Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010718016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901071801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901071801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-18
- Monat1901-07
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-, Preis Ai der Haspterpedttio« oder den im Stadt- beztrk aad den Vororten errichtete» Aas- oabestelle» ad-eh olt: vierteljährlich ^l 4 so, bet zweimaliger tLglicher Zustrllaao t-S Hau» ^l b.SO. Lurch die Post bezöge» für Deutschland ». Oesterreich: vterteljährl. ^il S. Ma» abouutrt ferner mit entsprechendem Postauffchlag bei den Postanstaltea in der Schwei», Jtalie», Belgien, Holland, Luxem» du«, Läuemart, Schwede» und Norwegen, Rußland, den Douaustaaten, der Europäische» Türket, Egypten. Für alle übrig,» Staate» ist der Bezug »«r unter Kreuzbaad durch die Expedtttoa diese» Blatte» möglich. Di« Morgrn-AuSaabe erscheint «» >/,7 Uhr, di« Lbead-Auögabe Wochrawg» um k Uhr, Nr-arttou »nd Lrve-itt-u: JohauniSgasse 8. Filialen: Alfred Bahn vorn». O. klemm'» Sorti». UuwrrsitLtSstraße S (Pautiaum), Louis Lösche, chathariurustr. 14» purt. uud K»»t-«pIaA 7. Morgen-Ausgabe. MpMer TaMatt Anzeiger. Ämtsklatt des Hönigkichen Land- und Äintsgerichtes Leipzig, des Nattzes und Nolizei-Ämles der Stadt Leipzig. Slnzeigen'PreiS die ögespnttene Petitzeile 25 Rerlome» unter dem Redacrroa»striq (ü-«spalte») 7Ü vor de» FamU^aaach. richt«» (--«spalt«») SO «h. Tabellarischer »ad Hisserusatz «ltsprechend höher. — Bebühre» für Nachweisung»» «eS Offerteaauuahm» 8S (excl. Porto). Arkra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgab«, oha« Poftbeförderung KO.—, mit Postbesörderuug 70.—. Amrahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Uusgabe: vormittag» lO Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bet de» Filiale» uud Annahmeftklle» je eine halbe Stunde früher. Anzeige» stad st«t» a» di« VrpedUtou zu richte». Di» Spedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abeud» 7 Uhr. Druck uud Verlag vou L Polz tu Leipzig 361. Donnerstag den 18. Juli 1901. 85. Jahrgang. Colonien für Entlassene. * Wiederholt ist der Vorschlag emfgetaucht, in den deutschen Schutzgebieten, insbesondere in Deutsch - Südwest - Afrika, Strafcolonien zu errichten, und ebenso oft ist dieser Bor schlag als undurchführbar zurückgewiesen worden. Vielleicht ist die berechtigte Abneigung maßgebender Kreise gegen Straf colonien die Ursache, daß ein anderer Vorschlag, der schon vo Jahren gemacht wurde, nicht die ihm gebührende Beachtung ge funden hat. Bei der Bedeutung aber, weiche einerseits die Zu führung deutscher Ansiedler nach unseren Schutzgebieten uss. andererseits die Zurllckführung der aus Heil-, Befferungs- und Strafanstalten Entlassenen zu gedeihlicher Thätigkeit für da: ganz« Reich hat, halten wir es für verdienstlich, auf diesen Vor schlag »wieder aufmerksam zu machen. Der Urheber desselben, der sich als Schriftsteller R. Wild- bach nennt und durch seine Erfahrungen wohl berufen ist über diese Frage mitzureden, bekämpfte s. Z. d:n Antrag aus Errichtung von Strafcolonien und entwickelte seinen eigener Vorschlag in einem Aufsätze, dem wir daS Folgende entnehmen: „Als seiner Zeit Herr Professor Bruck-BreSlau zuerst mit diesem Antrag« (Strafcolonien) hervortrat, fühlte man gleich der Idealisten heraus, der die tatsächlichen, hierbei in Betracht kommenden Verhältnisse nicht kremt, und man konnte die Frage nicht unterdrücken, ob der Herr Professor drüben in dem großen, weiten Afrika vielleicht mit „Cordon" bilden werde, damit seine Schütz- und Pfleglinge nicht durch die Lappen gingen. Muß man doch bei diesem Problem vor Allem mit der That- sache rechnen, daß di« persönliche Freiheit, das Recht der Selbst bestimmung, den in daS Auge Gefaßten rechtlich aberkannt ist. Dies aber hat einen besonderen, sehr in das Gewicht fallenden psychischen Zustand der in Frage kommenden Individuen zur Folge. In einem der persönlichen Freiheit Beraubten wird sich immer, sei es auch nur im Geheimen, auf dem Grunde des Herzens die Sehnsucht nach Freiheit, der Drang, sie wieder zu besitzen, sowie infolgedessen eventuell eine Reaction gegen die ihm auferlegte Freiheitsentziehung regen; das ist erklärlich, denn die Freiheit ist eines der höchsten Güter des Erdendaseins, wie dies auch der große Nationalökonom Roscher in den Worten be stätigt, daß sich „die Arbeit der Menschen nur unter Voraus setzung persönlicher Freiheit zu ihrer vollen wirthschaftlichen Bedeutung entwickeln können". ' In Afrika aber harren Culturaufgaben von epochemachender, grundlegender Bedeutung ihrer Lösung, für welche der einzelne Mann freudig und gern sein ganzes Selbst nnzusetzen bereit sein muß. Außerdem that auch unlängst ein Geistlicher einer Heil- und Pslegeanstalt für Geisteskranke als Resultat seiner seelsorgerischen Beobachtungen den Ausspruch: „Sie (die Pfleg linge) wissen es alle", nämlich, daß ihnen die persönliche Freiheit entzogen ist. Also sogar Menschen, die nach ärztlichem Urtheil der Vernunft, besser des „Vernunftgebrauchs" beraubt sind, die sich oft geberden, als wäre dieselbe bei ihnen nicht einmal mehr „in nnae", d. h. verhüllt, gebunden, vorhanden, wissen und fühlen daS an sich. Um so mehr wird dieses Bewußtsein bei für zurech nungsfähig erklärten Strafgefangenen der Fall sein, und nur die Erkenntniß der UnLbersteiglihkeit der ihnen ge zogenen Schranken, sowie der schweren Gefahr einer gewaltsamen Durchbrechung derselben wird den Freiheitsdrang in ihnen Niederhalten, sie zur Resignation in das Unabänderliche be fähigen. Allein aus dem Grunde des Herzens ist dieser Drang wohl nur mit wenigen Ausnahmen vorhanden. Deshalb muß eben auch der für die Detention geschaffen« Apparat schon im Mutterlande ein so umfänglicher, wohldurchdachter, ineinandergreifender und relativ kostspieliger sein. Um wie viel mehr wäre mit dieser psychologischen Thai sache bei Ueberführung der Betreffenden nach Afrika zu rechnen, wo der große, weite, offene Erdtheil sie aufnähm«! Höchstens «ine allenthalben abgeschlossene Insel, etwa eine der durch Menschenraub der benachbarten Jnselhäuptlinge nach und nach menschenleer werdenden SalomonSinseln könnte hierfür als auch klimatisch geeignetes, keinen zu kostspieligen BeaufsichtigungSapparat erforderndes DetentionSgebiet in Frag« kommen. Nichtsdestoweniger ist auch hier mit dieser Thatsache der faktischen, rechtlichen Freiheitsentziehung zu rechnen. Muß man aber, wie auch Roscher thut, das Recht der per sönlichen Selbstbestimmung für alle Arbeitsleistung so hoch an schlagen, so wird man richtiger und erfolgreicher für Ansiede lungen, soweit für Ausführung von Culturcrrbeiten in den Schutzgebieten nur solche ins Auge fassen, welchen dieses Recht auf persönliche Freiheit zusteht, bezw. wieder zuerkannt ist. Dies führt auf die aus H e i l B es s eru ng s - u n d Strafan st alten Entlassenen. Bei diesen allen kann nicht von einer zwangsweisen Ueberführung und Ansiedelung die Rede sein, es fällt mithin der ganze kostspielige und umständlich« Beaufsichtigungs- und Deten- tionsapparat weg. Auch würde man nur solche überführen können und dürfen, welche: 1) auf Anfrage und Vorschlag sich seldst dafür entschieden haben, 2) auf Grund der Prüfung ihrer intellectuellen und körper lichen Befähigung für tauglich erachtet worden sind. Di« Ueberführung dieser Kategorien von Volksgenossen könnte aber in mehrfacher Hinsicht zu einer großen Wohlthot werden. Zunächst ist es Thatsache, daß in dielen Fällen di« Rückkehr in alte Verhältnisse die Ursache zum Rückfall in die alten Fehler ist. Ein kürzlich durch Fallbeil gesühnter Doppelmord wird wesentlich mit diese Ursache gehabt haben. Außerdem würden di« Entlassenen einer sie umgebenden menschlichen Ge sellschaft entrückt, die ihr mißtrauisch gegenübrrsteht, oder di« in der pharisäischen Selbstgerechtigkeit unfehl bar vollkommener Staatsbürger an denselben ihr Splitterrichteramt übt, dadurch aber den bei den Entlassenen meist vorhandenen Grmüthszustand der Ver bitterung, der Verbisse nh eit und der Hasse- gegen di« bürgerliche Gesellschaft, der zu n«wen Vergehen oder Der- brechen reizt, nur noch steigert, anstatt etwa vorhandene Vorsätze zur Besserung zu stärken. Hier Ivird also heilend und bessernd wirken die Ueberführung in ganz andere, gang neu« Verhältnisse, wie st« eben dir Schuh- gsbiete davbieten. Zudem würde dadurch dem u. A. im Königreich Lachsen organisirten Verein zur Förderung für Entlassene, der auch mit ganz ungenügeniven Mitteln arbeitet (er besaß z. B. m Jahre 1884 nur 7500 Capital und 366 c/( Baarbestand) oadurch eine wahre Sysiphusarbeit, wenigslens theilweise, ab- zenommen. Freilich muß hierzu auch noch kommen die Aussicht auf Er tragung einer befriedigenden Existenz, der eines Besitzen den, eventuell eines Wohlhabenden, ferner die Zusicherung und Aarantic, daß den Hinausgehenden die Früchte einer ersten, harten Erfchließungsarbeit auch ganz zufallen, daß sie vor allen Lingen nicht egoistisch ausgebeutet werden sollen. Das wird oesentlich sein, um in dem Betreffenden die Keime und Ansätze ,ur Besserung zur Entfaltung zu bringen. Ein« günstige Vor aussetzung hierzu ist offenbar durch den jüngst gefaßten llegierungSbeschluß geschaffen worden, demzufolge von dem neren Land in Deutsch-Südwestafrika, daS Gesellschaften con- eessionirt werden sollte, oder schon war, 10 000 Quadratkilometer zurückgenommen und dem kaiserlichen Gouverneur überwiesen oorden sind. Davon sind zwar, auf Anregen des Borstandes der Lolonialgesellschaft, zunächst Ausgedienten der Schutztruppe unentgeltlich Landanweisungen gemacht worden. Allein, venn man auch die Ansiedelung von Strafgefangenen regierungs eitig ablehnte, so sollte man doch mit derjenigen von „Ent lassenen" wenigstens einen ersten Versuch in bescheidenen Grenzen machen und dagegen sich nicht ohne Weiteres kühl ab lehnend verhalten. Nur müßte man, wie für die eingeborenen Stämme anderwärts, so auch hierbei besondere Reser vationen für Ansiedelung von Entlassenen schaffen, von welchen die übrige menschliche Gesellschaft zu beiderseitiger Befriedigung principiell ferngehalten würde. Sodann wäre eine derartige Ansiöoelung nur unter den folgenden besonderen Bedingungen erfolgreich denkbar: 1) Da derartige Entlassen«, abgesehen von bescheidenen Er sparnissen, meist mittellos sind, so dürften derartige Landüber weisungen nur lehensweise, also ohne Kaufsumme und gegen Entrichtung einer mäßigen Lehenspacht, etwa vom dritten bis fünften Pacht-(Lehens-)Jahre an erfolgen. (Die Ueber führung von Familienvätern dieser Kategorie würde nur dann thunlich sein, wenn deren Familie bis zu dem Zeitpunct, an welchem ihr Nachkommen möglich ist, im Mutterland unterdessen ihren Unterhalt finden kann.) Eine lediglich lehensweise Ueberlassung derartiger Ländereien ist nicht nur durch die traditionelle Sitte jener Länder, derzufolge alles dem Häuptling gehört und welcher man sich somit anpasscn würde, sondern auch nationalökonomisch begründet. Bekanntlich haben jene im Urzustand befindlichen Ländereien einen wirklichen Cultur- und somit Kauswecth überhaupt noch gar nicht, höchstens fictive, Afsections- und Speculationswerthe, welche aber der reellen Basis entbehren. Ersterer ergiebt sich erst aus dem mittleren Durch schnitt der Bodenrente nach einer längeren Reihe von Cultur- jahren, und wenn alles in voller Cultur steht. Deshalb wird die coloniale Erschließung etwa innerhalb der ersten 50 Jahre am richtigsten nur lehensweise erfolgen. Diese letzt« Rechtsform der Landüberlassung hat aber auch noch den doppelten Vortheil, ein Prosperiren der Colonien aus gesunder Basis zu ermöglichen und andererseits aus der all mählich steigenden Lehenspacht der Regierung eine willkommene Einnahme für allgemeine, die Colonie fördernde Maßregeln, z. B. Hafen-, Wegebauten u. s. w. auf Jahrzehnte hinaus zu sichern, ohn« doch dis Colonisten zu drücken; muß man doch letztere, namentlich die erste Generation derselben, mit allen Mitteln in der Erzeugung von Früchten der Erde unter stützen, damit auf ihrer Arbeit alsdann diejenige anderer, be sonders kaufmännischer Geschäfte oder Erwerbsgesellschaften fußen kann. Und bei Erfüllung seiner Verbindlichkeiten lebt man auf einem Lehen, wie auf e i ge ne m Grund und Boden, zumal bei einem Contract auf eine längere Reihe von Lehens- oder Pacht - jähren bezw. beiErblehencontract. 2) Wegen der Neuheit der Verhältnisse, sowie der Besonderheit der Anzusiedelnden wären besondere, für letztere ausschließlich reservirte Versuchsstationen unter Leitung eines landeskundigen Inspektors mit Hilfspersonal, vielleicht auch einem Hausvater (für Verpflegung) u. s. w. anzulegen, wie deren schon jetzt sonst in den Schutzgebieten vorhanden sind. Auf deren Areal hätten die in bestimmter Zahl einlogirten Insassen gegen entsprechenden Tagelohn (Accord u. s. w.) etwa zwei Jahre hindurch, behufs beiderseitiger Prüfung der Verhältnisse und der Befähigung, als freie Lohnarbeiter zu arbeiten, um unter dessen in der Nachbarschaft sich ein geeignetes Lehensgrundstück auSzusuchen. Die Summ« der im ersten >b«zw. zweiten Jahre des Betriebe! an diese Versuchsstation«« und deren Ansiedler auszuzahlenden Löhn«, sowie der Gehälter der Leiter n«bst den ersten Betriebs kosten wäre zunächst darlehnsweise (aus welchen Fonds, siehe unt«n) zu gewähren und als H y p o t h e k auf das auch als unverkäufliches Lehen zu überweisende Versuchsgrundstück einzutragen. Von Beginn des zweiten, besser des dritten Be- triebSjahre» an müßt« der Betriebsleiter mit seinen Probe arbeitern, s«i es mittels Viehzucht, sei eS mittels Landwirtschaft u. s. w., aui diesem Lehen-grundstück schon soviel herauSwirtb- schaften, um zunächst sein«« und seiner Hilfsarbeiter