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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901120701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901120701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-07
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Sonnabend den 7. December 1901. Anzeige«-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reckamen unter dem Redaction-strich (-gespalten) 75 H, vor den Faimliennach richten (6 gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Zifferusatz entsprechend höher. — Gebühren jür Nachweisungen und Osfertenannahme 25 H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Borgen-Ausgabe, ohne Postbesörderun^ -/t 60.—, mit Postbesörderung X 70.—. Ännahmkschlllß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 llhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Art der Kriegführung unter dem Schuhe von Frauen und Kindern im Gefechte auf Seiten der stürmenden Boercn die zwei Brüder des Gerhardus Muller fielen, die den Engländern beim Uebcrfall des Wagenzuges hatten Führcrdienste leisten muffen. Eine neue rusfisch-afiatische Verbindungsbahn. V. 8. Bor einigen Wochen that der russische Kriegsiminster, General Kuropatkin, den ersten Spatenstich zu einer neuen Eisenbahn zwischen Europa und Asien, die von hervorragender Bedeutung in militärischer und wirthschaftlicher Beziehung für das Zarenreich sein wird. Orenburg und Taschkent sollen durch den Schienenstrang verbunden werden. Die Erwartungen, welche in Petersburg an die Linie geknüpft werden, traten schon äußer lich dadurch hervor, daß die Beamtenschaft Taschkents und das OfficiercorpS der in Turkestan garnisonirenden Truppen, sowie ein Abgesandter des Emirs von Buchara an der Feier des Be ginnes der Arbeiten theilnahmen. In der That genügt ein Blick auf di» Karte Europas und Asiens, um di« Vortheile alsbald erkennen zu lasten, welche Rußland aus diesem Eiscnbahnbau erwachsen wüsten. Die Linie stellt die kürzeste und eigentlich einzig directe Verbindung Mittelasiens mit dem europäischen Rußland dar. Ist sie vollendet, wird erst die mittelasiatische Bahn ihren vollen Ruhen schaffen und die Kräftigung Rußlands in Persien, Turkestan und den angrenzenden Gebieten in ausge dehntem Maße fördern können. Die militärische Bedeutung der neuen Linie liegt darin, daß in Zukunft die Truppen direct aus Moskau bis Taschkent be fördert werden und ohne umzusteigen bis an die Grenze Afghani stans gelangen können. Diese Reise wird, wenn der regelmäßige Betrieb eröffnet ist, wahrscheinlich in wenigen Tagen zurück gelegt werden. Finden kriegerische Operationen in Mittelasien statt, so wird dann die Oberleitung mit Sicherheit das Eintreffen neuer Truppen zu einem bestimmten Zeitpuncte erwarten und darnach ihre Maßnahmen treffen können. Der Werth dieser Sicherheit liegt auf der Hand, und er ist um so höher anzu schlagen, als sie bisher absolut nicht bestand. Alle Regimenter, die aus dem Zarenreiche für Mittelasien bestimmt waren, mußten den Weg über den Kaukasus nehmen. Am Kaspischen Meere stiegen sie aus, wurden zu Schiff hinüberbefördert und konnten erst in Krasnvwodsk den Zug besteigen, der sie weiter ins Innere Asiens brachte. ES braucht nicht weiter ausgeführt zu werden, wie kostspielig und zeitraubend eine derartige Truppenbeförde- rung ist und wie sie für den Kriegsfall gar nicht genügt. Man geht daher kaum fehl in der Annahme, daß die Friedenspolitik Rußlands in Asien nicht zum Geringsten durch die mangelnden Verkehrsmittel zwischen Europa uiÄ> Asien veranlaßt worden ist. Die russische Militärverwaltung hat augenblicklich in Mittelasien nicht mehr, wie etwa 63 000 Mann stehen: mit denen kann man keinen Krieg beginnen, der die Frage der Vorherrschaft über den Welttheil wahrscheinlich zur Entscheidung bringen würde; da aber der Nachschub ungeheure Hindernisse zu überwinden hat, so sucht man lieber den Frieden zu erhalten. Wenn der Bahn verkehr zwischen Orenburg und Taschkent begonnen hat, wird man in Petersburg voraussichtlich anders über Krieg und Frieden in Asien denken. Bis dahin aber wird noch eine lange Reih« von Jahren vergeben. Es ist selbstverständlich, daß di« neue Verbindungslinie zwischen den europäischen und asiatischen Theilen Rußlands sich nicht nur auf militärische Aufgaben beschränken, sondern auch die Erschließung verschiedener Gebiete mit sich bringen muß. So ist es mit der mittelasiatischen Bahn gewesen, so gestaltet es sich in Sibirien durch die dortige- Ueberlandbahn. und so 'wird es auch in dem von der Linie Orenburg-Taschkent durchzogenen Gebiete »verdien. Manchem mag das im ersten Augenblick befremdlich er scheinen, weil die Bahn zum großen Theile durch die Kirgisen steppe führen wird, die im Allgemeinen als öde und unfruchtbar gilt. Jndeß ist das doch nicht in dem Umfange der Fall, wie vielfach angenommen wird. Neben weiten Strecken, die Einerlei Erträge liefern, findet man in der Steppe grasreiche Wiesen, auf denen die Heerden der Kirgisen iveiden, in manchen Gegenden Kohlen und Silber, Kupfer und Erz, und selbst das Gold hat dort auch seine Stätte. Richtig ist allerdings, daß bisher von dem Allen so gut wie nichts auSgebeutet wurde, ja, man hat dazu kaum den Versuch gemacht; ober das erklärt sich meist aus dem Mangel an Verkehrsmitteln, der nicht nur den Betrieb erschwert, sondern auch dem Absätze schwer zu überwindende Hindernisse in den Weg legt. Mit der Vollendung der Linie Orenburg-Taschkent würden die Schwierigkeiten zum großen Theile beseitigt, und eine ordnungsmäßige Ausbeutung der Minerale in der Steppe wäre er möglicht worden. Das wäre namentlich dann der Fall, wenn die in Aussicht genommene Verbindung der mittelasiatischen und sibirischen Eisenbahn Thatsache geworden sein wird. Darüber liegen zwei Projekte vor, von denen das ein« das Akmolinsk- gebirt, das andere das Semipalatinsk-Gebiet betrifft. Die eine Richtung würde den Schienenweg von Taschkent nach Pctropaw- lowsk, die andere von Taschkent nach Semipalatinsk weiterführen, womit der Anschluß an die sibirische Bahn vollzogen wäre. Aber auch mit diesen beiden Strecken hat es zunächst noch gut« Weile. Wir haben bereits erwähnt, daß di« Kirgisensteppe gras reiche Wiesen für die Heerden der Urbewohner enthält. Die Vieh zucht bildet denn auch einen lebhaften ErwerbSz-wrig der 'Kirgisen. ES werden schon f«ht große Mengen Fleisch und Vieh ausgeführt, sowohl in den Ural, als ins europäische Rußland. Kasom. Nischnh-Nowgorod, Moskau und selbst Petersburg eichalten Fleisch vom Kirgisenviech. Im Jahre 1897 sind allein nach Petersburg 134185 Pub gegangen, nach Moskau 62 674 Pud: in der gleichen Zeit wurde Vieh im Betrage von 173 072 Stück, theilS nach Tobolsk, theils ins europäische Rußland getrieben Mit der Vollendung der verschiedenen Linien wird sich die Aus fuhr natürlich noch heben. Von besonderem Werth« wird die Eisenbahn Oren burg-Taschkent endlich für den Absatz russischer Fabrikate in Mittelasien und den Warenaustausch mit China und Af ghanistan, zum Theil wohl auch mit Indien, sein. Der Emir von Buchara hatte, wir wir Eingangs erwähnten, einen Ver treter zur Feier des Beginnes der Bahnaöbeiten nach Taschkent entsandt. Das erklärt sich daraus, daß Buchara, welches in ge wissem Sinne den Mittelpunkt des Karawanenhandels in Central- asien bildet und noch jetzt seine Karawanen regelmäßig nach Orenburg entsendet, ein großes Interesse an der Besserung des Verkehrs nach Europa besitzt. Sein Handes wird jedenfalls da durch auflcben und es wird al» Vermittler für die Verbreitung von Erzeugnissen au» dem Zarenreiche eine nicht unwichtige Rolle spielen. Rußland thut in jedem Fall mit der Eisenbahn Orenburg- Taschkent «inen wichtigen Schritt vorwärts, um <n Aßen di« führende Macht zu werden. In England sieht man mit scheelen Blicken auf das Vordringen des Nebenbuhlers uns sucht dessen Erfolge als übertrieben und gegenstandslos hinzustellen. Eine richtige Vogel-Straußpolitik! Nutzen bringt das freilich nicht, aber die Oeffentlichkeit wird doch vorübergehend getäuscht und die Aufmerksamkeit von der britischen Schwäche abgelenkt. Und das ist immerhin auch ein Erfolg. Der Krieg in Südafrika. Die englischen Verluste. * London, 6. December. (Telegramm.) Ter heute vom KriegSomte veröffentlichen Verlust liste zufolge sind im No vember in Südafrika 18 Oificiere und 143 Unterosficiere und Mannschaften getödtet, sowie 46 Officiere und 389 Untrrofsicier« und Mannschaften verwundet worden, obgejehen von den Gefangenen. Bon den Verwundeten starben 58, vermißt werden 77. Die Gesammtzahl der feit dem Beginn de» Kriege» Gefallene» beträgt 18348, darunter 893 Officiere. In der „Tägl. Rundsch." schreibt A. Schowalter über die tzlreuel drt GraSpan: Die gegen englische Truppen erhobene Beschuldigung, daß sie zu ihrem eigenen Schutze in Graspan bei Reitz Frauen zwischen sich und die feindlichen Linien postirt hätten, hat die Gemüther der ganzen civilisirten Welt erregt. Selbst in England wurde eine Reihe von Protestversammlungen gegen solche barbarische Kampfesweise abgehalten. Da kam das Telegramm Kitchener's, das die Thatsache leugnete. Und obwohl Kitchener selbst zu gab, daß zwei seiner wehrlosen „Schützlinge" die Opfer des Ge fechts wurden, und damit indirekt die Kampfesweise, bei der solche Opfer allein möglich wurden (denn die Boeren schießen nicht blind), bestätigte, hat z. B. eine Berliner Zeitung sich auf dieses Telegramm hin sofort zu der maßlosen Beleidigung ver stiegen, unter den „Lügengeschichten", die von der deutschen Presse aus der holländischen kritiklos übernommen würden, habe sich auch die Erzählung von der Verwendung von Frauen zum Schutze englischer „Krieger" befunden. Seitdem hat Sir Edward Grey, derselbe Mann, der Deutschland jedes Recht zur Entrüstung über die Aeußerungen Chamberlain's bestreitet, öffentlich erklärt, es sei ein Zeichen der Voreingenommenheit gegen England, daß solchen Gerüchten überhaupt Glauben ge schenkt werden konnte. Manche boerenfreundliche Zeitung ist dadurch in ihrer Zuversichtlichkeit erschüttert worden, und ein Gefühl des Unbehagens hat in den Reihen der Boerenfreunde Platz gegriffen. Darum sei im Folgenden der Sachverhalt authentisch klargestellt. 1) Die Greuelthat an und für sich ist einwandfrei bestätigt durch Präsident Steijn. Eine Schaar flüchtiger Frauen und Kinder, begleitet von felddienstuntaug lichen Männern, wurde gefangen genommen, gegenüber einem zur Befreiung anstürmendcn Boerencommando als Deckung benutzt und später, als das Commando mit den Befreiten abzog, von den unterdessen herbeigekommenen englischen Verstärkungen mit Geschützen beschossen. Ueber die Thatsächlichkeit des Ereignisses kann kein Zweifel sein. Nur hatte Kitchener auf Grund der ihm zugegangenen Berichte ursprünglich behauptet, cs habe sich hier- bei um die Eroberung, Vertheidigung und Beschießung eines Convois, eines von Truppen begleiteten Proviantzuges, ge handelt. Ich habe früher schon an anderem Orte nachgewiesen, daß es sich bei den Berichten über die Erbeutung von Wagen, wobei ein oder zwei Boeren als todt oder gefangen gemeldet wurden, nie um Convois handeln konnte, denn die sich beständig auf dem Marsche befindenden BoereNtrupps führen seit vielen Monaten keine Wagen mehr mit sich. Hatten sie aber doch aus nahmsweise einmal einen Proviantzug zu geleiten, so boten sie zu dessen Deckung ihre besten Kräfte auf. Und diese hätten auf keinen Fall den Zug mit einem Verlust von 2 bis 3 Mann im Stiche gelassen; am wenigsten in einer Zeit, da bei jeder Begegnung mit dem Feinde mit größter Erbitterung gekämpft wurde. Bei all' den Berichten über solch' leichte Erbeutungen handelt es sich um Festnahme flüchtiger Boerenfamilien, die mit dem Rest ihrer beweglichen Habe auf ihren Wagen im Lande umher ritten, um sich vor dem Einschließen in die Conccntrationslager zu retten. Unter diese Fälle, deren „Hunderte" zu nennen sich Präsident Steijn anheischig macht, ist auch die „Convoi"-Er- beutung bei Graspan zu rechnen, bei der in besonders krasser Weise die häufig vorgekommene Verwendung von Frauen zum Schuhe kämpfender Truppen in die Erscheinung trat. Wie Aehnliches in anderer Form und ohne die furchtbaren Folgen geschah, hat Frau Moerdijk, die ebenfalls gefangen ge- wesene Frau eines der 6 Schulinspectoren von Transvaal, öffent lich dargelegt. Sie wurde mit anderen „Schützlingen" auf großen, großen Umwegen dem Concentrationslager zugeführt, um so tagelang die Expedition des Trupps zu decken, der sie auS ihrem Hause gerissen hatte. 2) Von der Thatsächlichkeit des schändlichen Ereignisses bei Graspan ist die Form der Berichterstattung zu unterscheiden. Daß sich im Einzelnen Ungenauigkeiten nachweisen lassen, daran ist kein Zweifel; sie kommen auf Kosten der journalistischen Ver arbeitung. Die Frau Cremer, aus deren Munde der in die Presse Lbergegangene Bericht stammt, ist nicht eine Schwägerin des früheren holländischen Ministers Cremer, sondern eine Cousine, mit der er aber nicht in persönlich-! Bezi Huna stand, ui d die ihm deshalb auch keine Briefe übersandte. Die Zahl der in der Presse angegebenen Opfer des Gefecht« ist nicht authentisch, sicherlich aber richtiger, als die von Kitchener angegebene. 3) Der Boer, der den mündlichen Bericht der Frau Cremer mündlich überlieferte, weilt zur Zeit in Holland. Seine be schworenen Aussagen stehen zur Verfügung. Der Name dieser Mannes, der mir bekannt ist, darf nicht genannt werden, da er für seine in der Gewalt der Engländer befindliche Familie sonst das Schlimmste befürchten muß. Für ihn mit seiner Ehre ein- zutreten, ist der praktische Arzt Vr. E. S. A. ten Siethoff zu Scheveningen bereit. 4) Alle» Wesentliche der Zeitungsberichte über Graspan wird dadurch bestätigt, selbst da» Hindurchschießen der englischen Soldaten unter den Armen der Frauen. Dicht an den Wagen der Frauen nnd Kinder, und selbst über den Deichseln der Wagen, lagen tobte oder verwundeie englische Soldaten. Besonders furchtbar ist es, daß durch diese Die FrtedenSgerüchte. (6. >'.) Brüssel, 5». December. Gegenüber den allerorts schwirrenden FriekenSzerüchten sind wir von zuständiger Stelle zu folgender ofsiciellen Erklärung ermächtigt: Bis zu diesem Augenblick sind weder von boerischer noch von englischer Seite Friedensvorschläge gemacht worden. Ebensowenig sind FriedenSverhandlungen in Europa im Gange, weder mit dem Präsidenten Krüger noch mit dem Gesandten der südafrikanischen Republik noch mit der Sonder- gesandtichaft der beiden Boerenrepubliken. Ebensowenig sind, über die Repiäseinanten der Boerenrepubliken in Europa hinweg, Friedensverhandlungen zwischen England und den führenden Persönlichkeiten in Südafrika im Gange. Die ofsiciellen Repräsentanten der beiden Boerenrepubliken in Europa sind jedoch stets bereit, FriebenSvorscbläge auf ihren Werth bin zu prüfen und in Erwägung zu ziehen. Auf keinen Fall aber werden sie in irgendwelche Verband- lungen darüber eintreten, ohne mit den leitenden Boeren- Persönlichleiten in Südafrika Verbindung gesucht und Raths gepflogen zu haben; wie umgekehrt diese keine Berhandlungen in Gang oder zum Abschluß bringen werden, ohne mit ihren Repräsentanten in Europa Rücksprache genommen und sich deralben zu haben. Wohl sind an die Repräsentanten der Boerenrepubliken in Europa schon unverantwortliche Personen von sich aus und mit Berufung auf gewichtige englische Prcßslimmen mit Meinungsäußerungen und Vorschlägen herangetreten, die jedoch Friedensvorschläge schon nm deswillen nicht genannt werden können, weil sie die Einverleibung der Boeren- republiken in da» britische Reich zur Grundlage hatten. Die Doerenrepräsentanten in Europa sind noch immer tbätig gewesen, einen ebrenvollen Frieden zu Stande zu bringen, und werden jeden ernsthaften Vorschlag, der dazu führen könnte, stet» in Erwägung ziehen. Krüger » angebliche» BermittelunzSersuchen an Präsident Roosevelt. (0. 15.) Haag, 5. Deccmber. Auf verschiedentliche an unS gestellte A"fragen, welche Bewandtniß e» mit der telegraphisch auS Brüssel gemeldeten Sendung eines Herrn Pearson habe, der dem Präsidenten Roosevelt ein Vermittlungsgesuch Krüger's überbringen sollte, haben wir unseren Brüsseler Eorre- spondenten beauftragt, an zuständiger Stelle Eikundigungen cinzuzieben und erhalten nun folgende Aufschlüsse: Die Mit- theiiung, Präsident Krüger ließe durch einen Herrn Pearson ein Vcrmittlunzsersucken an Präsident Roosevelt richten oder habe dies bereits gethan, ist von Grund aus un wahr. Samuel Pearson nimmt weder die Stellung ein, nock besitzt er die Autorität, noch bat er je irgend welchen Auftrag erkalten, im Namen Krüger's oder im Interesse der Boerenrepubliken irgend etwas zu unternehmen. Daß ein einseitiger Schritt Krüger's in der angedeuteten Richtung nicht erfolgt ist und nie erfolgen wird, dafür bürgt auch die gegenseitige herzliche Uebereinstimmung, mit der Präsident Krüger und die Sondergesanktschast der Boerenrepubliken derartige Fragen zu behandel» pflegen. Deutsches Reich. --- Berlin, 6. Deccmber. (Chamberlain und vr. Pientak.) Die „Nat.-Ztg." nimmt an, daß der deutsche Botschafter in Wien in seiner Besprechung mit dem österreichisch-ungarischen Mini st er des Auswärtigen die „auffallende Thatsache" erwähnt habe, daß der österreichische Minister vr. Pientak an einer der pol nischen Demonstrationen gegen Deutschland theilnahm. „Für einen Minister", schreibt die „Nat.-Zta.", „schickt sich das doch eigentlich nicht, selbst wenn er polnischer Landsmann-Minister ist." — Es freut uns ungemein, die sehr richtige Ansicht auch von der „Nat.-Ztg." vertreten zu sehen. Denn die „Nat.-Ztg." gehörte zu jenen Blättern, die sich sehr geneigt zeigten, im Falle Chamberlain eine Scheidung zwischen Chamberlain dem Minister und Chamberlain dem Privatmann« vor- und anzu nehmen. Wenn jetzt Herr vr. Pientak erklären sollte, daß er an jener Demonstration nur als Privatmann theilgenommen hätte, so hätten ihm jene deutschen Blätter diese Ausrede ge liefert. /?. Berlin, 6. December. (Der Bund der Land wirt he und die Wiesbadener Wahl.) Wir haben dieser Tage den Nachweis geführt, daß der Bund der Land- wirthe durch di« Aufstellung einer eigenen C'andidatur in Wies baden nichts weiter erreicht hat, als daß er den national liberalen Bewerber gehindert, in di« Stichwahl zu gelangen, so daß jetzt die Entscheidung zwischen den dem Bunde feind lichsten Parteien liegt, und daß er ferner seine ganze Schwäche in diesem Wahlkreise documentirt hat. Diese Ausführungen sind dem Hauptorgane des Bundes so ungelegen, daß es in einem langen Artikel ebenso eifrig wie unglücklich dagegen po- lemisirt. Zunächst behauptet die „Deutsche Tagesztg.", unsere Ansicht sei darum falsch, weil Mangels der AufsteÜung eines eigenen bündlerischen Candidaten ein Theil der jetzt auf diesem gefallenen Stimmen dem Centrum zugefallen wäre, so daß dieses mit den Socialdemokraten in die Stichwahl gelangt sein würde, nicht aber der nationallibeval« Candidat. Wollte man selbst die Richtigkeit dieser Behauptung zugrben — was wir aber nicht thun. denn es ist ja nur zu bekannt, daß der Bund bei den Anhängern dei Centrums wenig Glück hat —, so wäre dies ja vom bünd- lerischen Standpunkte auS egal, denn einerlei, ob Nationalliberaler oder Centrumsmann, in jedem Falle wäre doch alsdann rin Be werber in die Stickpvahl gelangt, der einer Erhöhens der E«. treide-öll« nicht abgeneigt ist. Damit giebt also die „Deutsche Tageizeitung" selbst zu, daß ihre Freunde es fertig gebracht haben, zwei entschiedene Gegner der Zollerhöhung in die Stich wahl zu bringen. Wenn die „Deutsche Tagesztg." auf unsere Behauptung, das Ergebnis; sei ein für den Bund der Land wirthe klägliches, erwidert, der Bund habe einen „respek tablen Achtungserfolg" erzielt, so beneiden wir sie um diese Bescheidenheit, in der Erlangung von wenig über 3 Procent der abgegebenen Stimmen einen Achtungserfolg zu sehen. Mit dieser Motivirung könnt« er ruhig bei den nächsten allgemeinen Wahlen in sämmtlichen Wahlkreisen des Reiches Kandidaturen nominiren »nd er würde wahrschein lich dabei öfter für ihn selbst so unbequeme Resultate herber- führen helfen, wie in Wiesbaden. Wenn schließlich die „Deutsche Tagesztg." in fetten Lettern proclamirt, aus dem Wiesbadener Resultate müßten die gemäßigten Parteien die Lehre ziehen, daß mit dem Bunde gerechnet werden müßte, wenn man sich nicht verrechnen wollte, so ver wandelt sich die oben gerühmte Bescheidenheit in ihr Gegentheil. Wir meinen doch wohl, daß auf diese 3 Proc. der Wählerschosr genug Rücksicht genommen war, wenn zwei Candidaten einer Erhöhung der Getreidezöllc freundlich gegenüber standen; wenn diese 3 Proc. etwa verlangen, daß die je 25 Proc., die den Na tionalliberalen bezw. dem Centrum zufielen, sich dem Bunde hätten unterwerfen sollen, so ist dies eine Unverfrorenheit, die freilich bei dem Biindlerblatte nicht überraschen kann. * Berlin, 6. December. Ueber eine „geschäftliche" Seite der Altersrente schreibt ein hiesiger Arzt den „B. N. N.": „Nach Zeitungsnachrichten hat die Postverwaltung betreffs der Auszahlung der Unfall und sonstigen laufenden Renten an die im Landbestellgebiete wohnenden Rentenempfänger durch die Landbriefträger bestimmt, daß sie nur in den Fällen ausgezahlt werden, wo die Empfänger Nachweisen können, daß sic verhindert sind, die Renten sich von der Post abzuholen. Dies ist unzweifelhaft eine bedeutende Erleichterung für die Betroffenen. Ich würde aus langjähriger Erfahrung mir den Rath erlauben, diese Bestimmung zu erweitern. Ich komme zu dem Rathe aus der Erinnerung an ein Gespräch, welches ich ge lcgentlich einer Revisionsreise als Arzt mit dem Gastwirthe einer kleinen Landstadt hatte. Als ich im Gasthause am Abend vor dem Untersuchungstage ankam, sagte mir der Wirth beim Abend essen: „Lieber Herr Doctor, thun Sie mir den einen Gefallen und setzen Sie die kleinen Renten für die Leute nicht ab. Die größeren können Sie ja kürzen. Die meisten Rentenempfänger bekommen ja viel zu viel. Sie können fast Alle recht gut ar beiten, wie ich dieselben kenne." (?) Als ich ihn nach dem Grunde seiner Bitte fragte, erwiderte er: „Ja, sehen Sie, Herr Doctor, wenn die Leute am Anfänge des Monats in die Stadt kommen und holen sich die Renten ab, dann kehren Sie alle bei mir ein und verbrauchen die Rente bei mir, und noch mehr dazu. Ich möchte doch diese Einnahme nicht missen, ich bin daraus angewiesen." (!) Sollte es nicht im Interesse der Renten empfänger liegen, alle die Renten durch die Landbriefträger aus- zahlen zu lassen? Sie würden dann wenigstens einen Vorthei! durch die Renten haben und nicht verführt werden, nach der Stadt zu gehen und sich für die Rente, welche sie angeblich sehr nothwendig brauchen, einen vergnügten Tag zu machen. Zu dem werden die Leute, namentlich nach weiten Wegen, gezwungen sein, Speise und Trank zu sich zu nehmen und die ihnen wegen Erwerbsbeschränkung zugewiesenen Renten sofort ver zehren." (-) Berlin. 6. December. (Telegramm.) Wie der „ReickS- anzeiger" meldet, ist dem Dircctor der ObcrrechnungSkammer Hrnning der Ebarakler als Wirklicher Gebeimer Ober- reqierungSratb mit dem Range der Rätbe erster Elasse ver lieben worden. Weiter veröffentlicht der „Reicbs- anzeiger" eine kaiserliche Verordnung, durch die der Zeitpnnct, von dem an die Nnfaltvcrsichcrung für iolcke BetriebSzweckl! in Kraft tritt, welche durch die Paragraphen 1 und 2 deS Gewerbe - Unfall - Versicherungs gesetzes und durch Paragraph 152 und folgende des Sec- Uusall-VersicherungsgeselzcS der Unfallversicherung neu unter stellt sind, auf den j. Januar 1902 festgesetzt wird. Endlich veröffentlicht der „NeichSanzeiger" eine Verordnung deS Reichskanzlers über die Haussklaverei in Tcutsch - Ostafrika, durch die dort die Abschaffung der HauSsklaverei vorbereitet werden soll. (-) Berlin, 6. December. (Telegramm.) Ein Parla- menlöberichterstatter berichtet: Laut Beschluß des Senioreu- conventS des Reichstags soll die Beratbung des Zoll tarifs am Montag und Dienstag durch die Beratbung von Interpellationen unterbrochen werden. Für Montag stebt die Interpellation Arendt wegen der Inva lid enp en sion en und am Dienötag die Poleninterpellatiou wegen der Wresckencr Vorgänge auf der Tagesordnung. Der Rest der nächsten Woche soll auf den Abschluß der Debatte über den Zolltarif verwendet und der beute dem Reichs tag zugegangene Etat erst nach den Weihnachteferieu bc- ratben werben. (-) Berlin, 6. December. (Telegramm.) Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" mittbeilt, schließt der Etatsentwurf der ReichSschull» für 1902 mit einer Summe der fortdauernden Ausgaben von 93 908 058 .L gegen 88 542 500 .L im vorigen EtatSjabre. Die Zunahme fft iu der Hauptsache auf die Verzinsung der dreiprocentigen Reichsschuld zurückzufübrcn. Einmalige Ausgaben sind nicht angesetzt, da der Ansatz des vorigen EiatSjahrcs für die Her stellung neuer ReickScassenscheine auSfällt. (-) Berlin, 6. December. (Telegramm.) Nack einer telegraphischen Meldung auS Köln schreibt die „Köln. Ztg." zu den Bsrgiingen in Lemberg und Warschau: Diese Vor fälle zeigen von Neuem, iu welcher Entwickelung sich die aroßpolnischeBewegung befindet, nicht bloS in Preußen, sondern ebenso in Galizien und Rußland. Da» wird gerade in Preußen beachtet werden müssen. ES ist in der Tbat dringend nolbwendig, daß der mehr denn je in Preußen fortschreitenden Vergebung einzelner LanveStheile mit alle» Mitteln der Verwaltung und Gesetzgebung ein unüberwind bares Halt geboten wird. Insoweit boffcn wir, daß die Lemberger und die Warschauer Vorgänge nicht ohne Nutzen für eine stärkere Abwehr des PolentbumS in Preußen sein werden. D Berlin, o. December. (Telegramm.) Die »Nordd. Allgemeine Zeitung^ meldet: Marqu » Lt», der gestern hier in Begleitung des früheren japanischen Viceprasiventen de» Ministeriums deS Auswärtigen Tauvznki angekommen ist, bat beute Vormittag mit dem japanischen Gesandten und Taudzuki dem Staatssekretär Frb. von Richtbofen einen Besuch abgrstattct.
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