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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011211018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901121101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901121101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen «PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redactiou-ftrich (-gespalten) 7S vor de» Famllleanach- richte» (6 gespalten) SO Tabellarischer und Zlffernsatz entsprechend höher. — Gebühre« für Nachmessungen und Offertenannahme 35 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbrsvrderlwg ^l VO.—, mit Postbrsörderung ^li 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abettd-Iu-gabe: vormittag- 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestelle« ja eine halb. Stunde früher. Anzeigen sind stet- an di« Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh S bi- Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. -5. Jahrgang. Mittwoch den 11. December 1901. Nr. 63«. Die Polensrage und das Ansehen des Deutschen Kelches. In dem Augenblicke, in dem diese Zeilen den 'Lesern vor die Augen kommen, hat im Reichstage die von den Polen und ihren getreuen Freunden in Scene gesetzte Interpellations komödie bereits ihren Abschluss gefunden. Trotzdem erscheint es angebracht, zu dieser Frage hier noch Stellung zu nehmen, denn wir vermögen die Competenz des Reichstages zu ihrer Er ledigung aus mehrfachen Gründen nicht anzuerkennen. Einmal nämlich liegen im Reichstage die Mehrheitsverhält nisse in dieser Frage so, daß der Kläger zugleich zum Richter wird. Denn Kläger sind nicht nur die Polen, sondern auch die mit ihnen in solchen Fragen ohne Weiteres verbündeten Parteien des Eentrums, der Welfen und der Elsässer, denen sich noch als freiwillige Hilfstruppe die Socialdemokraten und die süddeutschen Volksparteiler «»schließen, Parteien, in deren Augen die Regierung immer Unrecht hat, besonders wenn eS die preußische ist. Und dies ist der zweite Grund, aus dem wir eine Competenz der Reichstages nicht anerkennen können. Wohl sind auch wir der Ansicht, daß die Polenfrage nicht nur für die Existenz Preußens, sondern auch für die deS ganzen Reiches von Bedeutung sei, aber in diesem Falle handelt eS sich aus schließlich um Maßnahmen der preußischen Regierung, für die die ReichSregierung weder verantwortlich noch zuständig ist. Zur Sache selbst müssen wirl den Interpellanten darin Recht geben, daß die Vorgänge in Wreschen dem Ansehen Preußens und in gewissem Sinne auch dem Reiche« nicht förderlich gewesen sind. Denn wenn der größte Staat im Reiche Monate hindurch so wenig Energie entwickelte, daß eine Anzahl polnischer Schul kinder, unterstützt von ihren Eltern und einem Hetzcaplan, der StaatSautorität zu trotzen vermochten, so kann das Ansehen dieses Staates dadurch gewiß nicht gewinnen. In anderen Staaten würde man wohl Mittel gefunden haben, die Kinder zum Gebrauche der Staatssprache anzuhalten, wie beispielsweise Frankreich eS seinerzeit verstanden hat, die Elsässer zum Ge brauche der französischen Sprache zu zwingen. Eine Regierung, deren Machtmittel erschöpft sind, wenn die Schulkinder auf ein paar Stockschläge nicht reagiren, kann allerdings dem Aus lande nicht viel Respect einflößen. Gerade dasjenige Ausland, das an den Wreschener Vor gängen insofern am meisten interessirt ist, als es selbst das Glück hat, polnische Unterthanen zu besitzen, hat seinerzeit den Polen gegenüber mehr Energie zu entfalten verstanden, als Preußen. Oesterreich hat bei der polnischen Jnsurrection von 1846 gezeigt, wie es mit den polnischen Rebellen fertig zu werden vermochte, und Rußland hat es bei den Revolutionen von 1830/31 und 1863 noch viel weniger an rücksichtsloser Strenge fehlen lassen. Wenn heute beide Regierungen ihren lieben polnischen Unterthanen in Lemberg und Krakau bezw. Warschau eine unverschämte Sprache gegen Preußen gestatten, wenn sie sogar, ohne ernsthaft einzuschreiten, die Beleidigung preußischer Consulate zulasien — lahme Entschuldigungen hinterher haben wenig Werth —, so wäre auch dies kaum möglich, wenn die preußische Regierung in der Polenfrage nicht eine solche Schlaff heit bekundet hätte. Geht Preußen den eigenen Polen schon nicht energisch zm Leibe, dann, so argumentiren nicht unrichtig die fremden Regierungen, wird es noch viel weniger energisch auf uns dahin einwirkcn, daß wir unseren Polen auf den losen Mund schlagen. Wir geben also den Polen und ihren Freunden vollkommen recht darin, daß die Vorgänge in Wreschen dem preußischen und dem deutschen Ansehen geschadet haben. Wir hoffen aber zuversichtlich, daß die preußische Regierung daraus andere Con sequenzen ziehen werde, als sie den Interpellanten vorschweben mögen. Wir hoffen, sie werde von nun ab — und zwar nicht nur Schulkindern gegenüber — zeigen, daß sie entschlossen ist, im eigenen Hause Herr zu bleiben, und daß sie deshalb in erster Reihe von allen ihren Unterthanen unbedingt verlanat, sich den Organen des Staates gegenüber, mag es nun die Schule sein oder das Gericht oder das Landrathsamt oder die Eisenbahn- direction oder die Postverwaltunq, der Staatssprache zu be dienen. Den Polen soll ihre Muttersprache gewiß nicht ge nommen werden, sie mögen zu Hause so viel polnisch sprechen und so viel polnische Zeitungen lesen, wie cs ihnen be liebt. Dem Staate gegenüber aber sind sie Unterthanen und deshalb hat der Staat mit ihnen nicht ihre Sprache zu sprechen, sondern sie haben mit dem Staate sich in seiner Sprache zu verständigen. Wie vor einem halben Menschenalter den Polen und ihren Freunden der damals im Reichstage er zielte Pyrrhussieg wenig Freude gebracht hat, so wird ihnen hoffentlich auch diesmal der Uebermuth, der sie zu ihrer Inter pellation veranlaßt hat, Übel bekommen. Der Zolltarif im Reichstage. O vcrliu, 10. December. In den NeickStagSverbandlUUgen über die Zollgesetze wird nur »och Nachlese gehalten werden könne», deshalb erscheint eine in einzelnen Puoclen resuulirende Betrachtung nickt zu gewagt. Die BeratbuUgen vom Sonnabend und Montag habe» das bisher gewonnene Bild vervoll ständigt. Die Darlegungen de- dritten national liberalen Redner- schlössen sich im Wesentlichen der vo»t den FractionSfreunVen vorgebrachtcn an, da- Cent rum bat dieselbe Erscheinung zu Tage treten lassen, und so crgiebt sich, daß die beiden wirthschaftlicken Mitteiparteien — unbeschadet aller politischen Gegnerschaft — in Vieser Schicksalsfrage de- deutschen WirthsckaftSlebenS im Großen und Ganzen übereinstimmen. Aber auch im Uebrigen ist der Gcsammteindruck kein ungünstiger. Die Extremen von reckt- spielen eine untergeordnete Rolle, die Neven der Abgg. v. Wangenbeim und Rösicke gingen spurlos an der Ver sammlung vorbei und wenn der dritte Gewaltige vom Bunde der Landwirtbe überhaupt noch zum Worte gelangen sollte, so würde fick auch an ihm zeigen, daß die Herren im Reichs tage eben keine Gewaltigen sind. Graf v. Sckwerin-Löw itz bat zwar nickt viel anders gesprochen als die Bundes- fclvberrn, aber in der maßgebenden conservativen Presse kommt zur Zeit eine ziemlich besonnene Betrachtung zur Geltung. Die „Kreuzztg." bat eS aufgegeben, mit dem Frei bandel zu drohen, wie vr. Rösicke am Montag »och that, sie »leint nur, nicht zu irren, wenn sie eine mäßige Erböhuiig der angesetzten Minimalzölle nicht zu den unerreichbaren Dingen zähle. Wir sind, odne für Kleines als Propheten gelten zu wollen, anderer Mei nung, obwohl vielleicht eine Bemerkung des bayerischen Ministers Frhrn. v. Riedel einer sehr mäßigen Erhöhung des Beantragten günstig erscheine» könnte. Zn diesem Falle stünde gegen v. Riedel der Württemberger Pischck, nach unserem Dafürhalten auch Herr von Metz ick und höchstwahrscheinlich der Reichskanzler und mit ihm das ganze preußische StaalSministerium. Diese Vermuthung erweckt aber keinen Glauben an die Meldung, daß die Berliner Regierung die Konservativen bedeutet habe, ein jedes Mehr sei ausgeschlossen. Dasür ist cs noch nicht weit genug am Tage. Vcrmuthlich wird man die Commission erst ein Elaborat ausarbeitcn lassen, ehe man zu kategorischen Erklärungen sckreiiet. Solche werden kaum auSbleibcn können, denn in der Com mission dürften die EihöbungSgedanken sehr leicht bei einander wohnen. Diesen Glauben entnehmen wir der ersten Plena» beratbung. Liegt das Zuviel ziff.-rnmäßig vor, so wird die Regierung reden und werden auch die in der ersten Lesung im Hintergründe gebliebenen einflußreichen Mitglieder der wirtbschastlichen Mittelparteien den Mund auftbnn. ES unterliegt noch immer keinen ernstlichen Zweifeln, daß wir mit den jetzigen VcrtragSstaaten, insbesondere mit Ruß land, wieder zurechtkommen werden, wenn die bestehenden, durch die Regierungsvorlage gegebenen Voraussetzungen nicht durch Mißbrauch der Erböhungskreide überkiitzelt werden. Auf „uferlosem" Wasser werden wir aber nicht am Gestade des VertragslcbcnS landen können. Aus diesem Grunde war eS richtig, daß die Negierung der vfsiciöscn Ver breitung der halbamtlichen Kundgebung deS Herrn v. Witte nichts in den Weg legte. Dieses Avis des russi'chen Finanz minister- ist viel correcter und concilianter als frühere Aus lassungen, die dem derzeitigen Leiter der russischen Volks- wirthschaft zuge'ckriebcn wurden. Wenn die extremen Organe von links „interpretirea", eS drohe mit dem Zollkrieg, so rechnen sie darauf, daß ihre Leser den commentirten Zeitungs artikel selbst nicht ansehen werden. Ganz im Gegentheil läßt Herr Witte ausdrücklich einen Friedensweg siir alle Fälle zeigen. Wir geben aber zu, daß das eventuell gebotene Meislbrgünstigung-verhältniß für die Ausfuhr deutscher In- kustrieerzeugnisse nach Rußland nicht gerade viel bedeuten würde. Auf die Gninblagcu des reutsch-russisckeu Handels vertrag- von 1804 kann Deutschland nickt zurückkcbren, daS weiß auch Herr Witte ganz genau. Er weiß aber noch mehr, und merkwürdiger Weise läßt er eS auch durchblicken, nämlich, daß der russische Ackerbau auf die Ausfuhr nach Deutschland angewiesen ist, und dies bestätigen auch die „Wjedomosti" in einer Darlegung, die untersucht, ob der deutsche Absatzmarkt für die russische Landwirtbschaft entbehr lich sei. DaS Ergebnis; der Untersuchung ist, soweit wenigstens die nächsten fünfzehn Jahre in Betracht kommen, ein negatives. Bei alledem ist eS richtig, daß dem russischen Interesse an der Ausfuhr landwirtbschaftlichcr Productc Nach Deutschland ein russische- Interesse an ter Unterstützung heimischer Industrie gegenüber stebt, wie eS vor sechs Jahren in dem gegenwärtigen Umfange bei Weitem nicht bestanden bat. Soll das östliche Nackdarreich in diesem letzteren Puncte zu den Zugeständnissen vermocht werden, die für die deutsche Industrie dringend wünschenSwerth sind, so darf die dem großen Ncicke zugemuthete Mehrbelastung seiner lanvwirth- schastlicben Einfuhr nicht die Grenze überschreiten, wenigstens im Großen und Ganze» nicht, die die BnndeSrathSvorlage zieht. Der Krieg in Südafrika. Las „sichere Ende" de» Krieges. 6. Brüssel, 9. December. „Mömorial Diplomatiquö" tbeilt mit, daß das britische Cabinet den Mächten kundundzu wissengethan habe, daß der „Kriegmit Transvaal" sicher bis zum März des nächsten Jahres beendet sein werde. — Diese Mittheilung würde im Lauke der Parlamentsverhandlungen ihre Bekräftigung finden. Wenn überhaupt noch, so kann man derlei englische Weis sagungen, die im Laufe des Krieges hundertmal wiederholt worden und nie in Erfüllung gegangen sind, nur mehr nach der Richtung hin ernst nehmen, daß sie bezeichnende Aeußerungen dafür dar stellen, wie weit die Kricgsmüvigkcit und der Friedenshunger in England schon gediehen ist. — Dek Wünsch, hier um so gewich tiger, als er officiellen Ursprunges, ist auch dabei der Vater des Gedankens gewesen. Wir kennen auch die nächste Ursache dieser Friedenssehnsuchi. Es ist das düstere, trostlose Bild von dem Strome vergeblich ver gossenen Blutes, das die neueste Verlustliste -aufs Neue ent hüllt hat. 900 Officiere und 18 348 Mann getödtet, 1559 Officiere und 14 286 Mann verwundet oder ge fangen. 2612 O f f i c i e r c u nd 60 262 Manninvalid, das sind die Opfer, die der goldgierige Krieg vom englischen Volke bis jetzt gefordert. Rechnet man dazu di« enormen Kriegskosten — bis April 1902, der L^jährigen Tauer des Krieges, wären sie auf mindestens 172 617 000 Pfund Ster ling zu veranschlagen, d. i. per Jahr und Kopf der gesammten. 41 Millionen betragenden britischen Bevölkerung 1-/:-. Pfund, also mehr, als die vom Gesammtb-trage (— 64 000 000 Pfund) der direkten und indirekten Steuern treffenden Quote (^ 1sl> Pfund) — dann läßt sich das Sehnen der englischen Verantwort lichen und Unverantwortlichen nach dem End: des Krieges wohl begreifen. Und begreiflich wird dabei schließlich sogar die Un verfrorenheit der jüngsten Kundgebung, die der Politik der E n i- stellung und Täuschung, wie sie das Regime Cham berlain dem englischen Volke bisher zu bieten gewagr hat, die Krone aufseht. Die englischen Truppe» haben aus der jüngsten Zeit auch nichteinentaktischcn oder st rategischen Erfolg zu verzeichnen, der die JingoS in der Heimath zu solch' opti mistischen Anschauungen berechtigte. Vielmehr lauten alle ein gehenden Berichte dahin, daß die Boeren Erfolge fast ununter brochen erringen. Der ganze Westen der Capcolonie befindet sich in den Hände» Theron's und Ma ritz', Branld und H-rtz-g be herrschen mit ihren Commandos die Gegend um Galvinia. De Wet hat volle Bewegungsfreiheit im Freistaate, De la Rey cperirt unangefochten im Westen von Transvaal und Botha herrscht unumschränkt Uber die D«°l ag 0 a ba tli n i e östlich von Middelburg. Die Engländer dagegen vermögen, trotz ihrer numerischen UrberlegenheU und ihren vitlgersihmten Blockhäusern, kaum die beiden, ihnen nvch verbliebenen Eisenbalmlinien und die besetzten größeren Städte zu behaupten und sind allerorts in die Rollt des Derkheidigets gedrängt. Zum Beispiel wird wegen der Unsicherheit in der Capcolonie fast der ganze Verkehr seit Monaten über die Natallinie geleitet, und Pietersburg befand sich Ende Oktober drei Tage lang in den Händen der Boeren. lind da will die englische Regierung die Macht in Händen Haven, das Ende des Krieges zu dictiren! * London, 10. December. (Telegramm.) Eine Depesche Kitchener's aus Pretoria vom 9. December meldet: Seit dem 2. December wurden 31 Boeren getödtet, 17 verwundet und 3c>2 gefangen genommen; 35 haben sich ergeben. Durch die vor geschobene Linie von Blockhäusern von Brugspruit noch Greylingstad ist das Ostgebiet gangbarer geworden. Ich bin jetzt zum ersten Male im Stand-, systematische, fort laufende Operationen in der Umgegend von Er- melo. Bethel und Carolina unter der Leitung der Generale Bruce Hamilton, Spens und Plumer ausführen zu lassen. Im Westen von Transvaal gericth General Methu« n mit dem Commando Lieb en berg's ins Gefecht und erbeutete alle Wagen der Boeren; er nahm 20 Boeren gefangen, die in dem obenerwähnten einbegriffen sind. Im Nordosten der Capcolonie gehen Scobell und Moinro noch gegen FouchL und Myburg vor, deren Commando sich, wie sie es immer zu thun pflegen, wenn sie ernstlich bedrängt loerdeu, in den Bergen zerstreuten. In dem äußersten W : st e n hat sich eine bedeutende Boerenabtheilung unter Maritz und Anderen gesammelt, um Tontellbosch-Cop anzugrcifen, wo es aber der Garnison gelang, die Boeren zurück- zuschlageu. Maritz soll schwer verwundet sein. Die Colonne Torans verfolgt diese Commandos, während Grabbe und Ca vanagh das Land südlich von Rynsdorps säuberten. * Lonvon, 10. December. (Te legramm.) „Daily Mail" meldet aus Lonrenc-o Marquez vom 9. December: Man er wartet, daß die Dclagoabahn für den allgemeinen Verkehr mit dem Beginne des Jahres 1902 wieder eröffnet werde. (?). * London, 10. December. (Telegramm.) Eine Dur baner Drahtung des „Standard" vom 9. December meldet, daß das neugebildete Bürgercorps den ersten be deutenden Erfolg im Felde errungen habe. Allison's National-Scouts halfen in der Vordecemberwoche ein Bocrencommando unweit Bethel überrumpeln. Dieses wurde fast gänzlich gefangen genommen. Unter den 93 Gefangenen be findet sich auch der frühere Landdrost von Bethel. (Voss. Ztg.) * New ?)ork, 9. December. In der bereits erwähnten Ver sammlung, die gestern zum Protestgegendieenglischc Kriegführung in Südafrika in Chicago ver anstaltet wurde, erklärte Cockran, Präsident Roosevelt könne durch ein einziges Wort zu dem englischen Botschafter den Boercnkrieg beenden, den Boeren die Freiheit sichern, das Wohl ergehen der Menschheit fördern uns dem amerikanischen Volke unermeßlichen Ruhm bringen. Hierauf antwortet die „Eoening Post", kein Präsident, der die F i l i p p i n o s für Banditen er klärt, die mit Feuer und Schwert auszurotten seien, könne England, das dieselbe Ansicht von den Boeren hege, einen Ratb- schlag geben. Es liege noch in weiter Ferne, daß Roose- Fenillotsn. Christian Grabbe. Zum 11. December 1901. Der arme Auditeur a. D., der in Düsseldorf von Immer mann mit Rollenabschreiben beschäftigt wurde, hätte eS sich, wenn er so in der Weinstube vor sich hinbrütete, gewiß nickt träumen lassen, daß sein Säculartag im nächsten Jahrhundert auch in Deutschland beachtet werden würde. Gingen doch seine Stücke damals nickt über die deutsche Bühne, nicht einmal Immermann gab sie auf seiner Musterbühne, wo er doch manche- barocke Zeug, wie die dramatischen Märchen Ludwig Deck'-, zur Aufführung brachte, und ein Dramatiker, dem daS Theater sick verschließt, hinkt dock nur mit einem Stelzfuß seinem künftigen Ruhm entgegen. Und in der Tbat ist Grabbe eine literarhistorische Berühmtheit, von welcher auch das Publicum der Gegenwart wenig genug weiß, obschon mehrere Gesammtau-gaben seiner dramatischen Werke er schienen sind und die Literaturgeschichten, dir im Uebrigen oft von einander abschreiben, ihm ein Capitel oder mindesten« einen Paragraphen widmen. Neuerdings sind ja einige seiner Stücke hier und dort, in Meiningen, Stuttgart, Schwerin gegeben worden und sein Säculartag wird, wie man ver nimmt, sein Drama „Heinrich VI." auch auf vir Berlin« Hosbübne dringen; dock da- Alle- geht nicht über da literarische Experiment hinaus. War doch seine eigene Zeit noch günstiger für die große Tragödie al« die jetzige, wo oft eine ganze Saison vorüberaeht, ohne daß irgend ein Drama höheren Stils den Weg über die weltbedeutenden Bretter macht. Und doch war Grabbe ein dramatisches Genie von seltener Ursprünglichkeit und zündender Kraft, und nur durch seine unglücklichen Leben-Verhältnisse, die er zum Theil selbst ver schuldet bat, ist er einer durchgreifenden Wirkung auf seine Nation verlustig gegangen, während die vestigia Iocmi8 noch so glanzvoll sind, daß die Freunde der Dichtkunst mit Theilnahme und oft mit Bewunderung denselben folgen. Und gerade diese Leben-verbältnisse haben ein mehr pathologisches Interesse für den Dichter selbst bervorgerufen, wenngleich sein Leben nicht wie dasjenige Hölderlin'S und Lenau'S die Lehren vom Zusammenhang des Genies und des Wahnsinn- durch ein neues beweiskräftiges Beispiel bereichern konnte. Grabbe ist nicht dem Wahnsinn verfallen, aber an der Schwelle desselben bat er wiederholt gestanden; sein Dämon war der Alkeholi-muS, der sem Talent verwüstete, an dem er zu Grunde ging. Grabbe war am 11. December 1801 in Detmold geboren, wo sein Vater Zuchtbau-verwaller war. So krackte er seine Kindheit in einem Zuchthause zu und bat hier nur düstere und unerquickliche Eindrücke erhallen. Seine Mutter, ein« energische Frau, soll ihm bereits daS Schnaprtrinken an gewöhnt haben, doch wird die« von anderer Seite bestritten. Auf dem Gymnasium aber, wo die akademischen Sitten vorweggenommen wurden, ergab er sich bereit- dem Trunk und kam oft von den Spaziergängen mit seinen Genossen in unzurechnung-sähiaem Zustande nach HauS. Auf der Schule erhielt er gute Zeugnisse in Geographie, Geschichte und deutscher Sprache; seine Aufsatze zeichneten sich durch Geist und Originalität au». Im Jahre 1820 begab er sich nach Leipzig, um vier zn studiren. Er körte verschiedene juristische und geschichtliche Collegien, schloß sich dabei von dem studen tischen Derbindung-wesen ab und führte auf eigene Faust ein wüste» Leben, von welchem eine vielfach übertriebene Kunde nach seiner Vaterstadt kam. 1822 siedelte er nach Berlin über, dort gerietst er in ein regeres literarisches Leben. Doch da gab eS auch merkwürdige Originale wie den Amadeus Hoffmann, der mit dem genialen Ludwig Devrient bei Lutber und Wegener Stammgast war und dort allerlei Tollheiten trieb. Es herrschte überhaupt in den Kreisen der Jugend ein cyniscber Ton, welcher ganz nach Grabbe'S Geschmack war. Auch Heinrich Heine kreuzte damals seine Bahnen, er hatte eben seine zwei schwachen Trauerspiele „Raicliff" und „Almansor" erscheinen lassen und ging unter den Linden auf und ab, um seine künftige Un sterblichkeit in den Berliner Buchläken ausgestellt zu sehen. Hier vollendete Grabbe sein erste« Trauerspiel „Herzog Theodor von Gotbland", er sendete eS an Deck ein mit der paradoxen Bemerkung, er glaube etwas Ausgezeichnete», wenn auch nicktS Gutes geleistet zu staben. Tieck, der sonst solche eingeschickten Manusciipte spurlos bei sich verschwinden ließ, antwortete umgebend, bob neben der Unwahrscheinlichkeit der Fabel, der Unmöglichkeit der Motive, dem CyniSmuS der Dichtung, doch die großen Gedanken und die Verse hervor, auS denen eine wahre Dichterkraft berauSlcuchte, und erklärte, da» Werk habe ihn angezogen, sehr interessirt, abgestoßen nnd erschreckt. Grabbe wehrte sich zwar gegen diese Kritik — immerhin fühlte er sich durch dieselbe geehrt und begab sich nach Beendigung seiner Studien zuerst nach Dresden, um durch die Gunst de- Altmeister- Ludwig Tieck in seiner lite rarischen Laufbahn gefördert zu werden. In der Tbat sollte er auch eine kleine Stelle beim Theater erhalten, doch die Sache zericklug sich; auch traten Zerwürfnisse zwischen Deck und seinem Günstling ein, der sich durch seine ganz« Erscheinung und die Sonderbarkeiten seine- Wesen- wenig empfahl. So kehrte er nach Detmold zurück, bestand dort am 2. Juli 1824 die Staatsprüfung und wurde unter die Advokaten ausgenommen: da- war in Detmold die unterste Staffel der SlaatScarriöre. Eine Stelle beim Archiv konnte er trotz der Fürsprache feines früheren Gönner», des ArchivratbS Kloster- meyer nicht erhalten. Grabbe beschäftigte sich inzwischen mit Theaterkritik in einem westfälischen Blatte. Gewöhnt, einen kraftgenialen Dialog zu handhaben, war er auch als Theater kritiker rücksichtslos. DieS hatte zur Folge, daß ihn ein Schauspieler als eine lächerliche Figur, al- einen Mann mit großen Projekten und vielen Schulden auf die Bühne brachte, nut voller Porträtähnlichkeit und mit allen seine» lächerlichen Gewohnheiten. Doch söhnten sich die Künstler wieder mit ihm au», brachten ihm rin Ständchen und er tractirte sie dann mit Rheinwein nnd Champagner. Inzwischen war er 1826 dem erkrankten Auditeur Rothman» zur Aushilfe bei gegeben und erhielt »ach dem Tode desselben diese Stellung. Gleichzeitig erschienen seine ErstlingSdramcn bei Kettembeil in Frankfurt im Druck. Tie Kritik rühmte die Werke und nannte den Autor ein Genie. Nun hatte er den Mutb, uni die Hand des Fräulein Klostermeyrr, eine- gebildeten und energischen Mädchen- anzuhalteu. Anfangs abgewiesen, weil die subalterne Stellung deS VaterS, tcS ZuchthauSinspectorS, der Familie nicht genehm war, hatte er bei erneuter Wer bung Erfolg. Ter junge Freiligratb, Sohn eines Gmnnasial- lebrcrS, batte Fräulein Klostermeyrr gebeten, seine Gedichte dem berühmten Poeten Grabbe vorzulegen. DaS gab den Anlaß zu neuer Wiederanknüpfung de» Verhältnisses; im Jahre 1833 wurde deS ArchivratbS Tochter Grabbe'« Frau. Auf dieser Höhe seiner Lebensstellung schuf Grabbe seine werthvollsten Dramen: „Don Juan und Faust" (1829), „Die Hohenstaufen" (1829—30) und „Napoleon" (1833); doch bald begann sein Lebenslauf sich in absteigender Linie zu bewegen. Lucie Klostermeyer war nicht die Frau, die für ihn paßte, sie hatte Bildung und Kenntnisse, doch kleinbürgerliche Leben«- gewohnheiten und die genialen AuSschreituugcn deS Gatten erregten nur ihre Sorge und ihre» Widerspruch. Grabbe'« Trunksucht und sein rxcentrisches Gebühren hätte» aber auch
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