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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011228013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901122801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901122801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-28
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Morgen-Ausgabe Nr. «58. Sonnabend den 28. December 1901. WigerIagMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes nnd Polizei-Amtes der Stadt Leipzig. VezugS «Preis K d« Hauptexpedttio» oder de» tm Stadt- beztrl mch de» Vororte» errichtete» A»S- aadestell« abgeholtr vierteljährlich ^l L.50, -et zweimaliger täglicher Zustell»»- i»S LauS ^l 5.50. Durch die Post bezöge» für Deutschland ». Oesterreich: vierteljährl. ^l 6. Ma« abonuirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei de» Postanstalten in der Schwei». Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, dea Donaustaaten, der Europäischen Türket, Egypten. Für alle übrige» Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Di» Moraeu-LuSaabe erscheint um Vz? UL^ di» Lbenb-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. Nedaclion un- LrpeLUio«: JvhanutSgaffe 8. Filialen: Alfred Lahn vorm. O. Klemm's Sortim. UuwerfitLtSstraße S (Pauliuum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und KänigSplad 7. A«zerg»«-Prer- dle «gespaltene Petitzelle LS Reklame» uuter dem RedoetimrSstrich <4 gespulte») 75 vor de» FauNlinmach« richten (6 gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), »ur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesürderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Sbeud-AuSgab«: vormittag« 10 Uhr. Margeu-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bet deu FUialeu und Annahmestelle» je eine halbe Stunde fnther. Anzeigen find stets au di» Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. 95. Jahrgang. Die deutsche Marine im Jahre 1901. r. Im ablaufenden Jahre ist die deutsche Kriegsmarine um ein bedeutendes Stück in ihrer Entwickelung vorwärts gebracht worden. An Schiffsmaterial wie an Personal ist eine nicht un erhebliche Vermehrung eingetreten. Die Zahl der Kriegsschiffe ist von 108 auf 115, die der Torpedoboote von 101 auf 107 gestiegen. Von den sieben hinzugelommencn Schiffen waren nicht weniger als vier, nämlich „Wettin" „Zähringen", „Schwaben" und „Mecklen burg" Linienschiffe erster Ordnung. Von den drei übrigen waren zwei („Panther" und „Vorwärts") Kanonenboote, das letzte endlich ein mit Panzerschutz versehener großer Kreuzer („Prinz Adalbert"). Die Kopfstär le der Marine betrug in dem zu Ende gehenden Jahre 1447 Officiere und 29 591 Mannschaften, d. h. gegen das Vorjahr mehr 102 Officiere und 2735 Mannschaften. Die kriegsmäßige Ausbildung erfolgte vorwiegend an Bord der in Dienst gestellten Schiffe in der Heimath wie im Auslande. Am Jahresschluß befanden sich 54 Schiffe unter Flagge, davpn 23 im Auslande. Den Kern der heimischen Schlachtflotte bildete das erste Geschwader, das sich unter dem Befehl des Prinzen Heinrich aus 13 Schiffen zusammensetzte, und zwar aus vier Linienschiffen der „Kaiser"-Classe, vier Linienschiffen der „Brandenburg"-Classe („Wörth" ist durch „Sachsen" ersetzt) und fünf Kreuzern. Zum ersten Male waren in diesem Geschwader vier Linienschiffe der neuen „Kaiser"- Classe zu einer Gefechtsdivision vereinigt. Das Geschwader er weiterte sich behufs Abhaltung der großen Flottenmanöver zur Herbstübungsflotte, die dem Befehl des Admirals v. Köster unterstand und am 11. August in Wilhelmshaven zusammen trat. Die Haupt- und Schlnßmanöver fanden bei Danzig im Beisein des Kaisers und des Zaren statt. Der Kaiser war außerordentlich mit den Leistungen der Flotte zufrieden, ver lieh zahlreiche Orden und ernannte den Prinzen Heinrich außer der Reihe zum Admiral. Auch der Zar ließ es nicht an Aus zeichnungen fehlen. Die vorbereitende Ausbildung der zukünftigen Officiere und Unterofficiere erfolgte auf den Schulschiffen. Sieben von den elf Schulschiffen blieben in heimischen Gewässern, vier kreuzten im Frühjahre in der Heimath, um im Herbst eine größere Seereise nach dem Süden anzutreten. Auf einem dieser Schulschiffe, auf der von Capitän zur See Büllers befehligten ehemaligen Fregatte „Charlotte", ist Prinz Adalbert zwecks seiner ersten see männischen Ausbildung «ingeschifft. Der Prinz hat zwar Officiersrang, theilt aber den Dienst der Cadetten und Fähnriche zur Sce. Die Fregatte „Charlotte" verließ Kiel am 21. Mai, ging dann nach Glücksburg, nach dem Adlergrund, nach Swinemünde und nach Schweden. Nachdem der Prinz in Stockholm vom 12. bis 16. Juli und in Petersburg vom 19. bis 28. Juli Besuche abgestattet hatte, trat er die Weiterreise über Wisby nach Christiansand an. Hier mußte sie äm 6. August wegen Ablebens der Kaiserin Friedrich, für welche die Marine alsbald Trauer anlegte, unterbrochen werden. „Charlotte" dampfte sofort nach Bremerhaven, von wo aus Prinz Adalbert sich zu den Beisctzungsfeierlichkeiten begab. Am 14. August schiffte er sich wieder in Bremerhaven ein und setzte dann die Reise fort, die ihn zunächst nach England, dann nach Gibraltar (in Gibraltar hielt er sich vom 17. bis 21. September auf), Italien, nach Griechenland und der Türkei brachte. Im Piräus und in Pera wurde je eine Woche Aufenthalt genommen. Dann ging die Reise zurück Uber Jaffa nach Syrakus und Tarent. Von hier aus hat er sich nach Corfu begeben, wo das Weih nachtsfest nach echt deutscher Sitte gefeiert wurde. Im Früh jahre wird der Prinz von dieser ersten größeren Seereise in die Heimath zuriicktehren. Die Ausbildung der Cadetten und Schiffsjungen auf den Schulfregatten nahm ihren normalen Verlauf; besondere Be deutung haben die auf einem Artillerieschulschiff angestellten Versuche mit der Funkcntclegraphie (System Braun) ge wonnen. Die Versuche sind sehr befriedigend ausgefallen und haben zur Einrichtung besonderer Officiercurse in dieser Tele graphie geführt. Von den auswärtigen Stationen hat auch im vorigen Jahre die asiatische erhöhte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Mit Rücksicht auf die Unruhen in China war diese Station noch bis zum Frühjahr hinein mit dem verstärkten Kreuzergeschwader besetzt, zu dem gehörten: die erste Division dieses Geschwaders, d. h. die Kreuzer „Fürst Bismarck", „Kaiserin Augusta", „Hertha", „Hansa", „Gefion" und „Irene", ferner die zweite Division, d. h. die vier Linienschiffe der „Brandenburg"-Division nebst Kreuzer „Hela", vier kleinere Kreuzer der „Bussard" Classe, vier Kanonenboote, vier Torpedo boote und ein Fahrzeug. Sobald die Unruhen in der Hauptsache beigelegk waren, traten die „Brandenburg"-Division von Shanghai aus am 1. Juni, die Kreuzer „Gefion" und „Irene" drei Wochen später von Tsingtau aus die Heimreise an. Die vom damaligen Contreadmiral Geißler geführte „Brandenburg"- Division, vielfach auch Chinadivision genannt, wurde auf der Heimreise in Cadix, das sie am 1. August erreichte, im Auftrage des Kaisers vom Prinzen Heinrich, der mit dem ersten Ge schwader dorthin geeilt war, empfangen und begrüßt. Am 11. August traf die Division wieder in Wilhelmshaven rin. Dir geplanten Begrllßungsfestlichkeitcn anläßlich des Wieder eintreffens in der deutschen Heimath mußten mit Rücksicht auf die Trauer (wegen Ablebens der Kaiserin Friedrich) unter bleiben. Der Umstand, daß die Division bald nach erfolgtrr Heimkehr in die Herbstflottr eintreten und an ihren schwierigen Uebungen theilnehmen konnte, bewies die große Leistungsfähig keit und Brauchbarkeit dieser für den Tropendienst nicht zu geschnittenen Schiffe. Gleichwohl sind sic bereits durch die Fortschritte der Neuzeit überholt und sollen deshalb umgebaut werden. Der Anfang wird bereits mit S. M. S. „Wörth" in Wilhelmshaven gemacht. „Irene" und „Gefion" erreichten heim kehrend Wilhelmshaven am 22. September. Als Ersatz für diese beiden Kreuzer ist am 3. December von Wilhelmshaven aus der kleine Kreuzer „Thetis" nach Ostasien abgegangen, der seine erste überseeische Reise unternimmt. Einen sehr schweren Stand hatte zeitweise der di« a m e r k k a- nisch« Station besetzt haltende große Kreuzer „vineta". Er lag Anfang October in Puerto Cabello, als^s eines Sonn tags zwischen einigen an Land beurlaubten Unterofficieren und den Eingeborenen zu einer großen Schlägerei kam. Die An gelegenheit, in der die Deutschen zu Unrecht angegriffen waren, ist inzwischen in befriedigender Weise erledigt worden. In ¬ dessen ist zur Verstärkung der amerikanischen Station der kleine Kreuzer „Falke" am 17. October von Kiel aus in See ge gangen und bereits am 17. November in La Guayra an gekommen. Auch die Schulschiffe „Stein" und „Moltke" haben in den letzten Wochen dort die deutsche Flagge gezeigt. „Vineta" selbst hielt sich in letzter Zeit in Newport News auf. Von der o sta fr i ka n i sch e n Station ist der kleine Kreuzer „Condor" in die Heimath zuriickgekehrt. Er verließ Zanzibar am 3. Januar und traf am 8. März in der Heimath wieder ein. Auf den deutschen, mit dem Bau von Kriegsschiffen be lästigten Werften herrschte im letzten Jahre eine angestrengte Thätigkeit. Jede der beiden großen kaiserlichen Werften in Kiel und Wilhelmshaven beschäftigte über 8000 Arbeiter. Auf kaiser lichen Werften wurden 1901 in Dienst gestellt: die Linienschiffe „Kaiser Wilhelm der Große" am 6. Mai, „Kaiser Barbarossa" am 18. Juni — diese beiden zum ersten Male —, „Kaiser Friedrich HI." nach beendeter Ausbesserung am 1. November, „Sachsen" cnzr 24. November, die Küstenpanzer „Siegfried" und „Aegir", die Kreuzer „Amazone", „Ariadne", „Falke", „Gazelle", „Jagd", „Medusa", „Niobe", „Thetis" und „Wacht"; erner die Schulschiffe „Stein" (im Januar an Stelle des bei Malaga gestrandeten Schulschiffes „Gneisenau"), „Olga", „Blücher", „Grille" und eine ganze Reihe älterer und neuerer Torpedoboote. Von letzteren traten unter die Flagge „Sleipner" („8 97"), „8 96", „8 101", „8 102", „8 106". Die Boote von „8 90" aufwärts sind Torpedojäger in Form der ehemaligen Divisionsboote. Die neueren Boote wurden im Spätherbst zu einer Division vereinigt, welche bei sehr stürmischem Wetter bis kurz vor Weihnachten operirte und tue hohe See vortrefflich zu halten vermochte. Die Division wurde in den letzten Tagen wieder aufgelöst. Außer ihr traten aus dem activen Dienst- verhältniß zurück die nur für die Dauer der Herbstmanöver in Dienst gestellten Torpedoboote und Schiffe, ferner das Linien- chiff „Wörth" am 14. November wegen eines Umbaues, das Linienschiff „Kaiser Friedrich III.", die Kreuzer ,Areyä", „Jagd", „Ariadne", „Medusa", „Gefion", „Iren-", „Condor" (letztere drei im Anschluß an ihre Rückkehr in die Heimath), das Kanonenboot (Vermessungsschiff) „Hyäne" und das Schulschiff „Rhein". Vom Stapel gelaufen sind die einem verbesserten Typ der „Kaiser"-Classe angehörigen Linienschiffe „WAtin" auf der Schichauwerft in Danzig, „Zahringen" auf der Germania werft in Kiel, „Schwaben" auf der kaiserlichen Werft in Wil helmshaven, „Mecklenburg" auf der Vulkanwerft zu Bredow bei Stettin, ferner der große Kreuzer „Prinz Adalbert" auf der kaiserlichen Werft in Kiel, Kanonenboot „Panther" in Danzig. Gestrichen wurden aus der Zahl der Kriegsfahrzeuge die Hafenschiffe „Arminius" und „Kronprinz" — zwei aus gediente Veteranen, die 1870 treulich die Wacht an der Jade hielten. „Kronprinz" wird zu einem Maschinenhulk umgebaut werden. Endlich ist noch aus der Liste der activen Kriegsschiffe verschwunden der kleine Kreuzer (Aviso) „Wacht", der am Morgen des 4. September während eines Durchbruchmanövers der Herbstflotte unweit der Insel Rügen vom Linienschiff „Sachsen" gerannt wurde und nach einer Viertelstunde versank. Menschen sind zum Glück nicht zu Grunde gegangen. Außer diesem Unfall sind noch einige andere zu beklagen. Am 2. April lief das Linienschiff „Kaiser Friedrich III.", da mals Flaggschiff des Prinzen Heinrich, unweit des Feuerschiffes „Adlergrund" auf eine Untiefe und erhielt dabei ein so schweres Leck, daß das Schiff aufs Aeußerste gefährdet wurde. Die Ge fahr erreichte ihren Höhepunkt, als Feuer im Schiff ausbrach. Prinz Heinrich griff persönlich ein. Nur durch die beispiellose Kaltblütigkeit und ganz außergewöhnliche stundenlage An strengungen der gesammten Besatzung blieb das Schiff vor dem Schlimmsten bewahrt. — Ein beklagenswerther Unfall er eignete sich ferner unweit Borkum Anfang Juli bei der letzten Probefahrt des Kreuzers „Ariadne" dadurch, daß einige Wasser rohre platzten. In Folge dessen wurden die Zunächststehenden schwer verbrüht. Leider waren auch einige Tobte zu beklagen. Das Schiff mußte man außer Dienst stellen. — Eine grobe Verletzung der Disoiplin, wie sie zum Glück auf unseren Kriegs schiffen nur sehr selten vorkommt, hat sich im Sommer an Bord des zu Probefahrten in Dienst gestellten kleinen Kreuzers „Gazelle", der dem Commando des Corvettencapitäns Neitzke unterstellt war, zugetragen. Die Schuldigen haben ihre Strafe erhalten. Die Hafen bauten haben im letzten Jahre bedeutend an Ausdehnung zugenommen. In Kiel wurden die neuen Docks weiter gebäht, in Wilhelmshaven wurden zwei große Docks für moderne Linienschiffe, sowie eine dritte Hafeneinfahrt be gonnen. Für diese Bauten in Wilhelmshaven wird eine Summe von annähernd 50 Millionen Mark aufgcwendet. Sie waren nothwendig, um den durch das Flottengesetz bewilligten Schiffs neubauten genügende Unterkunft und Gelegenheit zur Ausbesse rung zu geben. So hat denn das zuEnde gehende Jahr das Seinige dazu bei getragen, den Ausbau der Flotte, wie ihn das Flottcngesctz be absichtigt, beträchtlich zu fördern. Der Krieg in Züdaftika. Kitchener's Hiobspost, der zufolge bekanntlich de Wet das britische Lager bei rweefontein überrumpelt, vier Compagnien Deomanry, etwa 400 Mann, mit 2 Kanonen bewältigt und entweder aufgerieben oder ge fangen genommen hat, wirkt in London niederschmetternd. Die Zeitung „Daily News" sagt, die Meldung könne nur eine be ruhigende Wirkung auf Alle auSüben, die den Verlauf des Krieges überwachen. Das Blatt dringt darauf, daß Kitchener's Armee durch mehr berittene Truppen schleunigst verstärkt werde. Angebltche Arik5»»su«tert«»»>u»-ttt. Man schreibt uns aus dem Haag, 25. December: Gegenüber den mannigfachen Gerüchten über Friedensge- neigtheit, Fri«den»bestr«bungen und FriedenSunterhanolungen sind wir von zuständiger Stell« zu folgender authentischer Er klärung ermächtigt: Die Mittheimngen der Presse und Aeußerungen von poli tischen und privaten Persönlichkeiten, wie: daß die Boeren gegenwärtig annehmbaren Friedensvor- schlügen zugänglich wären (Aentzernng des früheren Boer«n- commandanten, jetzigen Mitglieds des britischen Parlaments Arthur Lynch, in Paris); ' daß mehrere Großmächte ihre Vermittelung zur Herstel lung des Friedens antragen wollten, wenn sich die Boeren mit der Autonomie begnügen würden; daß mehrere Boerenführer bei Krüger die Autonomie be fürwortet hätten, dieser aber bisher unbeugsam geblieben sei- daß Krüger die Autonomie annehmen würde, falls die Boerenführer in Südafrika damit einverstanden wären- daß von Boerenseite von der „Wiederherstellung der Rc- publiken' Abstand genommen, v. h. die Fruchtlosigkeit weiteren Widerstandes eingesehen worden sei; daß Dclarey's Commanoanten nnd ein- Anzahl Burghers erklärt hätten, die Capitulation wäre geboten, wenn die bri tische Regierung die zerstörten Farmen wieder aufbauen wollte; daß Schalt Burger und Botha zur Uebcrgabc bereit seien, während Steijn und De Wet ihr widerstrebten; baß zwischen dem Präsidenten Krüger, dem Gesandten vr. Leyds oder der Sondergesandtschaft einerseits und dem Präsidenten-Stellvertreter in Transvaal, Schalk Burger Botha oder anderen führenden Persönlichkeiten andererseits' «in Briefwechsel im Gange sei, Vie Frage betreffend, ob die Boeren unter der Bedingung, daß ihnen Autonomie gewährt werde, ihre Unterwerfung anbieten sollten; daß Krüger's Enkel Eloff nach Südafrika gereist sei um die militärischen Aussichten der Boeren kennen zu lernen, und daß, falls diese trübe seien, Amnestie der Rebellen, Entwaff nung, Entschädigung u. s. w. unter ähnlicher Verfassung, wi der Canadas, als das Unvermeidliche angenommen werden soll«; daß Schritte zu einer „zufälligen Begegnung" zwischen Vertretern der Transvaal-Regierung und einem „englischen Vertreter" auf neutralem Boden zur Vereinbarung des Friedens oder zur Verständigung über die Hauptbedingungen desselben unternommen worden seien; daß der Boerendelegirte Fischer Vollmacht zu Friedens verhandlungen acl Uoo besitze; alle diese oder ähnliche Auslassungen sind, soweit die Boerenseite dabei activ oder passiv in Betracht kommt, ihrem ganzen Lhat bestand nach vollständig aus der Luft gegriffen. Was ihre Tendenz anlangt, so entstammen sie einer geschickt angelegten uno mit zäher Ausdauer geführten Campagne, die