sämmtliche Gehälter und Löhne pro Jahr, sowie womöglich auch die Zinsen zu 4 Procent für die capitalisirte Summe der erst- bezw. z'wei- jährigen Gehälter und Löhne zu bestreiten, während deren Amortisation (mit etwa 6—51/2 Procent) erst mit Beginn des sechsten vetriebSjahreS erfolgt«, bi» zu welchem Zeitpunct oaS ganze Lehrntgrundstück voll in Cultur stehen könnte. Etwa bi» zum sechsten Jahre sich bereit» ergebende Ueberschüss« würden theils als Reservefonds zurückgelegt, theilS als Tantieme an Beamte wie Hilf»arb«iter procentualiter verteilt (z. B. als be sondere Gratifikation zu Weihnachten). Nach Austritt derersten Gruppe nach Ablauf der ersten zwei Jahre träte eine neue Gruppe Entlassener an »hr« Stell« und sofort. In diese Probe- zeit würden auch gemeinsam«, die später« indivikmell« Ansiedelung bei sämmtliche« Mitgliedern der Gruppe vorbereitende Ar beiten, al»: Bau von Zugang-Wegen, Erbohrung von Brunnen, Anlage einer Wasserleitung zur Dertheilung rrbohrten Wasser» auf mehrere Ansiedelungen, sowie Stau- und Bewässerunas- oder Sntwässerung-anlagen u. s. w. gehören, so weit die Zeit neben den Arbeiten auf dem Versuch-gruntdstück auSreicht. Wie hieraus ersichtlich, wurden hierfür wesentlich für Land- wirthschaft befähigte Entlassene jüngerer Altersclassen inerster, eine Anzahl von nöthigen Handwerkern in zweiter Linie :n Frage kommen. Die Summer der Zahl derselben «ruß vor läufig eine offene Frage bleiben. Sie richtet sich vielleicht nach der Größe des Becsuchsgrundstückes, der auf ihr zu be wältigenden Arbeiten, der erfolgreichen Anleitung und Ver pflegung der Aufzunehmenden u. s. w. Vielleicht wäre eine Zahl von 12 Personen angemessen. Allen diesen blieb« der Austritt aus der Versuchsstation nach Erfüllung ihrer Arbeit nach Maß gabe des erhaltenen Lohnes, sowie ihrer Verbindlichkeiten (z. B. Abarbeit«« vorgrschossenen Ueberfahrtgeldes u. s. w.), sei es wegen sich offenbarender Untauglichteit ihrerseits, sei «S wegen Abneigung gegen die ihnen in Aussicht stehende Existenz natür lich offen; indessen die Aussicht auf eine spätere Existenz als all mählich wohlhabend werdende freie Lehensbauern dürfte sie meist fesseln. Bereits ansässig gewordene derartige Ansiedler könnten dann auch ihrerseits neue entlassene Ankömmlinge als Hilfsarbeiter annehmen und anleiten. Gewisse üble Neigungen, etwa zum Diebstahl, zu Gewaltthätigkeit u. s. w. würde man durch geeignete disciplinslle Maßregeln und Hausordnungen über winden. 3) Die in P u n c t 1 oben schon betonte wesentliche Mittel losigkeit dieser Gattung von Anzusiedelnden erforderte noch die Gewährung von etwa vom fünften Jahre an amortisirbaren Darlehen zu 5—5sH Procent seitens des Reiches behufs Darreichung des nöthigen Betriebs- bezw. Baucapitals auf dis auszupachtenden Lehensgüter. DaS hierfür geeignete Darlehens - und Creditinstitut würde eins Colonialbank, etwa nach Art der königlich sächsischen Landssculturrrntenbank organisirt, sein. Ein bezüglicher Entwurf liegt dem Vorstand« der deutschen Colonialgesellschaft bereits vor. Dieselbe wäre als Dolksspar- casie zu 4 Procent besonders geeignet, die coloniale Sache zu popularisiren." Die Wirren in China. AuS Pe king, 16 Juli, berichtet daS „Reuter'scheBureau": Die Gesandten geben offen zu.daßdieAuSsichte« aufeinen Abschlutz der Verhandlungen immer düsterer werben, und die Lage sehr ernst ist. lieber einen Monat befindet man sich auf einem tobten Puncte. Die für heule