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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.04.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020401018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902040101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902040101
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- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
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2330 rath Kornelius Gürlitt und endlich in -em oben citirten Werke, dessen sachkundiger Text von Eduard Flechsig ver saßt ist. Bald heißt cs von einem der Eutritzschcr Altäre: „Gehört in kunstgeschichtlicher Beziehung zu den inter essantesten Stücken der Sammlung, denn er zeigt, wie wenig andere die inneren Beweggründe, welche die deutsche Kunst von den starr gewordenen Ueber- lieserungen des Byzantinismus zum Bewußtsein und Ausdruck ihres eigenen Gehaltes weiter führte", bald von der Hauptfigur eines anderen: „Ain liebens würdigsten und in jeder Beziehung vortrefflich ist die große heilige Anna selbdritt." Diese wenigen Aus führungen verpflichteten gewiß schon des Längeren, diese durch ihre Wegschaffung nach Dresden in L.-Entritzsch nahezu unbekannt gewordenen Kunstwerke dem drohenden Bergessenwerden zu entreißen, und berechtigen zu einer neuen kurzen Würdigung derselben. Schon in ihrem Aeußeren sind diese drei Altäre recht verschieden von einander insofern der älteste, um 1400 entstandene nur aus Mittelscyrein und Seitenflügeln besteht, die jüngeren aber in der Zeit von 1500 bis 1520 entstandenen nicht nur je eine Staffel oder Predella anfwcisen, sondern der eine von ihnen sogar noch einen krönenden Aufsatz: streben also der älteste, 4 Meter 80 Centimeter breite und 2 Meter 25 Centimeter hohe mehr in die Breite, so die jüngeren schmaleren mehr in die Höhe. Auch bezüglich -er Färbung zeigen diese drei vortrefflichen Holzbildhauerarbeitcn die reichste Mannigfaltigkeit, denn während der Hintergrund der einzelnen Felder des ältesten silbern und die wichtigste Figur, die Mutter Maria, in blendend weißem Ober gewand: erscheint, ist die Hauptperson des jüngeren Annen - Altares, die heilige Anna, in einen weiten goldenen Mantel gehüllt, und anch die Obcrgewänder der drei Hauptpersonen des Erasmusaltares, St. Eras mus, Wolfgang und Andreas, sind stark vergoldet. Also selbst die kleine Dorfkirche wurde ein getreues Spiegel bild der Artung des kirchlichen Lebens: um 1400 der Mittelpunkt der Gottesverehrung noch die Heils geschichte der Evangelien, um 1500 aber der ganze Gottes dienst nichts als unbiblischer Hciligencultus! Um 1400 noch ein kirchliches Leben, das an den ältesten Begeben heiten der christlichen Geschichte seine Freude hatte, nach 1500 eine solche Versunkenheit in Aberglauben, daß ein Luther als Reformator nothwendig war. Was den älteren Altar noch weiter anziehend macht, das ist die mangelhafte Technik bei der Fertigung der geplanten Figuren. „Die Gesichter sind noch einförmig und wenig bewegt, Loch entbehren sie nicht eines Aus druckes innerer Empfindung, der bei aller Ungelenkigkeit der Form von einer gewissen Zartheit zeugt. Bisweilen drückt sich die süße Fülle der Seele in lächelndem Zuge des Mundes aus, welchem wir in der Plastik jener Epoche so häufig begegnen, daß er fast typisch für dieselbe wird. Offen zeigt sich das Streben, die statuarische Steifheit der früheren Periode zu brechen, aber der Künstler gelangt nur noch durch