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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.04.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020410027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902041002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902041002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-04
- Tag1902-04-10
- Monat1902-04
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Durch Zeugenaussagen wurde fcstgestellt, daß Leute von Kruiytnger's Connnando unbewaffnete Kundschafter er schossen hätten; ein von Kruitzinger gefangen genommener Kundschafter sagte jedoch aus, daß man ihn gut behandelt und später freigelassen habe. Die Zeugenvernehmung wnrde am 4. April geschlossen. Der Anwalt des Beschul digten stellte keine Fragen. Der Handelsminister Balfour hielt gestern in Leeds eine Rede, in der er erklärte, Verhandlungen im eigentlichen Sinne des Wortes würden zur Zeit in Südafrika nicht geführt. Die Boerenführcr hätten einfach um die Erlanbniß nachgesucht, Zusammenkommen zu dürfen, um über die Einstellung der Feindseligkeiten bc- rathen zu können. Ob die Boerenführcr irgend ein An erbieten machen würden, könne er, Redner, nicht sagen, noch weniger könne er sagen, ob ein solches Anerbieten, wenn es gemacht werden sollte, befriedigender Natur sein würde; er selbst sei nicht sehr zuversichtlich. König Eduard scheinen die FriedenSverhand- lnngen doch außerordentlich am Herzen zu liegen. Auch Lord Roseberu scheint berufen, bei den kommenden Unterhandlungen eine Rolle zu spielen. Die „Tägliche Rundschau" erhält hierzu folgendes Telegramm: „In Amsterdam ist die Meldung cingctroffen, daß Rose bery sich nach Südafrika begiebt, um auf Grund eigener Anschauung König Eduard entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Der Monarch ist sehr ungehalten, daß die Unterhandlungen einen so schleppenden Verlauf nehmen und äußerte wiederholt, er wünsche sehnlichst den Tag her bei, an welchem die Feindseligkeiten ein für allemal zu Ende seien. Meldungen, die der Bocrenregieruug direct zugegangen sind, bestätigen, daß bis Ende Mürz die Verfass» > des Bocren Heeres vorzüglich gewesen und die gegenwärtige Lage für die Boeren derartig günstig sei, wie seit den ersten Tagen der großen Bocrensiege nicht. — In der Umgebung Kitchcner's herrscht angesichts der Boerenerfolgc, sowie der Haltung des Königs Be stürzung. Auch der „Shcffield-Telegraph" will wissen, daß Lord Rosebery von Aegypten aus, wo er sich jetzt befindet, nach Südafrika Weiterreisen wird. Möglicherweise hängt dies damit zusammen, daß er noch in Capstadt mit seinem ältesten Sohne, Lord Dalmeny, Zusammentreffen will, der sich mit dem Nachschub seines Regiments «Grenadier- Garde) nach eingcholter Bewilligung auf den Kriegsschau platz begiebt. Der „Sheffield-Telegraph" will aber wissen, daß die Reise auf Wunsch -es Königs erfolgt und daß Lord Rosebery „mit einer Mission betraut ist." * Pretoria, 9. April. «„Reuter s Bureau" ) Präsident Steijn leibet an einer Angenkrankheit, durch welche er mit Erblindung bedroht ist. politische Tagesschau. * Leipzig, 10. April. Obgleich nach einem bekannten Auöspruche des deutschen Reichskanzlers der Dreibund keine absolute Notbwendigkcit mehr ist, und obgleich die Berliner Osficiöscn dafür gesorgt haben, daß der Ferienreise des Grasen Bülow nach Italien und seiner Begegnung mit dem italienischen Minister des Auswärtigen Prinetti eine besondere Bedeutung nirgends beigelegt worden ist, so würde eS in Wien doch wohl etwas verstimmt haben, wenn Graf Bülow aus seiner Rundreise von Italien nicht von Bozen aus einen Abstecher nach der Donaustadt gemacht hätte. Wie gering man auch dort die politische Ausbeute der zwischen dem deutschen Kanzler und Herrn Prinetti geführten Gespräche taxircn mag: daS weiß man doch, daß aclive Staatsmänner, selbst wenn der bloße Zufall sie zusamnicnsührt, nicht nur vom Wetter, den lieben Kindern, den neuesten Moden und den Hotelrechnungen zu sprechen pflegen; und ist man auch in Wien nickt neugieriger als anderwärts, so hat man doch jeden falls den natürlichenWnnsch, zu erfahren, wie die staatsmännischen Gespräche der beiden Diplomaten verlausen sind. DaS hätte man ja auch durch den deutschen Botschafter Grasen Eulenburg erfahren können, da dieser aber aus Familien- und Gesundheitsrücksichten von Wien ab wesend ist, so versteht eS sich eigentlich von selbst, daß Gras Bülow in eigener Person taö Referat übernimmt. Darüber, daß daS Selbstverständliche nicht unterbleibt, brauchte nun eigentlich kein Wort verloren zu werden — wenn nicht das Mißtrauen anderer Mächte beständig rege wäre und Nahrung erhalten könnte dadurch, daß der deutsche Reichs kanzler nach einer Begegnung mit dem italienischen Leiter der auswärtigen Angelegenheiten eine solche mit dem Grasen GoluchowSki herbeisührt. Da muß vorgebeugl und dem Verdachte, es könne sich bei diesen Begegnungen doch um weltbewegende Dinge gehandelt haben und handeln, von vorn herein der Boden entzogen werden. DaS geschieht denn auch durch zwei inhaltlich übereinstimmende und nur in der Form verschiedene officiöse Kundgebungen in der Münchner „Allgem." und der „Köln. Ztg." Die erstere lautet: „Es versteht sich von selbst, daß Graf v. Bulow mit dein öfter-' reichischen Minister des Auswärtigen, Grafen GoluchowSki, mit dem er von Bukarest her persönlich befreundet ist, eine politische Besprechung haben, vielleicht auch von Kaiser Franz Josef empfangen werden wird, sowie daß der Werth dieser Besprechungen in dem gleichen Sinne hoch zu veranschlagen ist, wie der der Zusammenkunft in Venedig. Den besonderen Zweck, Abmachungen in irgend einer politischen Einzelsrage zu treffen, sei eS Dreibund, sei es Handelsvertrag, hat die Wiener Reise des Grafen von Bülow nicht. Es darf übrigens daran erinnert werden, daß auch die Vorgänger des Grafen Bülow mit den österreichischen Staatsmännern wiederholt conserirt haben, so auch Fürst zu Hohenlohe mit dem Grasen GoluchowSki. Graf Bülow ist seit drei Jahren nicht in Wien gewesen. Dec deutsche Botschafter in Wien, Fürst zu Eulenburg, ist zur Zeit nicht in Wien anwesend und hat auch den Grafen Bülow vorher nicht sprechen können. Um den wahrscheinlich wieder daran anknüpfen- den Gerüchten die Spitze abzubrechen, sei nochmals festgestellt, daß die Mutter des Fürsten Eulenburg augenblicklich schwer leidend in Meran weilt und der Fürst, selbst in ungünstigem Gesundheits zustände, dorthin geeilt ist." Nun wird man ja an der Seine sowohl wie an der Themse und in St. Petersburg auch deu Wiener Abstecher deS deutschen Reichskanzlers im Lichte voller Harmlosigkeit sehen. Auch wir Deutschen können unS mit dieser Zweck bestimmung der Wiener Reise um so mehr begnügen, je weniger wir Aussicht darauf haben, etwas Näheres über das Reiseergebniß früher zu erfahren, als es uns gut und nützlich ist. Da ein Theil der Presse — nicht uur der ultramontanen — sortsährt, an das Märchen zu glauben, dem Abg. vr. Lieber sei im Jahre 1898 nach Annahme der Flottenvorlage ein Ministerportefeuille, ein Staatssekretärposten und das Oberpräsidium in Kassel zur freundlichen Aus wahl angeboren worden, so hat die „Köln. Ztg." bei denjenigen Persönlichkeiten, denen sie eine genaue Kenntuiß der damaligen Verhältnisse zutraut, Erkundigungen eingezogen; von allen aber ist ihr jene Ausstreuung als erfunden und noch dazu schlecht erfunden bezeichnet worden. An diese Mit theilung knüpft daS rheinische Blatt folgende Auslassung: „Die Berufung Lieber's in irgend eine politische Stellung würde zu jener Zeit einen vollstän digen Umschwung in der politischen Haltung des Ministeriums Hohenlohe bedeutet und diesen würde Fürst Hohenlohe niemals vollzogen haben, ohne sich darüber zuvor mit seinen politischen Freunden eingehend berathen zu haben. Fürst Hohenlohe hat aber niemals auch nur die geringste Andeutung gemacht, daß er daran denke, daS Centrnm durch die Gewinnung eincs seiner Führer an den Regierungs wagen zu spannen. Wer ihn genauer gekannt hat, muß die Annahme, daß er je ein solches Ziel habe verfolgen können, von vornherein als völlig unhaltbar zurückweisen. Ja, man kann mit Zuversicht behaupten, daß Fürst Hohenlohe, vor die Wahl gestellt, einen Centrumsmann in irgend einer Form zum politischen Mitarbeiter in der Regierung, sei eS im Reiche, sei es in Preußen, zu gewinnen, sofort aus sein Reichskanzlrramt und sein Ministerportefeuille verzichtet haben würde. Wir brauchen in dieser Hinsicht nur an die große Mühe zu erinnern, die sich s.Zt. namentlich Miquel gegeben hatte, den mehr konservativ alS ultramontan gerichteten Freiherrn v. Hoiningen genannt». Hurne für daS Staatskekrctariat deS Retchsschatzamtes zu gewinnen. Fürst Hohenlohe hat dieser Ernennung unbedingt widersprochen, obwohl Herr v. Huene in derartigen Verwaltungsangelegenheiten weit besser zu Hause war, als es je vr. Lieber gewesen ist. Erst als Herr v. Miquel den Freiherrn v. Huene sür ein völlig uu- volitisches Amt, daS Präsidium der Preußischen Central-Genossen- schaftScasse,- vorschlug, hat Fürst Hohenlohe seine Zustimmung zu der Ernennung gegeben, aber auch damals kein Hehl aus seiner Ueberzeugung gemacht, daß durch diese Berufung der letzte Rest deS günstigen Einflusses, den damals noch Herr v. Huene auf daS Centrum besaß, verloren gehen würde. In der That ist Herr v. Huene nach seiner Ernennung zum Präsidenten der Preußen- casse in der Centrumssraction vollständig ausgejchaltet gewesen. Daß Fürst Hohenlohe wenige Jahre darauf die Absicht gehegt haben sollte, rin ähnliches Verfahren mit dem Abgeordneten vr. Lieber vorzunehmen, widerspricht zudem völlig der damaligen politischen Lage. Fürst Hohenlohe hat zu jener Zelt wiederholt, wie mit andern Fractionssührern, so auch mit dem Centrumssührer Vr. Lieber Aussprachen über die