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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020424017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902042401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902042401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-04
- Tag1902-04-24
- Monat1902-04
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Bezug-. Pret- der Hasptexpeditio» oder d« 1« Etadt- »ejkl Und do» »«ort« errtcktot« »u». gab,stell«» «bst «holt! »tittiljShntH 4.50, — twetmaNg« tügltch« gustell»»» st» Hau« 5.50. Durch dt« Post bezöge« für »entschland «. Oesterreich Rerteljahrltch^ss«, für die übrigen Länder laut Zeitung-prei-ltste. Le-attto» ««- Lrpedttto«: JohanntSgaff« 6. Fernsprecher 155 und llll». FUta1»»v«stM-W» r Alfred Hach«, Vuchhaudl«, Üuioersilütsst^t, ». lUsche, KathaA»«-» Ich «. «chiigSPl. 7. Haupt-Filiale Drude» r Strehlenerstraß« 6. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Serliu: KistUggrätzerstraß« 118, Fernsprecher »ml VI Nr. 8SVL Morgen-Airsgabe. WMerTaMlltt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aathes und Nolizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. Anzeigeu.Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reklame« unter dem RedaeUou-strich (»gespalten) 75 vor de« Familieunach- richte» («gespalten) SO H. Labellarischer und Ziffernsap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und OsfertenannahrN» 85 (excl. Porto). Extra-Beilage« (grsal-tX nur mit der LkoraiN-AuSgabe, ohne Postbesörderuu- ^4 SO.-, mit Postbesürderuug 70^—, Ännahmeschluß für Anzeigen: Airnd-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgea-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeige« sind stet« an die Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentag« «nunterbroche« geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz tu Leipzig. Nr. 205. Donnerstag dm 24. April 1902. 96. Jahrgang. Großhrrzog Friedrich von Laden. Durften wir gestera unsere« Landesherr« zum Geburts lage beglückwünsche« und dabei hoher Verdienste gedeake«, die sich König Albert weit über Sachse« hinaus und um da» deutsche Sesammtvaterland erworbea und erwirbt, so gilt heute ein Gruß dankbarer Verehrung einem Fürsten, der, ein trefflicher Herrscher in seinem Laude, für die deutsche Einigkeit ein geradezu hervorragender Mana geworden und geblieben ist. Grobherzog Friedrich von Baden begeht sein fünfzigjährige« Regieruagsjudiläum. Wenigen Monarch«« ist «in, so lange, wenigen eine so inhaltsreich« und vollend« wenige« eine so weitreichende und glückliche Wirksamkeit au« verhältni-mäßig kleinem Kreis« heraus beschieden gewesen. E« ist von «m«r heute in ihrer ganzen Größe noch nicht auszumeffeaden Bedeutung, daß rin Fürst von solche« Eig«nschasten »ach de« badrschen und deutschen Wirren der Jahre 1848—50 den Thron besteige« durst« und einen selten groß«« Zeitraum hindurch innebehalten konnte. Dou den i« größeren deutschen Ländern Herrschenden ist Großherzog Friedrich der einzig, Regierende, der an der Wiege des Reiche« gestanden. Und da« wahrlich nicht nur al« Zeuge. Er hat nicht nur al« d«r Hingebungsvollsten einer mitgeholfen, al» der Nationalstaat aufgebaut werd«» konnte, wenn man von Wilhelm I. absteht, ist Friedrich ohne Frage auch derjenige deutsche Fürst, der vor der Stund« der Vollendung die meisten und brauch barsten Steine zu dem Bau herbeigetragen hatte. E« war vielleicht durch äußerliche Rücksichten herbeigeführt, aber dennoch bedeutungsvoll, daß der badische Großherzog am 18. Januar 1871 i« Schlöffe zu Versaille« im Name« der deutsche« Fürsten den eben proclamirten ersten Kaiser deutscher Nation mit dem ersten Hochruf begrüßte. Friedrich hatte de« CiniguugSgedanken in seiner allein verwirklichungfähigen Form praktisch gehegt und gepflegt, wo Andere nur Worte fanden und auch vie« nur unter dem Drucke der nationalen Volksstimmung. Auf dem Fürstentage zu Frankfurt war eS Großherzog Friedrich, der da« Unzulängliche der österreichischen Vorschläge kenn zeichnete und damit thalsächlich die ablehnende Haltung Preußen« zu dieser von Oesterreich zur Verschleppung und nicht zur Förderung der deutschen Frage ausgeklügelten Ver anstaltung rechtfertigte. Konnte im Jahre 1866 Baden nicht umhin, seiner geographischen Lage, wie der ganzen politischen Constellation entgegen den Wünschen de« Großherzog« Rechnung zu tragen, so machte sich Friedrich und seine Rathgeber nach der Entscheidung alsbald und freudig an« Werk, die Folgerungen der Umgestaltung der mitteleuropäische« Situa tion so rein al« möglich zu ziehen. Wie unveränderlich und zähe der Großherzog im Jahre 1870 sich bemühte, den Einheitsstaat entstehen zu lassen, ist, wie viele« Andere aus dem Wirken diese« Monarch«», noch nicht vollbekannt. Wir wissen aber, daß die Opfer, die um der Zusammenfassung der deutschen Staat«kraft willen den einzelnen Ländern schließlich auferlegt wurden, ihm zu gering er schienen. So war er bi« zum letzten Augenblick, jedoch ver geben«, bemüht, die diplomatische Vertretung Deutschland« und den Schutz Deutscher im Au«lande ausschließlich dem Reiche zuzuweisen, somit auf ei« glanzvolle« eigene« Recht zu verzichten. Da« Reich besteht nun über dreißig Jahre und in dieser ganzen Zeit hat Großhrrzog Friedrich e« sorg lich zu befestigen und vor Gefahren zu behüten gesucht. In welchem Maß« nach dem Heimgang« seine« Schwiegervater« und seine« Schwager« auf dem Kaiserthrone da« Letztere, da« ist noch weit weniger ganz zur Kenntniß der Welt gelangt, als die Wirksamkeit in de« Werken de« werdenden Reiche«. Eia treuer Eckart des Gesammt- Vaterlandes und einer, der glücklicherweise gehört werden muß, theilt sich Friedrich mit König Albert in de« Ruhm herzlichster, kluger Fürsorge für da« Wohlergehen des nationale« Ganze«. Zolle« wir Alle, die wir un« Deutsche nennen, ihm heute, dem trefflichen Fürsten, Dank und Verehrung, so jubelt ihm in Badea rin Volk zu, für di« diese« vollendete Halbjahrhundert der Regierung beglückend gewesea wie kein andere« Regiment in dem schönen südwest- deutschen Lande je zuvor. In Gewerbe uad Kunst, in Wissen schaft und Volksbildung ist es aufgeblüht uad überall weist der hohe Fortschritt Spuren von der Einsicht und Thatkraft de« Herrscher«. Mag das Wort oft im Spotte gebraucht werden: Baden ist in der That ein Musterland geworden, auch i« staatlicher vezirhang. Die Verwaltung wurde durch Friedrich zu einer im bestrn Ginne modernen und frei heitliche« umg«staltrt. Der Zeit wie der Festigkeit der Gesinnung nach ist dieser Fürst der erste Liberale seines Landes, stet« bereit, die Harmonie zwischen Krone und Volk auf den vrrfafsuugsmäßig gewiesenen Wegen aufrecht zu er halte«, scharfseheud und stark im Widerstand gegen Gewalten, die geistig« Unfreiheit und Zerstörung der deutschen Einheit zur heimlichen Parole führen. Mit uaseren Grüßen dringt an den Saum de« Schwarz waldes der Wunsch, daß dies» gesegnete Regierung noch lange dauer« und dem große« deutsche« Vaterlande auf dem Throne de« Einzelkandes stet« Fürsten beschieden sein mögen wi, Großherzog Friedrich! Ver Krieg in AS-afrika. Hffietele Voercn-Rapporlr. Den Berichte« des General« Delarey vom December 1801 über die Kriegslage and de« Gerirralcommandant- Assisteatrn GtaatSprocurator« I. C. Smut« über seinen Zug mit 200 TranSvaalern in di« Eapcolouie (August bi» September 1801) lassen wir heute «inen Brief de« General« Lieb«nb«rg an djen englischen Befehlshaber von Klerk«dorp folgen, der eme geradezu klassische Antwort auf die berÜchtigteVerbannungg-Proclamation Lord Kilchrner'S darstellt uad für dir Stimmung der Boeren wie die Beur« theilung der Gesammtlage eine vortreffliche Handhabe bildet. vrtese -r« Eenernl« Liebender». Zu Felde, District Potschrfstroom G.A.R., 4. September 1801. Wohledler Gestrenge« Herr, ich hab« die Ehre, hi«rb« mir Beziehung auf die Pro klamation de« Generalcommandant-Assistenten I. H. de la Rey, ckä. 16. Aua. 1901 al« Antwort auf die von Lorv Kitchener, äck. 7. August 1901 (es ist Vies die Proklamation, die mit Verbannung und Toast-cirnng des Eigenthum» Alle brdroht, die sich bi» zum 15. September 1801 nicht unter worfen haben) Euch «men Aufruf zuzuseade» an alle BurghrrS der S.-A. Republik, die sich ohne Erlaubniß in KlerkSvorp, Potschrfstroom oder Veater«dorp unter den Engländern ver stohlen aufhalt««, uad dadurch auf ungesetzlich« Weis« dem Commaudodienst eutgebe», mit dem höflichen Ersuchen, alle diese BurghrrS durch Vermittelung Ihrer Officiere von dem beili«ge«deu Aufruf »« Kenntnlß zu setzen. Ich kann Ihnen die Versicherung gebe», daß ich allen meinen Buraher- zu Felde d,« von Lord Kitchener über schickt« Proklamation vorgelesen habe, de»halb glaube ich auch darauf rechnen zu können, daß Sie Ihrerseits nun auch mein Ersuchen erfüllen werden. Ich habe die Ehre, zu sein Euer Edel-Gestrengen dienst«. Diener P. I. 8ieb«nb«rg, Fechtgenrral. Aufruf! An alle BurghrrS des Distrikts Potschrfstroom. Nachdem Genrralevmmandant - Assistent I. H. de la Rey eine Proklamation am 16. August 1301 alS Ant wort auf die Proklamation Lord Kitchener'S ckä. 7. August 1901 ausgefertigt hat, enthaltend eine Warnung für alle Buraher»; Nachdem eine Anzahl BurghrrS de» S.-A.-R. de« Distrikts Potschrfstroom e. ». sich noch unter den Eng ländern aufhalten; Nachdem dies« Burgher« dadurch Beschirmung und Unterschlupf bei unserem Feinde suchen, um so dem Commando-Dieast zur vertheidiguug und Aufrecht erhaltung der Unabhängigkeit unsere« Volke» und Laude- zu entgehen; Go rufe ich, Petru« Johanne« Liebenberg, Fecht general de« Potchefstroom-Commando», mit der mir von Generalcomdt.-Aff. De la Reh ertheilten Macht, hiermit die bezeichaetrn Burgher» — ausgenommen die, welche sich bereit» de« Hochverrath« schuldig gemacht haben — auf, sich vor den oder am 20. September «. e. zu ihren verschiedenen Feldcornetten zu verfügen. Bel Nicht erscheinen wird nach diesem Datum, jeder Burgher, der sich dann noch beim Feinde aufhalten wollte, al» Hoch- verräther gegen Land und Volk erkannt werden, und soll daun der Todesstrafe und Berlusterklärung seiner Güter verfallen sein. Gegeben eigenhändig, zu Felde District Potschrfstroom, heute, 4. September 1901. P. I. Liebenberg, Fechtgenrral. Deutsches Reich. 0. Ll. Berlin, 28. April. (Der Dreibund.) Wie man aus Rom schreibt, tritt die „Capita le", die in Beziehungen zu den Regterungskretsen stehen soll, ver schiedenen in der letzten Zett über die Erneuerung bes Dretbundes verbreiteten Nachrichten mit folgenden Bemerkungen entaegen: Es sei nicht richtig, baß für die Kündigung der Dreibundverträge vor Ablauf derselben zwischen den verbündeten Mächten eine bestimmte Frist vereinbart sei. E» stehe vielmehr diesen Staaten Vis Lum letzten Augenblicke, d. h. bi» zum Mat 1908, frei, die Ver träge zu kündigen. Die Regierungen verfügten somit über genügende Muße für die Behandlung des wichtig«" Problems. Das geschehe eben gegenwärtig ohne jede Ueberstürzung, und ohne Laß der deutsche Reichskanzler gezwungen wäre, zur Beilegung eingebildeter Schwierig reiten nach Wien »u eilen. „Wir glauben mit Bestimmt heit-, schreibt das Blatt, „daß Italien sein« politische Rich- tuns in keiner Weise verändern wird. Wir sehen übrigens auch nicht ein, warum es dies thun sollte. Wir sind über- zeugt, baß der Dreibund erneuert werben wird, jedoch nicht heute und auch nicht morgen, sondern wenn der Augenblick gekommen sein wird, es zu thun, und wenn man all« mit der Erneuerung dieses Bündnisses zusammen- t«»-«n-en Fragen beigel«1 haben Etxd." Berlin» 29. April. (Rechtöparteilich - Kle rikales-umTodedesFür st envonReußä. L.) Die Greizer Ne gierung hat nicht umhin gekonnt, den verewigten Fürsten Heinrich XXII. wegen seines Par- ttkulartsmus durch das amtliche Organ in dem officicllen Nachrufe zu rühmen. Das „Amts- und Verordnungs blatt" für Neuß ä. L. schreibt nämlich: „Der unerbittliche Tod hat mit rauher Hand in unserem thcuern Landes fürsten einen treuen und muthigen Vertreter des göttlichen Rechts hinweggerafft, für dessen Grundsätze er in allen Lagen des Lebens unerschrocken und warm etntrat." — Der in diesem Nachrufe angeschlagene Ton findet sich natürlich auch in dem hannoverschen Welfen blatte. Auch dieses feiert den Verstorbenen wegen seines Wider standes gegen den deutschen Einheitsstaat als einen Ver treter der „echt deutschen Principien des Föderalismus und des LegttimttätsprtnctpS" und als „Fels im brandenden Meer revolutionärer Bestrebungen". Was die Cen- trumSp resse anbelangt, so verräth sowohl das Organ der bayerischen CentrumSpartei, wie die Berliner „Ger mania" politische Sympathien Mit dem Verblichenen. Das Münchener Blatt betont, daß Fürst Heinrich sich nie anders denn als deutscher Fürst gefühlt habe, dem ein anderes Ideal von der Einigung Deutschlands vor schwebte. Aber bezeichnender Weise räumt dasselbe Organ ein, daß des Fürsten Haltung eine „trthümltche" gewesen sein möge. Darüber setzt sich die „Germania" deshalb gern hinweg, weil Neuß ä. L. im Bunbcsrathc gegen das Icsuitcngesetz gestimmt hat. Weniger Werth scheint die klerikale „Köln. BolkSztg." auf jene Abstimmung zu legen. Denn einmal läßt sie dieselbe als Einzelheit ganz uner wähnt; und sodann sagt sie von -en Abstimmungen des FürstenthumS Neuß im BundeSrathc, die Prcußenfetnd- lichkett Heinrich's XXII. habe dazu geführt, „daß der BundeSratySbevollmächtigte für Reuß ä. L. grundsätz lich und demonstrativ im BundeSrathc stets gegen Preußen stimmte, um was immer cs sich handeln mochte." — Der „Kreuzzeitung" wird die vorstehende Fest stellung des führenden CentrumSblattes recht peinlich sein. Hat sie doch bei ihrer Verherrlichung Heinrich s XXII. be hauptet daß er „jederzeit dieWohlfahrt des deutschcnBater- la,.des »mAuge gehabt, auch dann, wenn er bei wichtigen Abstimmungen tmBundeSrath nicht mit derMehrheit ging." Mit einer derartigen, angeblich allzeit sachlichen Berück sichtigung der Interessen Gesammt-Deutschlands ist freilich die auf Preußenfeindlichkeit beruhende grundsätzliche und demonstrative Abstimmung gegen Preußen unvereinbar! Um die Blamage der „Kreuzztg." voll zu machen, spottet selbst der klerikale „Elsäss. Bolksbotc" über die „grotesken" Kundgebungen Heinrich s XXII. gegen den nationalen Einheitsstaat. Eine Sektion dieser Art aus diesem Lager dürfte die „Kreuzztg." noch nicht erhalten haben. Berlin, 28. April. lAuS den Denkwürdig- keiten des Generals und Admirals von Stosch.) Das demnächst erscheinende Maiheft der „Deut schen Revue" enthält Seite 131—155 einen weiteren Ab schnitt der so werthvollen Denkwürdigkeiten des Generalsund AdmiralSvonStosch. Wichtig davon ist zunächst der Bericht Stosch's über das Eingreifen der Armee des Kronprinzen in die Schlacht von Königgrätz. AuS Stosch's Briefen in jenen Tagen erhält man ferner ein überaus anschauliches Bild von den Strapazen, welche das gcsammte Heer, von den obersten Führern bis zum gemeinen Mann, durchmachen mußte. Ist doch selbst ein Mann in der Stellung Stosch's an der kronprtnzlichcn Tafel vom Hunger geplagt worden, hat er doch auf offener Straße, in eine schmutzige Pferdedecke gewickelt, die Nacht zugebracht und mußte er doch häufig genug über das Un geziefer klagen, das ihm zusetzte! Am Tage nach der Schlacht von Königgrätz sah Stosch Bismarck, mit dem der Kronprinz sich damals anSsöhnte, zum ersten Male im persönlichen Verkehr. „Ich bekenne gern", schreibt hier über Stosch, „daß der Eindruck, den ich von ihm empfing, mich geradezu überwältigte. Die Klarheit und Größe seiner Anschauungen boten mir den höchsten Genuß; er war sicher und frisch in jeder Richtung, bei jedem Ge danken eine ganze Welt anfassend." — Am 16. Inli hatte Stosch auf Befehl des Kronprinzen eine politische Unter redung mit BiSmarck zu Brünn, um für den Kronprinzen Auskunft über die Gestaltung der Lage zu erhalten. Stosch berichtet dem CabinetSsekretär der Kronprinzessin von Normann hierüber: „Ich kam zwischen 11 und 12 Vor mittags zu ihm (BiSmarck). Man sagte mir, er schliefe noch, er habe die Nacht hindurch bis zum Morgen gearbeitet. Die Herren deS Auswärtigen Amtes sprachen von ihrem Chef mit einem heiligen Respekt, wie der Gläubige vom Propheten; es klang mir ganz merkwürdig." — Darauf von BiSmarck empfangen, hörte Stosch ihn mit vieler Achtung vom Kronprinzen sprechen, dessen Eiuverständniß gewinnen zu wollen BiSmarck mit großem Eifer erklärte. „Im preußisch-konservativen Fahrwasser sein Ziel zu er- reichen", schreibt Stosch im Anschluß hieran, „hält Bismarck bet dem antideutschen ParticnlarismuS dieser Partei für unmöglich; im liberalen Curs aber glaubt er nicht ohne den Kronprinzen steuern zu können." — In einem Briefe an Holtzcnborff hat Stosch ein sehr bemerkenswerthcs Ur- thcil Über die p re uß t s ch e n H ee re Sf ü h r c r in ihrer Gcsammtheit abgegeben. Er läßt sich in dieser Beziehung am 20. August u. A. folgendermaßen aus: „ES hat sich ge zeigt, daß wir mit wenigen Ausnahmen sehr gute Brigadecommandeurc der Infanterie haben, daß die der C a v g l le r i c s a st d u r ch g ä n g i g abgelebte Männer waren und den Anforderungen nicht entsprachen; den Artilleristen aber fehlt mit ganz einzelnen Ausnahmen die erste kriegerische Tugend, die Inittattvc, und da« liegt an der Erziehung. Bet den Divisionären zeigte sich schon mehr das Leiden unserer Armee, das Alter, und die Unlust, Verantwortung zu übernehmen, und bieses erhöhte sich bei dencomma n« dtrenden Generalen, von denen nur zwei, aller dings die ältesten, mit jugendlicher Energie an ihre Auf- aabc gingen, nämlich Steinmetz und Falckcnstein. Der General st ab war frisch, thätig und, was das Beste war, er klebte nicht an Formen, sondern strebte nach der Sache. General v. M o ltke ist einer der talent- vollste« und scharfdenkendsten Generale und hat durch aus die Neigung nach großartigen Operationen. Er war ganz auf seinem Posten; soll man ihm einen Vorwurf machen, so ist es der, daß er keinen Werth auf die gründ liche Durcharbeitung seiner Pläne durch setneUnterg-belieu und coordinirtcn Gehilfe» legt." — Nach einer lobenden Erwähnung des Generals v o n B o t g t s - R h c 8, des Generalstabschefs beim Prinzen Friedrich Carl, und nach einer Klage über des Letzteren Langsamkeit und Mangel an Entschluß fährt Stosch fort: „Blumenthal hat eine entschiedene und kühne Anschauungsweise, welche vorzügliche Früchte getragen hat, die ihn berechtigen, einen großen Thetl unserer Erfolge auf seine Rechnung zu schreiben; der Kronprinz aber hat das große Verdienst gehabt, vor keiner Verantwortung zurückzuschreckcn; er hat nie geschwankt, außer einem Mal bei Einflüsterungen Deines Herzogs Ernst (von Coburg)." — Wie früher schon betont Stosch auch in den Tagen des Kampfes, daß die Kronprinzessin Victoria auf ihren Gemahl einen ungemein großen Einfluß ausübte. Der Herr (der Kronprinz)", schreibt Stosch am 31. Juli an seine Gattin, „ist vor allen Dingen Mann seiner Frau. Sie bestimmt seinen Gedankenkreis auf die weiteste Entfernung, und es ist rührend, wie er ihr anhängt." — Ein schönes Zeugnttz dafür, daß Stosch seinem Staate nicht nur alsOfficier, sondern auch nach Möglichkeit mit finanziellen Mitteln dienen wollte, ist sei» Wunsch, Frau von Stosch möge sich bei der damals bevorstehenden preußischen Anleihe be- thciligen. „Ich halte eS für gerechtfertigt, daß wir den Staat, der mich zur Zett so gut bezahlt, mit dem lieber» schlisse unterstützen, daß Du Dich also bei der bevorstehen den Anleihe betheiligst.". D Berlin, 23. April. (Telegramm.) An der gestrigen Vorfeier de» Geburtstages be« König« Albert im Kaiserhof betheiligten sich 115 sächsische Staatsangehörige. Drr sächsische Gesandte Graf Hohenthal hatte den Vorsitz an der Tafel. — Die sächsischen Compagnien de» Eisenbahn- Regiment« und des zweiten Garde-Ulanen-Regi- mentS, dessen Chef König Albert ist, hatten heut« Vor mittag Parade. — Zahlreiche Blätter gedenken in warmen Worten de» heutige» Geburtstages des Königs Albert. — Die „Nordd. Allgem. Zig." schreibt: „Der Kaiser bringt persönlich dem hochverdienten BundeSfürste» und erprobten väterlichen Freunde herzliche Glückwünsche dar. Solche Wünsche werden im ganzen Reiche laut, zugleich mit drr Fürbitte um eine noch lange Fortdauer der gesegneten Re gierung des edlen Herrscher«. Durch seine Feldherrnthaten in großer Zeit und durch eine reichstreue Ausübung seiner königlichen Rechte gehört König Albert dem gesammten deutschen Volke nicht minder an, als seinen wackeren Sachsen, und gern wird sich an derartigen Gedenktagen die Nation des freundlichen Geschicke« erinnern, daß ihr Uber rin Menschenalter seit Neuerrichtung des Reiches in einer Reihe von Bundesstaaten aus jenen denkwürdigen Jahren Fürsten erhalten geblieben sind, wie Albert von Sachsen, Luitpold von Bayern und Friedrich von Baden." (D Berlin, 23. April. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" schreibt: „Am 24. April sind 50 Jahre seit dem Regierungsantritte des Grotzherzog» Friedrich von Baden verflossen. Dieser Jubeltag eines reich gesegneten Herrscher lebens, der in allen badischen Gauen mit treuer Dankbarkeit gefeiert wird, wendet auch im weiteren deutschen Vaterlande die Herzen der Patrioten ausS Neue der ritterlichen Erschei nung des edlen Großherzogs zu. Gleich verehrungSwürdig als Mensck, al» Landesherr und als BundeSsürst, hat sich der erlauchte Oheim de» Kaisers und Königs um die Verwirk lichung der nationalen EinheitSbestrebungrn unvergängliche Verdienste erworben. Die Fülle bereitwilliger Huldigungen legt Zeugniß dafür ab, wie tief in den Zeitgenossen daS Ge fühl der Erkenntlichkeit lebt für dieses mit hohen Ehren voll endete halbe Jahrhundert echt fürstlicher Dienste an Land und Volk, an Kaiser und Reich. Dem Großherzog Friedrich seien auch an dieser Stelle die ehrerbietigsten und herzlichsten Wünsche dargebracht zu der Gedenkfeier des 24. April und für die noch lange Dauer seiner weise» und erfolgreichen Regierung." D Berlin, 23. April. (Telegramm.) Drr „Reichsanzeiger" meldet: Oberjorstmeister a. D. Hermann Schwarz zu Schöneberg, bisher in Kassel, erhielt die Krone zum Rothen Adler-Orden 2. Ctasse mit Eichenlaub und Generalleutnant z. D. Kuhtmah, bisher Commandeur der 18. Division, den Kronen-Orden I. Elasse mit Schwertern am Ringe. — Betreffs der Vorlage wegen der Entschädigung für die Mitglieder der Zolltarifcommission kündigt der „Vorwärts" an, die „Zollopposition" werde versuchen, die Vorlage in ein Gesetz zur Erfüllung der allgemeinen Diätenforderung zu verwandeln. Im klebrigen wird eingewendet, daß die Vorlage eine Verfassungswidrigkeit ein- schsteße. Art. 32 der Reichsverfassung schreibt vor, daß die Mitglieder des Reichstag- als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen dürfen. Es bleibt abzuwarten, ob die „Mehrheit" behufs Durchdringung der Vorlage für einige Tage ein beschlußfähiges Haus zusammenzuhalten vermag. Die „Nat.-Ztg." meint dazu: Gelingt dies, so wird es nicht eines eigenthümlichen metallischen Beigeschmacks entbehren, daß die Beschlußfähigkeit, welche niemals behufs Verhinderung der traurigsten Zeilvergeudung zu erreichen ist, erzielt wird, um den Mitgliedern ver Zolltarifcommission pro Person 2400 zuzuwcnden. * Aachru, 22. April. Ein von dem Oberbürgermeister Veltman cinberufener Ausschuß beschloß die Errichtung eines Kaiser-Friedrich-DenkmalS auf dem Ludwigplatz. Für die Entwürfe soll ein Preisausschreiben erlassen werden. * Elberfeld, 23. April. Gegen dir Freisprechung des Verlag-Händlers Wiemann in Barmen von der Be leidigung des Kaiser« von Oesterreich durch die Broschüre „Kaiser Franz Josef l. und die Jesuiten" hat drr StaatSanwal! Revision angrmeldet. (Voss. Ztg.) r. (tzottza, 23. April. Dir socialistische Maifeier in hiesiger Stadt wird Heuer nicht da» gewohnte festliche Gepräge zeigen. Viele Arbeiter haben keine Lust mehr sich den Tages verdienst entgehen zu lassen und obendrein noch mehr Geld auSzugeben. Beispielsweise hatten die Arbeiter ver hiesigen
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