Lage der Dinge in Südafrika für EnMnd Mlkkvglichst rosigem Lichte, für die Boeren grau in grau erscheinen zu lassen. All' den leeren Behauptungen und gewissenlosen Unter stellungen gegenüber aber ist ein für alle Mal zu erklären: Die Boeren wollen, wie vor dem Ausbruch des Krieges, so auch heute noch den Frieden. Sie sind ihm heute geneigter als vordem. Sie stehen dabei aber heute noch, wie gestern und ehe dem, auf dem unverrückbaren Standpunct, chäß für sie nur Friedensvorschläge, die ihre eigene Unabhängigkeit und die Amnestie der aufständischen Capcolo- n i st e n gewährleisten, in Betracht kommen und den Frieden her- beifllhren können. Sie beharren darauf um so fester und zuver sichtlicher, je günstiger sich für sie mit jeder neuen Tage die Lage auf dem Kriegsschauplatz ge staltet. Ein Vergleich des Standes ihrer Erfolge im dritten Kriegsjahre mit jenem des vorhergehenden mag dem Unbe fangenen dies beweisen. In jener Forderung, deren Erfüllung die ooiuiitio nina gun nou für den Frieden bildet, wird England den Präsidenten Krüger und sein Volk stets einig sehen; zu ihrer Dertheidigung haben die Boeren zu den Waffen gegriffen, mit ihr wollen sie stehen oder fallen. Alles, was dahinter bleibt, wie Autonomie, sogar eine wie Australiens, wie „Hirtenrepublik" u. A., ist für sie indiscutabel. Für Friedensvorschläge auf der angedeuteten Basis werden Vie Boeren jedoch stets empfänglich sein. Auf keinen Fall aber werden, wie wiederholt betont sein soll, die offi- ciellen Repräsentanten der beiden Boerenrepublikcn in Europa in irgendwelche Verhandlungen darüber eintreten, ohne mit den leitenden Persönlichkeiten in Südafrika Verbindung gesucht und Raths gepflogen zu haben, wie umgekehrt diese keine Verhand lungen in Gang oder zum Abschluß bringen werden, ohne mit Jenen Rücksprache genommen und sich berathen zu haben. Deutsches Reich. * Berlin, 27. December. Ueber das zu erwartende neue Vogelschutzgesetz schreibt der „Schwab. Mcrc": WaS lauge wäbrt, wird endlich gut. Dies trifft auch auf daS Vogclschutzgesetz zu, daö Deutschland hoffentlich in Bälde erhalten wird. Seit Jahren sind Tbier- und Vogelschutzvereine bestrebt gewesen, dein in erschreckendem Maße zunehmenden Massenfang nützlicher Vögel in nnd außerhalb Europas zu steuern. Vergebens! Die Regierungen verhielten sich zum Theil ganz ablehnend gegen ihre Bitten; zum Tbeil hatten sie als Antwort nur einen billigen Kanzleitrost. Sogar die internationalen Vereinbarungen, die im Jabre 1895 zu Gunsten des Vogelschutzes in Paris getroffen wurden, haben bis jetzt zu keinem greifbaren Ergebnis; ge führt. Zwar sind denselben nunmehr die Staaten: Deutsches Reich, Oesterreich-Ungarn, Frankreich, Schweden, Belgien, Luxemburg, Spanien, Portugal und die Schweiz beigetreten, aber noch fehlen: Großbritannien, die Nieder lande, Norwegen, Nußlaud, Italien, Bulgarien, Ru mänien, dir Türkei und Dänemark. Sodann ist noch in keinem der erstgenannten Staaten ein Gesetz erlassen worden, da« den Förderungen eines wirksamen Vogelschutzes genügen würde. Den unablässigen Bemühungen deS verdienten Vogel- schützer«, Frbrn. k. Berlepsch, nnd der deutschen ornitholo gischen Gesellschaft ist es aber nunmehr gelungen, die maß gebenden Regierungskreise in Deutschland von der Noth- wendigkcit deS Erlasse« eines neuen BogclschutzgesetzeS zu überzeugen und in Gemeinschaft mit denselben einen Entwurf vorzubereiten, dessen Annahme schon jetzt als gesichert gelten kann. I» einer Eingabe an den Reichskanzler und an da« ReichSamt des Innern, der sich auch der Verband deutscher Thicrschutzvereine (130 Vereine) angeschloffen hat, ist dieser Entwurf in vollständiger Ausarbeitung entbalteu. Neu an demselben und al« wirklicher Fortschritt zu be grüßen sind di« Bestimmung«», die da« Verbot der Em-, AuS- und Durchfuhr von Vögeln und Vogelbälgen, sowie dcS Krammetsvogel- und FinkenfangS betreffen, außerdem die Auf stellung einer Liste schädlicher Vögel. Alle Vögel, die in dieser Liste nicht enthalten sind, werden durch das Gesetz geschützt. —ie enthält die folgenden Arten: Sperlinge, Tagraubvögel mit Ausnahme des Bussards nnd Thurmfalke, also: Adler, Falken, Habichte, Weihen, ferner Kolkrabe, Krähen, Elster, Eichelhäher, Würger, Fischreiher, Säger, Seetaucher. Als Vögel, welche zuweilen zeitlich und örtlich schädlich werden und deren Fang und Abschuß durch die zuständigen Behörden erlaubt werden kann, sollen gelten: Bussard, Thurmfalke, weißer Storch, Amsel, Star, Eisvogel, Kirschkernbeißer, Grünling, Buch- und Bergfink. Möchten alle diejenigen Persönlichkeiten der Regierung und Volksvertretung, in deren Hand daS Schicksal dieses Entwurfs gelegt ist, einträchtig Zusammenwirken, daß er bald Gesetz werde! Auch die Landwirthschaft wird davon Nutzen haben. * Berlin, 27. December. (Die freie Aerztewahl.) Bekanntlich baben es sich manche Krankenkassen, und gerade die jenigen, Vie unter socialdemokratischcr Leitung stehen, angelegen sein lassen, in den Beziehungen zwischen dem Cvfsen- vorstande und den Aerztcn nach Möglichkeit das Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herauszubilden. Unter den Aerztcn herrscht wegen dieses materiellen Uebrrgriffcs ein allgemeine Unzufriedenheit, die sich neuerdings auch auf das formale Gebiet erstreckt. In der „Berliner Aerzte-Correspondenz" berichtet ein ärztlicher Praktiker aus Charlottenburg darüber Folgendes: „Was unter der Fahne der freien Aerztewahl manchmal für Aerzte und ^Patienten geleistet wird, das soll durch die folgende Schilderung über die Gepflogenheiten bei der Orts- trankencasse in Chavlottenburg veranschaulicht werden. Sobald ein Mitglied von dem freigewählten Eassenarzte (ich spreche nicht nur von dem Berliner Arzte, ich habe auch mit Char lottenburger Collegen darüber Rücksprache genommen) für arbeitsunfähig erklärt worden ist, dann erhält der betreffende Arzt — ganz gleichgiltig, ob es sich um eine sehr schwere oder leicht: Erkrankung handelt — nach 2 bis 4 Tagen mit abso luter Sicherheit eine gedruckt: briefliche Anfrage, unterzeichnet von einem Beamten, im Auftrage de» Vorstandes, wie lange die eben erst entstandene, vielleicht noch ganz unsicher diagnosti- cirte Krankheit des L. noch dauern wird, ob Simulation vor liegt. ob Nachuntersuchung (gewöhnlich unterstrichen) erforder lich, oder Krankenhausbehandlung nothwendig sei. worüber der Vorstand Entscheidung sich Vorbehalt«. Ob man diese An frage nun beantwortet, wie ich in der ersten Zeit grthan, oder ignorirt, — nach ferneren zwei Tagen erhält man mit ebenso absoluter Sicherheit eine offene, gedruckte Postkarte mit der zweiten Mittheilung, daß der unterzeichnete Cassenvorstand (i. A.) nunmehr beschlossen habe, das betreffende Cassenmit- glied einer Nachuntersuchung durch ihren Vertrauensarzt unterziehen zu lassen. Bald darauf erscheint dann auch der ebenfalls benachrichtigte Patient, ist erstaunt, daß dem Urtbeile seines freigewählten Arztes so wenig Glauben beigemessen werde. Der „Freigewähltc" giebt seiner angenehmen Empfin dung unverhohlenen Ausdruck, aber der Kranke muß, nolouZ volen-i, den von seiner Wohnung in bis 1 Stunde mit der „Elektrischen" auf seine Kosten (nota Ix-ne, wenn er das Geld dazu hat) ganz bcguem zu erreichenden Vertrauensarzt aufsnchen. — Manchmal erhält man aber die erste Anfrage gar nicht, sondern nach zwei bis drei Tagen gleich die offene Karte, wahrscheinlich, iveil der mcdicinisch geschulte Scharfblick des die Krankenscheine schreibenden Buchhalters dann die ärzt liche Diagnose von vornherein als nicht zutreffend erkannt hat. Schließlich erhält der Cassenarzt nach ferneren zwei Tagen von der Casse die dritte 'briefliche Milthcilung, daß nach Ansicht des Vertrauensarztes — „dessen Ansicht für sie maßgebend sei" — der Kranke „gesund", oder „nicht so schlimm krank", oder mit einer anderen Krankheit behaftet sei, oder daß er ins .Krankenhaus müsse, was bereits ungeordnet sei. Dies Alles vollzieht sich in der ersten Krankheitswoche, nnd der Cassenarzt erhält zuweilen schon den dritten Brief, wenn er den Patienten erst zweimal gesehen hat! Bei den sogenannten Zwangscasseir ist das Wort „Nachuntersuchung" unbekannt und eine Rück frage seitens eines Casscnvorstandes gehört zu den großen Seltenheiten! Tie Art und Weise, wie die im Vorstande der Charlottenburger Ortskrankencassc sitzenden arbeitnehmenden Mitglieder ihre Fürsorge für das Wohl ihrer armen, er kranken Genossen bethätigen, steht im grellsten Widerspruch mit ihren laut verkündeten Bestrebungen für das Wohl dec Arbeiter." (D Berlin, 27. December. (Telegramm.) Vorgestern Vormittag besuchte der Kaiser mit dem Kronprinzen und dem Prinzen Eitel Friedrich auf kurze Zeit daS Regimentshaus LeS Ersten Karde-NegimcntS z. F. und kebrte dann zu Fuß nach Vein Ncncn Palais zurück. Um 1 Uhr fand bei den Majestäten Familientasel statt, an der auch die Prinzeß Friedrich Carl theilnahm. Nach der Tafel machten beide Majestäten einen gemeinsamen Spaziergang. An der Abend tafel nahmen, wie schon gemeldet, die vier ältesten anwesenden Prinzen-Söhne Theil. Gestern Vormittag auf der Fahrt nach Gotha hörte der Kaiser den Vortrag deS CbesS des CivilcabinetS vr. von LucanuS. AbendS speisten die Majestäten allein. Der Kronprinz und Prinz Eitel Friedrich nahmen das Abendessen beim OssiciercorpS de« ersten Garde- Regiment« ein. Heute Vormittag machte der Kaiser einen Ausritt. 6. II. Berlin, 27. December. (Privattelegramm.) Der Kaiser hat ungeordnet, daß dem neu zu bildenden Artillerieversuchöcom mando der Marine ein modernes großes Schiff als Artikel ieversnchsschisf zur Verfügung zu stellen sei. 6. II. Berlin, 27. December. (Privattelegramm.) Der akademische Senat hat zwei polnische Studenten, die sich an der Demonstration gegen Professor Schiemann betheiligt hatten, von der Universität relegirt und zwei andere mit Androhung auf Entfernung und mehrtägigem Karzer bestraft; ein russischer Pele ist als lästiger Aus länder auSgewiesrn worden. * AuS «er Lftmark. Durch sie Centrumspress« läuft folgend« „rührende" Geschichte über edle Pole»
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