parlamentarischen Geschäfte gehabt, und er hat keinerlei Grund gehabt, in dieser Hinsicht eine Aenderung künstlich herbeizusühren. Ein solcher Anlaß würde nur dann vor gelegen haben, wenn Fürst Hohenlohe gewünscht hätte, daß an Stelle vr. Lieber's ein anderer ihm genehmerer CentrumSmann die Führung des Centrums übernehmen sollte. Ein solcher auS- sichSreicher Nachfolger war aber damals überhaupt nicht im Centrnm vorhanden, wie er es auch beute noch nicht ist. Bekanntlich hatte gerade Vr. Lieber die Eierschalen seiner demokratischen und particnlaristischen Vergangenheit abgestreift; im Gegensätze zu seinen Nebenbuhlern wollte er mit der Taktik gebrochen wissen, dem Reiche das, was es nothwendig brauchte, zu versagen; und daß er die Polensrage erheblich anders beurtheilte wie das Centrnm, har die ultramontane Presse nicht zu bestreiten gewagt. Fürst Hohen lohe ist todt, und es liegt also keine Möglichkeit vor, durch ihn den Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der absichtlich unbestimmt ge haltenen ultramontanen Ausstreuung zu erbringen. Aber die ultramontane Presse hat ihrerseits nicht den geringsten Versuch gemacht, für ihre Behauptung auch nur den kleinsten Beweis vor- zubringen. Wenn die Centrumspresse Namen nennen kann, dann heraus mit dem Flederwisch!" Die Ueberzeugung, daß Fürst Hohenlohe, vor die Wahl gestellt, einen CentrumSmann in irgend einer Form zum politischen Mitarbeiter in der Regierung, sei eS im Reiche, sei eS in Preußen, zu gewinnen, sofort aus sein Reichskanzler amt und sein Ministerportefeuille verzichtet haben würde, tbeilen wir vollkommen. Auch der Kaiser kann nicht im Zweifel darüber gewesen sein, daß der Fürst so und nicht anders gewählt hätte, und deshalb ballen wir eS sür vollkommen ausgeschlossen, daß irgendwer den Auftrag gehabt habe, mit Herrn vr. Lieber in Verhandlung zu treten und ihm Anerbietungen zu machen. Hat Herr vr. Lieber auS irgend einer Aeußerung irgend eines Staatsmannes Anerbietungen herausgelesen, so ist es jedenfalls wenigstens zum Theil seine eigne Schulv gewesen, zum anderen Theile vielleicht die Absicht des Anderen, der, um für die Folge gewissen Eventualitäten vorzubeugen, einen stolzen Verzicht herauslocken wollte. Darüber werden ja die Tagebücher deS verstorbenen CentrumSsührerS volles Licht verbreiten — wenn sie nicht in dasselbe Geheimarchiv wan dern, in dem die Auszeichnungen Windthorst'S schlummern. Unter der Spitzmarke: „Deutsches Geld gegen deutsche Interessen?" schreibt man unS: AuS dem neuen großen Anlehen, das Rußland in Deutschland ausgenommen hat, soll nach Angabe von Börsenblättern cinTheil für den Bau einer größeren Heer st raße durch Persien, zunächst über Täbris nach Teheran, verwendet werden. Darnach scheint eS, als ob Rußland von seinem bis 1015 geltenden Vorrecht, in Persien Eisenbahnen zu bauen, vorerst noch keinen Gebrauch machen würde. Wie dem aber auch sei, jede Verbesserung der Berkehswege in Persien von der transkaukasischen Bahn oder vom Kas pischen Meere aus kommt dem russischen Handel mit Persien zu Gute und erfolgt auf Kosten des Handels der übrigen europäischen Völker mit Persien, da Rußland die Durchfuhr fremder Erzeugnisse durch sein Gebiet nach Persien verboten hat. Somit kann eS dahin kommen, daß Rußland mit deutschem Gcldc Verkehrswege in Persien baut und daß deutsches Geld dazu hilft, die Interessen des deutschen Handels in Persien unmittelbar zu schädigen. Eine derartige Verwendung deutschen Geldes wird selbst wohl von den deutschen Vermittlern der neuesten russischen Anleihe nicht gebilligt werden. Die Rückkehr König Leopolds von Belgien nach Brüssel anläßlich der Wiedereröffnung des belgischen Par laments wird von dem Organ der belgischen Social demokratie zum Ausgangspunkt einer sehr bcmerkcns- werthen Auslassung gemacht. Wenn das belgische Feuilleton. Eva oder Anneliese? 9j Roman von Ernst Gcorgy. Nachdruck verboten. Ihre Bewunderung für den in -er That außergewöhn lichen jnngen Mann mar eine so unbeschränkte, daß sie niemals den Gedanken erwog, daß er der Ihre werden könne! Sic beschränkte sich auf eine bescheidene An betung aus der Ferne und war glücklich, wenn sie ihn anschen, ihn hören durfte. „Wollen Sie mit mir kommen?" fragte die Gräfin jetzt. — „Ich möchte ein wenig spazieren gehen und auch Kahle über Bernd s Absichten instruiren. Du, Dern, willst wohl Deine Arbeit jetzt nicht unterbrechen?" — Anneliese schüttelte den Kopf. — „Nun, dann bleib' hier und sei zum Lunch pünctlich! Auf Wiedersehen! Na, Mißchen? Lassen Sic die Tasche hier! Franz kann sic nachher mit den Gcräthschaftcn zusammen holen. Anneliese soll die schwere Staffelei bei der Hitze nicht schleppen!" Marte hatte sich erhoben und setzte den großen Sonnenhut auf die weißgewordencn Haare. Sie war noch imincr eine auffallend vornehme und hübsche Erscheinung, trotzdem Zeit und Kummer manchen tiefen SchmerzenSzug in ihr Gesicht gegraben, und ihr blondes Haar vorzeitig ergraut war. Als sic jetzt neben der Engländerin langsam dahinschritt, fiel der Zurück- bleibenden der Unterschied wieder auf. Die schlanke, doch volle Gestalt -er Gräfin sah neben Fräulein Seaton S Ltnealcrschcinung, wie Stephan sie bezeichnet, wahrhaft königlich auS. — Das junge Mädchen liest jetzt ihren Thränen freien Lauf. Sic ahnte nicht, daß Marie sie ab sichtlich verlaßen und daß sic jetzt das Gesprächsthema der beiden Damen da bildete. „Mir that es im Moment weit mehr leid, daß unser Junge erst in einem Monat kommt, als jetzt!" begann Marie die Unterhaltung. „Ach, warum daS, Frau Gräfin?" fragte die Andere erstaunt. — „DaS werde ich Ihnen sagen. Wenn die jungen Herren im Schlöffe sind, wäre eS mir wett leichter geworden, Hermann Kahle in unfern KretS zu ziehen. Er ist zwar fünf Jahre älter als Bernd und Stephan; aber da diese doch jetzt auch verständige Menschen sind, wäre der Unterschied nicht störend gewesen. Er hat ftudirt, ist ernst und hat sehr an ¬ genehme Manieren, so -aß er nicht unliebsam abgefallen wäre. Anneliese hätte ihn im Verkehr mit den Anderen bester kennen und schätzen lernen als so, wenn er mit uns weiblichem Volk allein ist und sich unwillkürlich be fangener zeigt!" — — „So halten Frau Gräfin noch immer den Wunsch aufrecht, aus Herrn Kahle und Anne liese ein Paar zu machen?" „Selbstverständlich, Mißchen, jetzt mehr als früher! Ich bin erstaunt, was für ein netter, gediegener Mann aus dem Bürschchen ge worden. Unser alter Oberförster hat seine Pensionirnng erbeten; gerade zur Zeit! Wir lasten ein hübsches neues Haus bauen, richten es behaglich ein, und Hermann zieht mit seinem Weibchen vergnügt als Großbrandauer Ober förster hinein. Unfern alten Hausmeister pensionircn wir auch. Ich möchte nicht gern, daß der Großvater hinter einem Tisch steht, an dem der Enkel speist!" „Aber das läßt sich Kahle nicht gefallen, Frau Gräfin!" rief daS Fräulein. „Nun, »vir werden ja sehen. DaS ist ja auch das Wenigste! Ich freue mich jetzt beinah, daß Bernd noch nicht kommt. Aus verschiedenen Gründen! Er hätte Hermann geneckt oder Anneliese „Dummelchen" genannt. Das hätte beide vor einander nicht gerade gehoben!" — sie lachte. — „Ferner ist unsere kleine Dern viel gesprächiger, lebendiger, wenn die beiden flotten Brüder Studio nicht hier sind. Sie soll sich mit ihrem Zukünftigen aber gründlich ausschwatzen. Das thun sic ungestörter allein. Und zuletzt! Hahaha, es ist zu nett, so ein bischen Schicksal spielen zu können! Was wollte ich doch sagen? Ach ja! Zuletzt sind die beiden Leutchen in einem Monat vielleicht gerade so weit, daß sie sich auch von selbst verloben, ohne freundliche Nachhilfe meinerseits. So kommen die Jungen gerade zur Verlobung heim! Dann hätten wir ein freudiges Willkommensscst, zu dem sich auch Neuberts herbeilocken ließen. Der Anlaß wäre doch wichtig genug, nicht wahr? Und Weihnachten ist Hochzeit!" „Sic sind in Ihrer Hcrzcnsgüte eine große Optimistin, Ara« Gräfin!" — wandte die Erzieherin ein, die durch ihren siebzehnjährigen Aufenthalt längst zur Freundin vorgerückt war. — „Wenn nun der junge Kahle bereits eine Braut hat. Er war so lange in der Fremoe, daß dicS wohl möglich ist!" — Marie blieb erschreckt stehen. „Reim Himmel, daran habe ich nicht einmal gedacht! Da sieht man es doch wieder einmal, daß unsere Wünsche der Zeit voraneilcn und Erfüllung verheißen, ehe sie anS Tageslicht getreten sind! Heute noch nehme ich mir den Hermann vor. Ich muß klar sehen! Wenn der Prätendent wegfällt, weiß ich keinen! Neuberts sind noch zu jung!" — Langsam gingen sie weiter. Miß Seaton blickte lächelnd zu ihrer Herrin auf. „Und noch eins! Wenn nun Anneliese nicht mag, wenn ihr Herr Kahle nicht gefällt? Wenn sie einen Anderen liebt?" „Sic Unglücksrabe!" rief die Gräfin ärgerlich lachend. „Wenn — — — wenn und wieder wenn! Unser Mädel liebt keinen Anderen! Sie hat mir selbst gesagt, daß neben Bernd ihr alle Anderen so un bedeutend erscheinen, daß sie nur bedauern könne, wie un gerecht der Himmel die Gaben vertheile. Und sie liebt mich, vertraut mir! Sie wiro Hermann Heiratyen, wenn ich ihn ihr Vorschläge!" „Darf ich frei meine Meinung sagen, "Krau Gräfin?" meinte die Engländerin jetzt ernst. „Ich bitte Sie sogar darum!" entgegnete die Gefragte in den» gleichen Tone. „Manchmal, das beißt ost — — —, vielleicht immer" stotterte Mißchen verlegen — „habe ia> den Eindruck, als ob Anneliese — unfern Bernd vielleicht noch unbewußt liebe!" — „Miß Seaton!" „Doch, Frau Gräfin, doch! Ich spreche meine innerste Ueberzeugung aus!" Stumm ginge» sie eine Strecke weiter. Mariens Gesicht war sorgenvoll und verdüstert. Endlich seufzte sie schwer. „Zu Ihnen, liebe Getreue, kann ich wie zu einer Vertrauten sprechen!" — sagte sic langsam. — „Jetzt, wo ich nachgcdacht habe, mir das Mädel uns seine Art vergegenwärtige, gebe ich zu, daß Ihrem Einwand eine Möglichkeit zu Grunde liegt! — Es kann wohl sein, daß sic ihn noch unbewußt liebt. Und das wäre ein Unglück!! Mißverstehen Sic mich nicht! Weder Annclicsc's Armnth noch ihr bürgerlicher Name wären ein Hinderungsgrund! In unserem Hause giebt eS zum Glück keine Gesetze, die eine solche Ehe verbieten. Unsere Verwandtschaft wäre empört; aber selbst die unversöhn liche Feindschaft dieser Familie wäre kein Hcmmniß, wenn gegenseitige Liebe ans dem Spiele stände. — Davon ist aber keine Rede! Bernd macht sich nicht einen Deut anS dem Mädchen. Er spricht nicht einmal mit großer Achtung von ihr!" — — Wieder wanderten sie schweigend durch die schattigen Alleen. — „Sic haben mich eingeäugsiigt, Kind! Ja, Sie treiben mich sogar zu einem schnellen Handeln. Anneliese muß verhetrathet, zum Mindesten verlobt werden, ehe Bernd Wiederkehr». Soll sie eine unglückliche, »erbittert« Jungfrau werden? Sie ist noch so jung, daß sie in einer glücklichen Ehe ver winden kann. Ich habe zu Hermann in dieser Beziehung vollstes Zutrauen. Heute noch gehe ich ans Werk! Mein armes, liebes Kind, meine kleine, dumme Dern!" „Sie waren nicht böse, daß ich es wagte?" sagte die Engländerin. Marie legte ihren Arm um die schmalen Schultern der Nachbarin. „Jin Gcgentheil, Tic Gute, ich bin Ihnen dankbar! Wenn mich Ihre Botschaft auch betroffen hat. — Sic seufzte von Neuem. — „Der Mensch denkt und Gott lenkt. Ich hätte wohl besser gethan, wenn ich das zweijährige Waisenkind damals bet Hermann Kahle's Eltern in Magdeburg hätte erziehen lassen. Dann wäre ihr jetzt wohl der Schmerz erspart ge blieben!" — „Aber, verehrte Fran Gräfin, vielleicht habe ich mich geirrt!" — rief die Seaton erregt. — „Nun, ivir werden ja sehen, Mißchen! Jedenfalls heißt cs jetzt ernstlich prüfen und dann schnell handeln!" erwiderte Marie. Sie waren vor dem Schlosse angelangt. Marie -rückte im Hausflur auf einen elektrischen Knopf. Franz, der ehemalige Groom, war inzwischen zum Diener aufgerückt. Er hatte von seiner Militärzeit ein soldatisches Wesen beibehalten. Seine Herrin amüsirte sich anch diesmal, als er herbeistürzw, mit hörbarem Ruck die Hacken zu sammenklappte nud, stocksteif vor ihr stehend, schnarren rief: „Gnädige Fran Gräfin befehlen?" „Wo ist Herr Kahle? Ich meine den Herrn Hausmeister!" „Herr Hausmeister packt oaS Silber im Speisesaale ans!" „Gut, Franz, rufen Sie ihn!" — Der Bursche verlchwand. - Eine Minute später steckte der Alte seinen weißen Kops über das Geländer. „Bedürfen Sie meiner, Fran Gräfin?" — — „Nein, Kahle, bleiben Sie nur oben. Sie sollen nicht uinnütz die Treppen klettern. Aber hören Sie, Alter! Sie essen heute drüben beim Rentmeister. Ich gebe Ihnen gleich das Geld für die Gehälter mit, dann sparen Sie den doppelten Weg! Ihren Enkel aber bitte ich, mit unS zu speisen. Franz soll für Herrn Doctor Kahle ein Couvert mehr aus legen! „Wie Fran Gräfin befehlen!" — meinte der Al.e, schlau lächelnd. Er ahnte, welche Ehre seiner Familie bevorstchen sollte. Jedoch wagte er nicht, vor zugreifen und ließ den Dingen freien Lauf, ohne zu irgend Jemand eine Silbe darüber laut werden zu lassen. Nach dem eingenommenen Diner wnrde der Kaffee auf der Terrasse gereicht. SS war ein köstlicher Nach-
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