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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020411019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902041101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902041101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-04
- Tag1902-04-11
- Monat1902-04
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Tabellarischer und Zifferusatz entsprechend höher. — Bebühren für Nachweisungen und Offrrtenannahme 25 (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung «0.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmrschluß für Iiuzeigen: Abeud-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Rorgru-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag voo E. Polz in Leipzig. Nr. 181. Freitag den 11. April 1902. 96. Jahrgang. Der Einfluß -es neuen bürgerlichen Rechtes aus die -Sächsische Gesindeorduung. Das Gesinderecht ist in Deutschland kein einheit liches. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Gesinde- vrdnung und in Preußen gtebt es nach der Begründung zu dem Entwürfe des Ausführungsgesetzes zum Bürger lichen Gesetzbuch sogar 16 verschiedene Gesindeordnungcn. Die älteste umfaßt das gesammte lanürechtlichc Gebiet deS Staates. Wetter haben noch die Nheinprovinz und Schles wig-Holstein eine einheitliche Gesindeordnung, während die Provinz Hannover allein vier, die Provinz Hessen- Nassau sogar fünf Gesindeordnungen aufweist, hier also die denkbar größte Zersplitterung herrscht. Die sächsische Gesindeordnung nebst der dazu gehörigen Polizeiverorü- nung dattrt vom 10. Januar 188S, die revidtrte Gesinde ordnung vom 2. Mai 1892. Die rechtliche Verschiedenheit auf dem Gebiete deS Gesinderechtes besteht auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 weiter, da das Bürgerliche Gesetzbuch sich mit dem Gesinderecht speciell nicht befaßt und der Artikel 95 deS Einführungsgesetzes die landcsgesetzlichen Vorschriften über das Gestnderecht ausdrücklich aufrecht erhält. Nur in einzelnen Puncten besitzt ganz Deutschland seit dem 1. Januar 1900 ein einheitliches Gestnderecht, da der eben erwähnte Artikel 95 eine große Anzahl von Vorschriften deS Bürgerlichen Gesetzbuches auf baS Landes-Gesinde- recht für anwendbar erklärt. GS sollen nämlich auf das Gestnderecht die Paragraphen 104—115, 131, 278, 617 bis 619, 624, 881, 840 Abs. 2 und 1858 Anwendung erleiden, die Vorschriften in 8 617 jedoch nur insoweit, als die Lanbesgeletze dem Gesinde nicht etwa weitergehende Rechte geben. Da nun Reichsrecht dem Landesrecht immer vorgeht, so werden die Vorschriften der Landesgesinbe- ordnungen außer Kraft gesetzt, soweit die Bestimmungen obiger Paragraphen zur Anwendung kommen. Reichs recht und Landesrecht greifen jetzt ineinander, und eS ist daher für die Herrschaften wie für daS Gesinde gleich wichtig, zu wissen, in welcher Weise die sächsische Gesinde ordnung durch daS neue Bürgerliche Recht beeinflußt wurde. Die Paragraphen 104—116 behandeln zunächst die Be - rechtigung, sich als Gesinde zu vermtethen, und berühren 8 10 ff. der sächsischen Ge sindeordnung. Darnach können sich Geschäfts ¬ unfähige überhaupt nicht verdingen,, während Minderjährige, die in der Geschäftsfähigkeit nur beschränkt sind, d. h. das 7. Lebensjahr vollendet haben, der Ein willigung des gesetzlichen Vertreters bedürfen. Schließen sie ohne diese Einwilligung den Gesindevertrag ab, so hängt dessen Wirksamkeit von der Genehmigung des Ver treters ab. Der Vertreter kann zu einer Erklärung über die Genehmigung aufgefordert werden. Erklärt er sich binnen zwei Wochen nicht, so gilt die Genehmigung als verweigert und der Vertrag besteht nicht zu Recht, so daß sowohl daS Gesinde, als auch die Herrschaft jederzeit zu rücktreten kann. Dies« Bestimmung ist eine Ergänzung zum sächsischen Gestnderecht. Im Uebrigen aber entspricht das bürgerliche Recht im Wesentlichen den Vorschriften, welche schon in den Paragraphen 11 und 12 der sächsischen Gesindeordnung enthalten sind. Eine Ergänzung bringt 8 1822 deS Bürgerlichen Gesetzbuches, insofern ein Ge sindedienstvertrag, der länger als ein Jahr dauern soll, ivenn ein Mündel in Frage kommt, der Genehmigung des Bormundschaftsgerichtes bedarf. (Nr. 7). Wenn übrigens eine Herrschaft die Minderjährigkeit deS Dienstboten kennt und ihn trotzdem engagtrt, ohne sich der Ein willigung des gesetzlichen Vertreters versichert zu haben, so verliert sie das Recht, vom Vertrage zurückzutreten, es sei denn, daß -er Dienstbote behauptet hätte, er besitze die Ein willigung. Daß die versagte Einwilligung unter Um ständen vom BormundschaftSgericht ergänzt werden kann, bestimmen 8 11, Abs. 2 der sächsischen Gesindeordnung, und 8 118, Abs. 8 deS Bürgerlichen Gesetzbuches überein stimmend, letzteres jedoch nur, soweit ein Vormund in Krage kommt. Wenn also Vater oder Mutter als gesetz liche Vertreter jetzt die Genehmigung verweigern, so bleibt eS dabei. Daß ein Dtenstbote, dem die Einwilligung zur Dienstvermiethung im Allgemeinen ertheilt wurde, beliebig auch neue Dienstverhältnisse eingehen kann, spricht 8 12 der sächsischen Gesindeordnung in Uebereinsttmmung mit 8 118, Abs. 1 deS Bürgerlichen Gesetzbuches auS, der daS minderjährige Gesinde in Gestndeangelegenheiten für unbeschränkt geschäftsfähig ansieht. Die Ermächtigung kann vom gesetzlichen Vertreter, ohne Einfluß auf das be stehende Dienstverhältniß, für das sie ja als gegeben gilt, zurückgenommen oder auch eingeschränkt werden, so baß z. B. die Lohnzahlung an den Vater erfolgen soll- Daß Minderjährige auch zur ersten Dienstvermiethung der Ein willigung nicht bedürfen, wenn sie nicht mehr im Hause der Eltern sind, sondern sich ihr Fortkommen selbst suchen müssen, wird im bürgerlichen Rechte nicht ausgesprochen. Wird die Einwilligung für einen einzelnen Kall der Ver- mtethung gewährt, so gilt sie als allgemein gewährt, wenn sich auS den Umständen oder Verabredungen nichts An deres ergievt. „Wer einmal dienen darf, darf immer dienen." Hat sich eine verheirathete Frau ohne Zustimmung bei Mannes als Gesinde ver- mtethet, so kann der Mann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Er bedarf aber zur Kündigung der Ermächtigung deS vormunb- schaftSgerichteS, welches sie geben mutz, wenn die Thätig- kett der Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt. DaS wird z. B. nicht der Kall sein, wenn die Ehegatten getrennt leben. ES stimmen also auch 6 16 der sächsischen Gesinde ordnung und - 1858 deS Bürgerlichen Gesetzbuches überein. Wenn 8 6 der sächsischen Gesindeordnung, wie auch die preußikch-lanbrechtliche <8 8, 4) und die rheinische (A 2), die Mtethung deS Gesindes im Prineip dem Mannezu spricht und demselben selbst bei weiblichen Dienstboten die Befuanitz ertheilt, diesen ohne Weiteres wieder zu kündigen, wenn sic ihm nicht anstehen, so fragt «» sich, ob nicht diese Bestimmung durch - 1857 de» Bürger lichen Gesetzbuches aufgehoben ist und die Miethung des Gesindes unter die Schlüsselgewalt der Frau fällt. Die Frage ist streitig. Wir möchten sie mit der Begründung des Ausführungsgeseyes zum Bürgerlichen Gesetzbuch« be jahen und die entgegenstehenden Vorschriften der LandeS- gesindeordnungen für beseitigt ansehen. Die Herrschaft haftet für das V e r s ch u l d e n des Ge- sindes in gleichem Umfange, wie für eigenes Verschulden. Sie haftet aber nur, wenn das Gesinde bei Ausführung der ihm obliegenden Dienstverrichtungen vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit irgend eine rechtswidrige, schädigende Hand lung begeht. Auch tritt dtese Haftung dann nicht «in, wenn die Herrschaft bei Auswahl und Beaufsichtigung der Thätigkeit des Dienstboten die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat, oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre. Die haf tende Dienstherrschaft kann Regreß an den Dienstboten ergreifen. l8 66 der sächsischen Gesindeordnung und 88 278, 881, 840, Abs. 2, des Bürgerlichen Gesetzbuches). Wenn der Dienstbote eine verhältnißmäßig nicht er hebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Leistung der Dienste ver hindert wird, ko kann ihm nach 8 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Lohn nicht verkürzt werden. Nur mutz er sich anrechnen lassen, was ihm ans einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung zufließt. Hierbei ist be sonders auf das männliche Gesinde Rücksicht genommen, welches zu einer kurzen militärischen Dienstleistung ein gezogen wirb. Die Vorschrift hat ergänzende Bedeutung für uns. Complicirt liegt der Rechtözustand bet einer Krank heit des Gesindes, welche ohne Verschulden der Herr schaft und ohne ein solches des Gesindes, also aus natür lichen Ursachen, entsteht. Im Falle einer Erkrankung deS Gesindes hat die Herr schaft dem Gesinde die erforderliche Verpflegung auf die Dauer von sechs Wochen zu gewähren, wenn nicht daS Dienstverhältniß in Folge Kündigung etwa eher beendet ist. Bislang war in Sachsen die Dienstherrschaft berechtigt, den er ¬ krankten Dienstboten zu entlassen, wenn er zum Dienste überhaupt unfähig wurde, oder die Krankheit länger alS vierzehn Tage ohne Aussicht auf baldige Genesung dauerte (Paragraphen 76 und 84 Nr. 18 -er sächsischen Gesinde ordnung). Künftig muß auch, wenn der Dienstbote wegen anhaltender Krankheit entlassen wird, auf sechs Wochen Verpflegung und ärztliche Behandlung ge währt werden. Die Verpflegung und ärztliche Be handlung kann durch Aufnahme des Gesindes in eine Krankenanstalt gewährt werden; die Verpflichtung der Herrschaft tritt nur dann nicht ein, wenn das Gesinde die Krankheit selbst verschuldete oder sür die Verpflegung und ärztliche Behandlung durch eine Versicherung oder durch eine Einrichtung der öffentlichen Krankenpflege Vorsorge getroffen ist. l8 617 des Bürger!. Gesetzbuches). Die Kosten, welche der Herrschaft entstehen, können auf die zu gewährende Vergütung angerechnet werden. Das ist auch nach 8 63 der sächsischen Gesindeordnung vorgesehen. Ist die Herrschaft an der Erkrankung schuld, so haftet sie in der weitergehenden Weise wegen Schadenersatzes. Das ist insbesondere der Fall, wenn sie ihre Fürsorgepflicht verletzt hat. Es entspricht zwar schon den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, ist aber in 8 618 des Bürgerlichen Ge setzbuches noch besonders hervorgehoben, daß die Herr schaft als Dienstberechtigter die zur Verrichtung der Dienste zu beschaffenden Geräthschaften, desgleichen die Wohn- unü Schlaf- oder Wirthschaftsräume so einzurichten und zu unterhalten hat, daß das Gesinde gegen Gefahr für Leben und Gesundheit, soweit, als es die Natur der Dienstleistungen gestattet, geschützt ist. (Auch 8 62 der sächsischen Gesindeordnung). Das gilt auch von den Dienst leistungen. Unv«rnünfttge Ueberanstrengungen des Ge sindes, ungesunde Wohn- und Schlafräume, oder solche, welche zu sittlichen Gefährdungen Anlaß geben könnten, machen die Herrschaft schadenersatzpflichtig, wenn das Ge sinde dadurch Nachtheile erleidet. Es mutz unter Um ständen eine fortlaufende Rente an den Dienstboten oder, wenn er stirbt, an seine Hinterbliebenen gewährt werden. Ein auf Lebenszeit oder länger als fünf Jahre ein gegangener Vertrag kann nach Ablauf von fünf Jahren sechsmonatig gekündigt werden. Alle dtese Verpflichtungen können nicht im Voraus durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden. Auch hinsichtlich deS Züchtigungsrechtes gegenüber den Dienstboten übt das neue bürgerliche Recht einen Einfluß auf die be stehenden Gesindeordnungen auS, soweit nach denselben noch körperliche Züchtigungen erlaubt waren. Die alte sächsische Gesindeordnung ließ in 8 51 noch geringe thätliche Ahndungen zu, Züchtigungen für Vergehungen dagegen nicht. Die revidirtc Gesindeordnung hat auch damit aufgeräumt. Nur bestimmt 8 48, daß Dienstboten bis zum vollendeten 17. Lebensjahre der elterlichen Zucht der Dienstherrschaft unterworfen sind, was «ine mäßige und anständige Züchtigung inbegriffen sein lassen würde. Indessen hebt Artikel 95 deS Einführungsgesetze» nun mehr überhaupt alle Vorschriften auf, welche der Herrschaft ein Züchtigungsrecht gewähren. ES steht demnach in ganz Deutschland der Dienstherrschaft ein Züchtigung-recht gegenüber dem Gesinde nicht mehr zu. Wa» im Uebrigen die Vorschriften über Kündigung, Entlassung, Dienstbücher deS Gesindes u. s. w. anlangt, so haben die alten Gesindeordnungen ihre Rechtskraft be halten. Ver Krieg iu Südafrika. Eie SrieSeuSaeti«». Londoner Abendblätter berichten au» Pretoria unter dem 9. April: Steijn, Reitz, Schalk Burger und Luca- Meyer passirten am Sonntag Kroonstad auf dem Weg, nach KlrrkSdorp. Botha traf am Montag daselbst »in. Man glaubt, Delarey und Dewrt werden der Zusammen kunft beiwohnen. * Haag, 9. April. Da» „Baderland" giebt mit Vor behalt folgendes Privattelegramm aus London wieder: Ge rüchte aus erster diplomatischer Quelle sagen, daß der Friede in zwei Tagen unterzeichnet sein werde. WolmoranS äußerte hierzu, daß den Boerendelegirten, welchen eine Kabelverbindung fehle, nichts von dem bevor stehenden Friedenssckluß bekannt sei. Jedenfalls sei es un möglich, daßerin zwei Tagen erfolge. UeberdieFriedenSauSsichlen überhaupt wollte WolmoranS sich nicht auslassen, auch nicht darüber, ob die vollkommene Unabhängigkeit die conckitio sluo qua non sei. Bekanntlich hatte früher WolmoranS ohne Weiteres diesen Punct an die erste Stelle gerückt. — Man bält eS hier nicht für unwahrscheinlich, daß die niederländische Regierung Kabelnachrichten auS Südafrika empfing, und nimmt trotz der Dementis an, daß Ministerpräsident Kuyper mit der deutschen Reise Nebenzwecke, und zwar auch Ber- mittlerdienste verknüpft hätte. Herr Kuyper, den ich beute sprach, gab darauf lachend die etwas unbestimmte Antwort, daß eS vorläufig bei den technischen Schulen sein Bewenden haben müsse. (Frkf. Ztg.) * Brüssel, 9. April. I)r. Leyds erklärte, daß er Weisungen der Abendblätter von einem nahe bevorstehenden Fried enS- schluß für Phantasien halte. Ihm fei nichts bekannt, was diese Hoffnung rechtfertige. * London, 10. April. (Telegramm.) Der Präsident der OrlSverwaltung erklärte auf einer conservativen Ver sammlung im Londoner Wahlbezirk Walwortb, die Negie rung sehne sich nach Frieden, aber man dürfe nicht vergessen, daß in Südafrika um eine Lebensfrage gekämpft wurde. Die Diplomatie dürfe nichts thun, was die großen Errungenschaften der britischen Waffen gefährden könnte. Die Correspondenz „Nederland" schreibt: Die „West minster Gazette" (bedauert eS, daß Steijn, Dewet und Delarey jede- (Kompromiß zur Herstellung deS Friedens zurückweiscn und von ihrer Losung: Unabhängigkeit oder Tob nickt abgehen; sie bedauert dies umsomehr, als „die Friedensbedingungen Schalk Burger'S von der englischen Regierung sicher angenommen worden wären". So fest der Grund ihres Bedauern» steht, so wenig ent spricht die hochfahrende Behauptung der „Westminster Gazette" über die Reise Schalk Burger'» und seine Friedensbedingungen der Wirklichkeit und Wahrheit. Ihnen gegenüber müssen wir wiederholt auf die Erklärung ver weisen, daß die Reise der Mitglieder der TranSvaal- Negierung in Südafrika von England veranlaßt worden ist; daß sie nur eine unverbindliche Vor besprechung der Boeren unter sich bezweckt darüber, ob im Augenblick überhaupt über Frieden ver handelt werden könne und daß die event. Friedens verhandlungen nur auf der Grundlage der absoluten Unabhängigkeit der südafrikanischen Republiken und der allgemeinen Amnestie der Aufständischen auS der Cap- colonie und aus Natal geführt werben können. DaS Recht auf diese Bedingungen giebt den Boeren die Ursache, der ganze bisherige Verlauf und namentlich die gegenwärtige Lage de» Krieges, die feit den letzlen achtzehn Monaten auf allen Theilen des Kriegsschauplatzes nie so günstig war, während die Situation für die Engländer sowohl be züglich der KriegSoperationen wie auch hinsichtlich des Bestandes ihres Heeres täglich trostloser wird. Alle Berichte der Boeren im Felde lauten: „Ohne Un abhängigkeit kein Frieden!", und diese Auffassung theilen auch die Repräsentanten der Boeren in Europa, die Beide wirkliche Verhandlungen über den Frieden stets nur nach gegenseitiger Verständigung führen werden. Die eng lischen Versuche, wie erst die Führer der Boeren im Felde gegen diejenigen in Europa, so nun Schalk Burger gegen Steijn, Dewet und Delaiey auözuspielen, um zu dem heiß ersehnten Frieden zu gelangen, sind wirklich zu plump, als daß Jemand darauf hineinfallen könnte. Zwei ««gleiche Brüder. Piet De Wet, ein Bruder Christian De Wet's, welcher, wie gemeldet, ein Boerencorps in englischen Diensten bildet, war vor zwei Jahren neben Prinsloo Hauptcommandant der Streitkräfte des Orange-Frei- staatS, d. h. der alte, phlegmatische PrtnSloo sollte aus diesem Posten verdrängt werben, was aber nicht so rasch ging, weil er unter den Bauern seines Distrikts einen großen Anhang hatte. Piet De Wet war zu seinem Nach, folger auSersehen und eine Zett lang hatten so die Orange- Boeren dem Namen nach 2 Haupteommandanten, in Wirk- lichkeit aber gar keinen, da der eine so wenig Initiative zeigte wie der andere. Der Lauf der Ereignisse brachte eS dann mit sich, daß das thatsächliche Ober-Commanbo im Orange-Freistaat allmählich an Christian De Wet über ging, der zunächst von Präsident Steijn al» solcher be- handelt, später auch von den noch kämpfenden BurgherS gewählt wurde. Sein Bruder Piet, der von jeher Anlage zum Drückeberger gezeigt hatte und sich mehr auf seiner Farm, als bei seinem Commando aufzuhalten pflegte, be nützte hierauf die erste Gelegenheit, um „sisnäs up" zu machen. Er leistete den NeutralitätSeib und lebte seitdem unter englischem Schutze, wahrscheinlich auch von eng lischem Gelde in Kroonstad. MeyrmalS ließ er sich auch von England zu den sogenannten „FriedenSmissionen" verwenden, die aber von Steijn und Christian D« W«t stets mit der gebührenden Hochachtung wieder helmgeschickt wurden. Jetzt scheint Piet De Wet die träge Ruhe satt bekommen zu Haven, ober er hat einen leisen Wink be- kovnnen, daß England nicht gewillt ist, ihn länger um- sanst zu unterhalten, sondern Gegenleistungen verlangt. So haben wir denn da» betrübend« Bild vor unt, baß der eine Bruder al» unverzagter Freiheitskämpfer und Hort seines bedrängten Volke» sich unvergänglichen Ruhm er wirbt. und der andere im Sold der fremden Unterdrücker die Waffen gegen sein eigene» Volk trägt, vorausgesetzt, daß die Bloemfontainer Meldung sich nicht noch als falsch ober ungenau herautzstellt. Deutsches Reich. Berlin, 10. April. (Ortsübliche Tagelöhne gewöhnlicher Tagearbeiter 1892 und 1902.) Bekanntlich sind die auf Grund von 8 8 des Kranten- cassengcfetzes durch die höheren Verwaltungsbehörden nach Anhörung der Gemeinden fcstgestellten ortsüblichen Tagelöhne, die bet der Berechnung der Krankengelder als Unterlage dienen, vor einiger Zeit nach dem Stande vom 1. Januar 1902 neu zusammengestellt worden. Zum ersten Mal nach dem Stande vom 24. December 1892 aus genommen, können dtese ortsüblichen Tagelöhne zur Be- urtheilung der socialen Lagederarbeitenden Classen herangezogen werden, wobei freilich beachte: werden muß, daß es sich um Durchschnittsangaben und um die Bezahlung ungelernter Arbeit handelt. Im Hin blick auf die Bedeutung der ortsüblichen Tagelühne für jene Bcurtheilung ist es dankenswerth, daß die „Sociale Praxis" einen Vergleich zwischen den beiden Aufnahmen von 1892 und 1902 gezogen hat; das genannte Organ hat dem Vergleiche die 83 Großstädte des Reiches mit mehr als 100 t,00 Einwohnern, 68 Kleinstädte zwischen 10 000 und 20 000 Einwohnern, 77 überwiegend landwirthschaft- liche Bezirke des Westens und 77 landwirthschaftliche Kreise des Ostens zu Grunde gelegt. Danach betrug die Zunahme des Durchschnittslohnes für Männer in den Großstäoten 16,1 Proc., in den Kleinstädten 20,5 Pro cent, im Westen 12,8 Proc., tm Osten 21,2 Proc. Beim Dnrchschnittslohn der Frauen betrug die Zunahme in den Großstädten 13,7 Proc., in den Kleinstädten 19,0 Procent, im Westen 11,4 Proc., im Osten 21,5 Proc. Der DurchschnittSlohn für jugendliche Arbeiter männlichen Geschlechts weist ebenfalls eine Zu nahme auf, und zwar in den Großstädten von 19,2 Proc., in den Kleinstädten von 22,0 Proc., im Westen von 16,2 Proccnt, im Osten von 24,3 Proc. Für jugendliche Arbeiterinnen endlich ist die Zunahme in den Großstädten mit 15,9 Proc., in den Kleinstädten mit 17,6 Procent, im Westen mit 14,1 Proc., im Osten mit 15,2 Procent zu beziffern. Was das Verhältntß -er einzelnen Arbeiterkategorten zu ein ander anbelangt, so ist der durchschnittliche Lohn der Frauen im Verhältntß zu dem der Männer ungünstig in den Großstädten, wo er gegenwärtig 69,5 Proc. deS Männcrlohnes beträgt; in den Kleinstädten sind eS 68,5 Procent, im Westen 68,8 Proc., im Osten 62,2 Proc. Der Lohn der Knaben unter 16 Jahren zeigt dasselbe Bild; er beträgt in den Großstädten 49 Proc., in den Kleinstädten 61,5 Proc., im Westen 57,3 Proc. und im Osten 55,6 Proc. des Männerlohnes. Im Vergleich mit den erwachsenen Arbeiterinnen verdienen die Mädchen unter 16 Jahren in den Großstädten 61,2 Proc., in den Kleinstädten 68,9 Proc., im Westen ti6,0 Proc. und im Osten 65,9 Proc. des Frauen lohnes. Jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen unter einander verglichen, ergieckt sich, daß Mädchen unter 16 Jahren in den Großstädten 74,3 Proc., in den Klein städten 78,7 Proc., im Westen 78,6 und im Osten 73,7 Proc. des KnabenlohneS verdienen. Alle diese Verhältnisse waren 1892 bis auf geringe Abweichungen die gleichen. Im Ganzen gesehen, ergiebt die neue Aufnahme der orts üblichen Tagelöhne die erfreuliche Thatsache, daß der Lohn im Durchschnitt seit zehn Jahren um etwa 20 Proc. ge stiegen ist. --- Bexli«, 10. April. (Die Erfüllung staatS- bürgerlicher Pflichten und die Behörden.) In Deutschland kann man leider zuweilen beobachten, daß die Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten von Vertretern der Militär- und der Civilbehürden nicht eben erleichtert, sondern im Gegcntheil erschwert oder sehr unerfreulich gestaltet wird. 'Daß die staatlichen Zwecke ein solches Ver halten von Beamten nicht erfordern, vielmehr das ent gegengesetzte angczeigt erscheinen lassen, bedarf nicht des ausführlichen Beweises. Ein Vergnügen pflegt die Er füllung staatsbürgerlicher Pflichten in den seltensten Fällen zu sein. Ist aber mit ihr mancherlei verbunden, was als unberechtigter Anspruch, um nicht zu sagen als Schikane, empfunden wird, dann entsteht sehr leicht eine Verstimmung, die der Gesammtheit am letzten Ende zum Nachtheil gereichen muß. Daß eine derartige Verstimmung auch anläßlich der zur Zett stattftndenden militärischen Controlversammlungen ohne Noth hervor- gerufen wird, lehrt das kürzlich in einer Großstadt aus gesprochene Verlangen, die Reservisten und die Landwehr männer sollten nicht im Arbeitsanzuge, sondern „an ständig" zur Controlversammlung erscheinen. Wie ge staltet sich nun bei den heutigen Lrwcrbsverhältnissen der Großstadt die Theilnahme an diesen Versammlungen? Sie ist, auch wenn die Versammlung in die Mittagsstunden gelegt wird, für die überwältigende Mehrzahl der Bc- theilgten nur unter einer größeren oder geringeren Ver- säumniß der Berufsarbeit möglich. Daß diese Arbeit für große Gruppen von Reservisten und Landwehrmännern nicht im SonntagSanzuge, sondern tm ArbcitSanzuge ge- leistet werden muß, liegt auf der Hand; Gelegenheit aber, den Anzug zu wechseln, werden die wenigsten davon des wegen haben, weil sie entweder den Lonntagsanzug an ihre Arbeitsstelle nicht mitnehmen können, oder zu viel Zeit versäumen müßten, wollten sie sich zum Wechseln des AnzngeS nach Hause begeben. Solche Opfer an Zeit sind für die meisten Betheiligten gleichbedeutend mit Opfern an Verdienst; auch auS diesem Grunde ist für sie der Wechsel des Anzüge- für die halbstündige Dauer der Controlversammlung mit erheblichen Bedenken verknüpft. Dabet ist noch ganz außer Acht gelassen, daß eS überhaupt eine offene Frage ist, ob Jeder der zur Controlversamm- lung Befohlenen, zumal in Zeiten längerer Arbeitslosig keit, andere Kleidungsstücke als Arbeitsanzügc besitzt. Ta kein Zweifel daran besteht, daß die Zwecke der Control- oersammlung ohne irgendwelche venachtheiltgung auch bann vollkommen erfüllt werden können, wenn Leute im ArbcitSanzuge erscheinen, sollte unsere» Erachten» daS oben erwähnte Verlangen um so weniger ausgesprochen werden, se sicherer e» ist, baß e» berechtigte Mißstimmung hexvorruft, und je mehr dasselbe geeignet ist, die Achtung vor der Arbeit bet den Arbeitern selbst zu beeinträchtigen. SK verlt«, 10. April. (Stabsarzt vr. Velde.) Bestem Vernehmen nach kehrt in diesen Tagen der frühe«
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