gewaltsame Wendungen dahin, die mehr durch ihr Vorhandensein als durch ihre Gestaltung zu Zeugen des inneren Lebens werden." Weit vollkommener sind die Gestalten der jüngeren Altäre, des Annen- und des Erasmusaltares. „Am liebenswürdigsten und in jeder Beziehung vortrefflich ist die große heilige Anna selbdritt" ld. h. mit der als kleiner Dame gedachten Maria auf dem rechten, und dem nackten Jesusknaben auf dem linken Arme), schreibt, wie schon angeführt, Flechsig mit gutem Rechte von der Hauptperson des einen der beiden Altäre. Und von kaum geringerer Schönheit sind die Gestalten der sie umgebenden zwölf heiligen Personen, wir mögen die überaus zarte Behandlung des Distelzweig-Motives in oer Bekrönung aller, die Sorgfalt in der Darstellung des Frauenhaares, die Jndividualisirung der einzelnen Ge sichter, die reiche Knitterung der Kleider oder die Deut lichkeit -er kennzeichnenden Merkmale ins Auge fassen. Alles ist mit einer so Virtuosenhaften Geschicklichkeit -ar- gestellt, drängt sich mit so nachhaltiger Kraft dem Be trachter auf, daß es die Verweltlichung oer damaligen führenden kirchlichen Kreise nicht deutlicher bezeichnen kann. Nirgends ist wohlthuende Zurückhaltung, nirgends zarte Rücksichtnahme auf das innere Leben des gläubigen Beschauers zu spüren. Ist cs Thatsache, was schon öfters von Kunstkennern ausgesprochen worden ist, daß die Bekrönung über dem Erasmusaltare ursprünglich auf dem Marienaltare ge standen, und die überaus steife Darstellung des seine Wundenmale zeigenden Christus scheint der sicherste Be weis dafür zu sein, so bietet dieser Altar das denkbar Möglichste eines ganz und gar unbiblischen Christen- thums: die Hauptperson — der Märtyrer St. Erasmus, neben ihm zur Rechten Bischof Wolfgang von Regens burg, zur Linken die Gestalt des von kaum, zählbaren Heiligenlegenden umwobenen Apostels Andreas, in den Seitenflügeln und in der Staffel Heilige in reicher Zahl, aber nirgends, nirgends eine Statue Jesu! Und hierin dürfte auch -er Hauptgrund zu suchen sein, die Zurück- hvlung dieser Altäre nicht räthlich erscheinen zu lassen: höher als ihr künstlerischer Werth muß uns Protestanten die gottesdienstliche Beoeutung der Altäre stehen, und iu diesem Sinne ist die heutige Kirche zu Leipzig- Eutritzsch trotz ihres hohen Alters von vermuthlich nahe zu 500 Jahren eine der anheimelndsten der ganzen Leip ziger Pflege. Nicht willens ist -ec Verfasser, all' die Legenden zu wiederholen, welche man sich von den auf unseren Altären dargestellten heiligen Personen erzählte, so lieb, sie ein mal kennen zu lernen, es auch manchem Anton, Martin oder Moritz, so mancher Dorothea, Katharina und Dorothea sein mag*), aber hcrvvrgchvben sei noch, da wir zur Zeit im Zeichen der Dentschthumskundc stehen, das eigentlich Deutsche an diesen Kunstwerken. Zwar lenke» die Statuen unserer Altäre den Blick des Beschauers sogar zurück in die vorchristliche Zeit, man erinnere sich nur der sagenhaften Großmutter Jesu, der heiligen Anna, und hin iu die Küstenländer des Mirtel- lündischen Meeres, waren St. Antonius und St. Katha rina doch aus Egypten, St. Dorothea ans Kleinasien, St. AegidinS ans Athen nnd St. Martin aus Frank reich, ja, waren nnr wenige der dargestellten Heiligen germanischer Herkunft, vermuthlich nur St. Ursula und St. Florian, so sind sie doch sammt und sonders nicht in streng historischem Gewände dargestellt, sondern als Deutsche, als Deutsche des 15. und 10. Jahrhunderts! Deutsch sind, nm nur einige Belege anzuführen, die Schnabelschuhc der Mutter Maria, deutsch anch das kurze faltige Wams und die Beinkleider Joseph's, deutsch das Kleid der heiligen Magdalena, deutsch anch der hin und wieder nicht zu leugnende Humor, wenn z. B. St. Moritz als Mohr, die Weisen aus dem Morgenlaude als Weiße dargestcllt werden. Und deutsch sind anch die Ge mälde ans der Rückseite der einzelnen Altäre! Auf dem Erasmus-Altare machen einige Gesichter den Ein druck von Porträts der damaligen ernestinischen Fürsten, hier finden sich auch Personen in der damals modischen Bürgertracht, endlich sehen wir auch Frauenkleider und -Häubchen, ivie sie nm 1500 in unserer Pflege gebraucht wurden. Die sich mehr nnd mehr zur Wissenschaft aus wachsende Deutschthumsknndc dürfte an unseren und an den übrigen Altären unserer Museen ein dankbares Feld zu weiterer Ausgestaltung finden, und von ihrem Stand- puncte aus dürfte sich vielleicht so manche noch heute strittige Frage, z. B. über die Bedeutung einzelner Figuren, über die Schöpfer dieser Altarwerke, über ihre Stifter u. s. w. lösen nnd beantworten lassen. *) Zit empfehlen „Die Heiligen in der christlichen Kunst. Ein Handbüchlein für Besucher von Kirchen und Gemäldegalerien von Th. Hoepfner. Leipzig, Breitkopf L Härtel. 1803/1 Turngemeinde Leipzig. Die körperliche Erziehung in den Fort- b i l d u n g s s ch u l e n der Knaben ist bis zu dieser Stunde leider noch gar nicht berücksichtigt worden. Möge cs nun die große Arbeit der Erledigung grundlegender Fragen sein, daß man dieser wichtigen Sache noch nicht näher treten konnte, oder die Auffassung verschiedener Freunde der Schule, die jungen Leute hätten in ihrem Be rufe meist genügend Gelegenheit zu körperlichen An strengungen, daß eine besondere Pflege der physischen Kräfte nicht nöthig sei, so darf aber doch nicht vergessen werden, daß diese Arbeiten nur eine einseitige Ausbildung der Kräfte zur Folge haben, und daß die allseitige und systematische Förderung der Gliederkräfte dabei vernach lässigt wird. Es ist ferner zu erwägen, daß die jnugen Leute der Fortbildungsschule sich im vollsten Wachsthnm befinden, und sich in ihrem Organismus bedeutsame Um wandlungen vollziehen, so muß man begreifen, daß die 14- bis 17jährigen Menschen viel mehr noch als andere Altersclassen einer wohlgeordneten, umsichtigen Pflege der Kräfte ihres Körpers bedürfen, ganz abgesehen davon, daß die Jünglinge gewöhnlich eine nicht geringe Un geschicklichkeit in ihren Bewegungen zeigen, daß sie nur selten frei und gewandt über ihre Glieder zu verfügen ich Stande sind. Die obligatorische Einführung des Turnens in den Fortbildungsschulen ist deshalb eine wohl zu erwägende Forderung, die zu dem gewünschten Ziele führen könnte. Vorläufig sind es nur die Turnvereine, die in ihren Zöglings- und Jugendclaffenabtheilungen den jungen Leuten in sachkundiger Weise Turnunterricht ertheilen, unter Anderem die „T u r n g e m e i n d e Leipzig" in ihrer großen und bequem gelegenen Turnhalle am Thomasring, Dorotheen- straße 0. Hier turnen die Zöglinge gesondert für sich in einer besonderen Abtheilung, Montags und Donnerstags von Abends 8 Uhr an. Der Turnbetrieb erstreckt sich auf Freiübungen, Geräthcturnen, volksthümliches Turnen, Pflege -er Spiele, des Gesanges unserer Volks- und Vaterlandsliedcr und der Wanderungen. Im Uebrigen nehmen die Zöglinge am Vereinsleben nicht Theil. An meldungen werden während -er Turnstunden in der Turnhalle der „Turngcmeinde", Dorotheenstraßc 0, ent- gegengenommen. Gerichtsverhandlungen. Königliches Landgericht. 6. Leipzig, 29. März. Im September und October ver gangenen Jahres hatte cs eine Diebesbande in Grimma auf das in Neubauten verwahrte geschmolzene Blei, sowie auf Bleirohre und Dachrinnen abgesehen. Den Bemühungen der Polizei ge lang es endlich auch, die Diebe am 14. Lctober zu ermitteln und fcskzunehmen. Es war der damals noch nicht 18 Jahre alte Erd arbeiter Rich. Paul T. aus Terpitzsch, der gleichaltrige Erd arbeiter Friedrich Karl H. aus Grimma und der 20 Jahre alte Maurer Theodor Gr. aus Friedersdorf. Als T. von dem Schutz mann W. nach dem Polizciamt in Grimma gebracht werden sollte, leistete er erheblichen Widerstand, indem er sich mit den Füßen einstemmte und mit den Armen um sich schlug, auch sich von dem ihn festhaltenden Beamten loszureißen versuchte. An den Diebstählen war auch der 24 Jahre alte Kutscher Friedrich Hermann W. aus Hohnstädt bei Borna betheiligt; die ge stohlenen Metalle hatten die Diebe an die 62 Jahre alte, bisher unbestrafte Material- und Altwaarcnhündlerin Selma Pauline G. aus Oberstaucha bei Dresden verkauft, die deshalb sich mit den vier genannten Leuten vor der Strafkammer zu verant worten halte. Der erste Diebstahl ist von Gr. allein ausgeführt worden, er hat im September aus dem städtischen Marstall in Grimma etwa 20 Pfund Blei gestohlen. In Gemeinschaft mit T. hat Gr. aus dein ringsumschlossenen Lagerplatz des Maurer meisters B. in Grimma eine 25 Pfund schwere Kupferplattc im Werthe von 12 Mark entwendet. Als sich dann noch H. zu Ihnen gesellte, haben sie sich am 9. October aus dem Grundstück eines Arztes Or.R. Bleirohr und aus einer an der Stadtgrenze liegenden Scbeunc geschmolzenes Blei gestohlen. Drei Tage später haben T. und H. dem Or. N. nochmals 4 bis 5 Stück Blcirohrc entwendet, und am 19. October hat T. allein sich aus dem Garten der Frau verw. Eommcrzicnrath Sch. Hacke und Spaten geholt. Weitere Blei- bezw. Zinkdiebstähle haben T. und H. am 19. October, W. und T. am 22. und die ersten drei An geklagten am 23. Oktober ausgeführt, selbst ein in der Mulde liegender Kahn Ivar vor den diebischen Gesellen nicht sicher ge wesen. Die G., welche ihnen die Diebcsbeute, die sie gewöhn lich kurz vor oder nach Geschäftsschluß ihr brachten, abkaufte, war der gelvcrbs- und gewohnheitsmäßigen Hehlerei angeklagt. Der Verdacht gegen die G. war durch mehrere Äeußerungen der selben zu den Dieben bestärkt worden. So soll sie am 9. Ok tober gesagt haben: „Es ist recht wenig heute", am 16. Ok tober: „Gestern Abend war der Schutzmann da, ich habe vom Blei nichts gesagt, ich habe cs hinter Kohlen versteckt!" und am 22. Oktober: „Recht spät heute, ich dachte cs käm heute Abend überhaupt Niemand". Am 23. Oktober hat sie dem Schutzmann M. gegenüber den Ankauf von Blei in Abrede gestellt. Es kann dies aber bei dem Alter der G. auch aus Vergeßlichkeit oder sonstigen Gründen geschehen sein. Die G. ist bisher unbestraft, steht in Grimma reell da, hat stets einen unbescholtenen Lebens wandel geführt und sich nicht in zweifelhafte Geschäfte ein gelassen. Ein Mihverhältniß zwischen dem Einkaufspreise der Metalle und ihrem reellen Werth ließ sich nicht fcststellen, da nicht zu ermitteln war das genaue Gewicht der verkauften Me talle und die Beträge, welche die G. gezahlt hat. Wenn diese angegeben hat, sie habe 7 »Z für das Pfund Blei und 40 »Z für das Kupfer gegeben, so ist dies nach den