Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010726014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901072601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901072601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-26
- Monat1901-07
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS-Preis chl Hopteppeditto« oder de« im Etat» beztrk «ld de« Vororte« errichtete« «ul- «^bestelle« abgeholt: vierteljährlich L.LO, bet zweimaliger täglicher Zastell», i» Hao« b.SO. Durch die Post bezöge« für Deutschland «. Oesterreich: Vierteljahr!. S. Mao aboaoirt ferner mit entsprechendem Poltauffchlog bet de« Postanstalten dl der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schwede« und Norwegen, Rußlaud, den Dooaustaatr«, der Europäischen Türket, Egypten. Für alle übrigen Staate« ist der Bezug unr uuter Kreuzband durch di« Exp«moa diese« Blatte« ««glich. Di« vrorge»«»«aLbe erscheint nm >/,7 Ub^ dt« AdeudUnsgao« Wochentag« um t Uhr. «uL Lrveditiou r JvhanntSgaffe 8. Filiale» r Tlsted Haha vor«, v. Klemm'» SoE», UmverfiiätSstraße L (Paultuum), Lo«t» Lösche, Makhartnenstr. purt. und LSutgsplatz 7! 376. Morgen-Ausgabe. WWM.,TMl>laü Anzeiger. Nmksölatk des königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Molizei-Ärntes der Ltadt Leipzig. Freitag den 26. Juli 1901. Anzeigen »PeeiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redactton-ftrity (»gespalten) 78 vor de» FamUirnnach» richte« (S gespalten) 80 Tabellarischer und Zifferusatz entsprechend hüher. — Gebühren für Nachweisungen «ed Offertenaunahme L8 (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Aurgabe, ohne Postbefürdernng 60.—, mit Postbesärdernng ^l 70.—» Armahmrschluß fSr Anzeige«: Abend-Lnsgab«: vormittag« 10 Uhr. vk»rg«»-La-gab«: Nachmittag» ü Uhr. Bet de« Filiale« «nd Annahmestelle« je «dl« halb« Stande früher. Anzeige« st-d stet» « di« Lrpedittoa za richte». Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geSffuet von früh S bi« Abend» 7 Uhr. Druck uad Verlag von E. Polz t» Leipzig. 95. Jahrgang. Ersatzwahl in Duisburg. 4 Der Tag der Ersatzwahl im Kreise Duisburg-Mülheim ist herangekommen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß seitens der Mitglieder der nationalliberalen Partei dort Alles geschieht, um den Wahlkreis Duisburg-Mülheim-Ruhrort auch bei der in Folge der Ernennung seines bisherigen Vertreters zum preußischen Handelsminister nothwendig gewordenen Ersatzwahl wieder zu beginnen. Das erwünschte Ziel dürfte sich allerdings kaum schon im ersten Anlaufe erreichen lassen; immerhin kommt auch für die voraussichtlich nöthig werdende zweite Wahl ganz außerordentlich viel darauf an, in welchem Maße die Freunde der nationalliberalen Sache Alles von sich abthun, was auch nur entfernt an Lässigkeit erinnert und von vornherein die er forderliche praktische Entschlossenheit und Einmüthigkeit zeigen. Unter anderen Mitgliedern der nationalliberalen Partei haben außer dem Kandidaten vr. Beumer besonders auch die Ab geordneten vr. Sattler und vr. Paasche eine ganze Reihe von Wahlreden in dem Wahlkreise gehalten. Einer Rede des Letztgenannten, die in einer nationalliberalrn Wühlerversamm lung in Hochfeld am vergangenen Montag Abend gehalten wurde, entnehmen wir folgende Stellen: Mit Freude habe ich gesehen, was hier im Westen geleistet wird. Nachdem ich so lange im Osten geweilt, habe ich heute hier eine Reihe Werke besucht und bin mit stolzer Befriedigung und mit großer Bewunderung daraus geschieden. Dabei habe ich auch die Üeberzeugung gewonnen, daß ein solcher Wahlkreis vertreten sein muß durch einen Mann, der die Interessen ver sieht, die in einem solchen Wahlkreise besonders zur Geltung kommen. Osten und Westen, so sehr sie zusammengehören, sind doch sehr verschieden in der Art und Weise des Lebens und Ar beitens. Da ist es schwer für einen Mann, der aus dem Osten, der aus der Reichshauptstadt kommt, sich in solche Verhältnisse hineinzuleben, wie sie hier sind. Die Interessen sind hier so mannigfaltig, und was hier auf dem Spiele steht, ist doch etwas ganz Anderes, als was im Osten oft den Streitgegenstand des Kampfes bildet. Aber die Fühlung zwischen Osten und Westen muß auch gefunden werden: wir müssen auch gemeinsame Inter essen verfolgen, und die Richtschnur für einen richtigen Mittel weg finden. Und ich glaube, unsere Partei, der vr. Beumer seit langen Jahren angehört, hat immer ernstes Streben be- thätigt, eine Mittellinie zu finden und gleichmäßig für alle Stände des Vaterlandes zu sorgen. Mr haben mit der HandelSvertragspolitik vor zehn Jahren neue Bahne/» betreten, um zu sorgen, daß unsere Wege im AuSlande uns nicht genommen werden. Diese HandelSvertragspolitik muß nach meiner Ueber- zeugung und der meiner politischen freunde unter allen Um ständen aufrecht erhalten werden. Sie hier in den rheinischen Industrien sehen am besten, was eS heißt, für daS Ausland zu arbeiten. Gerade hier in Duisburg sind die Hütten, Hohöfen und chemischen Industrien auf daS Ausland angewiesen. Ich habe heute gesehen, wie hier Brückentheile für Siam, Japan und andere Staaten verladen werden. Die Wasserstraße des Rheines bringt fremde Erze, die dann wieder als deutsche Erzeugnisse in die Welt gehen. Es wäre ein frivoles Spiel, wenn man daran denken wollte, diesen deutschen Markt im Auslande zu unter graben durch eine Handelspolitik, die es unmöglich machte, unsere Arbeit inS Ausland zu bringen. Dann muß aber auch der in ländische Markt gepflegt und geschützt werden, und da ist eine verständige, gemäßigte Schutzzollpolitik am Platze. Man hat ge sagt, eine solche Schutzzollpolitik wäre nur für Schlotbarone und Junker da. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß eine solche Schutzzollpolitik nicht zum Nutzen Einzelner, sondern der Ge- sammtheit ausschlägt, wenn man es nur versteht, sie richtig zu ge stalten. Wenn ich Ihnen vom Osten, wo ich selbst Besitzer und Mitarbeiter an der Scholle bin, erzählen sollte, würde ich Ihnen Feuilletsn. Hinter Gefängnißmauern. Nachdruck «ttdotrn. I. Es ist EinlieferungStag. Von allen Himmelsgegenden treffen Sträflinge aller Art an dem Orte ihrer beklagenswerthen Be stimmung ein. Es ist em ergreifendes Bild, solch' ein Zug Sin- pelieferter, unter denen unter scharfer Bewachung Alles vertreten ist: Alt und Jung, Hoch und Niedrig, Mann und Weib. Dem Zug« voran schreitet ein Gewohnheitsverbrecher, der schon mehr mals „dabei" war und di« Sache aus Erfahrung kennt; hoch gehobenen Hauptes, mit überlegenem Lächeln um sich und auf die jenigen seiner Gefährten schauend, denen jeder Schritt näher zu dem unseligen Ziele schwerer und schwerer wird. Dicht auf s«inen Fersen der „Jugendliche", entweder noch schulpflichtig oder kaum der Schule entwachsen, für den die ganze Sache noch den mächtigen Reiz der Neuheit hat, und tn dessen Gesicht der hervor stechende Zug di« Neugier ist, wenn nicht etwa doch der Schmerz über die Trennung von Ken Lieben daheim und das Gefühl einer kläglichen Hilflosigkeit ihn zu übermannen beginnt. Solchem Jugendlichen reiht sich da« leichtfertige junge Mädchen an oder auch die eigentliche Dirne im auffallend«« unechten Putz, di« di« Scham schon längst verloren hat und ihr Auge wohl gar noch begehrlich unter einem frechen Scherzwort umherschweifen läßt, bevor sich ihr di« Pforte aufthut, hinter welcher dann solche Scherze paufiren müssen. Daan kommen die Uedrlgen, denen es sichtbar sauer und vitter schwer wird, di« letzten Schritt« zu dem stillen Ort« zurück zulegen, d«r fie für Monate oder Jahr« von all' den Ihrigen, von ihren disherigen Freuden und Leiden trennen soll: Familien väter und -Mütter, manche mit von Thränrn geröthetem Lug«, dte Einen im Werktagsougug, wie sich einst Vie Pforte de» Untersuchungsgefängnisse» hinter ihn«n schloß, andere fein säuberlich im Sonntagsstaat, um sich vor den Herren im Ge- fängniß nicht „schämen" ru müssen, nicht Wenige aus ländlichen Kreisen, oft in ihrer originellen Volkstracht, die sie freilich bisher zu so ganz anderen Veranlassungen festlich und fröhlich angelegt hatten. Segen Ende de» Auge» ziehen, mit besonder» müdem Schritt dt« Alten und Schwac^n einher, oftmals gebrechlich und stech, die vor ihrem letzten Friedenshafen, dem Gvab«, doch erst noch einmal schuldbefleckt zu diesem schmerzlichen Ziele demüthig wandern müssen, «in beschämende» Zeichen, wie selbst ein trauriges Bild entrollen müssen. In Posen z. B. sind trost lose Verhältnisse. Bauern, die 50 und 60 Morgen Roggen gesät haben, ernten keinen Halm, und die Hitze der letzten Monate hat das bißchen Futter vernichtet. Es herrscht eine Noth, wie die bekannten ältesten Leute sich nicht erinnern können. Was hier in einzelnen Theilen unseres Vaterlandes hervortritt, war schon in anderen Theilen seit Jahren vorhanden. Nicht die Ungunst der Witterung, aber die Noth war oft viel größer, als man sich hier im Lande der Industrie vorstellt. Es wäre ein Unglück für Staat und Gesellschaft, wenn unsere kräftigen, soliden Bauern und kleinen Besitzer, die treu an dem hängen, was sie von den Vätern ererbt haben, verdrängt würden. Als wir keine Ge treidezölle in den 60er und 70er Jahren hatten, waren die Ge treide- und Brodpreise viel höher als heute. Sie wissen, daß heute die Industrie billiger auf den Weltmarkt abgeben kann, als vor zwanzig Jahren. Da sind aber sinkende Preise keine Noth- lage. Wenn aber sinkende Preise mit gesteigerten Productions- kosten zusammenfallen, wie bei der Landwirthschaft, dann ist eine Nothlage vorhanden. Da dürfen wir nicht einseitige Interessen politik, nicht einseitige Freihandelspolitik treiben. Eine mäßige Schutzzollpolitik müssen wir auch für die Zukunft festhalten. Ich bin auch nicht in Sorge, daß diese Bahnen vom Reiche weiter be schritten werden. Sie wissen auch, wie heute der Concurrenz- kampf geht. Die Brüder in Amerika gehen rücksichtslos vor. Gerade dieses große Land der Zukunft, in dem alle Schätze auf gespeichert sind und in dem ein gut geschultes Arbeiterheer vor handen ist, wird uns in allernächster Zeit empfindlichen Wett bewerb machen. Sie wissen, wie jetzt schon Industrien dadurch leiden, daß durch den amerikanischen Wettbewerb neue Aufträge nicht einlaufen, wenn die alten ablaufen. Sind wir da nicht ver pflichtet, für unfern eigenen Tisch zuerst zu sorgen, besonders im Interesse unseres Arbeiterstandes? Nur wenn lohnende Ar beit da ist, ist ein gesunder geistiger Fortschritt zu erhoffen. Des halb ist ein gemäßigter Schutzzoll erforderlich. Vorläufig sind wir aber noch nicht so weit, und das ist die schwere Aufgabe, die dem Reichstage bevorstcht, die Handelsverträge so zu gestalten, daß sie unS für eine lange Reihe von Jahren gesicherte Absatz verhältnisse und lohnende Arbeit verschaffen. Diese Aufgabe ver langt aber Männer, die aus praktischer Arbeit hervorgegangen sind und mit diesem Leben stets in Fühlung stehen. Heute bandelt es sich in diesem Wahlkreise, wie das Volk seine Geschicke bestimmt haben will. Da sollen uns nationale Gesichtspunkte be stimmen. Es waren nicht die Herren, di« von Rom Weisung,'n empfanden haben, o.?die Frriheir des Volkes geschaffen und be gründet haben, sondern die Liberalen, die im Kampfe mit den Reaktionären das durchgedrückt haben, was heute als freiheit liche Basis vorhanden und unantastbar ist. Wir haben nie ge fragt, wem das zum Nutzen ist, die Nationalliberalen haben stets nur an die Gesammtheit gedacht und unsere alte Richtschnur war: Das Vaterland über der Partei! Wir haben die nationalen Ziele verfolgt, ohne nach oben oder unten, nach rechts oder links und ohne nach Rom zu blicken. Die Entwickelung in den letzten Jahren zeigt, daß unsere Volkskraft groß ist im Gegensatz zu anderen Landern. Eine gesunde Weltpolitik zu unterstützen, muß unsere Pflicht sein und bleiben. Daß diese gesunde Welt politik gedeihe, dafür arbeiten Sie in diesem Wahlkampfe. Wählen Sie vr. Beumer, der diese Politik vertritt, dann haben Sie im Interesse unseres deutschen Vaterlandes eine gute That gethan. Der Krieg in Südafrika. Die neuen englischen Reiterregimenter für Südafrika Vom Londoner Kriegsamt wird versichert, daß von den 50 000 Mann berittener Truppen, die Lord Kitchener zur Fort führung des Krieges gefordert hat, bis zum 15. August unter der Asche deS Greisenalters doch noch das düster« Feuer der Leidenschaft in ihren verschiedensten Formen glimmen kann. Unter diesen zeigt sich zumeist am sichtlichsten ine innere Er- grifsenheit auf diesem Wege, der vielleicht ihr letzter ist, wenn sie so mit starrem Auge und fest aufeinander gepreßten Lippen oder mit umflorten Blicken und zuckendem Munde ihrem unerbittlichen Ziele sich nähern. Zuletzt wohl und womöglich etwas abseits vom großen Haufen kommen dann oft auch Glieder der sogenannien „besseren Stände", Leute von Bildung und Rang, wofern m-an nicht in dem oder jenem Falle vorgrzogen hat, dieselben durch Separattransport einliefern zu lassen, um eventuell unliebsames Zusammenströmen des Volkes oder sonstig« derartig« Scenen zu vermeiden; diese bieten wieder ein besonderes, psychologisches Bild. Die meisten wohl schreiten mit affectirter Seelenruhe einher, als befänden sie sich aus einer mehr oder weniger interessanten Excursion, oder sie suchen den Sturm in ihrem Innern hinter kühlen und gleichgtltigen Mienen zu verbergen. Das eiserne Gitter hat sich hinter dem Zuge müder Wanderer geschloffen und sie der Welt draußen entrückt. Die Einkleidung in das Gefängnißgewand hat sich vollzogen, womit auch äußerlich der bedeutungsvolle Wendepunkt in ihrem L«ben gekennzeichnet, sichtbar gekennzeichnet ist: sie sind Sträfling« geworden, Glieder der Gefängnißgemeinde, unv in der Jsolnzelle sehen sie nun, fern von der Heimath, der ersten Nacht im Gefängniß entgegen. Ueber Jahr und Tag. Der sehnsüchtig erwartete Entlassungs termin stcht vor der Thür. Nur in ganz verschwindenden Fällen war zu erkennen, daß der zu Entlassende kein besonderes Ver langen nach Freiheit hätte, sondern schließlich auch nicht ungern in der „Ordnung" des Gefängnisses zurückgeblieben wäre. Es direkt ausgesprochen, daß ihm vor der Zukunft bange und er lieber im Gefängnisse geblieben wäre, hat nach den Erinnerungen eines erfahrenen Gefängnißgcistlichen in einem Zeiträume von vielen Jahren von Tausenden nur ein einziger Gefangener, ein alter, müder Armenhäusler. Gehen auch so Biel« mit schwerer Sorge um ihre Zukunft in die Freiheit hinaus, so ist diese selbst ihnen doch das lockendste und köstlichste Zukunftsbild. Wochen lang schon wird der Tag der Entlassung abgezählt, und es hat «twos Ergreifendes, wenn bei einem amtlichen Zellenbesuch in wirklich au» dem Innersten kommenden Naturlauten dem Ein tretenden «ntgegengerufen wird: „Nächsten Freitag über fünf Wochen komm« ich herau»." Diese«, da» ganz« Innere durchfluthendc freudige Warten auf di« Stunde endgiltiger Freiheit, das schließlich zu «imm fieber haften Sehnen werden kann (man denk« an so manchen Flucht 24 000 Mann zur Absendung bereit sein würden. Dieselben würden zwölf besondere Regimenter bilden. — Die übrigen 26 000 würden nach einander binnen zwei Monaten abgehen. Zum Tode der Sran Krüger wird aus Amsterdam noch geschrieben: Bereits am Frei tag war bei der Umgebung Krügcr's ein Drahtbericht seines Schwiegersohnes Eloff aus Pretoria eingelaufen, der den be- sorgmßerregenden Zustand der Frau Krüger meldete. Um dem Präsidenten angesichts seiner hohen Jahre eine unnöthige Auf regung zu ersparen, wurde zuerst beschlossen, ihm den Inhalt des Telegramms nicht mitzutheilen, da ja die Möglichkeit nicht ausgeschlossen war, daß noch beruhigendere Nachrichten ein treffen konnten. Da diese aber ausblieben, zögerte man nicht länger, ihm den Sachverhalt mitzutheilen. Er war tief er schüttert, wurde aber, als am Sonntag Abend das bereits Mittags in Hilversum eingctroffene, aber wegen der Sonntags ruhe nicht alsbald bestellte Telegramm in der Villa Cara an gekommen war, von dem furchtbaren Schlage wenigstens nicht ganz unvorbereitet getroffen. Das Telegramm, das die Todes nachricht enthielt, lautete: „Unsere geliebte Mutter ist gestern 5,15 Nachmittags entschlafen. Ihr letztes Wort war: Sage Deinem Vater, daß er sein Vertrauen festaufdenHerrnstellenmuß. Eloff." Krügers Enkel, der junge Eloff, sollte das Telegramm seinem Groß vater vorlesen, er fühlte sich aber zu angegriffen und erschüttert, so daß Krüger's Leibarzt, vr. Hymans, sich der Aufgabe unter ziehen mußte. Während Krüger die Hand seines Arztes fest hielt, las dieser die Todesnachricht vor. Bittere Thränen flössen über die Wangen des Präsidenten, aber schon nach einigen Augenblicken zog er sich zurück, um im Gebet Kraft zu suchen, dann schien er äußerlich gefaßt zu sein. Auf sein ausdrückliches Verlangen wurde die Königin sofort telegraphisch von dem Todesfall in Kenntniß gesetzt, während die trans- vaalsche und die freistaatliche Flagge auf der Pilla Cara Halb stock gehißt und mit Trauerflor umhüllt wurde. Wenige Tage vorher hatte Krüger (wie schon mitgetheilt) die Nachricht von dem Tode einer seiner Töchter, Frau Smit, in Rustenburg, erhalten und was einen beinahe niederschmetternden Eindruck auf ihn machte, war, daß er in derselben Woche die Meldung bekam, daß sein ältester und bester Freund, der alte Malar^ Mitglied des erst-n Bolksraths, bei Llatfonlein tm Kampf» für di: Freiheit seines Vaterlandes den Heldentod gestorben war. * London, 25. Julk. (Telegramm.) AuS Amsterdam läßt sich „Daily Mail" melden: Die Annahme Englands, daß Steijn'S Hoffnungen auf eine europäische Einmischung auf Selbst täuschung beruhten, wird hier nicht allgemein getheilt. Es seien Anzeichen dafür vorhanden, daß Holland mit der nöthigen Unterstützung anderer Mächte sich früher oder später der britischen Regierung mit Bermittlungsvorstellnngen nähern dürfte. — Eine Brüsseler Depesche desselben Blatte» bestätigt, daß der Zar durch den Grafen LamSdorff eine BrileidSdepesche an den Präsidenten Krüger anläßlich des Todes seiner Gattin richtete. Der deutsche Reichskanzler Graf von Bülow, die Königin Marie beider Sicilien sandten ähnliche Botschaften. (Magdeb. Ztg.) Deutsches Reich. Berlin, 25. Juki. (Reuß-Grrizer Beklem mungen.) Man schreibt uns: Die „Landeszeitung für das Fürstenthum Reuß ä. L." Pflegt ihren Bedarf an Leitartikeln aus der particularistischen Presse aller Schattirungen, vornehmlich versuch noch in der letzten Zeit einer Jahre lang ertragenen Haft!) schließt jedoch keineswegs aus, daß während der Haft selbst, wo der Endtermin noch in weiterer Ferne liegt, so viel« rohere oder doch unempfindlichere Gemüther, vor Allem auch Dank der Accmnmodatümsfiihigkeit der Menschennatur, sich als Gefangen« durchaus wohlfühlrn, den Mangel an Freiheit kaum noch spüren und mit ihrem augenblicklichen Schicksal völlig ausgesöhnt sind. Die äußeren Zurüstungen des Auszuges, das zusammen gelegt« Päckchen Gefängnißkleider, das Köfferchen oder der Korb, der etwa die sonstigen persönlichen Habseligkeiten aufnehmen soll, die aus der Heimath empfangenen Briefe, dir geordnet und ge schnürt werden, vielleicht wohl auch ein Andachtsbuch, das mit Hinausgenomm«n wird, di« eigenen Kleider, die der Gefangene nach langer Frist wieder an sich trägt, mitten im Winter viellricht den Sommerhut oder umgekehrt, der Jugendliche wohl auch im völlig verwachsenen Röckchen, geben Anlaß zu manchem Worte der Mahnung an die Davonzi«henden, das in den «rregten Herzen haften bleibt und vielleicht draußen in der Freiheit noch lange nachtönt. So ist sie nun da, endlich da, die Stunde, in der nach dem Buchstaben des Gesetzes das Schukdbuch getilgt ist und di« eiserne Gefängnißthür dröhnend hinter dem Entlassenen sich wieder schließt — gewiß ein eherner, entscheidender Schlag für ein ganzes Menschenleben, der erschütternden Wucht nicht nachstehend, mit welcher einst das Thor den Eingelieferten von der Außenwelt geschieden, und wohl Mancher hört ihn mit seinem scharfen Klange nachtönen sein ganzes Leben hindurch. Ab und zu wird wohl auch ein Entlassener an «der Pforte deS Gefängnisses von einem Familiengliede in Empfang ge nommen und noch Haufe geleitet, so daß sich vor demselben manche ergreifende Scene abspielt, und ein Jeder ist ja auch nur zu beglückwünschen, dem in dieser ernsten Stunde de» Rücktrittes ins Leben sich wieder verzeihende und liebevoll« Arme vufthun. Ein solches Wiedersehen voll zärtlichsten Glückes fand «in- mal bei der Entlassung «iner jungen, wegen Betrugs und Dieb stahls bestraften Zigeunerin au» dem Ichtershausener Landes- gefänyniß statt. Wie schon während der Haft der Mann mehr mals den Weg nicht gescheut hatte, um persönlich Erkundigungen noch dem Befinden seiner Frau einzuziehen, so hatte sich am Entkassungstage die ganz« Karawane eingefunden, um ihr Mit glied freudig in Empfang zu nehmen, und welcher Jubel erst, als dasselbe nicht allein kam, sondern aus den Gefängnißmauern Henaus auch noch ein kleine», auf» Sauberste gepflegtes, appetit liches—Zigeunerkindchen ihrerSippe zufühtte. Was sich dort unter Gottes freiem Himmel vor Aller Augen unter diesen Natur kindern vollzog, «S ist derselb« Vorgang, welcher sich auf dem aus der »elfischen „Deutsch. Volksztg." und d«n „Mecklenbur gischen Blättern", zu decken. Entschließt sich aber das genannre Organ einmal ausnahmsweise zur Production einer eigenen Aus arbeitung, so kann man sicher sein, daß der Humor dabei noch mehr zu seinem Rechte kommt, als in den Fällen der Ausschlach tung anderer Particularisten-Blätter. Nun fühlt sich die „Lan deszeitung" gedrungen, an eine Kundgebung des Prinz-Regenten Wilhelm zu erinnern, der anläßlich des Antritts der Regentschaft es als das Programm der preußischen Politik bezeichnete, die Welt müsse wissen, daß Preußen überall das Recht zu schützen bereit sei. Den Anlaß zu dieser Erinnerung findet die „Landesztg." in dem Bande, an welchem die „Drachenmedaille" — so nennt das Blatt die China-Denkmünze — getragen werden soll. Das Band ist nämlich orangegelb, und deshalb schreibt die „Landes zeitung" wörtlich: „Orangeg«lb ist ... die Farbe des Bandes des Schwarzen Adlerordens, also einer speciell Preu hi - sischen Dekoration, und daher kann man auch hier wieder beobachten, wie der bundesstaatliche Cha rakter des Reiches außer Acht gelassen und um so mehr das persönliche Regiment ebenso wie bei der Jnscenirung des Khatizuges in den Vordergrund geschoben hat. Welch' ge mischte Gefühle ab«r dieses orangegelbe Band an verschiedenen deutschen Höfen hervorgerufen hat, das auszudenken, überlassen wir dem geneigten Leser." — Der geneigte Leser, dem die Lektüre der „Landesztg. für das Fürstenthum Reuß ä. L." nicht täglich das Leben versüßt, wird seine Helle Freude an der Meinung haben, daß der bundesstaatliche Charakter des Reiches durch die Wahl des orangegelben Bandes für die Cbina-Denkmünze beeinträchtigt worden sei. Noch größer aber wird sein« Freude werden, toenn er hört, daß nach Ansicht der „Landesztg." die Farben des Bandes der China-Denkmünze nur schwarz-weiß-roth sein dürfen, weil es bei dem Chinafeldzuge sich um eine reine Reichsangelegenheit ban'srlte! Die particularistische „Landesztg." als schwarz-weiß-roth bcgeisterte Vrrtheidig«rin des Reiches ist doch kostbar! Sollten auch die „verschiedenen deutschen Höfe", di» laut der „Landesztg." durch das orangegelb- Band erschreckt worden sind, plötzlich die gleiche Begeisterung für schwarz-weiß-roth wie die „Landesztg." empfinden, so wäre d«r Humor bei dieser Geschichte vollständig. Jene „verschiedenen deutschen Höf«" indessen werden skch so nunt dec „Landesztg." vor ihren wekfischen und sonstigen Busenfreunden wegen ihrer schwarz-weiß-rothen Anwandlung wohl gründlich zu vechtsertig«n haben! * Berlin, 25. Juli. Reichskanzler Fürst Hohen lohe und der Jesuitenpater Kolb. Der „Augsb. Abend-Ztg." wird aus München, 22. Juli, geschrieben: „Die „Augsb. Postztg." glaubt mit folgender Mittheilung dem Liberalismus einen wuchtigen Schlag zu versetzen: „Noch zu Lebzeiten des nunmehr verstorbenen Reichs kanzler», des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe, ließen es sich di« liberalen Blätter angelegen sein, wiederholt darauf hinzuweisen, daß der Fürst sich zu ihren Anschauungen bekenne. Auch nach seinem Tod scheint man von dieser Seite eifrigst bemüht, den Fürsten als mit ihren religiösen Anschauungen oder vielmehr Wünschen übereinstimmend darzustellen. Nun bin ich aber in der Lage, eine Thatsache mit- zuweilen, die diesen Eifer etwas mäßigen dürfte. Der Katholik aber wird den edlen Verblichenen in neuem Licht betrachten und mit Weh- muth beklagen, daß es dem durchlauchtigen Herrn nicht vergönnt war, noch vor seinem Hinscheidrn rin öffentliches Glaubensbekenntniß abzulegrn durch Empfang der heiligen Sakramente. Fürst Hohenlohe hat nämlich am 13. Februar 1899 bei dem Naturbodrn echt menschlicher Gefühle alljährlich in so und so vielen Häusern in stiller Verborgenheit vollzieht, wenn Vater oder Mutter oder eines der zärtlich geliebten Kinder nach bitter schmerzlicher Abwesenheit mit zagendem Fuß« — vielleicht im Dunkel des Abends — über die heimathliche Schwelle treten, nachdem derselbe Fuß kurz zuvor di« Gefängnißschwelle hinter sich gelassen. Einlieferungstag — Entlassungsiag. Was liegt nicht Alles zwischen diesen beiden tieseinschmibenden Wendepunkten im L«ben so vieler Tausende! Arußerlich geht das Gefängmß- leben seinen gesetzlich vorgeschrieben«n, eintönigen Gang, da passirt selben etwas Besonderes, selten etwas Neues. Aber wer einen Blick in das innere Leben jener von der menschlichen Ge sellschaft Abgesonderten thun darf, >drr weiß zu erzählen von Aufruhr und Kampf, von Erbitterung und Reue, von immer tieferem Sinken uns heroischem Sichemporarbefien, von Ver zwriflung und Ringen nach Ergebung, von trotziger Selbst erhärtung und schmerzlicher Selbständige, von all' dem Auf und Ab der Gedanken, idie sich einander entschuldigen und ver klagen vor dem Richter, der im Inneren thront. Reinhold Stade, dem wir bisher gefolgt sind, jetzt Superintendent in Weimar, hat in seinem 'dieser Tag« erst bei Dörfling L Franke in Leipzig erschienenen, geistvollen, der interessantesten Beobachtungen eine wiche Fülle bietenden Buche „Aus der Gefängnißseelsorge, Erinnerungen aus vierzehn jährigem Gefängnißdienst", den Zeitraum zwischen jenen beiden schicksalsschweren Tagen ausgefllllt mit der Schilderung typischer Beispiele aus dem Leben zahlreicher Strafgefangener, di« in der gemeinschaftlichen Strafanstalt für Thüringen in Ichtershausen ihre Schuld gebüßt. Es ist unmöglich, an dieser Stelle der Be deutung dieser Arbeit, man kann in gewissem Sinne sagen, Lebensarbeit, gerecht zu werden. Namentlich müssen wir «S uns versagen, den bleibenden Werth des Buches für den Geistlichen nicht minder wie für den Psychologen, für den Richter ebensogut wie für den gerichtsärztlichen Sachverständigen hervorzukehren. Die Fachpresse wird ja mit der gebührenden An erkennung dessen, was der Verfasser auf diesem Gebiet« geleistet hat, zweifellos nicht geizen, unS kommt «S darauf an, auch die Laienwelt für daS aus tiefem, menschlichem Em pfinden, aus herzlichem Mitleid und imponirendem Pflichtgefühl heraus mit gewandter Feder, in manchen Partien höchst an ziehend, ja spannend ««schrieben«, vortrefflich« Buch zu erlÄrmen, und hierzu genügt cS, die ein« oder andere bezeichnende Episvtve au» dem Gefängmßleben h«rau»zugr«ifen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite