Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.01.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190301047
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19030104
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19030104
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-04
- Monat1903-01
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.01.1903
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Mnzergen-Preis die 6g«spglten» Prützeüs 85 Reklamen unter dem Redaktionsftrich (4 gespalten) 7S vor den ssamiltrnnach. richten (6 gespalten) K0 Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren Mr lltachweisungen und Offerteuannayme SS (ezcl. Porto). ^nnahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Au-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Nr. 8. Sonntag den 4. Januar 1903. 97. Jahrgang. Aus -er Woche. DaS sentimental« Mitgefühl, das sich hi« und da im Volk« für die entflohene Kronprinzessin von Sachsen regte, ist infolge der eigenen Geständnisse der Flüchtigen mehr und mehr geschwunden und hat einem tiefen Mitempfinden für alle Mitglieder des Königlichen Hauses Platz gemacht, die zu allem Schmerze noch erdulden müssen, ihren sittlichen Ernst und ihr strenges Pflichtbewußtsein von der Pflicht» virgefsenen al» unerträglich« Ursache der Flucht bezeichnet zu sehen. Am tiefsten und wärmsten aber äußert sich dieses Mitempfinden Sachsen» greisem König gegen» über, auf dessen Befinden, da» schon durch den Tod seine geliebten Bruder» und Vorgängers nachteilig beeinflußt war, drr neue Schlag um so erschütternder einwirken mußte, je ernstere Entschließungen er zur Abwendung nock» schlimmerer Folgen für da» Königliche HauS und daS sächsische Volk er forderte. König Georg» hohe» Pflichtbewußtsein konnte sich in hellerem Licht« nicht zeigen, al» durch die unermüdliche Gorge und Treue, mit der der schwer leidende Monarch persön lich alle die Schritte leitete, die durch daS erschütternde Ereig nis notwendig wurden. Um so heißer ist daher der Wunsch seine» treuen Volkes nicht nur, sondern aller guten Deutschen, mit ihren Fürsten an der Spitze, daß es der Kunst der Aerzte bald gelingen möge, dem hohen Kranken die physische Kraft wiedrrzugeben, die ihn befähigt, auch daS Seelenleiden zu überwinden, da« verzehrend an ihm nagt. Aus China hat uuS der Jahresanfang eine Nachricht gebracht, die hoffentlich nicht vorbildlich ist für daS, waS wir im neuen Jahre au- dem Reiche der Mitte zu eiwarten haben: wir meinen die Weigerung China», die Entschädigung au di« Machte gemäß dem abgeschlossenen Protokoll auf d«r Eoldbafi» zu zahlen. Ganz unvorbereitet frisst unS diese Kunde nicht, da schon vor längerer Zeit Meldungen vorlagen, die darauf hindeutete», daß China sich im Punkte der Entschädigung vertrag-widrige Erleichterungen wurde verschaffe» wollen. Wenn jetzt die chinesischen Machthaber bestimmte Entschlüsse gefaßt haben, so kann man in diesen wohl mit Recht den Versuch er blicken, die scheinbare Gunst der Zeitumstände auS- zunützen. Die Haltung der Bereinigten Staaten von Amerika ist es hauptsächlich, die China zu seinem Vor gehen ermuntert. Die Union trennt sich in dieser Geldfrage wieder einmal von den übrigen Mächten, indem sie sich dabei lediglich von der Erwägung leiten läßt, ob da» Vorgehen China- mit ihren eigenen Interessen vereinbar sei. Ausschlaggebend muß aber die Frage bleiben, ob da« Abweichen von dem bisherigen Zahlungs modus mit den im Interesse der Mächte abgeschloffenen Verträgen vereinbar erscheint. Die Antwort hierauf kann nicht zweifelhaft sein; und e- ist darum dringend zu wünschen» daß trotz de» amerikanischen Entgegenkommen gegenüber China die Gesamtheit der übrigen Mächte einig genug bleibt, um China zur strikten Innehaltung der von ihm vertragsmäßig übernommenen Pflichten auzuhalten. Für die Politik der Vereinigten Staaten wird eS mehr und mehr charakteristisch, daß sie zum Rückhalt aller derjenigen außereuropäischen Mächte sich gestaltet, die zu europäischen Staaten im Gegensätze stehen. Auch die übermütige Widerhaarig keit Castros gegen die verbündeten Mächte beruht ja in der Hauptsache auf der Unterstützung, die er sich von ameri kanischer Seite, und sei es nur von der gelben Presse, verspricht. Je häufiger solche Fälle werden und je peinlicher sie von den europäischen Staaten empfunden werden müssen, um so mehr sollte in Europa daS Bewußtsein der Solidarität gegenüber dem amerikanischen Rieseureiche sich geltend machen. Aber vor Vertrauensselig- leit in dieser Beziehung muß man sich hüten, da sicherlich uoch sehr viel Wasser in» Meer fließt, ehe diese europäische Solidarität in der praktischen Politik von nennenswertem Einfluß ist — wenn es überhaupt jemals dazu kommt! Einer Vertrauensseligkeit auf dem Gebiete der inneren Politik arbeitet das Organ de» Abgeordneten Eugen Richter mit anerkennenswerter Deutlichkeit entgegen. Wohl mancher, der die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Freisinn und Sozialdemokratie anläßlich der Ob struktion im Reichstage verfolgte, ist einen Augenblick zu dem Glauben gelangt, daß dieser Streit bei den bevorstehenden ReichStagswahle« beträchtliche Wirkungen werde zu äußern vermögen. Da ist e- denn bezeichnend, wenn die „Freisinnige Ztg." an die Mitteilung von einer nationalliberalrn ReichStagSkandidatur in Zittau die Bemrrkung knüpft: unter solchen Umständen werde Zittau im Reichstage sozialdemo kratisch vertreten bleiben. Also macht da» Organ de- Abgeordneten Richter von vornherein Stimmung dagegen, daß di« Zittauer Freisinnigen in drr Sticktvahl mit voller Kraft den nativnalliberaleu Bewerber unter stützen! Die darin enthaltene Zumutung an die National liberalen, auf eine Kandidatur im Zittauer Wahlkreise zu verzichten, muß «ngesicht» der seit einem Jahrzehnt für den Zittauer Kiei» vorliegend»« Wablstatistik ein« starke genannt werden. Denn seit den allgemeinen Wahlen von 1893 stehen die Nationalliberaleo mit 7655, bezw. 5815 Stimmen an der Spitze der dortigen bürgerlichen Parteien. Die Po len Politik der preußischen Regierung hat ein Berliner SeusalionSblatt, unter offenbarer Berücksichtigung de» Kalender», durch »inen Sylvesterscherz zu beleben gesucht, indem r- die MLr verbreitet«, daß ein „Ministerium für Posen und Westpreußen" errichtet werden solle. 2» wäre sehr bedauerlich geweseu, wenn die leitenden Persönlichkeiten wirklich auf einen derartigen Ge danken verfallen wären. Je mehr Burraukrati-mu- für die Ostmarken in Frage kommt, um so schwie riger ist die Durchführung einer unbeirrbar zielbewußten und zugleich einheitlichen Polenpolitik der preußischen Staats rigierung; vollkommen genügende Organe der letzteren in der höchsten Instanz sind die Obeipräsiventen, vorausgesetzt, daß sie au- dem Holz« «ine- Goßler und nicht auS dem eine» Wilamowitz»Möllendorss geschnitzt sind. Bemerkenswerter Weise hat der KlerikaliSniuS Morgenluft gewittert, al- der angebliche Plan der Errichtung eines Ostmarkenministeriums ruchbar wurde. Da- Polenblatt am Rheine hielt den Gedanken „gar nicht füc so übel", weil sich damit »ine schöne Gelegen heit biete, „ohne Zagen und falschen Stolz alle die er kannten (!) Fehler wieder gut zu macken uud eine ganz neu« Polenpolitik einzuschlagen". — Unter dem Mini sterium Bülow?? Wer diesem dergleichen ernslbaft zu mutet, scheint e» nach dem Rezept „avi'ir ot slars äömolir" behandeln zu wollen. Eine recht sonderbare Mischung enthält daS Rezept, nach dem der Bund der Landwirte dir Konservativen behandelt. Die bundesamtliche Presse führt über den Verrat aa.den Bauern uud üb«tut.Jiirch« dar. Lauer« Lerche« Wable» eine Sprache, daß selbst die „Kreuzzeitung- nicht umhin kann, sie „demagogische zu nennen. Die gleichen Töne schlägt Herr l)r. Hahn in öffentlicher Versammlung zu Braunschweig an und wird darob von der „Konservativen Korrespondenz gerüffelt; in Pritzwalk aber erklärt derselbe vr. Hahn eS für ausgeschlossen, daß eS zu Kämpfen zwischen den Konservativen uud dem Bunde der Landwirte kommen könne! Wird die Komödie diese- „Kampfes" nicht wenigsten- vor Fastnacht zu Ende gespielt sein? Deutsches Reich. -* Leipii», 3. Januar. Dir Haftung der Beamten für unrichtige Au-kunft-erteilung hat da« ReicyS- gericht kürzlich in einem bemerkenswerten Erkenntnis sür rechten» erklärt. Zollbeamte hatten, ohne dazu verpflichtet zu sein, eine Auskunft erteilt, die aber unrichtig war und dem Empfänger Schaden zusiigte. Da» Reichsgericht entschied, daß die Beamten persönlich für dielen Schaden aufzukommen hätten, indem e», der „Köln. Zig." zufolge, auifübrtr: Allerdings setze drr 8 839 drS Bürgerlichen Gesetzbuches ein amtliches Handeln — Tu« oder Uatrrlassrn — des Beamten voraus; eine Handlung, die derselbe nicht in Ausübung seiner amtlichen Funktionen, lediglich als Privatperson, vornehme oder die ihrer Natur nach gar nicht in den Bereich seines Amtskreises falle, sei keine Amtshandlung. Aber im gegenwärtigen Falle liege eine Amtshandlung zweifellos vor. Die Auskunft sei erteilt von dem „Haoptzollamt", also von der Behörde, bei der sie auch der Kläger erbeten hatte. Die von dem Be amten unter amtlicher Autorität erlassene Kundgebung begründe dessta Verantwortlichkeit gegenüber drr Dieaslbchärde und auch gegenüber dem beteiligten Dritten. Da» staatlicheJnterejse und drr öffentliche Dienst verlangten, daß nicht rin uu- richtiger Bescheid amtlich erteilt werde, und dem um Aus kunft ersuchenden Privaten gegenüber — im Sinne deS ß 839 dem Dritten gegenüber — sei der Beamt« verpflichtet, zwar nickt dazu, Antwort zu geben, aber wen» er solche als amtliche Auskunft gebe, ihn richtig zu bescheiden. Eine Amtspflicht, die Anfrage zu beantworte» und darauf Auskunft zu erteilen, habe nicht be standen. Daraus ergebe sich aber nicht auch, daß »S jener Behörde und dem Beklagten untersagt gewesen sei, die erbetene amtliche Auskunft zu erteilen; es sei auch undenkbar, daß eS den preußischen Zollbehörden verboten sein sollte, die an sie von Interessenten in Zollsachea gerichteten Anfragen zu beantworten. -7- verli», 3. Januar. (Ein freisinniges Urteil über die österreichischen Zoll erhöhungen.) Bekanntlich sind eS vornehmlich die freihändlerischcn Kreise des Freisinns, welche die Auf fassung vertreten, daß es ganz verkehrt gedacht sei, den neuen deutschen Zolltarif mit feinen erhöhten Schutz zöllen als einen Vorteil für die deutsche Produktion zu betrachten. Wie wenig dieselben Kreise bei diesem Urteil beharren, wenn da» Ausland in Frage kommt, geht au» einer Wiener Meldung der „Bossischen Zeitung" auf da» klarste hervor. Denn darin wird betreffs des endlich abgeschlossenen Ausgleiches unter anderem gesagt: „Bei dem . . . Ausgleich hat Oesterreich rücksichtlich de» Zoll tarif» erreicht, daß er nach Aufbau und Inhalt eine brauchbare Unterlage für Handelsver trags-Verhandlungen wird. . . , Für mehrere wichtige Industriezweige ist eine erhebliche Erhöhung der Zölle beschlossen, bei denen die öster reichisch eJn du st rie leben kau n." — Hier wird also die Wirkung der Schutzzölle einer allgemeinen Würdi- gung unterzogen, die prinzipiell das Gegenteil von dem ist, was man aus freisinniger Seite vorzubringen pflegt, sobald deutsche Zollfragen zur Erörterung stehen. Und auch im besonderen wird dem neuen österreichischen Tarif mit feinen erhöhten Zollsätzen die Eigenschaft einer brauch baren Unterlage für Handelsvertrags-Verhandlungen ebenso vorbehaltlos -verkannt, wie sie dem deutschen Tarif bestritten wird! Berlin, 3. Januar. (Der Dank der Sozial demokratie an ihre Helfer.) Der „Vorwärts" rüstet sür da- Wahljahr durck die pöbelhafteste Beschimpfung der gesamten bürgerlichen Presse. In einem seiner letzien Leit artikel, überschrieben: „DaS Wahljahr", ruft er auS: „HinauS mit dem letzten bürgerlichen Blatt auS prolctariscken Händen!" Und wie charakterisiert er gerade diejenige bürgerliche Pi esse, die es sich hat angelegen sein lassen, die Sozialdemokratie al ben linken Flügel für eine große liberal« Partei zu ge- Winnen! „ES gibt kein« »nabböngige bürgerlich« Press«", schreibt der „Vorwärts" — „es gibt keinen Mut der Wahrheit in der von der Bourgeoisie gedungenen Presse. ES gibt auch keine Vernunft mehr, eS sei denn die Gerissenheit in der Wahrung ihrer Geschäftsinteressen. Ein elender, feiger Vyzanlini-mu- lastet auf unseren öffentlichen Verhältnissen. Die .Ritter vom Geiste" sind in Wirklichkeit Lakeien der kapitalistischen Herrschaften. Sie verkaufen sich an die Regie rung, an die Interessengruppen LeS Besitzes, ost an den Prositsinn eines einzelnen Zeitungsspekulanten. Dir bürgerlichen Blätter sind Brulstälten geistiger und sittlicher Verwahrlosung. Kein Funken heiligen Feuer- lebt in ihnen, keine Tapsrrkrit und Ehrlichkeit. Ihre politischen Auslassungen sind schlimmer al- bezahlte Inserat«, weil ihrer Verlogenheit nicht einmal ein Gesetz wider den unlauteren Wettbewerb Einhalt gebietet." Wir empfehlen die Lektüre diese- und anderer Leitartikel des offiziellen Organ- der Sozialdemokratie den Herren Mommsen, v. LlSzt und Theodor Barth. Statt Anerkennung sür die kräftige Unterstützung des Führers der Obstruktion, des Herrn Paul Singer, erntet man eitel Beschimpfung. Dae Liebeswerben um die Genossen, die Beschwörung, sich alS imker Flügel rinzureihen alles ist umsonst! Für die Sozialdemokratie sind die bürgerlichen Blätter ohne Ausnahme Brutstätten oeistiqer nnd tz'.fticher - besonders richtet fick sstzt jedoch die Wut dc- „Vorwärts" gegen die demokratische „Frankfurter Zeitung", die endlich auch einmal gegen die Sozialdemokratie anläßlich des Falle- Krupp schaifen Protest erhob. Dasür erhält sie folgende Quittung vom „Vorwärt-": „Kaum ein Blatt hat sich in der Krupp-Affäre schamloser benommen, als die „Franksurter Zeitung", da- demokratische „Welt blatt", daS im Augenblick der wüstesten Scharfmacherhetze uns aus dem Hinterhalt ansül und init gefälschten nrapolitanilchen Korre- spoudeuzen gegen unS lvsging. Die „Frankfurter Zeitung" freilich wußte auS eigner Anschauung sehr genau, wie man erlogene Skandal geschichten in die Welt setzt; sie war eS ja selbst, die vor Jahr und Tag eine Stuttgarter OfsizierSafsäre (Z 175) veröffentlichte, an der kein Wort wahr gewesen." Und mit kühnem Gedankensprunge bringt der „Vorwärts" dann die Krupp-Angelegenheit mit dem Zolltarif (!) in Verbindung und weist aus die „Frankfurter Zeitung" als Hebamme des Zolltarifs hin: „Da sich an der Scharsmacherhetze die „Frankfurter Zeitung" ganz hervorragend und besonders perfid beteiligt hat, verdanken wir eS also wohl in erster Linie dem Wirken des demokratischen Welt- btatles, daß der Taris zu Staude gekommen ist." Die „Frankfurter Zeitung" wird vielleicht ein wenig von ihrer Zuneigung zur Sozialdemokratie geheilt werden, da sie sich jetzt von vieler beschuldigt siebt, sie, die stets den Zoll tarif bekämvfle, sei in erster Linie für dessen Zustandekommen verantwortlich zu machen! O Berlin, 3. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser empfing genern vormittag noch den General-StabSarzt l)r. von Leut hold. Nachmittags um drei Uhr besuchten der Kaiser und die Kaiserin das alte Museum, um Neu anschaffungen ru besichtigen. Gestein abend empfing der Kaiser Professor Guß seid zur Ueberreickung seine- letzten wffseii- lchafllichen Werkes. Nach dem Diner sür die kommandieren den Generale blieb der Kaiser im Apollosaal mit seinen Gästen vereint. Gestern Abend fand bei der Kaiserin eine Tanzfestlickkeit im Pseilersaal statt. — Heute morgen unter- nabm drr Kaiser einen Spaziergang durck den Tieigarte» und sprach nachher beim Reichskanzler vor. Um l0 Uh> dörre der Kaiser im König!. Schlosse den Vortrag des Cbcfs deS MaiinekabinetS. Bor der Mittagstafel empfing der Kaiser den Oberstleutnant Freiherrn von Ende, nm von ihm di« Orden seine« verstorbenen Schwager-, des Wirklicken Geheimen NatS Krupp entgegenzunebmen. Zur Mittags tafel bei dem Kaiserpaar sind geladen: der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, Generalmajor von Sckwartzkoppen, rus sischer Botschaftsrat van der Vliet und Gemahlin und Lega- troosrat Graf von Bernstorff und Gemahlin. (-) Berlin, 3. Januar. (Telegramm.) Die „National- Zeitung" melket: Der angekündigten Reise des Kronprinzen nach Petersburg wird im Frühjahr eine Seereise im MtUellSuStfchcn Meere folgen, bei welcher der Kronprinz Rom und andere Hauptstädte besuchen wird. De> Besuch in Rom wird, wir dir „National-Zritung" erfährt, nicht mit demjenigen des Kaiserpaares zusammensallen. T Berlin, 3. Januar. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Der in Nr. 303 unseres Blattes wieder gegebene Artikel der Berliner Korrespondenz vom 27. De zember, beir. die BeschwerSen aus dem Reichstage über Sie FnftijSkhSrden, ,st m der Presse mehrfach bemängelt worden, weil er die schlimmsten in der Reickstag-sitzunz vom 22. November erörterten Vorkommnisse unberübrt lasse." DaS Blatt bemerkt dazu, daß sich der fragliche Anikel lediglich mii vrn gegen die preußischen Justizbebölden erhobenen Vorwürfen beschäftige und die Mißgriffe der Polizei behörden nicht in Betracht riebe. Der „Vorwärts" batlr die Feststellung de- Artikel«, dag die Vollstreckung der Strafbast de- Redakteurs Morawrki durch Anordnung der Untersuchungs haft unterbrochen s«i, weil di, Annahme gerechtfertigt er schien, die Strafhaft soll« mißbraucht w«rdrn, um die Ueber- wachung der Korrespondent mit dem Verhafteten zu vereiteln, als eine auS der Lust gegriffene denunziatorilche Verdächtigung bezeichnet. Der Genosse Heine habe die Verteidigung erst nach Unterbrechung der Strafhaft übernommen. Dazu sagt da- Blatt: Letztere Tatsache ist richtig und der „Vorwärts" konnte daraus sehen, daß sich der Artikel nicht gegen den Rechtsanwalt Heine, sondern gegen den Abgeordneten Heine richtete. Dagegen wurde der Untersuchungsrichter in Beuthen zu jener Anordnung veranlaßt durch ein Schreiben eines anderen Anwälte», welcher bat, ihm zu bestätigen, baß zwecks des Wiederaufnahmeverfahren- für MorawSki die Correspondenz zwischen ihm und MorawSki keinerlei Kontrolle durch die Staatsanwaltschaft, die GffängniSbehörde ober sonstige Instanz unterliege. Mit Rücksicht auf die Peisvnlickkeit MorawSki'» und in konnepen Untersuchungen unternommene Verdunkelung-Versuche bewrgtr der Unter suchungsrichter, daß ein unkontrollierbarer Verkehr Morawekis m>t dem damaligen Verteidiger die Ermittelungen in der fchwebenden Untersuchung erschweren könne und ordnete an, daß MorawSki so lange als Untersuchung-gefangener be handelt werde. Das Blatt bemerkt schließlich, daß da- von dem vorerwähnten Rrchttanwalt angekündigte Wiederauf nahmeverfahren nicht weiter verfolgt sei. — Eine Afrika-Reise tritt in diesen Tagen von Ham burg au- auf einem Woermann-Dampfer der Präsident der Deutschen Kolonialgesellschast Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg nebst Gemahlin in Begleitung des Chef- der Woermann-Linie und bisherigen Präsidenten der Hamburger Handelskammer, Herrn Adolf Woermann an. Herr Woermann bat mit Rücksicht auf seine mehrmonatige Abwesen heit einstweilen sein Amt als Vorsitzender der Handels kammer Hamburg niedergelegt, nachdem er am JahreSschluß noch seinen Bericht für 1902 erstattet hat. Die Reise ist in der Hauptsacke nach Madeira, Togo und Kameru» ge richtet. (Nat.-Ztg.) — Leutnant v. Scheliha im Leib-Kürassier-Regiment Nr. 1 in Bre-Iau ist auf »in Jahr zur Botschaft in Kon stantinopel kommandier wopdru. - — Zom LegationSftkretär bei der bayerischen Gesandtschaft iit Berlin ist der Kommrrjunker Freiherr v. Würtzburg ernannt Worten, der bisher als Attackö der bayenicken Gesandtschaft in Wien zugrteilt war. Ter junge Diplomat ist drr einzige Sohn des erblichen ÜieichSraieS, Oberst - b» «uito Freiherr v. Würtzburg. L. Bremen, 3. Januar. (Privattelegramm.) Der StaatSsekrelär Gras PosadowSky und Bürgermeister Pauli-Bremen haben das Ehrenpräsidium des vom ll. bis 19. April hier tagenden internationalen Anti- alkohol-Kongresses übernommen. * In Meppen wurde eine VertrauenSmännerversammlunz der ZentrumSpartei im dritten hannoverschen Reichstags- Wahlkreise abgebalten. Bei der Aufstellung eines Kandidaten tiir die Reichstagsersatzwahl wurden nach der „Köln. Volks- Ztg." 5t Stimmen für den LandgerichlSrat von Hagen (Hannover) und 165 Stimmen für den Amtsgerichtsrat Engelen (einem Neffen WindlhorstS) in Osnabrück abgegeben. * Hamm i. W., 2. Januar. Die Einweihung deS Denk mals, das die Lcbrerschaft dem früheren Kultusminister Falk setzt, erfolgt Ostern 1904. (Voss. Ztg.) Altenburg, 3. Januar. Der Direktor de- LandeSkranken- und LonorSsieckenhauieS Qr. weck Nützenadel ist nach dem Ab leben deS Geh. MrdiziaatratS vr. Frommelt als sachverständiger Beirat in Medizinalangelegenheiten in das Mmisterium beruscn Worten. * Kattowitz, 2. Januar. An dem russischen Grcnz- übergangc bei Modrzejow, gegenüber von Myslowitz, ist nach der „Schief. Ztg." eine Grenz erleichtern ng zu erwarten, die hier allseits mit großer Freude begrüßt werden wird. Bisher mußten die vielen Tausende deut scher Einwohner, wenn sie die Einkäufe an Fleisch, Brot, Mehl im russischen Grenzdorfc billig sich besorgen wollten, im Besitz eines 28 Tage gültigen Lcgttimationsschcines, eines sogenannten HalbpafscS, sein. Jetzt werden russischer seits die Verkaufsbuden zu beiden Seiten -er Ucber- gangSbrücke und vor der russischen Zollkammer unter gebracht, wodurch der Gobrauch der LegitiurativnSscheinc saft ganz aufhörcn dürste. Bedenkt man, daß die russische Grenze bei Modrzejow im Laufe des JaürcS bisher von etwa 300 000 Personen passiert worden ist, so wird man ermessen können, welche Erleichterungen sür die in Frage kommenden Behörden eintretcn werden. * Narlsrntze. 2. Januar. Von ;uvc>lässiger Seite er- sabrcn die „Münch. N. N.", daß in Bcamlenkreisen iu be stimmter Weise das Gerücht verbreitet sei, ei» von allen Ministern uuterzerckneter Antrag auf Zulassung von Klöstern liege zur Zeit dem Großherzog vor. * Aus Bayern. Zur Naturgeschichte des N l t r a m v n t a n i S m u ö schreiben die „Münch. Ncucst. Nachr": „Man hat auch in der letzten Zeit eS wiederholt versucht, die Person des Prinzen Ludwig in diesen stampf hcrcinzuzichcn. Wir haben schon einmal darauf hingewicsen, von welch demoralisierender und schädigender Wirkung für den monarchischen (^danken in Bayern das stete Ausspiclen deS Prinzen Ludwig gegen seinen Vater ist, und wir glauben, zu wissen, daß der Prinz selbst voll ständig darüber klar ist, zu welch unlauterem Zweck dies geschieht. Erst neulich hat ein anderes klerikales Blatt wiederum einen derartigen Versuch gemacht und mit deut lichem Hinweis auf die „chinesische Mauer" erwähnt, daß Prinz Ludwig einst bet einem Festmahl der Offiziere des Neurlaubtcnstandcs betont habe, ein Regent könne in der Wahl seiner Umgebung nickt vorsicktig genug sein. Diese Acnßcrung des Prinzen Ludwig, die natürlich vollständig richtig und zutreffend ist, wurde von dem Blatte in einer Weise kommentiert, an die der Prinz Ludwig absolut nicht gedacht haben kann, am allerwenigsten in dem Kret in welchem er gesprochen hatte. Aber die Eiticrung d^5* Aenßerung mit deutlichem HtmveiS auf die aller^'ckfte Person zeigt, wie skrupellos man im ultramontane» "ager vorgcht. Der NltramontanismuS beweist ebe-« immer wieder aufs neue, daß er keine Partei ist, die jemals re»
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