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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010201016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901020101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901020101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
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Der Borstand des Börsenvereins der Deutschen Buch» Händler, der als der berufene Jntereffen-Bertreter des gesammten deutschen Buchhandels zu gelten hat, ist von Neuem an die Ver leger herangetreten, um sie zu einem weiteren Vorgehen zum Schutze des Ladenpreises zu veranlassen. Der Vörsenverein hat seit 1887 di« Bekämpfung des Kunden rabatt-Unwesens im Buchhandel in sein« Satzungen aus genommen und seit dieser Zeit recht nennenswerthe Erfolge er zielt. Der Kundenrabatt war zu einer Plage des Buchhandels geworden; ein Rabatt von 15 Procent bei Baareinkäufcn war keine Seltenheit. Der Kleinhandel konnte dabei natürlich nicht bestehen. In jener für den Buchhandel sehr wichtig ge wordenen Frankfurter Hauptversammlung vom 25. September 1887 einigt« man sich dahin, bei Baareinkäufen dem Publicum auf Verlangen 5 Procent Rabatt zu gewähren und gegen solche Sortimentsfirmen (Buchvertreiber, im Gegensatz zum Verleger — Bucherzeuger), die einen höheren Rabatt gewähren würden, vor- zuaehen. Nur in Leipzig und Berlin durfte in Berücksichtigung befände- 'earteter Umstände der Kundenrabatt auf Verlangen 10 Prr betragen. Obwohl es dem Börsenverein« noch kürz lich ge ist, eine große Berliner Firma, die sich bisher den Bestr« , des Börsenvereins in mehr als zehnjährigem Kamp Erfolg zu widersetzen verstand, zum künftigen (Jin- Halte !adenpreises zu verpflichten, haben doch die gegen die iten „Schleudern" angewandten Maßregeln öfter nich . Jetzt hat nun der Vorstand des Börsenvereins Der g gegeben, daß die meisten und unter ihnen die be deut Verlagsbuchhandlungen 'Deutschlands sich verpflichtet hab /re Derlagswerke den „Schleuderern" gar nicht oder nr .mLadenpreisezu liefern. Man hofft wohl mit R die widerstrebenden Firmen dadurch zur Unterwerfung ingen und zur künftigen Einhaltung der Ladenpreise zu -n, wozu auch noch andere Maßregeln, die hier nicht in st kommen, beitragen sollen. derholt ist dem Börsenvevein und dem mit ihm ver- b "t"chbandel aus dem Kampfe um die Aufrechterhaltung 'ses ein Vorwurf gemacht worden, weil dadurch eine cung der Bücher herbeigeführt werde. Gewiß kann man ni trriten, daß das Bücher kaufende Publicum, die Biblio- thc md die Behörden bei den jetzt herabgedrückten Rabatt en wissen im Buchhandel für den Ankauf ihrer Bücher etwas mc uswenden müssen, als vor etwa fünfzehn Jahren. Eine De' crung des Buches an sich aber wird durch die Bestrebungen des senvereinß keineswegs verursacht, und nur Derjenige wird sich en Bestrebungen feindlich gegenüber stellen, der die Be- dcu' . des festen Ladenpreises für den deutschen Buchhandel nich nnt. Mit der Einhaltung des Ladenpreises steht und fällt Provinzial-Sortimentsbuchhandel, der sich wie ein Netz über das ganze Reich ausdehnt und einen hervorragenden An- theil an der Bedeutung des deutschen Buchhandels hat. Wird der Kundenrabatt nicht in bescheidenen Grenzen gehalten, wird nicht verhütet, daß der Ladenpreis durch willkürlich hohen Rabatt illusorisch gemacht wird, dann kann da» Provinzial-Sortiment nicht weiter bestehen. Das Buch ist im Allgemeinen kein Be darfsartikel, und der Buchhandel kann nicht in dem Maße auf Absatz rechnen, wie