angesetzkeZusammenkiinfk ter Gesandten ist wieder verschoben worden, weil ihre Zwecklosigkeit klar ist. In einer Versammlung vom 11. Juni erreichten die Meinungsver schiedenheiten ihren Höhepunkt; seitdem ruhen die Verhand lungen völlig. Der Hauptgezenstand der zwischen Eng land und Rußland schwebenden Verhandlungen betriff! die Einzelheiten des Planes der En t sch ä dig u n g S z a blu n g. Alle Gesandten hatten bereits Anfang Juni, vorbehaltlich der Zustimmung ihrer Negierungen, sich über den Pla' geeinigt, als England seine Zustimmung mit der Begrün dung versagte, es müsse seine HandelSinteresscn schützen. Die Gesandten der neutralen Mächte meinen, England oder Rußland müsse wesentliche Zugeständnisse machen, bevor ein Abschluß der Verhandlungen möglich sei. Inzwischen be arbeiten dieGesandten verhältnißmäßig unwichtige Einzelfragen, wie die Verbesserung der SchifffahrlSverhältnisse. Wenn die finanzielle Frage erledigt ist, können die Verhandlungen an einem Tage zum Abschlüsse gelangen. Li-Hung-Tschang forderte die Gesanden dringend auf, einen vollständigen Plan der Friedensbevingungen vorzulegen. China sei bereit, alle vernünftigen Bedingungen anzunehmen, wolle aber endlich wissen, waS die Mächte eigentlich verlangten, damit eS mit der Erfüllung der Bedingungen beginnen könne. * Berlin, 17, Juli. (Telegramm.) Zu der Nachricht deS „Reuter'jchen BureauS" au» Peking, nach der die Aussichten aus den Abschluß der Verhandlungen immer düsterer würden und die Lage sehr ernst sei, bemerkt die „Nordd. Allgem. Ztg.": Nach hier vorliegenden Nachrichten ist diese Darstellung tendenziös ge- färbt uud bietet der gegenwärtige Stand der Verhandlungen viel- mehr Au-sicht auf rin« baldige befriedigende Lösung der schwierigen Aufgabe. * Petersburg, 17. Juli. (Telegramm.) General Wolkow telegraphirt unter dem 13. Juli: In der Nähe der Stadt Scheu- siang ist es zu einem Gefecht mit einer Bande Tungusen gekommen. Der Cornet Swialopolk Mirsky wurde au der Hand verwundet. Der Krieg in Südafrika. Nach»,al» vlakfontetn. Man schreibt unS aus London unter dem 16. Juli: Es ist den vereinten Bemühungen der „Daily Mail" und ihrer Gefolgschaft von Jingos glücklich gelungen, aus der be rühmten „Ermordung der britischen Verwundeten bei Dlak- fontein" eine eaukv oolödro zu machen und damit der Regierung eine Unbequemlichkeit über die andere zu bereiten. Die ganze Meute dieser Monopolisten des britischen Patriotismus hat in sofern ihren Willen erreicht, al» daS KriegSamt sich gezwungen sah, vom General Lord Kitchener die eingehendsten Detail- ern- zufordern, die dieser jetzt mit der ihm eigenen lakonischen Kürze nach und nach liefert. Im gestrigen Parlamente hatte der Staats sekretär des Kriegsamtes, Mr. Brodrick, wiederum zahlreiche Fragen mit Bezug auf die Dlakfontein-Affäre zu beantworten, und that diese» in anscheinend sehr großer Nervosität und sehr schlechtem Humor. Er erklärte u. A., daß Lord Kitchener tele graphirt habe, er sei bis jetzt mit den Boerenführern bezüglich der Frage von der Tödtung britischer Verwundeter nicht in schriftliche Verbindung getreten, da die» einfach zwecklos sein wurde, denn, wenn auch die feindlichen Generale mit einem sol chen Verhalten ihrer Leute nicht einverstanden seien, so wären sie im gegebenen Falle doch ganz außer Stande, derartige Unthaten einzelner Mannschaften zu verhüten. Mit dieser lakonischen Erklärung trifft Kitchener den Nagel auf den Kopf, denn, wenn