Darlegungen des Sach verständigen Klcmpnerobermeister Plcsse ein für die Verhält nisse einer kleineren Stadt ganz angemessener Preis. Wenn gleich also erhebliche Momente dafür sprachen, daß sich die G. der gewerbs- und gewohnheitsmäßigen, oder zum Mindesten der einfachen Hehlerei schuldig gemacht, so hielt doch der Gerichts hof die Angeklagte für nicht ausreichend überführt und erkannte daher auf F r e i s p r e ch u n g der Frau G. Der Angeklagte T., welcher trotz seiner Jugend ein gemeingefährlicher Dieb ist, er hielt ein Jahr drei Monate Gefängnis; zudictirt, die gleiche Strafe traf H. unter Aufhebung einer ihm vom hie sigen Landgericht am 17. Januar wegen schweren Diebstahls zu- erkanten Strafe von 6 Monaten Gefängniß. Gr. ist unbestraft, er hat auch meist nur Wache gestanden und kam deshalb mit fünfMonatcnGcfängniß davon; W„ der lediglich an zwei Diebstählen betheiligt ist, wurde mit zwei Monaten zwciWochenGefängniß bestraft. Bei T., H. und Gr., welche sich seit 25. Oktober in Haft befinden, wurden je drei Monate der erlittenen Untersuchungshaft auf die erkannten Strafen in Anrechnung gebracht. Seit Anfang Februar 1901 war der Provisionsreisende Anton Hugo G. für das Abzahlungsgeschäft von B. thätig; er hatte Kunden aufznsuchen, Bestellungen aufzunchmen und Waarcn gegen Quittung abzugebcn. Um sich Provisionen, auf die er keinen Anspruch hatte, zu verschaffen, hat G. in fünf Fällen den Empfangsvermerk über abgelicfcrte Waarcn theils selbst geschrieben, theils von seiner Frau Anna Marie G. oder seiner strafunmündigen Tochter schreiben lassen und dann die so gefälschten Quittungen dem Cafsircr M. vorgelegt. Es waren dies solche Fälle, in welchen G. von Leuten, die wenig kredit würdig waren, Bestellungen entgcgengcnommen oder an Stelle von Leuten, welche die Annahme der bestellten Waarcn abgelebt hatten, eingctrcrcn war. Es liegt ziemlicher, Verdacht vor, daß in drei Fällen G. in Gemeinschaft mit seiner Frau gehandelt hat, sie will sich aber der Rechtswidrigkeit ihrer Handlungsweise nicht bewußt gewesen sein und wurde deshalb auch kostenlos frcigcsprochen. G. dagegen wurde der gewinnsüchtigen Urkundenfälschung und des Betrugs in fünf Fällen für schuldig erachtet. Ta G. nur geringfügige Vermögensvortheile erstrebt und erlangt hat, billigte der Gerichtshof ihm mildernde Um stände zu und erkannte aufsechsMonate Gefängniß. Vermischtes. — Cochem a. -. Mosel, 28. März. In der nächsten Woche eröffnet eia Privatunternehmer auf der 16 km langen Strecke Cochem-Senhals einen Automobilwageu-Vrr- kehr mit vier Hin- und Rückfahrten. — Ein 14«jahriger Mann, der sein ganzes, ungewöhn lich langes Leben als Bettler verbracht hat, soll, wie die „St. PeterSbg. Ztg." meldet, dieser Tage im Dorfe Spasskaja, Kreis Belgorod, verstorben sein. Als Sohn eines Bettlers geboren, begann der Verstorbene bereits in der Kindheit dem ererbten Berufe nachzugehen, wobei er bald als Krüppel, bald als Blinder oder Taubstummer daS Mitleid zu erregen suchte; dreimal im Lause seines LebcaS faßte der Bettler den heroischen Entschluß, er mit der Arbeit zu versuchen. Allein eS blieb bei dem Versuch, denn einmal war die Arbeit mit gewissen Anstrengungen verbunden und dann gestaltete sich der Bettel weit einträglicher. Einen echten Paß hat dieser Bettler, der fast sein ganzes Leben auf der Wanderschaft verbracht bat, fast nie besessen, er soll selbst nicht einmal seinen Namen ge kannt haben und auf die Frage nach demselben habe er stets die stereotype Antwort gegeben, daß in sein» Jugend nur die Herrschaften Familiennamen geführt hätten. Da er aber bei seinem oft Jahre währenden Aufenthalte io größeren Städten unbedingt einer Legitimation bedurfte so verschaffte er sich eine solche auf dem Wege des Dieb stahls und im Hinblick hierauf kann eS kaum Wunder nehmen, daß er successive Wohl a» die zwanzig verschiedene Familiennamen geführt und eS nicht weniger als neun mal mit einer legalen Ehe versucht hatte. Wurde er seiner Fraa und Kinder überdrüssig, so verließ er sie einfach, „versorgte" sich mit einem neuen Paß und begab sich an einen anderen Ort, um dort, wenn er eine Schöne nach seinem Geschmack fand, abermals zu heirathen. Der Ver storbene hat sich besonders lange und häufig in Petersburg aufgehalten und soll sich bis zu seinem Tode sehr gut der Feier des hundertjährigen Jubiläums der Residenz erinnert haben. Sein langes Leben habe der Verstorbene dadurch erklärt, daß er die drei größten Sorgen und Lasten — Nvlh, Familie und Sorgen — nie gekannt hätte. Aa^enu.Mren Kranken ist «ter Lesuek von oäer eino H»u« -VrluItlLiir mit Hvlvuvuqavllv (K eren nv l LteivIKklen, Karusauro viatlless, Liebt ete.), oäer Vtet»r«KU«lIv (Llasevkatarrd, Kraueuleiäeu) ärinxenä /.n einpkelllen. Verssnät 1901 --» 1,143,122 kl. Krequenr 1901 — 7622 Lors. Lebrikteu äurcll Herrn/ LeibniL Lakes Diese Lspseln sinä nur Iit m." «lern ^ukäruelc „2»wba- eap^elo" unä äer Dirma tlleker L. iu lVUir- durx. i Llodren-^notneke, j klldert--lpotlieke, L.QlUK) ; Ulrseb-^poldebv uoä : Ilokupotki. r. rrelssen Allier. Dlmrrrttr: 8opkle»-Lpvtb. MWUMißW ,«füllt Mi»«alol vor. dest.Sandilklor/ Lnsel-Lpotlleke, «mv/ü/lte» o«o«» Mar«»- : LLi sen-.lvotlleKe. ü/aa«» abrotut mirc-akättc/!, ra«ckun<j: »»IVNI0NI8 LPOIllese, »icarr,c,r^«»«i, ^iktta»««nli/'. b«w<Üi-t.: 8t. Oeol ^s-.^potlielle, vsnstrcdrelden aur allen Weltteilen geg. .. , , ' -"orts t>om l^ tz/ : Iiolgpotb. 2. rrelssen Läler. alleinig.^adrllkanten 8opkle»-^l>vtb. N»r ücht in roten PacktUn »u 3 M. ! Keuäuitr: ^ollUNNis-Xpotll. 8^ Vor wcrthlosc» Nachahmungen -es patentamtlich geschützten Wei dem an »'s russischem Knöterich wird -ringen- gewarnt. (Siehe Ng» 161 unseres Blattes). Die vom 1. April n. e. an..NVgrund des 8 120e der Gewcibe- ordnung und Len Bestimmt« " - Bundesrathes zu führenden Cont^ottbücher über -ie Beschäftigung von Gehilfe» nu- Lehrlingen in Gast- unv Schankwirthschastcn empfiehlt unter der Nr. 3007 ä Stück —,75 (für 6 Angestellte 3 Jahre, resp. für 18 Angestellte 1 Jahr ausreichend) r. v. Willis, Papierhandlung, ThomaSgasfc 2. in Ihrer Lage gewiß d»ffelbe gethan. Sie ist doch gewiß auch mUdthätig, gelt, ja?" ja, freilich. Sie hat e>« sehr gutes Herz. Aber ne ha»»'ßait auch ein Recht dazu g'habt. Das Sach ge- hört doö» rhr. und jetzt wird gleich tz-r Besuch kommen; ne hat Damen einu-ia-en. Da möcht' sw doch Alles recht ichön und ordentlich „Wissen S' was, Fräul'nv< sagte Wegmüller rasch ent- fchloflen. „Jetzt gehen ^e ein.« Augenblick in mein' (Harten 'nein, und in fünf Minuten bring' ich Ihnen Ahr Körbel wieder - rück. Da wird« tadellos ausschauen. Verlassen Sie sich nur auf mich! Der Schinken war wahrscheinlich ein biSl ang'schnitten?" Sie nickte verständnißloS. „Aber, Herr Wegmüllerl Was thun S' denn! Das geht doch nicht" — Er aber hatte ihr schon den Korb weggenommc« and war in seine Wohnung geeilt. Sie stand kleinlaut, ver legen zwischen den Erocus- und Hyacinthen-Beeten des Nachbargartens, die sie am Morgen so entzückt hatten. Nach einer Weile kam er lächelnd zurück: „So, da haben wir jetzt einen schöneren Schinken! Geweiht ist er zwar nicht. Aber ich hoff', er wird Ihrer Frau Tante doch recht gut schmecken. Keinen Dank, Fräul'n! Sie haben mir eine große Freud' g'macht! Auf gute Nachbarschaft! Adieu!" Frau Bürger sah Mina prüfend an, als sie mit so er- hitzten Backen heimkam. Aber sie merkte nichts. Während des Frühstücks stieg dem jungen Mädchen ein paar Mal das Blut zu Kopf, wenn die Damen den Schinken so lobten: „Ist der aber zart! Man sollt' nicht glauben, daß Sie ihn vom Land g'schickt 'kriegt haben! Wie der feinste Weftföler." Aus dem Weg zur Kirche und am Nachmittag beim Spaziergang begegnete ihnen -er Deltcatessenhändler. ES schien säst wie Absicht, daß er immer wieder ihren Weg kreuzte. Jedes Mal erglühte Mina; jedes Mal schaute die Tante sie streng an. Ihre Laune verschlechterte sich zusehends. Am nächsten Tage aber brach der Sturm los. Frau Bürger hatte den Schinken, dessen Bein mit einem ausgezackten weißen Papierstreisen umwickelt war, dieses Schmuckes entkleidet und einen kleinen Zettel ge funden: „Einen Ostergruß der schönen Nachbarin." Mit heiserer Stimme schrie sie nach Mina; mit funkelnden Augen stürzte sie dem jungen Mädchen ent gegen: „Woher ist -er Schinken g'wesen?" Die Mina war so erschrocken, daß sie in ihrer Fassungslosigkeit an keine Ausrede zu denken vermochte. Sie gestand Alles. Anfänglich hörte die Tante ihr verhältnißmäßig ruhig zu. Doch als sie dann die Begegnung mit Herrn Weg müller erwähnte, seinen Vorschlag, in den Garten einzu treten, da ward Frau Bürger s Gesicht immer finsterer und drohender, und schließlich rief sie in wilder Empörung: »,Was! Du schämst Dich nicht, von einem fremden Hevrn so ein Geschenk anz'nehmen! Du schämst Dich Ächt, unS weiß z' machen, der Schinken wär' g'weiht! ein junges Ding und so falsch und verlogen! Den Jettes m,h xr doch schon Hergericht' g'habt haben. Da! — Ich Slqub' die ganze Geschieht' von der Bettlerin nicht! Wer w»iß, oh Du überhaupt in der Kirch' g'wesen bist! Vielleich» hist Du bloS mit dem Herrn Wegmüller spazieren 'gangen! Aber ein solches Benehmen duld' ich in meiisem Haus nicht! Wenn Du Dich nicht an ständiger benimmst, — wenn Du nicht weißt, was sich für eine künftige Lehrerin schickt, — nachher kannst hin gehen, wo^,n Du magst" — Sie wa» so außer sich, so leidenschaftlich erregt, daß Mina, die sie noch nie so gesehen hatte, sich stumm vor Beschämung davonschlich und in ihrem Stübchen in tiefster Niedergeschlagenheit darüber nachsann, was nun mit ibr werden solle. Frau Bürger aber nahm einen Briesbo^n und schrieb an ihren Nachbar einen stolzen, kurzen Lrief: „Ersuche Sie um die Rechnung über den Schinken den Sie meiner Nichte mitgegeben haben. Ich werde se ber sofort begleichen, indem ich nicht dulden kann, d»ß meine Hausgenossin ein Präsent annimmt. Achtunglvollst" Eine stunde später kam Herr Wegmüller in schwarzem Rock, mit dem Cyltnörr in brr Han- und ließ Frau Bürger um eine Unterredung bitten. Er sah sehr be treten aus, als er ihre ungnädige Miene bemerkte und nahm etwas linkisch in dem „Salon" Platz, in dem es kalt und nngemüthlich war, weil den ganzen Winter hier nicht geheizt worden. „Ich hab' Ihren Brief bekommen", sagte er, während sie ihn streng und stolz anblickte. „Es thut mir schrecklich leid, daß Sie die Sache in dieser Weis' ausg'faßt haben. Ich hab' keine Zudringlichkeit im Sinn g'habt. Aber schauen S', Frau Bürger, wir sind doch schon so lang' Nachbarn, und da hab' ich mir erlauben wollen, als eine kleine Aufmerksamkeit zum Osterfeste den Schinken berüberz'schicken. Er war schon Hergericht'. Ich hab' schon einen Brief g'schrieben g'habt. Aber ich weiß nicht, — dann ist mir wieder vor'kommen, als hätten Sic mich gar nicht so freundlich g'grüßt wie sonst; und ich hab' mir nicht getraut. Wie ich dann der Fräul'n Nkina begegnet bin, — wie sie so Angst g'habt hat wegen dem Schinken, — da hab' ich mich g'frcut über die schöne Gelegenheit. Aber, es geht mir doch ganz gegen meine Ehr', daß ich mir den kleinen Tausch bezahlen lassen sollt!" - „Ich weiß nicht, wie Sie dazu kommen, daß Sie meiner Nichte ein Osterpräsent machen wollen?" fragte Frau Bürger spitz. . „Ihrer Fräul'n Nichte! — Aber nein! Frau Bürger! Das ist ein Mißverständniß! Ich hab' den Schinken schon Ihnen schicken wollen. Ich such' ja schon so lange »»ach einer Annäherung. Sie müssen doch wissen, daß ich Sie schon so lang' gern seh' und daß ich immer so drauf aus bin, Ihnen z' begegnen! Eine Weil' hab' ich mir ja auch Hoffnung g'macht. Aber wie g'sagt, in der letzten Zeit, da bin ich wieder recht verzagt 'worden. Sonst hab' ich mich immer so auf den Sommer g'freut, wo ich^Sie doch wenigstens auS der Fern' im Garten seh'. Wenn Sie eine Ahnung hätten, wie traurig ich da drüben sitz' in meinem einsamen Gartenhäusel und wie oft ich mir schon daS Glück auSgemalt hab', daß Sie einmal da an meiner Seit' wären!" Er trocknete sich den Schweiß von der hohen, etwas kahlen Lttrne. Mit Frau Bürger aber war eine große Veränderung vor sich gegangen. Sie sah gar nicht mehr böse und streng aus; sie hatte sich plötzlich verjüngt; mit Grübchen in den Wangen, mit großen Augen und einem ganz ver klärten Lächeln hörte sie ihm zu. Als Mina eine Stunde später zu Tisch gerufen wurde und mit thränenverschmollenem Gesicht eintrat, glaubte sie zu träumen. Die Tante schloß sie in die Arme, küßte sie und flüsterte ihr zu: „Mein liebes Kind! Sei nnr wieder gut! Ich kauf' Dir auch was recht Schüneö!" Und Herr Wegmüller stand da mit strahlendem Gesicht und schüttelte ihr die Hand nnd dankte ihr voll Rührung. Sie wußte gar nicht, wofür. Als Verlobter durfte er gleich zum Essen dableiben. Die siebzehnjährige Mina war natürlich über diese Wendung der Dinge sehr verblüfft. Sie hatte nicht daran gedacht, daß ihre Tante noch heirathen würde, daß sie noch lieben und geliebt werden könnte. Aber sie er- rieth nun auch, warum die gute Fran in letzter Zeit so schlimme Launen gehabt hatte: Eifersüchtig war sie ge wesen! Auf Herrn Wegmüllcr! Um ihretwegen! Mina hätte am liebsten hell ausgclacht. Aber nnn hatte sich ja Alles so lustig aufgeklärt, sie aßen so vergnügt die Knödel mit dem Schinken, der ihr so viel Kummer und Verlegenheit verursacht, und der Deltcatessenhändler schaute seine Braut so verliebt un selig an, daß diese recht überzeugt sein konnte, daß er für kein anderes Weib auf der Welt Augen hatte, als für sie allein. . „Weißt, Tante, wissen T' was, Herr Onkel in spo", rief Mina mit lachendem Gesicht, „eigentlich hat halt doch die arme alte Frau Ihr Glück g'stiftct. Jst's nicht wahr? Die müssen wir gleich heut' anfsnchen." — Wegmüllcr nickte sehr zustimmend: „Ja, ja, ohne diesen Ostcrschtnken! — Halt sehr poetisch ist's vielleicht nicht. Aber wer weiß, wann ich nur sonst ein Herz g'faßt Hütt'!"
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