etwa der Colonicrlwaarenhändler. Nur die sogenannten „Brodartikel" deS Buchhandels, z. B. Schulbücher, Jugendschriften u. s. w., werden gekauft, ohne daß der Sorti- Sientsbuchhändler bis zu einem bestimmten Grade für ihren Absatz thätig sein muß. Den Verkauf dieser Artikel, die man zu den Bedarfsartikeln rechnen kann, würde der kapitalkräftigere Sortimentsbuchhandel der Großstädte, besonders der buch händlerisch günstiger gestellten Buchhandels-Tentralen, bald an sich reißen und durch hohe Rabattanaebote sich im ganzen Reiche Kundschaft werben. DaS Großcapital würde den Kleinhandel erdrücken. DaS ist nun zwar bei anderen Handelszweigen auch der Fall, allein für den Buchhandel hat das Verschwinden deS Kleinhandels in der Provinz eine besondere, erhöhte Bedeutung. Die vielgerühmte, besonders vom Buchhandel des Auslandes beneidete und wiederholt — namentlich von England, Frankreich und jüngst auch Amerika — erstrebte Organisation des deutschen Buchhandels hat ihren Stützpunkt im Provinzialsortiment; dieses lebensfähig zu erhalten, ist für die Organisation des deutschen Buchhandels und seine in ihr begründete Bedeutung von größter Wichtigkeit. Der rechte Sortimenter beobachtet aufmerksam die Bedürfnisse und Neigungen seiner Kundschaft und er allein ist im Stande, in seiner Stadt den rechten Abnehmer für eine Neuigkeit deS Buchhandels zu finden. Und durch das Netz des Sortimentsbuchhandels gehen die neu erschienenen Werke bis in die entferntesten Orte des Reiches, wo sie dem Interessenten von seinem Buchhändler vorgelegt werden. Nur diese Eigen tümlichkeit deS deutschen Buchhandels ermöglicht es oftmals dem Verleger, schwer gangbare, zumal wissenschaftliche Werke er scheinen zu lassen, die im Auslande keinen Verleger finden würden und deshalb gar nicht oder nur mit Unterstützung LrS Staates oder gelehrter Gesellschaften auf Kosten der Verfasser veröffentlicht werden können. Darin liegt ein guter Theil der Culturaufgabe des Buchhandels, wie sie keinem andern Handels zweige eigen ist. Dies« Art des Neuiglerten-Vertriebes würde aber von den großkapitalistischen BUcherversandtgeschäften der Großstädte nicht besorgt werden können und auch gar nicht über nommen werden, weil sie eine zeitraubende und kostspielige Ar beit ist, die Opferfreudigkeit und das Bewußtsein der Mitarbeit an einer Culturaufgabe zur Voraussetzung hat. Während ihm also der Vertrieb der leicht gangbaren Bücher und der „Brod artikel", für die er verhältnißmäßig wenig Spesen und Arbeit aufzuwenden hat, genommen würde, bliebe dem Provinzialsorti menter nur der mühsame und wenig klingenden Verdienst bringende Vertrieb der schwer gangbaren Bücher; dabei könnte er aber nicht bestehen, er würde, langsam wohl, aber sicher, ver schwinden. Mit ihm würde der Buchhandel seine Bedeutung für Wissenschaft und Kunst und für die Fortentwickelung dei( Tultur verlieren und als Begleiterscheinung würde eine Ver-< theuerung dec Bllct.cr eintreren, die auch durch erhöhicu Rabc.tki nicht ausgeglichen werden könnte. Das Provinzialsoniment kann aber nur geschützt werden durch unbedingte Einhaltung deS vom Verleger einheitlich für das ganze Reich festgesetzten Ladenpreise». Der Kampf des Buchhandels gegen das Rabatt-Unwesen, also für den festen Ladenpreis, liegt somit nicht allein im Interesse seiner selbst, sondern ebenso sehr in dem der All gemeinheit und d«S Staates. Die Wirren in China. „Laffan's Burean" meldet au» Peking: Graf Walder- fee unterbreitete den Gesandten einen Plan für die Räumung von Peking: Ebe diese stattsinden könne, werde die chinesische Regierung zur Erfüllung der im FriedenSvertrage verzeichneten Bedingungen schreiten müssen. Für diesen Zweck würde die wnklicke Bestrafung der Schuldigen, gepaart mit dem Versprechen, den verschiedenen betheiligten Regierungen die geforderten Kriegsentschädigungen z» zahlen, genügen. Der Erfüllung dieser Bedingungen dürfte di» Zurückziebung der Truppen au» Paotingfu felgen. Gleich zeitig dürfte die Zahl der Truppen in Cbili vermindert werden. Bor dem März dürft« indeß die Einschiffung der Truppen nicht möglich sein. Tientsin und Nachbarschaft müßten besetzt bleiben, bi» folgende Bedingungen erfüllt seien: Erstens werde die chinesische Negierung beweisen müssen, daß sie willens und fähig sei, den Frieden und die Ordnung in Cbili aufrecht zu erhalten, sowie alle Missionare, Christen und Ausländer wirksam zu schützen; zweiten» müsse die Regierung erklären, in welcher Weise sie da» Geld für die Zahlung der Ent schädigungen zu beschaffen gedenke; der Zahlungsmodus müsse die Billigung der Mächte finden. Der Krieg in Südafrika. Ein köstliches Streiflicht ans die Lage wirft die Londoner „Daily Mail", der man Boerenfreundlichkeit eben nicht nachsagen kann. Das Blatt schreibt: „In der Cap- colonie gab es in den letzten Tagen heftige Kämpfe mit den ein gedrungenen Boercn in der Nähe von OudtShoorn, einem Städt chen, das sehr weit vom Indischen Ocean liegt, doch haben sich die Boeren in der Richtung nach Capstadt „zurück gezogen" (die personificirenden Anführungszeichen sind von der „Daily Mail"). Die Lage in der Capcolonie fährt fort, sehr zweifelhaft zu sein, und cs ist bedeutsam und hervorhebenswerth, daß wir so wenig darüber hören, wo der Feind sich befindet, und was er thut. Eins ist nur sicher: die Boeren sind nicht über den Oranjefluß zurückgegangen." Wie cs iu Transvaal auSsieht, seit die Engländer ihn „erobert und annectirt" haben, davon giebt der Capstädter Berichterstatter des „Manchester Guardian" fol gendes packende Bild: „Am 8. Deccmber konnte man in der ganzen Stadt Johannesburg nichteinen einzigen Laib Brod kaufen. Worte können das herrschende Elend nicht schil dern. Die armen Boerenweiber, die von unseren Soldaten aus ihren geplünderten und niedrrgebrannten Heimstätten fortge schleppt wurden, leiden natürlich am meisten. Die allgemein herrschende Armuth wird noch dadurch vergrößert, daß wir den Proviant, der requirirt wird, mit unverkäuflichen Requisitions zetteln bezahlen, die erst nach B «endig ungdesKrieges zahlbar sind. (Mr dachten, Lord Roberts und die englischen Minister hätten schon längst gesagt: der Krieg ist vorüber! — Anm. d. Red.). Aber wenn eine Hungersnoth in Johannesburg schon Anfang December in Aussicht war, bevor di« Boeren in die Capcolonie eingedrungen waren, — wie muß es jetzt dort aussehen? Unsere Rirsenarme« und die gesammte Civil- bevölkerung der von unS besetzten Städte des Transvaals sind in Bezug auf Lebensmittel gänzlich von der Eisenbahnzufuhr ab hängig, und die meisten Eisenbahnlinien befinden sich entweder im Besitze der Boeren oder können von ihnen nach Belieben an unzähligen Stellen unterbrochen werden. Giebt es denn keinen Arzt, der den Engländern den Star sticht?" Buller'» angebliche Gefangennahme. Die Wiener „Ostdeutsche Rundschau" bringt einen ausführlichen Bericht ihres Capstädler Cvrrespondenten über die Gefangennahme des General Buller durch die Boeren, welche bestätigen soll, daß er beim Baden überrascht wurde. Der erste Oberbefehlshaber der englischen Streitkräfte in Süd afrika, General Sir Redver» Buller, hat, so beißt eS, den Schau platz seiner Nichtthaten kläglich verlassen müssen. Mein Gewährs mann, Herr Krause, der Bruder de» ehemaligen Stod'comman- bauten von Johannesburg bei der Occupatio» durch die Engländer, br. Krause, erklärt ausdrücklich und als Augenzeuge, daß General Buller sammt seinem engeren Stabe in der Nähe DalmanuthaS beim Baden in einem Fluss» von Boeren überrascht, gefangen genommen und nur gegen Abgabe seines Ehrenwortes für sich und seinen Stab, im gegenwärtigen Kriege nicht mehr zu fechten, wieder sretgrlassen wurde. Herr Krause fungirte zu dieser Zeit alS Leiter einer Poeren-Aiubulanz und hält sich gegenwärtig in Durban auf. ES erklärt sich daher auch, daß bei den Abschieds' seierlichkciten sowohl in Natal, als auch in der Capcolonie General Buller nie mehr in Uniform erschien, welches Borkommniß schon damals viel besprochen wurde. . . Wir halten die Boeren nicht für so dumm, daß sie solche „Geißeln" wieder laufen lassen. Hätten sie Buller wirklich freigelassen, so hätten sie ihm wenigstens nickt da» Ehrenwort abgenommen, nickt weiter gegen sie zu kämpfen, denn einen täppischeren Gegner konnten sie sich gar nicht wünschen. Deutsches Reich. 0. Ik. Berlin, 31. Januar. (G a sa r ü e i te r b e w e - gung.) Zäh und zielbewusst verfolgen die Socialbemokraten das Ziel, die städtischen Arbeiter in ihre Netze einzufangen; in erster Linie haben sic es auf die Gasarbeiter abgesehen. In den Kreisen derselben hat es schon lange gegrollt: Versammlungen, in denen über eine Verkürzung der Arbeitszeit und eine Er höhung des Lohnes verhandelt wurde, haben in zahlreichen Städten stattgefunden; in Berkin war auch schon die Möglichkeit eines Gasavbeiterstreiks nähegerückt. Man braucht sich nicht au?- zumalcn, welche Verwirrung eintrelen müßte, wenn eines Tages Berlin ohne Gas wäre. Der erste Gasarbeitercongress ist nun für den October nach Frankfurt a. M. einberufen; die Tagesordnung enthält 6 Punctc, die sich alle mit den Lohn- und Arbeitsverhältnissen und der gesundheitlichen Fürsorge für die Gasarbeiter beschäftigen. Der Einberufer dieses ersten Con- gresses ist der „Genosse" Br. Poersch, unseres Wissens früher Kellner; bringt er aber auch ein durch Sachkenniniß getrübtes Urtheil nicht mit, so besitzt er ein sehr großes Organisations talent. Der October soll für den Congreß deshalb gewählt sein, weil in den Wintermonaten der Gasconsum am stärksten ist und die Herren in Frankfurt a. M. glauben, sie würden mit einer Slreikdrohung kurz vor Beginn des Winters am meisten er reichen. Da in den letzten Jahren in den meisten Städten die Lage der Äasarleiter verbessert worden ist, so ist wohl n! er warten, dass die Aufstachelungsversuche der Agitatoren von er heblicher Wirkung nicht sein werden. Man darf aber auch nicht außer Acht tasten, daß sehr oft die weitschweifenosten Ver sprechungen auch solche Leute verführen, sic einen gerechtfertigten Grund zu Klagen nicht haben. Jedenfalls wird dem Frank furter Gasarbeitercongreß vollste Aufmerksamkeit gewidmet wer den müssen. -r- Berlin, 31. Januar. (Zu den Sammlungen für das Moltke-Denkmal.) Die Meldung der „Köln. Dolksztg.", in einer großen rheinischen Stadt sei dieser Tage vor dem versammelten Landwehr-Officicr- corps bekannt gegeben worden, daß die Stabsofficiere so und so viel, die Hauptleute so und so viel, die Leutnants so und so viel Mark für das Moltke-Denkmal zeichnen möchten, und ausser dem sei festgestellt worden, wer zeichnen wolle, indem man den Namensaufruf folgen lieh, wird hier nicht bezweifelt, um so rückhaltloser wird dieses Vorgehen überall verurtheilt. Wir möchten wohl den Officier sehen, der angesichts einer solchen Auf forderung vor versammeltem Kriegsvolke cs wagen möchte, die Aufforderung mit Nein zu beantworten. In Berlin und Um gegend und auch in anderen Städten ist man wenigstens in der ( Weise verfahren, dass man schriftliche Aufforderungen an die Reserve-Officiere gelangen lieh. Wiewohl es allerdings auch bei diesem ModuS einem Officier sehr schwer werden möchte, die FerMletsir. Deutsches Volksthum in Lohmen. ii. Der originellen Probe d«S obersächsischen Dialektes, die wir api Schluß unseres ersten Artikels (siebe „Tageblan" Nr. 52) gaben, lassen wir noch einige Bemerkungen über den StammeS- charakter der Obersachsrn folgen. Eine ausgiebige Besiedelung deS Erzgebirges fand erst seit der Eröffnung des jetzt leider im Rückgang begriffenen Bergbau« betriebe», also seit dem Anfang de» 12. Jahrhunderts, statt. Dir Erzgebirgler sind meist nur kleine Grundbesitzer, die nebenbei Hausindustrie in verschiedenen Formen betreiben. Die Noth und angeborene Geschicklichkeit hat sie zu Tausendkünstlern ge macht. Berühmt ist ihre Spitzenllöppel«, die im Jahre 1561 er funden wurde, aber in neuerer Zeit unter dem Wettbewerb de» ausländischen Maschinenbetriebes starken Abbruch erlitten hat; ferner die Anfertigung von Musikinstrumenten, von Büchsen und S-irlwaaren. Auch in der Fremde suchen Viele ihr Brvd, so die Preßnitzer Harfenisten und di« Reischdorfer Fuhrleute, die, bekannt durch ihren schlagfertigen, derben Witz und ihre charakte ristische Tracht, Obst, Getreide und Gemüse von dem Unterland« nach Sachsen besorgen. Dir Eisenbahnen haben sie freilich nach und nach um ihre Bedeutung gebracht. Der Menschenschlag im Erzgebirge ist inittelgroß, hager und sehnig. Der rein blonde Typus herrscht vor. Der GesichtS- auttruck ist frei und offen, doch «egt in der Miene etwa« Ge- drückte», wie ein Schatten von der wirkhschaftlichen Noth. Auch hohle, blaffe, von schlechter Ernährung zeugend« Gesichter sind nicht selten. Früh welken die Frauen dahin. Zu der Gebundenheit und der starren Arbeit in den nahe -elegene» Kohlengruben und in den Fabriken taugen dir Erzgebirgler nicht. Doch die häusliche Srwerbethatigkeit, die ganze Familien Tag für Tag an die dumpfe Stube kettet, bringt nur Hungerlökne ein. Au» besseren Zeiten her haben sie eine gewisse Sorglosig- leit »Kd Vertrauensseligkeit geerbt, so da» sie In geselligem «reise rasch di« hartrn Sorgrn vergisst«, viel« leben dem Spruche nach, der ihr« Häuser al» Inschrift ziert: .Nur immer heiter, Sott htkft weiter". . wesentlich verschiedrn vom Erzgebirgler sind die Leben»- bedingungen und darum auch der BolUschlag in den fruchtbaren «denen »ad Hügelketten südlich davon, im Hopfenland« de. Saazer Umkreises. Die wärmere Luft, die anmuthige Gegend, der unvergleichlich fruchtbare Boden haben dem Typus der Be wohner ein« eigene Prägung verliehen. Der Menschenschlag im Hopfengaue ist etwa» kleiner und gedrungener als im Erz gebirge und im Egerlande, weniger sehnig und kantig, im ganzen Wesen milder. Auch die Mundart hat hier weichere, herzlicher« Laute und eine etwas hellere, singende Sprechweise angenommen. Der Osten gehört dem schlesischen Stamme. Die schlesische Mundart drückt eine gemüthliche Breite, ein be- qu«meS Sichgehenlassen, doch auch einen fleißigen, verständigen Geist au». Alle Schlesier sind dem engsten Kreis der Familie und Freunde, sowie der engsten Heimath treu ergeben, der ganze Stamm zeigt Neigung zur Poesie. Hier sei eine Probe der schlesischen Mundart in Böhmen angeführt, rin kindlich-gemüth- volleS Gedichtchen: Kleine» Kendla, grußer Gott, Da(r) de Welt ei'n (in den) Honda Hot, Best ju srhr a kleiner Schatz, Brauchst ju ne aß Moi»la» Platz. Dein« Händlan sein sehr kalt, Wascht (wirst) s« ju erfrie(r)an bald. Ich Welt der mein« Hanschklan (Handschuhe) leih'«. Steck ock dein« Hrndlan nei(n). Kleine» Krndla, komm ock rei(n), Ich wa (werd«) d«r loßa heiza si(n), Ich wa der kocha 'n Hirschebrei On wa der thun viel Butter nei(n). A Butterschnittla wrllt ich der ga(b)n, On vo der Melch a besta Rahm, Ich wa dich ei a Betkla le(a)n, On wa d«r ach a Hemdla näh'«. Im nordöstlichen Böhmen hat die Erzeugung von Tuch, Lein wand und Sla» in neuerer Z«t «inen großartigen Aufschwung genommen, der außerordentlich« Dichtigkeit und Wohlhabenheit der Bevölkerung zur Folg« hatte. D«r Ackrrbau ist fast ganz zu« rückgedränat. Sin« Welt für sich bildrt da» Niesrngrbirgr, da», weit abgeschlossener al» da» Erzgebirge, von einer ganz ur sprünglichen, an Brauch und Sitte der Vorfahren festhaltenden Bevölkerung bewohnt wird. Der Nirsengebirglrr ist hager uns starkknochig. Auf rauhem und kargem Boden aufgewachsen, ist er ausdauernd und genügsam, von strenger Sitteneinfalt und ernster, stiller Art. So finden wir also unter den deutschen Bewohnern Böhmen» rin« Mannigfaltigkeit in der Sprachweise, in der St«nm«»art, in den Lebensverhältniffen, wie kaum in einem anderen deutschen Landstrich von der gleichen räumlichen Begrenzung. Gemeinsam aber ist diesen verschiedenen Bevölkerungstypen alles das, waS zur deutschen Art überhaupt gehört. Alle die hervor ragendsten äußeren und inneren Eigenschaften, die das deutsche Volk kennzeichnen, kommen auch den Deutschen in Böhmen zu. Der rein blonde (germanische) Typus — blonde Haare, blaue Augen, weiße Haut — weist bei den Deutschböhmen (mit Aus nahme der Böhmerwäldler) den stärksten Procentsatz für ganz Oesterreich auf und die Grenz« seines Verbreitungsge bietes (25 bis 30 Procent der christlichen Schulkinder) deckt sich völlig mit dem deutschen Sprachgebiet in West-, Nord- unv Ost böhmen. Auch bei den Deutschen in Böhmen finden wir das ruhige Temperament, daS sich nur schwer, kann aber um so be harrlicher und tiefer erregen läßt, den Ernst der Lebensauf fassung, der JeglicheS schwerfällig nimmt und durchführt, die au» einem gereiften, reichen Gemüthslebrn erwachsende Innerlich keit, die geachtete Stellung der Frau und damit zusammen- bänaer.d die Gesundheit de» Ehcleben», den Individualismus, der so viel kräftige, eigenartige Persönlichkeiten erzeugt, die Zähigkeit, dir sich im Willensstärken Verfolgen des gesteckten Zieles, im muthigen, treuen AuSharr«n, in der kraftvollen Dertheidiaung ererbter und erworbener Recht« äußert und durch den Widerstand nur noch «steigert wird, aber Beide» Charaktereigenschaften, die auch zur Starrköpfigkeit und Zwietracht in den eigenen Reihen verführen, endlich die Einfalt, Wahrheitsliebe und Gutmiithig- keit mit dem bi» zu Fehlern und Schattenseiten wachsenden Ueber- maß. Gemeinsam ist allen Deutsch-Böhmen auch ein reicher, unversirglichrr Schatz d«r DolkSporsie. Ihre StammrSart und Geschichte erweis«» e», daß die Deutschen in Böhmen ihrer Hauptmast« nach durchaus nicht germanisirte Tschechen sind. Sie sind vor vielen Jahrhunderten auS dem deutschen Stamm lande durch die böhmischen Könige berufen worden und haben dichten Urwald in ein blühendes Culturland verwandelt. Deutsches Volksthum ist in Böhmen so rein nationalen Ur sprungs, so echter deutscher Art, wie nur irgend ein Volk»- stamm innerhalb der weiten Grenzen deutsch sprechender Lande. Wer sich über die Eigenart des deutschen Elementes in Böhmen, da» bei den letzten Reich»rath»wahlen sich lebens kräftiger erwiesen bat, al» seine Feinde, die Slawen, und die die Letzteren protegrrende österreichisch« Regierung sich träumen ließen, genauer unterrichten will, dem empfehlen wir auf da» Angelegentlichste da» treffliche, von Hermann Bach- mann - Lharlottenburg herau»g«geb«nr, im Verlag der „Concordia", Deutsche Verlagsanstalt in Berlin, soeben erschienene Werk „Deutsche Arbeit in Böhmen". Dasselbe enthält auf 664 Seiten Culturbildcr aus Böhmen, von hervorragend«« deutschböhmischen Gelehrten und Schriftstellern geschrieben, sowie eine Einleitung des Verfassers über die deutsch böhmische Frage, die heute jedem Gebildeten geläufig sein sollte. Das Buch sollte zur Stärkung des Deutschthums in Böhmen, aber nicht minder zur Stärkung der Sympathie aller Reichsdeutschen für die den Kampf um die Erhaltung ihres deutschen Volksthums in Böhmen kämpfenden Volksgenossen beitragen, und, wenn eS, wozu wir anregen möchten, in Deutschland fleißig gelesen wird, so wird es zweifellos sein«« Zweck erfüllen. Wir sind in dieser Darstellung dem instruktiven Essai von Professor I)r. Adolf Häuften über „DaS deutsche Volksthum in Böhmen" gefolgt, aber auch die übrigen Capitel: Deutsch-Böhmen, landes kundlicher Abriß, die Ansiedelung der Deutschen in Böhmen, Böhmens staatsrechtliche Beziehungen, deutsche Literatur, deutsche Kunst, deutsche Tonkunst, deutsche Bühnenkunst, deutsche Wissen schaft, deutsches Schulwesen, deutsche Industrie, deutsches Kunst gewerbe, deutsches Handwerk, deutscher Adel, Bürger- und Bauernstand, deutsche Curorte in Deutsch-Böhmen und daS deutsche Prag sind ganz vorzüglich geeignet, über die Culturarbeit der Deutschen in unserem Nachbarlande aufzuklären, zu orientirrn, wie Bachmann sagt, «in Bild der Fülle von Tüchtig keit, unablässigem Arbeitsfleiß, unerschütterlichem Muth und redlichem Idealismus, den da» Deutschthum aufgewendit hat, um au» der von Wäldern und Sümpfen erfüllten Wildniß zwischen den Hängen deS RiesengebirgeS und den Ouell«n der Moldau das reiche, blühende Land zu schaffen, das heute die kost barste Perle in dem Kaiserdiadem der Habsburger darstellt. Die Einführung des Herausgeber» ist dir schriftstellerisch in jeder Beziehung hervorragende Leistung ein«» an seiner böhmischen Heimath in herzlicher, unverwüstlicher Liebe und Treue hängenden deutschen Manne», dem aller Chauvini»mu» fremd ist, der in starken Akkorden zur Versöhnlichkeit und zur Versöhnung mahnt, der aber über Alle» hochhält deutsche Errungenschaften, deutsches Gemllth und deutschen Fortschritt auf künstlerischem, wissenschaftlichem und industriellem Gebiete, und dessen sehn lichster Wunsch ist, daß dem deutschen Wesen in Böhmen, und damit in Oesterreich, sein alt angestammte» und immer wieder von Jahrhundert zu Jahrhundert neu erworbene» Recht werde. Möge diese ernste, eindringliche Stimme in deutschen Landen nicht überhört werden. Sie giebt nur Dem klassischen Ausdruck, wa» in jede» Deutschen Brust schlummert und wa» daher überall verstanden wird. —
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