thatsächlich eine Tödtung verwundeter englischer Soldaten ab sichtlich oder unabsichtlich stattgefunden hat, so ist diese» im ganzen Feldzuge der einzige Fall gewesen, der bither überhaupt zur Sprache gekommen ist, und derselbe hätte einfach durch den englischen General der Ordnung halber zur Kenntniß der feind lichen Führer gebracht werden müssen, wodurch die ganze An gelegenheit ihre ordnungsmäßige Erledigung gefunden hätte. Wären die angeblichen Schandthaten der Boeren bei Vlakfontein thatsächlich in dem Umfange vorgekommen, den man jetzt auf Seiten der Jingos künstlich construiren will, so wäre Kitchener of Khartoum der Letzte gewesen, sich zu genieren und die Sache zur Sprache zu bringen, indem er sie zum Gegenstände eines neuen Droh- und Mahnbriefes an Louis Botha machte. Als alter Feldsoldat weiß er aber ganz genau, was von derartigen Schilderungen zu halten ist und welchen Werth selbst unzwei deutigen Aussagen der am Gefechte betheiligt gewesenen Officiere und Mannschaften haben. Er weiß ebenfalls ganz genau, daß seine eigenen Soldaten oft genug verwundete Boeren kaltblütig getödtet haben, wie z. B. bei Elandslaagte zu Beginn des Krieges, wo die schneidigen englischen Lanzenreiter das berüchtigte „Schweinestechen" veranstalteten, indem sie alle bereits am Boden liegenden Boeren mit ihren Lanzen in der rohesten und gemeinsten Weise bearbeiteten. Wahrscheinlich hak er es auch noch nicht vergessen, wie die britischen Truppen im Sudan nach der Schlacht von Omdhurrman die verwundeten Derwische zu Tausenden wie die Hunde niederknallten, und zwar unter Füh rung ihrer Officiere und auf höheren Befehl. Der ganze Spectakel über die Vlakfontein-Affäre läuft natür lich einzig und allein auf eine willkürliche und zielbewusste Jkngo- mache hinaus; jedes Mittel ist recht und willkommen, um den Haß gegen die tapferen Boeren, die sich nicht von England nieder zwingen lassen wollen, zu fördern und einen großen Theil des englischen Voltes in der früher künstlich imputirten, albernen Ansicht zu erhalten, dass die Boeren nur halbcivilisirte Barbaren sind, die absolut keine Schonung und Rücksicht verdienen und deshalb durchaus unqualificirt sein müssen, als eine freie und unabhängige Nation dazustehen. Uebrigens gab Staatssekretär Brodrick gestern Abend im Parlamente noch des Weiteren kund, er habe von Lord Kitchener ein ferneres Telegramm erhalten mit der Meldung, daß eidliche Aussagen über die Ermordung englischer Verwundeter durch dis Boeren ausgenommen und bereits nach England abgesandt wor den seien, so daß also in drei Wochen die Jingos neuen officiellen Stoff haben werden, um ihre Boerenhetze fortzusetzen, wenn nicht inzwischen der Gang der Ereignisse diese unnöthig oder unmöglich macht. * Johannesburg, 13. Juli. Die Boeren entwickeln in der letzten Zeit in der Umgebung von Johannesburg eine sehr leb hafte Tbätigkeit. Gestern erschienen sie wieder bei Noode. voort; als sie die Vorposten aber auf der Hut fanden, ver- schwanden sie wieder. General Allenby operirt nordwestlich von Krügersdorp. * Pretoria, 16. Juli. Die in Reitz gefangenen Mit. glirder der Regierun g deS Freistaates sind hier eingetroffen. Deutsches ReLM -5- Berlin, 17. Juli. (Jesuitenpraxis in Tirol.) Mehreren Blättern wurde jüngst gemeldet, der protestan tische Besitzer des Gasthofs Domanighof zu Schön berg im Stubaithale sei in Folge klerikaler Manöver um Haus und Hof gekommen. Zuerst habe man die Landbevölke rung gegen ihn aufgestachelt, dann habe der Jesuit Baron Billot in Innsbruck den Gasthof Jägerhof in Schönberg an gekauft, um dem Domanighof scharfe Concurrenz zu machen, sodann habe man es dahin gebracht, daß dem „Ketzer" die auf seinem Anwesen stehenden Hypotheken gekündigt wurden, end lich habe man ihm seinen Oberkellner abspenstig gemacht und diesen für den Jägerhof gewonnen, und so habe man es endlich erreicht, daß der vrangsalirte Mann sein Besitzthum an seine Feinde habe verkaufen müssen. Zur „Widerlegung" dieser Mel dung veröffentlicht jetzt die „Germania" eine lange Inns brucker Correspondenz, die ihren Zweck aber vollständig verfehlt. Zunächst geht aus der Darlegung des Berliner Centrumsblattes hervor, daß Ferdinand Baron Billot Zögling der von Jesuiten geleiteten katholischen Facultät in Innsbruck, das Gasthaus Jägerhof in der That im vergangenen Winter angekauft hat. Üeber die Gründe zu diesem für einen Studirenden nicht ganz gewöhnlichen Schritt führt die „Germania" bezeichnender Weise nur an, es habe deren „verschiedene" gegeben, darunter speciell den, „jenen herrlichsten Punct der Umgebung Innsbrucks nicht in die Hände von Juden oder Vertretern der modernen radikalen Zeitrichtung gelangen zu lassen." — Daß dem protestantischen Besitzer deS Domanighofes Hypotheken gekündigt und die Land bevölkerung abspenstig gemacht worden, sowie daß der Ober kellner des Domanighofes in den Jägerhof übersiedelte, bestreitet die „Germania" nicht. Und da sie eingehend schildert, wie der Domanighof zu einem Ausgangspunkte der „Los von Rom"- Bewegung gemacht worden sei, so sind wohl einige Zweifel an der Richtigkeit der Angabe berechtigt, Baron Billot habe nicht ge wußt, daß der Besitzer deS Domanighofes Protestant sei. Wenn die „Germania" hervorhebt, Baron Billot habe den Domanighof „bedeutend zu hoch" bezahlt, so wirft dieser Umstand ebenfalls ein Helles Licht auf die Triebfedern, die bei der Erwerbung des Domanighofes wirksam waren. An der Beurtheilung des Bor gehens gegen den protestantischen Gastwirth ändert auch nichts der von der „Germania" angeführte Umstand: jener Gastwirth und seine Frau hätten den Baron Billot gebeten, sie durch den Ankauf des Domanighofes „vor dem materiellen Ruin zu be wahren". Gerade ein solches Zugeständniß thut dar, in welchem Grade der Ankauf deS Jägerhofes durch Baron Billot — um die sonstigen klerikalen Manöver ganz zu übergehen — die wirth- schaftliche Lage deS protestantischen GastwirthS beeinflußt hat. Ist Letzterer wirklich, wie die „Germania" angiebt, ein ehemaliger Socialdemokrat, so wird hierdurch da» Urtheil über das Vor gehen de» KlerikalismuS gegen ihn nicht berührt. Schon die oben erwähnte Kennzeichnung des Domanighofes als eine» Aus gangspunktes der „Los von Rom"-Bewegung deutet auf die confessionell-fanatischen Motive für das Vorgehen wider den protestantischen Gastwirth hin. Noch deutlicher treten jene Mo tive in dem Hinweis auf die Freude zu Tage, welche der dortigen Geistlichkeit und der dortigen Bevölkerung sich bemächtigte, „als cs hieß, daß der Domanighof, die gewesene Herberge Andreas Hofer'S und so vieler Bischöfe deS Landes, durchAnkauf in feste katholische Hände gelangt sei." — Unter Be obachtung diplomatischer Klugheit hat die klerikale „Köln, volkkzeitung" das Urtheil «ine» Innsbrucker Jesuiten wiedergegeben, das in der M i ß b i l l i g u n g de»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite