf über den Reichlinvalidenfond« für 1902 sind die In- validenpensione« »c. infolge de« Kriege« von 1870—71 für Preußen um 9 920 000 für Sachsen um 663 300 -4, oir Württemberg um 229 500 ^!, für Bayern um 1 837 900 Mark, für die Marineverwaltung um 3074 .4, di« Inva- lidenpensionea x. iniolg f des Kriege« vor 1870 für Preußen um 2 401 000^, für Sachsen um 159 936 -4, für DüNlrmbera um 38 000^! und für Bayern um 325 225 ^k, die sonstigen Peustonen um 114419 di. Zuschüsse zum D.«p°stri°n«. food« L. »e, ,»« Di«p»firi»n«sm,»s de« Kaiser ,u «nad«. Deutsches Reich. -4- Berlin, 5. December. (Mittellandkanal und Zolltarif.) Die gestrige Antwort dr«Reich«kan,ler» an den Abgeordneten Richter kann al« rin Eommentar zu der Erklärung bezeichnet werden, mit welcher Traf Bülow am 3. Mai dieses Jahres die Session des preußischen Landtage« geschloffen hat. Damal» hat Graf Bülow ln nüchternem Geschäftston die hervorragende Bedeutung der Canalvorlage erwähnt, hat hervorgehoben, daß die Canalvorlage ein Ganzes bleiben müsse, hat erklärt, daß die Regierung zu offenbar eraebnißlosen Verhandlungen die Hand nicht biete; — aber die Frage, ob die Regierung an ihrem w a s s e r w i r thschaftIichen Programm srsthalte »der nicht, überging der Ministerpräsident an jenem S. Mai Der Krieg m Südafrika. Aus Johannesburg. lieber die Lage in Johannesburg erhalten wir von unserem dortigen Mitarbeiter die folgende von Mitte October vatirte Schilverung: Zum 1. November sollen wichtige Veränderungen vor sich gehen: Das Allerwichtigste davon ist, daß die Goldminen wieder das Recht haben sollen, ihren Arbeitern so viel zu be zahlen, als sie wollen, V. h. an Stelle von 5 täglich das vor dem Kriege übliche Pfund, dann können auch die Ausländer wieder daran denken, Arbeit anzunehmen. Dann wird das zum Schutze der Goldminen organisirte Corps, „Rand Rifles Mines Division" ebenfalls zum I. November aufgelöst. Es soll aber den Minenverwaltungen überlasten und freigestellt sein, die Mannschaften dieses Corps als eine Polizeitruppe auf eigene Rechnung neu zu organisiren; auf den Worten „auf eigene Rech nung" scheint bei Vieser Maßregel der Nachdruck zu liegen; man hört hier so sehr viel, daß den Engländern das G e l 0 knapp wird. Von einer Rückkehr der Refugees, Wie eine solche für das Ende des Octobers als vollendet in Aussicht gestellt war, ist bis zur Stunde nichts wahrzunehmen, wohl kommen mehr und mehr Leute zurück, namentlich Frauen und Kinder, es sind aber immer Angehörige solcher, welche schon längere Zeit hier weilen. Was vor allen Dingen die Kaufleute, deren Geschäfte völlig ruhen, ersehnen, ist die Rückkehr nicht einzelner be vorzugter Personen, sondern der Tausend«, welche zwei Jahre und länger darauf gewartet haben, zu ihren Heimstätten zurück zukehren. 47 000 Personen stehen auf den Listen als der Unterstützung bedürftig, zum Zwecke ihrer Rückkehr und des Beginnes eines Erwerbes nach erfolgter Rückkehr. Wer sich nun unter solchen Verhältnissen viel verspricht von der Kaufkraft dieser armen Leute, kann nicht oder will nicht die Wahrheit sehen, daß hinter dem Kriege unmöglich goldene Berge und goldene Zeiten liegen. Laut amtlicher Bekanntmachung ist unter dem Dreh in un mittelbarer Nähe Johannesburgs die Rinderpest aus gebrochen. Daneben ist es bekannt geworden, daß die Rinderpest schon seit einiger Zeit in Pretoria ausgebrochen ist; inzwischen geht der Krieg und mit diesem das Fangen und Treiben, Ver lieren und Zurückerobern von großen Heerden Viehs weiter; mit Entsetzen muß man daran denken, was jetzt mit den Viehständen der Boeren und Engländer geschehen wird, wo die bewährten Vorsichtsmaßregeln aus früheren Jahren nicht in Kraft gestellt werden können. Von kriegerischem Standpunkte aus könnte man das Auftreten der Rinderpest als einen neuen Bundesgenossen im Kampfe um die Unabhängigkeit nennen; erst dir Beulenpest, jetzt die Rinderpest; die Bewegungen der englischen Truppen werden durch die Rinderpest sehr gehemmt werden. Der Zolltarif im Reichstage. * Mr sind auch heute in der Lage, unsere Besprechung der gestrigen Reichstaqssitzung durch die Wahrnehmungen und Urtheile unseres Berliner Correspondrolen zu ergänzen. Q Berlin, 5. December. Die Diplomatenloqe des Reichstages ist während der Zoll- tarisverhandlungen gut besucht, und auch auf anderen Tribünen dürften sich Fremde befinden, die im Auftrage auswärtiger Regierungen zu sehen, kören und zu berichten haben. Wir glaubeu, daS Erste und Sicherste, waS sie melden oder schon gemeldet haben, ist die Wahrnehmung, daß die Reichtags- verhanblungen nicht jene BäckerkriegSsliinmung widerspiegeln, voa der man dem Auslande ebenso eifrig erzählt hat, wie mau daS Inland mit einem schon auf daS Gebiet der Politik übergtflossenen Zollzorn der Mächte daö Beben zu lehren versuchte. Der deutsche Reichstag ist kein Parlament wie da- heutige österreichische und wie die serbische Skuplschtina, aber er ist auch lange nicht mehr jene hinsichtlich seiner Ruhe uud Würde an die besten Zeiten deS römischen Senates erinnernde Körperschaft, die in den siebzieger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Neid aller fremdländischen Besucher erweckt hat. Wir leugnen nicht, daß man Erregung inS Volk zu tragen verstanden bat, aber wenn die Zerklüftung der Nation, der Haß der Interessen so groß wären, wie sie unsere Extremen schildern, so würden die Gewählten der Nation diesen Zustand nicht verbergen können. ES ging aber bisher recht „ordentlich her" und eS wird sich wohl nicht wesentlich verschlechtern. Mögen noch einige Socialdemokraten den Alarmisten Molkenbuhr zu copiren und sogar zu übertrumpfen im Stande sein, die noch ausstehende süddeutsche Volkspartei, die sich auch auf das „Toben" ver steht, ist zollpolitisch gespalten, wie andere Parteien und muß ihrem Wortführer Mäßigung auferlegen, die Elsässer „wuchern" mit und die Antisemiten dürften sich in ihrer Mehrzahl nicht ausschließen. Die erste Berathunz wird also in verhältnißmäßiger Ruhe zu Ende geben und in der Commission werden allzu aufreizende Rrdeu nicht gehalten, we»l »4 sich wegen de« Ausschlusses der OeffeuUichkeit nicht reutirt. Die Commissionöberathung de« ganze« Stoffe« wird wahrscheinlich mit den Stimmen aller Parteien gegen die Freisinnige Volkspartei beschlossen werden. Herr Richter, der die grundlegenden Fragen sofort im Plenum im Einzelnen erörtert und entschieden wissen wollte, erleidet also die her kömmliche Niederlage. Der Führer der männlichen Fraction gedachte mit jenem Vorschläge die Leidenschaften hell anzufachen, sein handels politisch hoch gefeierter College Or. Barth von der politisch höfisch angehauchten freisinnigen Vereinigung hat kein Vertrauen zu dem „Sturm im Lande" und will eS anders anfaffen. Er möchte die ganze Zollreform vereiteln. ES wäre schön und gut, so memte er, den bestehenden Handelsvertrag mit der habsburgischen Monarchie zu verlängern, vorerst einmal auf fünf Jahre. Natürlich ist der Hintergedanke: ist dies ge schehen, so kann man anderen Machten gegenüber, und zwar dies auch aus politischen Gründen, nicht wohl anders ver fahren und Alle» bleibt hübsch beim Alten. Außerdem bleibt di« Meistbegünstigung bestehen. Schade, daß der Präsident der Bereinigten Staaten keine Orden zu verleihen hat. Herr Richter wird durch daS Plänchen in Verlegenheit versetzt. An sich ist eS ja ganz hübsch, aber die Abneigung de« Diktator» der Volkspartei gegen die politische Concurrenz der Bereinigung ist noch stärker als sein freibändlerischer Fanatismus. Und auf der anderen Seite ist eS kaum ander». Sogar in diesen Tagen während de» ReichötagS- strrite-, in consxeetu dostis, fliegen die Vorwürfe zu geringer Agitation in der Zollangelegenbeit hin uud her. Der künftige Geschichtsschreiber dieses inneren deutschen Zollkampfes wird nicht umhin können, der moralisch zwar höchst verwerflichen und troydem nicht der Komik ent behrenden Erscheinung, wie sich diese Leute Jahre hindurch geaeoseitig de« Mangel« an hinlänglichem Aufrrizuug«eifer beschuldigt haben, eia Blatt zu widmen. Urbriaen« tadeln einander auch nach jeder offenen Parla- weut«schlacht die wider die Landwirthschafl und die geschützten Industriezweige Coalirten. Wurde vorgestern Herrn Richter'- Redeleistung vom Standpunkt de« Freihandlerischen — mit Grund — bemängelt, so setzte er gestern die Rede deS Abg. Gothein von der Bereinigung herab. Ein großer Unterschied ist auch nicht. Herr Gothein bot aber inhaltlich etwas mehr, al» der niemal« unter die Oberfläche der Diuge dringende Rabulist von der Volk-Partei, aber auch er überschritt die Grenze deS Zulässigen wiederholt, am unpassendsten dort, wo er von oben herab vom Wirthschaft- lichen Ausschuß, der sich um da« Zustandekommen de- Tarifs Verdienste erworben hat, sprach. Statt der Mitwirkung des Wirthschaftlichen AuSichuffeS scheint der Abg. Gothein eine Art suLrnzs univorsel über die künftige Zollpolitik gewünscht zu haben. Daun hätte man aber den Reichstag Überdaupt nicht gebraucht. Herr Gothein zeigte sich wenig unterrichtet, al« er versicherte: „Die Industrie verlangt kein« höheren Zölle". Wir erinnern nur an die Forderungen für gewisse Artikel, die der „Confectionär" für seine Branche erhoben, sodann an die Wünsche der Hut- und Haadschuhsabrikaotrn. Naber auf den Doppeltarif sind bi« heute nur der Ab geordnete der Nationallidrralea Paasche und der Abgeordnete Gamp von der Reich«partei rinaegangen. Für Letzteren ist die Festsetzung gewisser Mindest,ölle ein Cardinalponct, Herr Paasche dagegen erklärte, daß die Mehrheit seiner Fraktion«- genossen diesen Anordnungen zustimmen werde, weil die Regierung es für nützlich erachte, daß man aber sonst nicht spontan auf die Bindung »ach unten verfallen wäre. Der Wunsch der Regierung, I' erscheiut auch al« da« Au«schlaggebende. . dem Ada. Paasche nicht die Rede sein vvo Mindestsätzen für a»d«r« landwirthschaftlich» Erzeugnisse, w«lchr di« Regierung Bezug-.Prei ¬ se Hk Hauptexpedttiou od«r den km Stadt bezirk und den Vororte» errichteten Au«, aabestelle» abgeholt: vtertrljLdrltw^l 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellnag tu« Hau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vlerteljährl. ^tl 8. Ma» abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bet den Postanstalteo in der Schweiz Italien, Belgien, Holland, Luxem- bürg, Dänemark, Schwede» und Norwegen, Rußland, de» Donaustaaten, der Europäische» Türket, Egypte». Für alle übrige» Staate» Ist der Bezug aur unter Kreuzband durch die Expedition diese« Blatte« mSgltch. Dl» Morarn-Nu-gabe erscheint »m '/,? Lh^ tzw Lbenv-Aillgab» Wochentag» »m 5 LH».' Ne-actio« »ad Erveditiou^ Johaunisgasse S. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'« Sortim. LmoersitätSstraße S (Paolinum), Soul« Lösche, LaHarlnenstr. 14» pari, und LanlgSvlah 72 MiWgcr Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Ä'önigtichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Vottzei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. vollkommen mit Stillschweigen. Kaum eine Anspielung hierauf war seinen Ausführungen zu entnehmen, allenfalls konnte man die Wendung „die erwartete Verständigung sei zur ZtU aus geschlossen", dahin auffafsen, daß die Regierung die Hoffnung hegte, nach Jahr und Tag werde sich eine solche Verständigung erzielen lassen. Jetzt, seit der Reichstagssitzung vom 3. De- rembcr, weiß man, daß die preußische Staatsregierung, um die Worte des Grafen Bülow zu gebrauchen, «an ihren ver te h r S p o l i t i s ch e n Zielen unbedingt festhalt , und daß „von einem Fallenlaffen der großen Wasserstraßen pläne keine Rede ist". — Ueber die Mittel, welche die preu ßische Regierung zur Verwirklichung ihrer verkehrspolitischen Pläne anwenden will, hat aber Graf Bülow auch am 3. De cember dieses Jahres nichts gesagt; blos über das Mittel, welches er nicht anwenden will, hat er sich klar und scharf aus gesprochen. Graf Bülow wird, nach seinen eigenen Worten, bei der Lösung der Canalfrage die Hand nicht dazu bieten, daß ein Zwiespalt zwischen der Regierung und den großen Parteien des Landes herbeigeführt werde, ein Zwiespalt, ber dem die Partei des Herrn Richter den tertius xaucleus abgeben würde. An eine Auflösung des preußischen Landtages wegen der Canalvorlage denkt also Graf Bülow nicht: er will einen Zwiespalt zwischen der Regierung einerseits, den Conser- vativen und dem Centrum andererseits vermieden wissen. Worauf stützt sich nun aber die „feste Ueberzeugung" der preu ßischen Staatsregierung, daß das Lanalproject „mit der Zeit realisirt werden wird"? Hierüber hat Graf Bülow wiederum nichts gesagt. Offenbar aber verspricht er sich eine Lösung der Z o l l t a r i f f r a g e von dem Zusammenwirken der Regie rung mit dem Centrum und den Conservativen, und als Conse quenz dieses Zusammenwirkens nimmt er die positive Erledigung der Canalpläne im preußischen Abgeordnetenhause an. Ob die Voraussetzung des Grafen Bülow, die Lösung der Zollfrage im Bunde auch mit den Conservativen, zutrifft, und ob die aus jener Voraussetzung betreffs der Canalpläne gezogenen Jiläne zutreffen, das läßt sich heute so wenig wie im letzten Frühling übersehen. Nachdem es den Canalgegnern einmal gelungen ist, den Zolltarif vor der Canalvorlaae der parlamentarischen Ent scheidung unterworfen zu sehen, ist es keineswegs unwahrschein lich, daß konservative und Centrum später ihre Zustimmung zum Mittellandcanal nicht mehrblosvondenwasser- wirthschaftlichen Kompensationen, sondern auch von Kompensationen auf den Gebieten der Kirchen- und der Schulpolitik abhängig machen. Berlin» 5. Dcc-mber. (Zum Ausbau der amt lichen A r b e i t er st a t i st i k.) Die Absicht einer erhöhten Pflege der amtlichen Arbeiterstatistik in einer besonderen Ab- theilung des kaiserlichen Statistischen Amtes wird von der „Socialen Praxis" um so wärmer begrüßt, als einerseits dieses Organ der Socialreformer seit Jahren für eine ähnliche In stitution eingetreten ist und als andererseits der neu« Leiter des genannten Reichsamtes, Präsident Wilhelms, durch seine bis herige Thätigkeit Vie sichere Bürgschaft für die gedeihliche Durch führung der neuen Aufgaben bietet. Nur eine Abänderung grundsätzlicher Natur schlägt die „Sociale Praxis" vor, indem sie ausführt: Nach dem Regierungsplane soll der Abtheilung für Arbeiterstatifiik ein ständiger Beirath von 12 Mitgliedern, die je zur Hälfte vom Bundesrath ernannt und vom Reichstage erwählt werden, beigegeben werden. Der Gedanke eines Bei- rathes ist an sich vortrefflich. Aber die in Aussicht genommene Form scheint nicht ganz die richtige zu sein. Sie ist nach dem Muster der Commission für Arbeiterstatistik gewählt. Doch der neue ständige Beirath hat andere Aufgaben: „Durch ihn kann und soll unseres Erachtens die neue Institution sich neben dem sach verständigen Rath auch der vertrauenden Mitwirkung der Interessenten, der Arbeitgeber und der Arbeiter, versichern, mit deren Hilfe erst die Arbeiterstatistik ihre Ziele vollständig erreichen kann. Deshalb muß man gerade di« Unternehmer und die Arbeiter in diesen Beirath ziehen und ihre Thätigkeit durch neutrale Sach verständige ergänzen. Wir schlagen deshalb eine Zusammen setzung des Beirathes nach österreichischem Muster vor: 12 Ver treter der Arbeitgeber, 12 Vertreter der Arbeiter «nd 12 neutrale Sachverständige, und zwar sollen die beiden ersteren Kategorien von ihren Berufsgenossen gewählt, die letztere von der Regierung berufen werden. Ein derartig gebildeter Beirath, der sich übrigens in Oesterreich vortrefflich bewährt hat und jetzt eben erneuert worden ist, wurde auch am 16. März 1901 oon der Gesellschaft für sociale Reform befürwortet. Wir empfehlen dem Reichstage auf- Dringendste, den Plan der Regierung in diesem Sinne um- zugestalten." * Berlin, 8. December. (ProfessorSchell.) Wäh rend noch die Erörterung über die Ernennung de« Professor« Spahn in Straßburg und über die Mommsen'schen Kund gebungen betreff« Freiheit der Wissenschaft andauert, ist eS von Interesse, zu verzeichnen, daß Professor Schell in Würzburg nach seiner früheren Unterwerfung unter die römische Crnsur von Neuem den strenggläubiaen Katholiken bezw. den Zions- wächtern im Centrum Anlaß zur Unzufriedenheit aiebt. Er hat, wie bereits gemeldet, in der Zeitschrift „Der Thürmer", die konfessionell auSsöhnend wirken will, einen Aufsatz über die Kämpfe deS ChristenthumS veröffentlicht, und wurde vr-halb in der „Salzburger Kirchenztg." der Ketzerei angeklaat. Obwohl Professor Schell darauf durch eine Kundgebung die „Mißver ständnisse" aufzuklären suchte und dann z. B. sagte, „niemals habe ich den Protestantismus als einen echten Sproß de« ChristenthumS erklärt", geht doch die „Köln. Bolttztq." weiter in einem Leitartikel gegen ihn vor. Seine Entschuldigungen werden gnädig halb und halb acceptirt mit einer Warnung vor neuen Seilensprüngen. In dieser Beziehung aber wird ihm noch Folgendes vorgehalten: wichtiger und unter Umständen be denklicher sei die Brtheiligung Schell'S an der von vr. I. Müller herauSgegtbrnen Monatsschrift „Renaissance", in Venn „mehr al« befremdlichen Prospekt^ e« heiße: Die „Renaissance" ist da» Organ der Katholiken, welche ein« Erneuerung unsere- geistige» Leben» nach der innerlichen und modernen Seite hin für nöthig erachten. Judem fie wiffen- schaftlich der veralteten Schul-Theologie, politisch dem Ultra- montani«mu«, ästhetisch sowohl der Verketzerung der modernen Kunst und Dichtung al« der Unnatur verschrobener »fterpoesie »ntgegentritt, nimmt sie unter sämmtlichen tznltsch«, Journalen «in« ganz ein,),, Stellung ein- ihr« Bich.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite