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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190205044
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020504
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020504
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-04
- Monat1902-05
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1902
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Bezug-«Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.60, — zweimaliger täglicher Zustellung inS Hau- ei S SO. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich 6, für die übrigen Länder laut ZeitungspretSliste. Nedartion und Expedition: IohanniSgaffe 8. Fernsprecher ISS und LLS. FUtalrvpsdMMrr« r Alfred Hahn, Buchhandlg., UvwrrsitätSstr.3, 8. Lösche, Katharinenftr. 14, u. KönigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Strehlenerstraße 8. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: Königgrä-erstraße 116. Fernsprecher Amt VI Nr. SSS3. riWM TagclilM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Ruthes und Nalizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen »Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 7K H, vor den Familiennach richten (8 gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren stir Nachweisungen und Offertenannahme 2S L, (rxcl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderung .äl 60.—, mrt Postbesörderung 70.—. Ilnuatfmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Grpedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 22t. Sonntag den 4. Mai 1902. 86. Jahrgang. Aus -er Woche. Bor noch nicht vielen Monaten meinte ein namhafter französischer Industrieller, als man ihm von der Düssel dorfer Ausstellung sprach, eS sei nicht daran zu denken, daß in dem „verkrachten Deutschland" dies unter günstigeren wirthschaftlichen Verhältnissen groß gedachte Unternehmen dem Plane gemäß durchgeführt werden könne. Nun, heute dürften die Rheinländer alle Sprühteufelchen ihrer heiteren Spottlust und die dickblütigen Westfalen da» schwere Geschütz ihrer Satire loslassen, wenn sie e- der Mühe werth finden sollten, den ihnen bekannten Franzmann und sein» LanvS- leute zur Besichtigung deS „Krach"-Product«S einzuladen. Die Düsseldorfer Ausstellung, das haben unbefangene Sach verständige festgestellt, ist ein glänzend gelungenes und sie ist, was von Ausstellungen selten gesagt werden darf, ein durchaus solide- Werk. Die Franzosen wollten auf ihrem letzten Weltjahrmarkte die deutsche große Industrie nicht haben und die deutsche große Industrie hatte keine Neigung, neben dem Flitter zu figuriren. Jetzt zeigt ein verhältniß- mäßig kleiner deutscher GebietStheil Schöpfungen, die Frank reich, obwohl keinerlei natürliche Hindernisse entgegenstehen, nicht hervorzubringen vermag und die die wettbewerb fähigen Nationen zum Mindesten interessiren werden. Die Engländer insbesondere, die das auf ihr Verlangen ein geführte maäo iu üerwauz: schon einigermaßen praktisch kennen gelernt haben, können eS nun auch einmal in solenner Concentrirung, umrahmt von deutscher Kunst, beaugen scheinigen. Die Ansichten über den Werth einer Ausstellung sind getheilt, aber diese rheinisch-westfälische ist hochwillkommen, weil sie zeigt, daß mau sich, mit dem Reichskanzler zu reden, „zwischen Frankreich und dem Böhmerwald" so leicht nicht „umschmeißen" läßt. Gerade wir in Sachsen, die wir von dem wirthschaftlichen Rückschläge und den ihm vorauö- gegangenen Unzukömmlichkeiten am schwersten gelitten haben, sinken besondere Ursache, den Landsleuten im Westen für ihre wackere, schön», befeuernde Arbeit zu danken. DaS letzt« Gumbianer Urtheil hat Deutschland einen Alp von der Brust genommen. Von wahrhaft harter HerzenSbedrängniß befreite Menschen sind nicht redselig, und so haben die Organe der öffentlichen Meinung zum Unterschiede von den Sensationsblättern eS vermieden, allsogleich weitläufige Betrachtungen über den Abschluß der Angelegenheit anzustellen. Daß man von einem Abschlüsse reden darf, ist an sich traurig, denn ein Mord ist verübt und der Mörder wird menschlichem Ermessen nach der Strafe entgehen. Aber die Störung der Rechtsordnung durch eine noch so arge Unthat wiegt noch immer federleicht im Vergleich mit einer Bestrafung, die einen der Thal nicht überführten Bezichtigten trifft. Dieses Gefühl muß unter Umständen bestimmten, eng in sich geschlossenen Organismen, deren einzelnen Gliedern als Menschen eS gewiß auch angeboren ist, erst beigebracht werden, und wenn ein auf neuester Gesetzgebung beruhende«, überwiegend au« juristischen Laien zusammengesetztes Kriegsgericht, wie in Gumbinnen einmal geschehen, nur die Thal und diese nur im Lichte der für das Heer heiligen DiSciplin sucht, so ist das begreiflich. Und auch erträglich — wenn noch Remedur geschaffen werden kann. Dies war bei dem TodeSurtheile, das über Marren ver hängt war, der Fall. Aber die Militärverwaltung wird eS hoffentlich al» ihre Pflicht erkennen, die Officiere, von denen jeder zum Richter berufen werden kann, dahin aufzuklären, daß lediglich Formfehler es waren, die eS ermöglichten, den zum Tode verurtheilten Unterofsicier nochmals vor einen Richter zu stellen, der ihn lossprach. Es sollte jedem Ofsicier ver ständlich gemacht werden, daß hier ein Glücksfall für die Gewissen vorliegt, und weiter, daß ein vom verurtheilenden Richter eingereichtes Begnadigungsgesuch ihn an und für sich noch nicht zu salviren vermag. DaS muß noch einmal gesagt werden: selbst der militärab gewandteste Civilst vermag keinen Grund zu entdecken, welcher den Meuchelmörder, dem der Rittmeister v. Krosigk zum Opfer gefallen, der Gnade des Kaiser« und obersten Kriegsherrn werth erscheinen ließe. Dennoch hat die zweite Instanz, wie unwidersprochen behauptet wurde und jedenfalls wahr ist, ihrem TodeSurtheil ein Begnadigungs gesuch folgen lassen. DaS Gnadenrecht des Monarchen — da sollte der KrieaSmiuister um ihres ruhigen Schlafe« und einer seligen Sterbestunde wegen den Ofsicieren einprägen — da- Gnadenrecht ist dazu da, dort, wo das Gesetz in seiner naturnothwendigen Starrheit einem Fehlenden nicht völlig ge recht werden konnte, die St rase de« Schuldigen zu mildern oder aufzuheben; der Kaiser und König darf aber nicht zur Ueberprüsung des Sachverhalte«, der den Richtern, obwohl sie verurtheilten, nicht völlig klar gewesen, berangezogen werden. Die richterliche Verantwortung läßt sich nicht übertragen. WaS immer aber der Gesammtverlauf des Gumbinner ProcesseS »u wünschen übrig läßt, zumeist muß eS auf die Neu beit veS Verfahrens zurückgesührt und kann nur zum aller kleinsten The»le gegen die Militärstrasproceßordnung selbst in» Feld geführt werden. Bei der Anwendung von neuen Gesetzen und besonder» von Procrßgesetzen wider fahren selbst alten Juristen, auch „Civil"-Juristen, Mensch lichkeiten, und wenn ein älterer militärischer Herr, der wer weiß wie ost uuter dem früheren Verfahren al- GerichtSberr oder Richter functionirtr, die Begrenzung seiner Befugnisse nicht sofort erfaßt, so spricht da- für die Verliesse- rungSbrdürftigkeit de» früheren ProcesseS, nicht aber gegen die Zulänglichkeit des neuen. ES girbt Eivilcriminalisten — Staatsanwälte, Richter und auch Vertheidigrr —, die daS Militär um seinen Strasproceß beneiden, und wir glauben, die Herren dieser Sinnesart werde» sich durch die Gumbinnrr Verhandlungen im Großen und Ganzen in ihrem Urtheil« bestLrkt fühlen. Jedenfalls sollt« sich da» Publicum durch die publicistisck vielfach hrrvortretende Affen liebe für rin« bestimmte«, durch die ReichSmilitärstrafproceß- ordnung beseitigtes Particulargesetz nicht beirren lassen. „Die Landwirthe sind nicht allein aus der Welt." Diese» Wort deS preußischen Bautenminister» v. Thielen hat der Reichskanzler in Düsseldorf vollkommen sinngemäß um schrieben und durch den sächsischen Mi n isterv. Mrtzsch ist eS in seinen jüngsten Kammerreden verstärkt worden. Diese letzteren Auslassungen scheinen un» von der größten Bedeutung zu sein. Man muß ihnen entnehmen, daß jede Erhöhung der Mindestzölle für Getreide ausgeschlossen, also der „Compromiß-. antrag" der ZolltarifcommissionSmehrheit aussichtslos ist. Damir ist daS Kriterium für LandwirthschaftSfreundlich- keit und für Agrardemagogie unauslöschlich gegeben. Die Frage ist nur noch: BundeSrathSvorlage mit ihrer auch im Vrrgleich zu dem bestehenden autonomen Tarif weitgehen den Erhöhung landwirthschaftlicher Zölle einerseits, oder thatsächlich« Reactivirung dieses Tarif«, oder Nichtkündigunz der geltenden Handelsverträge andererseits. Der lange von uns festgehaltene Standpunkt, daß die Nichtkündigung die Nichteinhaltung eines Versprechens bedeuten würde, muß nun verlassen werden. Seit Graf Posadowsky im Reichstage erklärte — e» ist schon lange her —, der gegenwärtige handelspolitische Zustand sei nicht der denkbar wünschenSwerthrste und künftige Handelsverträge würden nicht eine Abschrift der geltenden vorstellen, seitdem mußte man die Regierungen für gebunden halten, wesentlich höhere landwirthschaftliche Zölle, als die Verträge bieten, ins Leben zu rufen. Von einer grundsätzlichen Zurückziehung auf den Standpunkt zollpolitischer Autonomie halte die Ne gierung nicht gesprochen, vielmehr den Abschluß erträglicher neuer Verträge al« etwas Selbstverständliche- hingrstellt. Die Agrarier haben damals nicht gegen eine Zoll erhöhung im Rahmen von Verträgen protestirt und die Zusage hingenommen, wie sie gemeint war. Machen sie ;etzt den Abschluß von neuen Verträgen un möglich, so entbinden sie die Regierung ihres Versprechen hinsichtlich der „Abschrift" oder vielmehr Nichtabschrift. Und die einfachste Form der Abschrift ist die Nichtkündigunz der Verträge, d. h. daS Beibehalten von 3r/z Mark stall deS Ueberganges auf 5 und 5>/z Mark für Roggen bezw. Weizen und vieler anderer Vergünstigungen für die Landwirthschaft. Der Krieg in Südafrika. Kriegslage und Friede. Die Corcesp. „Nederland" berichtet uns: Aus dem Munde von Männern, die tn engster Fühlung mit den Boercnführcrn gestanden und eben aus Südafrika in Europa eingctrvffen sind, erfahren mir über die Kriegslage und die Friedensaussichten Folgendes: Louis Botha hat noch vor drei Monaten erklärt, daß die Boeren keinen Frieden schließen werden, der ihnen nicht die Un abhängigkeit und ihren selbstlosen Bun desgenossen, den sog. Aufständischen, nicht die Amnestie gewährleiste. Stach dem über eilt stimmen den Urtheile aller Generale sei die gegenwärtige Kriegslage für die Republiken um Vieles v o r t h e i l h a f t e r, als vor einem Jahre. Die Frauen tn den Concentrativnslagern hätten ihren Män ner nundSühnen sagenlasscn,sich nicht» m siezusorgenundimK aan pfe auszuharren, bis der Erbfeind aus dem Gebiete der Re publiken verjagt sei. Die roh-rllctsichtSlose Art der englischen Kriegführung bestätigt neuerdings folgender, von unserm Gewährsmann verbürgter Zwischenfall: Botha hat sein Söhnchen, einen Jungen von 10 Jahren, bei sich im Felde. Er bat Kttchcner um die Erlaubntß, das Kind, da» vor etwa drei Monaten in Folge des Platzens einer Granate tn seiner Nähe einen Ncrvenchoe erlitten hat und nun in Lebensgefahr schwebt, einer Dame, die nach Europa reiste, mitgeben zu dürfen. Kttchencr hat je doch dem hochgemutsten Gegner die Erlaubniß verweigert. Ein neueö und um so schmachvolleres Gegenstück zu der ritterlichen Hochherzigkeit Dclarcy's gegenüber dem gc- fongencn M lhuen, als die Engländer sich gerade wegen dieser Thal auf ihre Noblesse besinnen wollten und die Re vanche dafür heute noch nicht gefunden haben! Ein Holländer, Herr Verloren, der lange Zeit dem Theron'schcn Spähercorps, bann dem Kommando Rhoden- bach's angchbrt und die meisten Züge und Gefechte De Wet's mitgcmacht bat, ist diese Woche in seiner Hcimath eingetroffen und läßt sich über die Kriegslage also aus: „Ich habe bereits den Eindruck bekommen, daß man in Europa im Allgemeinen nicht bas richtige Urtheil über den Zustand der Boeren findet. Ich bin von Fourtesburg (im Nordostcn des Oranje- FretstaatS) nach dem District Kroonstad bis an die Bahn linie und jenseits der Bahn bis Bloemfontein, also quer durch den F eistaat, geritten, ohne daß ich von den eng lischen Truppen irgendwo belästigt worben wäre. Ich be greife wohl, daß man einen weniger günstigen Eindruck empfängt, wenn man die englischen Berichte liest; aber man vergleiche doch damit die Boeren-Rapportc. Die amtlichen Berichte eines Botha, Delarcy, SmutS, Fouchö, De Wet n. A. sind unbedingt zuverlässig. Denn fürwahr, die Boeren haben nicht den geringsten Grund, zu lügen. Das würbe ihnen auch nichts nützen." Bon -em Zustande im nordwestlichen Theil Ser Eapcvlonte, den er auf seiner Heimreise durch querte, giebt Herr Verloren folgende Schilderung: „Aus dem Osten des Freistaats kommend, vom Tom- mando PrtnSloo'S (von Bethlehem), ritt ich ganz allein westwärts. Ich traf auf meinem Wege die Commandos deS Generals Tc Wet, nnb des Eommandantcn De VoS, im District Kroonstad. Im Süden dieses Distrikts, zwischen Boschrand und Zandrivtcr, überschritt ich während einer sehr finsteren Nacht die Bahnlinie. Von den Engländern sah ich nicht»; ich hörte nur ihr Schießen; doch kam ich unverletzt Lurch. Ich setzte meinen Weg fort über Hopstad und Bloemhof zu dem Eommando des (vrncrals Ban Zyl, bei dem ich einen vollen Monat verweilte. Dann ging es südwärts von Vtyburg über die Bahnlinie, über Grootfontcin, rechts von Danielskutl zu dem Kommando von Vtlliers. Durch die Republiken machte ich den Weg größtcntheils allein, durch die Eolonie iEap- colonie) in Gesellschaft. Ueberall stand die Sache der Boeren ausgezeichnet. Um die Lage richtig zu begreifen, mnß man sich erinnern, daß General Van Znl Köröman angegriffen und von dort alle Vvrrüthe und Munition der Engländer weggeführt hat; einzig und allein den britischen Forts konnte er nichts anhaben, da er nicht über die nöthige Artillerie verfügte. General Villiers hat bei einem Angriff auf Griquastad sämmtliche Pferde, 400 an der Zahl, mitgenommen. Nur in Danielskutl, PrieSka, Upington und Kenhardt lagen noch englische Besatzungen, und nur der District Gordonia befand sich in englischen Händen, oder besser gesagt, ist besetzt von Bastards. Im All gemeinen sind die Farbigen für England, und an den Bastards haben die Engländer ausgezeichnete Schützen. Im District Kenhardt sind die Boeren die nnumschrünkten Herren, mit Ausnahme des Städtchens Kenhardt und seiner nächst-n Umgebung. Ein Ausfall daraus, den Liv Engländer um die Zeit meines Wegganges unternahmen, wurde von den Boeren zurückgeschlagen, wobei die Boeren drei oder vier Verwundete, die Engländer 40 Todte und Verwundete hatten. Weiter befinden sich Kakamas und ganz Griqualand in den Händen der Boeren. Wo immer es zu einem Gefecht kam, haben die Boeren stets die Ober hand behalten. Die Commandos im nordwestlichen Theile der Capcolonie bestehen zum überwiegenden Theile aus Capcolvnistcn. Für den Umfang des Aufstandes in der Colonie mag als Beleg gelten, daß Villiers mit etwa 150 Aufständischen nach Griqualand gekommen ist und im Handumdrehen 000 Mann unter seinem Befehle vereinigte." * London, 3. Mai. (Telegramm) „Daily Expreß" erfährt, daß sich von 34 Boerenabtheilungen bereits 14 zu Gunsten des Friedens erklärt haben. (?) Die englische Regierung habe be schlossen, daß keine weiteren Kriegsgefangenen Südafrika verlassen sollen. Al« ein dem Frieden günstiges Anzeichen wird cs an gesehen, daß Steijn seine Familie, die nach dem AuSbruch des Krieges Südafrika verließ, jetzt zurückkommen lasse. Deutsches Reich. -> Berlin, 3. Mai. (T r u n k s u ch t u n d Getreide zölle.) Anläßlich der parlamentarischen Verhandlung des Antrages Douglas zur Bekämpfung der Trunksucht wird von freisinniger Seite geltend gemacht, daß alle amt liche Belehrung über die Gefahr der Trunksucht und alle gesetzgeberischen Maßnahmen gegenüber den Auswüchsen deS Schankwcsens re. dem Alkvholismns nicht entfernt so viel Abbruch thun könnten, wie ihr durch die Vertheue- rung der Volksuahrnng vermittels erhöhter Zölle Vor schub geleistet werde. Ter Nachdruck liegt iu diesem Zu sammenhänge stets auf den Getrcidezöllcn; daher empfiehlt es sich, die obige Behauptung auf ihre allgemeine Richtig keit zu prüfen. Dabei soll nicht geleugnet werden, daß die Möglichkeit reichlicher Ernährung sehr geeignet ist, die Ge fahren der Trunksucht zn vermeiden. Aber die Auffassung, als sei mit den erhöhten deutschen Getretdczöllcn die aus reichende Ernährung der Arbeiterschaft nicht zu vereinigen, ist durchaus haltlos, da eine erhebliche Vertheucrung durch die Zollerhöhung nicht herbcigcführt werden wird. Spielten des Weiteren Getrcidczöllc bet der Verbreitung und bet der Intensität der Trunksucht wirklich die Nolle, die ihnen von freisinniger Seite zugeschrieben wird, so müßten die Länder mit niedrigen oder mit gar keinen Gctrcidczöllen in Bezug auf die Trunksucht sich vorthctlhaft unterscheiden von den Ländern mit höheren Gctreidezöllen. Das ist aber im All gemeinen nicht der Fall. Nach einer Abhandlung Wilhelm Bobe's im „Handwörterbuch der Staatsivisscnschaften" (vom Jahre 1901) herrscht die Trunksucht zur Zeit besonders in Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Holland, Oesterreich, Rußland, der Schweiz und Schweden. Fragt man nun, wie cs mit den Gctrcidczöllen in den angeführten Ländern bestellt ist, so crgicbt die Antwort hieraus, daß die Getrcidczöllc nicht den maßgebenden Ein fluß auf Verbreitung und Intensität der Trunksucht aus üben, der ihnen von freisinniger Seite zugeschrieben wird. In Rußland z. B. giebt cs nur einen Einfuhrzoll auf Mehl, Malz und Grütze von 3,97 .4^ für den Dvppcl- Centner. In der Schweiz wird nach dem Tarife von 1891 rin Zoll von 3 Francs für die Tonne Getreide, Mais und Hülscnfrüchte, von 25 Francs für Mehl nnd Mühlen fabrikate erhoben. Die Niederlande und Belgien haben gar keine Getrcidczöllc, England hat erst in der allerjüngsten Vergangenheit einen Getrcidczoll eingcführt. In Schweden und Norwegen wurden erst im Jahre 1898 Schutzzölle für Getreide eingcführt; aber gerade in den letzten Jahren ist man auf der skandinavischen Halbinsel, vor Allem in Norwegen, viel nüchterner ge worden, als früher. Angesichts dieser thatsächlichen Ver hältnisse leuchtet ein, daß cs unrichtig ist, wenn von frei sinniger Seite erhöhte Getrcidczöllc als ausschlaggebend für die Verbreitung und Intensität der Trunksucht aus gegeben werden. Berti», 3. Mai. lP olnisch er Uc vermut h.) Je mehr die preußischen Polen sich als die Unterdrückten aufsptelen und je willfähriger das Ecntrum der Verbret- tung dieser Legende Vorschub leistet, um so nachdrücklicher muß die allgemeine Aufmerksamkeit auf die nur zn häufigen Bekundungen des polnischen UebcrmutheS gelenkt werden. Welche ernsten Folgen aus ihm kür die Bcthciligten ent stehen, hat der Verlauf der Mreschner Angelegenheit auf das Fühlbarste erkennen lassen. Wie wenig aber bas national verhetzte Polrnthnm durch die Wreschcncr Erfah rungen zum Maßhaltcn sich bewogen findet, lehren die soeben bekannt gewordenen Ausschgiettunge n in Gnesen. Man glaubt sich in die Zeit der von Gustav Frcytag so anschaulich geschilderten polnischen Revolution zurückversetzt, wenn mau liest, -aß ein auf dem Gnescncr Pfcrdcmarkte anwesender Reitknecht hoch zu Roß beim Anblick eine» preußischen Poltzeibeamten die anwesenden Polen ausfordert, ein Hoch auf die bisherigen Polenkönigc auszubringen und ein revolutionäres Polenlied anzu stimmen. Es sind unhaltbare Zustände, wenn diesem herausfordernden Verlangen nicht nur massenhaft ent sprochen, sondern auch der aus frischer That verhaftete Auf wiegler von der polnischen Menge befreit und erst mit Mühe und Nvth dingfest gemacht wird. Selbstverständlich muß ein derartiges, über die Maßen freches Gebühren von dem preußischen Gerichtshöfe streng geahndet weroen. Nicht weniger selbstverständlich aber iß, daß eben diese Bestrafung der polnischen und der dem Polenthume unter worfenen Centrunispresse ein neuer Anlaß sein wird, über die Knechtung der vreußischen Polen zu jammern und das entsprechende Echo in der panslawistisch-russischen, tschechi schen und verwandten Presse mit gewohnter Schnelligkeit Hervorzurusen. In dem Gnescncr Vorfall ist die Rolle des polnische» Adels bei der nationalen Verhetzung der pol nischen Massen wieder einmal grell beleuchtet worden. Das alte Wort, „wie der Herr-, so der Knecht", hat seine Wahr heit aufs Neue bewährt. Denn jener freche Reitknecht steht in -en Diensten eines Grasen von Luszczinski, der in öffentlichen Localen seinem Deutschenhaß mit einer Ilugcnirthcit Ausdruck gab, daß auch er polizeilich sislirt wurde. Nach den vorliegenden Berichten wurde der Herr- Graf auf warme Fürsprache hin und gegen Hinterlegung von 30 auf freien Fuß gesetzt. Von solcher Milde können wir uns nichts Gutes versprechen, sondern das Gegentheil. Gegenüber jeder polnischen Heransforderung, sic mag auögehcn, von wem sie wolle, muß unbedingt mit der größten Rücksichtslosigkeit eingeschritten werden. Kann man die national verhetzten Polen zur Liebe auch nicht zwingen, so kann man ihnen doch zeigen, wer auf preußischem Gebiete der Herr im Hause ist. G Berlin, 3. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser, der die Nachricht von dem Tode des Prinzen Georg gestern Abend in Potsdam erhalten hatte, begab sich Abends, nach der Rückkehr vom Potsdamer Bahnhof, in das Palais des Prinzen und verweilte längere Zeit am Sterbebette. Heut: Vormittag wohnte der Kaiser auf dem Tempelhofer Felde den schon vorgesehenen Bataillonsbesichtigungen bei. — Der Kaiser hat anläßlich deS Ableben« des Prinzen Georg eine vierzebntägige Hoftrauer bi» zum 16. Mai anbefohlen. Am Montag, 5. Mai, Abend« findet die Trauerfeier für den ewigten Prinzen in dessen Palais statt. Nach der Feier erfolgt die Ueberführung der Leiche nach der Dom-Interim«- kirche. Der Kaiser wird, wie verlautet, die geplanten Reisen nach Schlitz und Donaueschingen jetzt nicht unternehmen. (Wiederholt und ergänzt.) — AuS dem Entschlüsse Virckow's, vor seiner Abreise nach Teplitz den Vorsitz in der hiesigen Medicinischen Gesellschaft niedcrzulegen, muß man folgern, daß Alter und Gesundheitszustand gebieterisch eine Einschränkung seiner umfangreichen Thatigkeit erheischen. Er wird im nächsten Jahre auch keine Candidatur zum preußischen Abgeordneten hause wieder annehmen, und da auch der Abg. Knörcke sich durch Rücksichten auf seine Gesundheit veranlaßt sehen wird, sich nicht wieder um ein Mandat zu bewerben, so wird der dritte Berliner LandtagSwahlkreiS, den Virchow seit 1867 und Knörcke seit 1875 ohne Unterbrechung vertreten, zwei neue Abgeordnete suchen müssen. Dieser Landtagswahlbezirk umfaßt ungefähr dieselben Stadt- theile wie der 6. Reichstagswahlkreis, der seit Jahren stets die größte socialdemokratische Stimmenzahl im Reiche aufzuweiscn hat. Wenn sich die dortigen Social demokraten entschließen, an den Landtagswahlen Theil zu nehmen, so ist ein Sieg ihrer Candidaten nicht unwahrscheinlich, da nicht bloS in einem sehr großen Theil der Urwahlbezirke der zweiten Abtheilung, sondern auch in manchen Bezirken der ersten Abtheilung socialdemokratische Wahlmänner gewählt werden dürften. * HaVerSlcbcn, 2. Mai. In der heutigen Sitzung der hiesigen städtischen Collegien betonte der Ober präsident von Wilmowski die energische Weiterführung der Politik des früheren L-berpräsidenten v. Köller. (Hamb.Nachr.) (-) Emden, 3. Mai. (Telegramm.) Hier ist der Lloyd-Dampfer „Württemberg" eingetroffen, um Eisen bahnschienen, Schwellen re. für den Erweiterungsbau der Eisenbahn in Kiautschau an Bord zn nehmen. Der Dampfer verweilt acht bis neun Tage im hiesigen Hafen. (-) TutSburg, 3. Mai. (Telegramm.) In Anwesen heit der Minister Frhr. v. Hammerstein und Möller, sowie des Oberpräsidenten Nasse und des Regierungspräsi denten Frhrn. v. Holleufer wurde heute Mittag das neue Rath Haus von Duisburg feierlich eingeweiht. r. Ans Thüringen, 3. Mai. Die socialdemokratische Mai- sestversammlung in Jena sprach sich mißliebig über die Zeiß'sche Arbeiterschaft aus, „die bereits seit Jahren den Achtstundentag besitze, der Zugeständnisse für die Maifeier gemacht seien und die, mit wenigen Aus nahmen, trotzdem um eine- Tagesverdienstes willen an der Arbeitsstätte bleibe". —Der Fürst von Schwarz burg-Sondershausen hat aus seiner Schatulle 50 000 .^ zur leichteren Beschaffung billiger Wohnungen für wenig bemittelte Bewohner des FürstenthumS gestiftet. — In Meiningen, das bisher für größere Fabrikanlagen gesperrt war, scheint man der Industrie jetzt Einzug zu gestatte». Es wird dort eine Metallwaarenfabrik zur Verfertigung metallener Puppenköpfe errichtet. -a- Ans -cm I. MciniNBer Wahlkreise, 2. Mai. So gern auch die freisinnige VolkSpartri unseren Reichstags abgeordneten vr. Müller zu einem hervorragenden Volks vertreter stempeln möchte, so wenig will ihr da» gelingen. Hat er von allem Anfänge an wenig Svmpathieen bei den national gesinnten Wählern unsere« Kreise« gehabt, so ist c« ihm auch nicht gelungen, solche zu erwerben. Zu nächst bleibt ihm unvergessen, daß »r gegen die Flotten vorlage gestimmt bat, und auch feiner Partei wird unter allen Umständen der jetzige Besitzstand streitig gemacht werden, weil sie seit 1867 gegen jede Heeres- und Flotten vermehrung sich gestemmt, weil sie ein zu eng begrenztes Programm hat und im Uebrigen auch durch eirc priucipiellc Gegnerschaft gegen Schutzzölle eine engherzige Interessen-
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