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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020501019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902050101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902050101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-01
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1« Stadt» ^64«, — «glich« ZnstaN»»» ln» fürdte'übrigen Länder laut Uüarti-« »»- Lr»E<«: JohmwtSgasse S. Wmsprecher 16» «ck Mt. /FtU<la«N»D<tt»Xtt t LlftehHah». Bmhhmedl». UadmMtSstr.», jk. LäiGE» Kathariattstr. Lch ». WntßSpl. V, Hvyt-FUr«le Dresden: Htrehleuerftraß« 6. Ferusprecher Amt l Nr. 1718. HttVt-^iliale Berlin: Küuiggrätzerstratz« 116. Ferasprecher Amt VI Nr. S3SL. Morgen-Ausgabe. WpMerTagtblaN Anzetgeu'Prei- die 6 gespaltene Petitzeile SS H. Neekamea ««ter dem Redaetiou-strtch (4 gespalle«) 76 H, vor de« Famtliennach- richte« (S gespalten) 60 L,. Tabellarischer und Ziffernsatz «-»sprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuanuahme 26 H (rxcl. Porto). Extra »Beilage« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbefördenmg 7V.—. Anzeiger. Nrrrksökrtt des Mrigkiche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des ZWHes und Nokizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. " Annahmeschluß fir Anzeigen: Abend-An-gab«: Vormittag» 10 Uhr. - Morgeu-AnSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen find stet» an die Expedition z« richten. Die Expedition ist Wochentag» «nusterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abeud» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz i« Leipzig. tischen Ziele, die er verfolgt, für ihn wohl nicht zu viel be deuten. Immerhin steht es Jedem frei, auch in solchen Lagen zu erwägen, ob er bann überhaupt wählen will. Wir können jedenfalls darin nur einen Gewinn, sowohl sür den Wühler, wie auch für den Staat erblicken, wenn der Wähler vor der Wahl gezwungen wirb, alle diese Kragen recht reiflich zu erwägen und darnach seine Stimme abzugeben. Es ist eine unreife Forderung, für -le Wahl den Wähler aus allen diesen Verhältnissen loSlösen zu wollen. Er lebt in der Zett, so mag er auf die Bedingungen, die diese Zeit bietet, die gebührende Rücksicht nehmen. ES wird dann als ein schweres Uebel geschildert, wenn so und so viele Leute überhaupt nicht zur Wahl schreiten, weil sie nicht offen Farbe bekennen wollen. Ganz gewiß sind diese Leute nicht reif, das Wahlrecht auSzutiben, und es ist kein Schade, wenn sie auch thatsächlich darauf verzichten. Und selbst, wenn die große Zahl der in dev Heerde dahin ziehenden Wähler auS diesem Grunde nicht zur Wahlurne kommen sollte, so vermögen wir darin kein Unglück zu finden. Wählen soll doch nur Dey der eine reife Ueber- zeugung hat und diese zu vertreten auch bereit ist. Gewiß würde eine solche offene Wahl für baS Königreich Sachsen der nationalltberalen Partei einen nicht unbedeutenden Ge winn bringen. Die einzelnen Gründe hierfür zu erörtern, behalten wir uns für später vor. Den einen Segen versprechen wir uns aber gewiß von -er Einführung der offenen Wahl. Gerade die Beein flussung der Wühler wird mehr und mehr schwinden. Da die Wahlabsttmmnngen für Jedermann offen liegen, so würde ein sehr lebhafte- Empfinden sich herauSbilben, falls zu Ungunsten Jemandes dessen Abstimmung verwerthet würde. Die Presse würbe unzweifelhaft in dieser Richtung eine wirkungsvolle Aufsicht üben, vor Allem aber wird dann die Achtung vor der Ueberzeugung deS Einzelnen, die sich in der Wahl ausspricht, ganz entschieden wachsen, und wir sind -er optimistischen Auffassung, -aß gerade durch Einführung Her offenen «avk »er öffentliche Anstand so entschieden zunehmen wird, daß nur sehr selten von den Vorgesetzten gegen ihre Angestellten unliebsame Folge rungei, gezogen würden. Man wird gewiß seltenem-»« Seußerung einer Ueberzeugung bemängeln, wenn sie' in ehrenwerther Offenheit erfolgt. ' ' Der Krieg in Aü-afrika. Eine Art Waffe»stilfla«d scheint ei»getrete« z» sei». Man schreibt nnS aus London, 28. April: AuS dem Transvaal und dem Oranje-Freistaat liegen keinerlei Nachrichten über Zusammenstöße mit den Boeren vor, und nur aus der Capcolonie meldet der Draht von einem unbedeutenden Gefecht, welches sich am 22. d. M. westlich von Richmond absptelte, das aber wohl nur als ein zufälliges Zusammentreffen britischer und boerischcr kleinerer Abthcilungen aufzufaffen ist. ES liegt die Annahme deshalb nahe, daß die Bocrcn- führer sich mit ihren Eommandos getroffen haben und mit denselben verhandeln, und wenn auch Lord Kitchencr keinen formellen Waffenstillstand genehmigt hat, so darf man wohl annehmen, daß er sich an sein Wort gebunden hält und den Boeren die Möglichkeit, zu unterhandeln, nicht raubt. Unvorhergesehene Zusammenstöße mögen sich wohl ereignen, aber im Großen und Ganzen ruhen die Operationen, man hat sich, ohne sich gegenseitig zu binden, stillschweigend zu einer Art Waffenstillstand geeinigt. Länger als eine Woche ist eS her, daß -er Minister Balfour im Unterhausc erklärte, man werde drei Wochen abwarten müssen, ehe eine Antwort von den Boeren ein ginge, und deshalb wird man wohl in den nächsten acht bis vierzehn Tagen kaum irgend etwas von militärischen Operationen hören. Die englischen Blätter sind der An sicht, -aß die Delegirten nicht mit den vollzähligen Eom mandos zu berathen brauchten, sondern daß von diesen Vertrauensmänner erwählt werden würden, die die Stimmen ihrer Kameraden erhalten haben, und man hofft, daß weniger als die vom Minister genannten drei Wochen dazu genügen werben, Klarheit zu schaffen. Wo die Boerenftthrer sich zur Stunde aufhalten, ist natürlich unbekannt. Reitz ist, -aS weiß man, nach Ptetersburg gegangen, nm Eommandant Beyers zu treffen, und La keine weiteren Berichte über Bewegungen der So- lonnen der Boeren vorliegcn, nimmt man an, -atz die Lonserenzen bet KlerkSdorp und vryhetd im Transvaal und bet Kroonstab im Freistaate stattfinben. Diese Plätze find den britischen Militärbehörden selbstverständlich be- kannt, und so erklärt sich baS Fehlen aller Nachrichten vom Kriegsschauplätze. Fra» De Wet. Der Gesundheitszustand der Frau De Wet, -er stark- müthigen Gattin d«S wackeren Christian De Wet, die sich mit ihren jüngeren Kindern im LoncentrattonSlager bet Pietermaritzburg (in Natal) befindet, wird von Tag zu Tag schlechter. Gott sei Dank, gtebt eS ja' noch Herze» und Hände, die nicht -ulassen, datz die Ehegenossin -es kühnen Helden mit ihren Kindern Hunger leidet bet der dürstigen Nahrung, die an die von Hau» und Hof verjagte«, jammerndwerthen Frauen verabreicht wird. Da» reicht jedoch nicht hi«, da» langsame Stechthum -er tapferen Fra« aufzuhalten. Man will ihr, der Leidenden, aber nicht erlauben, sich nach der Stadt Pietermaritzburg oder ander», wohin zu begeben, datz sie sich eine gesunde Wohnung suchen könnte. Am 29. März wenigsten» befand sie sich noch in dem ConeentrattooSlager. Warum gestattet man ihr, die den ^englischen Schutz und Unterhalt" nicht will and nicht braucht, nicht die Freiheit de» Wege»? vor einem Jahre noch hatte Frau De Wet rin« Wohnung t« Johannesburg inne, wo vr. Visser, der leider auch eM Vpfer der englischen Willkür werden mutzte, ihr feinen Beistand geliehen hat: dann war sie gegen alle» Recht und ahne jeden Grand mit Gewalt nach Natal in eine» der fürchterlichen Loncea- trattoaSlager übergeführt worden, wo man anscheinend die Wehrlose «tz der Rache verfolgt, die man tjhem kShvn, ua- überwinblichen Gemahl geschworen hat. Wer dächte da, diesem Bilde grausamer Willkür gegenüber, nicht unwill kürlich an die ritterliche Hochherzigkeit eines KooS De la Rey gegen Methnen? Deutsches Reich. H! Berlin, 30. April. (Beichtstuh l und deutsch nationale Bestrebungen.) DaS Ccntrum zeigt sich durch seine eklatante Niederlage im Wahlkreise Saar brücken sehr deprimirt, sucht aber den Mißerfolg durch die Behauptung zu beschönigen, die Gegner hätten sich Wahl beeinflussungen zu Schulden kommen lassen. So denuncirt die „Köln. Volksztg." einen hohen Bergbcamtcn, der in einer Wahlrede zu Gunsten des nattonallibcralen Can- didaten vr. Boltz darauf h'ingewicscn habe, wie von der Bcrgverwaltung für die Arbeiterschaft gesorgt werde: in -er schweren Krisis der letzten Zeit sei keine Feierschicht eingelegt, kein Arbeiter entlassen, keine Lohnrcduction vor genommen worden: das sei eine sociale That. Diesen Hin weis betrachtet die „Köln. Volksztg." als eine amtliche Wahlbecinflussung und schreibt dann unter Anderem, nach dem sie noch einige Fälle aufgeführt, in denen Bergleute sich in rührigster Weise an der Wahl bethciligt hätten: „Das wird nicht anders, als bis von oben Remedur ein tritt: damit ist Berlin gemeint, nicht etwa die Bcrg- werksdirection Saarbrücken." Also Bcrgbcamte und liberal gesinnte Bergleute dürfen sich nicht an der Wahl- agitation gegen einen Ccntrumscandidaten betheiligen, da schreit das Centrum sofort nach Remedur, die „von Berlin aus" einzugreifen habe! Wir möchten nun auch nach „Remedur von Berlin aus" rufen, in einem Falle, -er vielleicht gar nicht vereinzelt dastcht, sondern typisch für den Kamps des Polenthums gegen die Deutschen in der Provinz Posen sein mag. Hier sollte ein künigstreuer Beamter durch einen katholischen (geistlichen nicht nur in der Bekundung seiner politischen, königstrcnen (Besinnung, sondern auch in der Ausübung seiner amtlichen Pflichten, welche der Erlaß des preußischen Ministeriums vom 12. April 1898 den Beamten in der Provinz Posen be sonders an's Herz legte, verhindert werden! Die eifrige Thättgkeit eines Beamten für das K r i c g e r v e r e i n s - wesen in der Provinz Posen wurde von -er polnisch katholischen Geistlichkeit höchst mißfällig beurthcilt; diese ließ, wie uns geschrieben wird, nichts unversucht, die Beamten katholischer Konfession den Kricgcrvcreinen ab wendig zil machen. Schließlich versuchte mau auch, auf die Gattin dieses Beamten einen unerhörten Druck unter Zuhilfenahme kirchlicher Mittel auszuübcn. Der Vikar v. Zakrzewski in Schrimm machte in der Beichte die Absolution der Gattin des betreffenden Beamten von ihrem Versprechen abhängig, ans ihren Mann all ihren Einfluß geltend zu machen und nichts un versucht zu lassen, um ihn von seinen deutsch-nationalen Bestrebungen zurückzuhaltcn. Bei dieser Gelegenheit be rührte der Vikar auch jenen ministeriellen Erlaß vom April 1898 »nd gab zu verstehen, daß man immerhin ein guter Beamter sein könne und seine Pflicht keinesfalls verletze, wenn man auch den Anregungen des Er lasses keine Folge gebe! Da die Gattin des Beamten das von ihr vom Vikar verlangte Versprechen weder geben wollte noch konnte, so wurde ihr sowohl Ab solution, wie Darreichung des Abendmahles verweigert! Eines Commcntars bedarf diese Ge schichte nicht: aber sic gicbt vielleicht Veranlassung, daß von „Berlin" aus gegen solche deutschfeindliche Agitationen mittels kirchlicher Mittel durch katholische Geistliche ener gische Remedur erfolgt! /S. Berlin, 3O.April. (Der belgische Generalstreik und da» deutsche so cialdemokra tische GewerkschaftS- organ.) Während das Organ der socialdemokratischen Gewerkschaften zur Theilnahme an der Maifeier ganz nach der socialdemokratischen Schablone anffordert, nimmt eS dem Generalstreik gegenüber, wie er jüngst in Belgien fruchtlos angewandt wurde, eine zwar diplomatisch verclausulirte, aber doch durchaus ablehnendeHaltungein. Ueber den belgischen Streik selbst und seine Motive will daS GewerkschastSorgau sich jeder Kritik euthalten. Thatsächlich jedoch läßt eS an Kritik nichts fehlen, denn e» schreibt: „Unter welchen außer gewöhnlichen Verhältnissen von diesem KampfeSmittel (deS Generalstreik») Gebrauch gemacht werden darf, das kann nur nach kühlster Abwägung der Machtverhältnisse zwischen Arbeiterclafse und ihren Gegnern entschieden werden. In Deutschland wäre ein Generalstreik, wie zahl reiche Erfahrungen bewiesen haben, ein total verfehlte» Unternehmen, daS den Herrschenden will kommenen Anlaß gäbe, die Arbeiterorganisationen zu ver nichten." — Ob die generalstreiklustige Presse der Social demokratie den Wischer, den da» Gewerkschaftsorgan ihr im Borstehenden ertheilt, ruhig einstecken wird, bleibt abzuwarten. Berit», 80. April. Zur Bekämpfung des AlkoholiSmus unter den Arbeitern wird iu erfreulicher Weise immer mehr darauf hingcwtrkt, daß die früher oft zn beklagende mangelhafte Versorgung mit Trinkwasser bet gewerblichen Anlagen auf dem Lande sich bessert. Am schwierigsten hält es, im Bauhandwerke und in -en Zi^leten eine Abnahme des Alkoholgcnuflcs zu erzielen. Bet den Ziegeleien liegt e» vielfach daran, -aß die Ztegeletbesttzer, besonders im Osten, die Fabrikation an einen Ztegennetster iu Accord vergeben und sich selbst um die Leute gar nicht kümmern: bet -cm Bauhandwcrk werde« die Arbeiter zum Alkoholgenutz durch den Umstand verleitet, datz selten auf einer Baustelle ein geeigneter Raum ist, in dem sie sich während der Pausen und Mahl zeiten niederlassen könne«. In Folge -essen besuchen sie die nächste Kneipe «nd verführen sich gegenseitig zum Genüsse geistiger GetrstetG. — In Oppeln auf -er Grube Donner», marck wirb -en Arbrüern zum Selbstkostenpreise Kaffee uud Wer mit -en Speisen verlaust.. Eine Erfurter Fabrik liefert ihren Nachtarbctteru freien Kaffee. In einer Kölner Fabrik wird -en Ar-«ttern Kaffee sür 2 Pfg. verabreicht: e» werd« «onstlich SMO Portionen verbraucht, da» Nr. A8. ^Zrnu sächsischen Lavdtagswahlrecht. Bon geschätzter Seite wird uns geschrieben: Der Wunsch, dem der Leitartikel in der Morgenausgabe deS „Leipz. Tagebl." vom 18. April Ausdruck gab, daß nämlich die Generalversammlung des Nationalliberalen LandeSvereinS sich mit der Krage des sächsischen Landtags wahlrechts beschäftigen möge, wird erfreulicherweise er- füllt werden. Noch erfreulicher ist die Thatsache, daß die brennende Krage bereits auf die Tagesordnung der Generalversammlung gesetzt war, als jener Wunsch aus gesprochen wurde. Einmüthig wird in der nattonallibcralen Partei em pfunden, daß eine Aenderung des Wahlrechtes stattfinben müsse, die Schwierigkeit beginnt jedoch mit der Krage: Wie soll man eS machen? Zunächst erscheint ja die Aenderung deshalb nicht dringend, weil im Landtage die Erfahrung gezeigt hat, daß die «ationalltberale Fractton trotz ihrer Minderheit doch einen ganz entschiedenen Einfluß ausübt, und zwar einen Einfluß, der im umgekehrten Verhältnis, zu ihrer Zahl steht. DaS mag zum Theil daran liegen, -aß viele Angehörige oer konservativen Fraktion ihrer ganzen Anschauung nach als Nationalliberale angesehen werden dürfen, und dies erscheint Manchem als ein erfreulicher Zustand. Wir können aus diesem Zustande nur den lebhaften Wunsch her leiten, daß möglichst bald eine Aenderung in den Fraktion»- Verhältnissen eintrete, die eine gehörige Gruppirung nach den wirklichen vorherrschenden Anschauungen zur Folge hat. Es kann nicht taugen, wenn eine Zahl von Abgeord neten, die sich im Grunde zur nationalliberalen An- schaumig bekennen, auf -er Seite der konservativen Partei stehen. ES ist bisher zu einem Widerstreite -wischen beiden Parteien nicht in der Wesse gekommen, daß daraus eine starke Schädigung der nationalltberalen Interessen gefolgt wäre. Pralle.« jedoch die Interessen einmal auseinander, so erglevl nm aus oem Herrscycnvrn Umstande, baß dann die Ramensconservattven doch geg<m die nativnalltbcrale Partei stimmen werden, deren Anschauung sie sind. Eine Wandlung in dieser Richtung wird gewiß schon dann etntreten, wenn man ins Auge faßt, die Wahlkresse anders, als dies bisher geschehen ist, abzugrenzen. Ein solches Heilmittel erscheint jedoch nicht durch schlagend, aber auch der Auffassung nicht entsprechend, die die nationalliberale Partei zü vertreten hat. DaS herrschende Drei-Classen-Wahlsystemstehtentschieden im Gegensätze zu -em Begriffe einer Volksvertretung, da ein Theil der Wähler ganz entschieden um daS Ergebnitz seiner Wahl von vornherein gebracht wird. Wir haben im Landtage jetzt keine Volksvertreter, sondern Vertreter von Claffcn. Hier muß die uationalliberalc Partei grundsätzlich eine Stellung dagegen nehmen, und es scheint nicht angezetgt, im Hinblick auf das Programm, wie aüf die geschichtliche Entwickelung der Partei sich bei Maßnahmen zu begnügen, die nur eine Verschiebung der WahlkrciSgrenzen zum Zwecke hat. Grundsätzlich entspricht dem Gedanken des Rechtsstaates nur die allgemeine unmittelbare Wahl. Dieses Ziel zu vertreten, ist auch der nationalltberalen Partei durchaus würdig. Da jedoch die WahlrechtSände- rung im Königreiche Sachsen mit Rücksicht auf die Aus wüchse des früheren Wahlsystems vorgenommen worden ist, so wird erforderlich werden, SicherungSmtttel gegen der artige Auswüchse zu schaffen. Nicht unbedeutend in seiner Wirkung erscheinen uns die Folgerungen, die aus der Ein führung der offenen Wahl für unsere Wahlverhältnisse zu ziehen sind. Die bisherige geheime Wahl ist geeignet, Auswüchse zu zeitigen, die wir der offenen Wahl nicht -»sprechen können. Die Frage ist ja äußerst bestritten und eS wird stets gegen die offene Wahl ins Feld geführt, daß die Beein flussung durch alle möglichen äußeren Umstände gar zu stark werden könnte. Wir stehen auf einem anderen Standpuncte. Wenn eS auch zu preisen ist, daß jeder Staatsbürger in gleicher Weise das Recht einer völlig freien Wahl haben soll, so bedeutet es doch eine arge Verkennung -er LebenSverhält- niffe, wenn man damit sagen will, eS soll nun Jeder das Recht haben, den Mann zu wählen, der seinen, vielleicht völlig unreifen, Idealen am ehesten gerecht werde. Verkannt wird dabet gänzlich, daß wir -och in -er Welt der Interessen und geschichtlich gewordenen Verhält nisse leben. ES ist deshalb widersinnig, dem Staatsbürger das Recht zuzusprechen, nach feinem Gutdünken, ohne Rück sicht auf die Verhältnisse deS LebenS und der Umstände, unter denen er seine Existenz findet, einen Vertreter seiner Träume auf den Schild zu erheben. ES mag zugegeben iverden, -aß ein Wähler durch die geschäftliche Stellung, in der er sich befindet, beeinflußt wird. Das halten wir jedoch für ein Unglück nicht: er mag dann entscheiden, welches von beiden Gütern er höher schätzt, ob er die Ueberzeugung, die im Widerspruche zu -en Bedingungen steht, unter denen er sein Brod findet, ver treten will, oder ob er das unterlassen soll. Sind ihm die Bedingungen, unter- denen er sein Brod findet, so werthvoll, -atz er mit Rücksicht darauf seine Stimme einem Anderen gtebt, al» dem er sie nach seinen Wünschen geben möchte, io übt er damit eine gerechte Kritik seiner eigenen Anschauungsweise. Und diese Kritik wider spricht gewiß nicht der ernsten Pflicht, die eigentlich ein jeder Wähler hat, zu prüfen, ob denn das Programm -eS Candibaten, den er wählt, auch mit -er Erhaltung der Existenz, die ihm geboten wird, im Einklang ist. Es mag gesellschaftliche Rücksichten geben, die ebenso leb haft -en Einzelnen beeinflusse». Wir können auch darin Nur einen Gewinn für den einzelnen Wähler erblicke«, wenn er vor der Wahl gezwungen wird, reiflich zü er wägen, ob diese gesellschaftlichen Rücksichten für ihn mehr wiegen, al» die politischen Ziele, die er verfolgt. Kühren -ie gesellschaftlichen Erwägungen seine Stimme einem All-«« zu, so bgrf mau sich dch gztzöstW, -aß die poli Domrer-tag dm 1. Mai 1902. 98. Jahrgang. Emaillewerk Silesia verabreichte in einem Summer 20 000 Liter Kaffee unentgeltlich. L. Berlin, .80. April. (Privattelegramm.) Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes zugegangen, der daS die Wehrpflicht iu den afrikanischen Schutzgebieten betreffende Gesetz abändern will. Darnach soll in Zukunft durch kaiserliche Verordnung bestimmt werden, in welchen Schutzgebieten und unter welchen Voraussetzungen wehr pflichtige Neichsangehörige, die außerhalb Europas ihren Wohnsitz haben, ihrer activen Dienstpflicht bei den Schutz truppen Genüge leisten können. — Die Unternehmer staatlicher Bauausfüh rungen Pflegen zuweilen ihre Forderungen auS den mit der Staatsverwaltung abgeschlossenen Verträgen an dritte Per sonen zu cediren, die ihnen entweder die zur Bau ausführung erforderlichen Materialien liefern oder die zur Herstellung der Anlagen nöthigen Gelder darleihen. Wenn ein Unternehmer in solchem Falle sich seinen Verpflichtungen gegenüber den Arbeitern oder Hand werkern entzieht, so gehen diese für ihre Leistungen leer aus, da sie nur zu dem Unternehmer im VertragSverhältniß stehen und nur gegen diesen, nicht aber gegen den Cessionar ihre Forde rungen geltend machen können. In letzter Zeit sind Arbeiter und Handwerker bei Eisenbahnbauten in solcher Weise um ihren Verdienst gebracht worden. Infolgedessen hat der Minister der öffentlichen Arbeiten die Eisenbahn-Directioncn zu einem Gutachten darüber aufgefordert, ob eS zweckmäßig sei, die allgemeinen Vertragsbedingungen dahin abzuändern, daß, sofern der Unternehmer Handwerkern oder Arbeitern gegen über die Verpflichtungen au» dem ArbeitSvertrage nicht oder nicht pünktlich erfüllt, der Verwaltung das Recht gewahrt wird, die von dem Unternehmer geschuldeten Beträge für dessen Rechnung unmittelbar an die Berechtigten zu zahlen. (Hamb. Nachr.) (-) lliel, 30. April. (Telegramm.) DaS Ober- landeSgericht erachtete heute die Revision deS Hof besitzers Christian Finne maan aus Taarning gegen da« Urtheil deS Flensburger Landgericht» vom 17. März 1902, daS seine Ausweisung auS dem preußischen Staatsgebiete verfügt und die vom Schöffengericht Haderleben ihm wegen unerlaubter Rückkehr nach dem preußiscken Staatsgebiete auferlegte Haftstrafe von vier Tagen bestätigt hat, für be- gründet und sprach den Angeklagten frei. Die Kosten, sowie die dein Angeklagten erwachsenen baaren nothwendigen Ausgaben wurden der Staatscasse auferlegt. Gneseu, 30. April. (Privattelegramm.) Vom Gnesener Gymnasium wurde gestern wieder eine größere Zahj polnischer Gymnasiasten wegen Geheim bit ndelei relegirt. T Eisenach, 30. April. (Telegramm.) Der Kaiser ist heute Nachmittag 1 Uhr 10 Minuten nach Berlin ab gereist. Am Bahnhofe war der commandircnde General v. Wittich zur Verabschiedung anwesend. Der Groß herzog begleitete den Kaiser bis Weimar und begab sich von dort auf sein Gut Heinrichsau. * Bamberg, 29. April. Das erzbischöfliche Or dinariat in Bamberg bat einen Erlaß an den Klerus ter Erzdiözese bezüglich der LoS von Rom-Bewegung erlassen. Der Erlaß beschäftigt sich hauptsächlich mit der Zeitschrist „Die Wartburg" (herauSgegeben von dem Superintendenten Mayer in Zwickau, Verlag von Lebmann in München). Es wird die Geistlichkeit aufgesordert, die Gläubigen aufmerksam zu machen, daß eS nach kirchlichen Grundsätzen verboten ist, auf vie genannte Wochenschrift zu abonniren, sie zu lesen, bei sich zu halten over weiter zu verbreiten, da sich Solche, die wissentlich oder vorsätzlich Derartiges zu Schulten kommen lassen, wegen Begünstigung der Häresie kirchlichen Strafen unterziehen. Dem Klerus wird die Erlaubniß er theilt, die Wochenschrift für sich zu halten und zu lesen, damit er Kenntniß von dem Inhalt derselben hat und auch eine direkte Polemik gegen die Schrift führen kann. Doch wird ihm aufzegeben, diese Polemik nur nach sorgfältiger Vorbereitung mit gründlicher Beweis führung und jederzeit ohne persönliche Ausfälle zu führen. („Münch. N. N.") Oesterreich - Ungarn. * Pest, 30. April. (Telegramm.) Einer Blätter meldung zufolge sei der Professor der Statistik, ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium, Lang, zum HandelS- min ist er auSersehen. Frankreich. Die Wahlen. * Paris, 30. April. (Telegramm.) Die ministe- rielleLiga der republikanischen Action veröffentlicht einen Aufruf, in der sie erklärt, daß die republikanischen Candibaten m allen Wahlbezirken bei der Stichwahl zu Gunsten jener antireactionären Caudidaten zurücktreten müssen, die im ersten Wahlgange die meisten Stimmen ver einigt haben; ein anderes Vorgehen wäre Berrath. Man müsie dem reaktionären Block einen republikanischen Block entgegenstellen. Diesem Aufrufe ist bereit» in den meisten Pariser Wahlbezirken Folge geleistet worden. Der unab hängige Socialist Montiez hat seine Wähler aufgesordert, bei der Stichwahl sür den Minister Millerand zu stimme«. Infolge dessen wird die Wahl Millerand'S für wahrscheinlich gehalten. * Part», 30. April. (Telegramm.) In Belfort versammelten sich gestern radikale Anhänger de» zum Depu- tirten gewählten Maire Schneider vor der Redaction de« Nationalistischen Blattes „Ralliement" und schleuderten Steine gegen die Fenster derselben. E» entstand eine Rauferei, bei der mehrere Personen verwundet wurden. * Pari», 30. April. (Trle gra mm.) Nach einer Depesche de» „Siöcle" kam e» in PondichSry in Französisch-Indien nach der Wahl zu Ruhestörungen. Dir Häuser der Führer der Partei, die für den bei der Wahl unterlegenen Direktor de» „Siöcle", iHveS Guyot, agitirt hatte», wurden ge plündert. >
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