Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190301060
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19030106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-06
- Monat1903-01
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1903
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannohme L5 (excl. Porto). Extra-Vellage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbesärderung SO.—, mit Postbefürderung ^l 70.—. Annahmeschluß für Änzrigrn: Ab end-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Die Spedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz iu Leiu^ i Nr. S. Dienstag den 6. Januar 1903. 97. Jahrgang. Ausgabestellen des Leipziger Tageblattes von welchen dasselbe zu dem Abonnementspreise von ^4 1.— monatlich (-4 1.25 bei freier Zustellung) bezogen werden kann: I». 3-utrun.. -'A- Brühl 53, C. F. Schubert'S Nachf., Kolonialwarenhblg. Kathartncust» 14, L. Lösche, Cigarrenhdlg. 2935 Ntttcrstr. 4, Linckcsche Leihbibliothek und Buchhdlg. In» Norden. Gerbcrstr. 8, H. L. Kröaer, Butterhdlg. 8824 lSneisenaustr. 12, B. Nhlich, i. Fa. Ida Hartmann, Papierhdlg. Lihrftr. 15, E. Hetzer, Kolonialwarenhdlg. 97S dorkstr. 32 (Ecke Berliner Straße), F. W. Kietz, Kolooialwarenhdlg. Im Osten. 2»Dan«t«gaffe 8, Hauptexpedition 222 Nauftsche Gaffe 6, F. Fischer, Kolonialwarenhblg. Tchützeustr. 5, I. Schilmicken, Kolonialwarenhblg. 1178 Tauchaer Str. 13, E. R. Reichel, Drogenhdlg. 8341 Im Süden. Arndtstr. 35, I. F. Canitz, Kolonialwarenhblg. 3033 vahersche Str. 45, H. Ncumeister, Cigarrenhdlg. 3984 KöntgSplatz 7, 8. Lösche, Cigarrenhdlg. 7505 Nürnberger Str. 45, M. E. Albrecht, Kolonialwarenhdlg. Zettzer Str. 35, B. Küster, Cigarrenhdlg. Im Westen. Veethovenstr. 21, Tb. Peter, Kolonialwarenhdla. 3901 Aranksurter Str. 22 (Ecke Walbstr.), L. Siever«, Kolooialwarenhdlg. Remstädter Stetnweg 1, O. Engelmann, Kolonialwhdlz. 2151 Waldstr. 39. G. Veiterlein, Kolonialwarenhdlg. Westplatz 32, M. Leißner, Cigarrenhdlg. 2402 I« den Bor» und Nachbarorten. Anger-Lrottendors, B. Friedel, Cigarrenhdlg., Zwei naundorfer Str. 6, O. Oehler, Bernhardstr. 29 Eannewttz, Frau Fischer, Hermannstr. 23 Sntrttzsch, Robert Altner, Buchhdlg., Delitzscher Str. 25 820 «antzfch, Ioh. Wolf, Ecke Ring, und Oetzscher Str. 3526 Gahlt«, RoberL Altner, Buchhdlg., Lindenth. Str. 6 820 - Paul Schmidt, Brüderstraße 8 Kletnjschocher, G- Grützmann, Zschochersche Str. 7a in L.-Plagwitz 2588 Leutzsch, Albert Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-Linbenau Llndenau, Alb. Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-Lindenau Möckern, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L.-Gohlis Neustadt, Paul Kuck, Annonc.-Exped., Eisenbahnstr. 1 Neuschöncfcld, Paul Kuck, Annoncen-Exp., Eisenbahnstr. 1 Oetzsch, Carl Scheffel, Ecke Ost- und Mittelstr. 8475 Plagwttz, G. Grützmann, Zschochersche Str. 7a 2588 Reudnitz, W. Fugmann, Marschallstr. 1 1516 O. Schmidt, Kohlgartenstr 67 1739 Beruh. Weber, Gabelsbergerstr. 11 Schleuhts, G. Grützmann, Könneritzstr. 56 2586 Sellerhausen, O. Oehler, Auger-Croltrndorf, Bern- hardstraße 29, Part. Stünz, O. Oehler, Anger-Crottend., Bernhardstr. 29, p. Thanber«, R. Häntsch, Reitzenhainer Str. 58 BalkmarSdorf, Paul Kuck, Ann.«Exped., Eisenbahnstr. 1 Georg Niemann,Konradstr. 55 (Ecke Elisabetbstr.) Wahren, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L.-GohliS. Frankreich im Jahre 1902. sWaldeck-Nousseau-Combcs.) Der Franzose gilt nun einmal nach internationalen Anschauungen als ein politischer Windhund, der an nichts weiter denkt, als an Revolutionen. Und doch ist er dem Grundzuge seines Wesens nach ein Mann, der seine Nnhc auch im Staatsleben über alles liebt. Nur der Pariser ist der Unruhestifter, dem der politische Lärm Lebensbedürfnis ist und -er, so lange er es in der Wirklichkeit nicht kann, wenigstens in seiner Presse alle Wochen eine Verfassung ändert und alle acht Tage einen Minister stürzt. Der - lange Bestand -er dritten Politik ist schon ein Beweis dafür, wie konservativ man jenseits der Vogesen denkt, denn wirklich lieben tut sie im Volke keiner, und sie hat so viel Fehler, daß sie jedes Jahr mit Recht zu Grunde gehen könnte. In verstärktem Maße trifft das auf die beiden letzten radikalen Ministerien gleichfalls zu. Nur die Abneigung gegen Veränderungen hält sie am Ruder, und die Kammerwahlen des vergangenen Jahres haben dem Ministerium Waldeck-Rousseau eine Mehrheit gebracht, durch die man im Kabinett selbst über rascht war. Es zeigte sich, daß der ganze Süden und Westen und auch die ganzen Zentrallandschaftcn jeder Neuerung abgeneigt waren, und Teilerfolge der Nationalisten in der Hauptstadt selbst, im Norden und an der hochchauvint- stischcnOstgrenze konnten an diesem Gesamteindrucke nichts ändern. Siegestrunken zogen die kleinbürgerlichen Radi kalen mit den roten Sozialisten Arm in Arm im PalaiS Bourbon ein,' aber der Führer der Regierungspartei, Waldeck-Rousseau, kehrte nicht zurück. Zwar hatte er schon vor den Wahlen seinen Rücktritt angekündigt, da er die Republik nun für gesichert und seine Aufgabe alS gelöst ansäbe. Aber als er dem Präsidenten Loubct nun wirklich sein Entlassungsgesuch vorlegtc, wirkte dieser Rücktritt doch als politische Sensation. Auch der er schütterte Gesundheitszustand konnte nicht ein genügender Grund für die Aufgabe einer Machtstellung sein, die fast nur Erfolge zu verzeichnen hatte. Ob der gesuchte und listenreiche Pariser Advokat sich nur nach seiner Praxis zurücksehnte, die ihm das Mehrfache an Jahreseinkommen abwarf, als ihm der Staat an Gehalt bieten konnte? Ober wollte der Beendiget' des DreyfuS-StreiteS sich nur für bessere Tage aufbewahrcn, um dann als Nachfolger des ZuckcrkuchenmanneS aus Mvntölimar ins Elysöe ein- zuztehen? Liebe verknüpfte Herrn Loudet gerade nicht mit seinem Ministerpräsidenten, also wäre auch daS nicht ausgeschlossen. Sicher ist jedenfalls, daß Waldcck-Nousseau mit der neuen Kammermehrheit nicht regieren wollte. Ihm mochte ein Gruseln ankommen vor den Heldentaten, die von der radikalen Teputtertenkammer geplant waren und die er nicht mttmachen wollte. Wie richtig er gerechnet hatte, zeigten die Ereignisse, die kamen. Mit Herrn Eombes, dem ehemaligen Abbö und radikalen Senator, zog ein Mann der schärfsten Ton art ein. Der Kampf gegen die politische Kongre- gation genügte ihm nicht mehr, und er machte sich mit den Seinen an die Vernichtung der Orden überhaupt, vor allem, so weit sie den Jugendunterricht in der Hand haben. Unter dem Jttbel der Sozialdemokraten wurden eines schönen Tages 8200 Schulen, an denen fromme Schwestern beschäftigt waren, geschlossen,' mehr als 200 000 Kinder waren ohne Unterricht. Mit Gendarmerie und Militär wurden Unruhen unterdrückt, und Herr Combes hatte es verstanden, eine an sich sehr berechtigte Maßregel in höchstem Maße unpopulär zu machen) denn auch fast der gesamte französische Protestantismus erklärte sich mit dieser Gewalttätigkeit nicht einverstanden. Frank reich ist gewiß kein kirchliches Land, aber die französische Frau ist kirchlich und trotzdem und alledem: Frankreich ist nun einmal das Land der Französin. Die biederen radikalen Abgeordneten erhielten daheim eingehende GarütLeuppaLtgtrur ist es -och bekannt, daß auch Herr Jaurös, der allgewaltige Führer der äußersten Linken, seiner streng kirchlichen Gattin die Erziehung seiner Kinder in kirchlichem Geiste gestattete. So suchte schließlich die Regierung selbst zur Beschwichtigung des Sturmes bci- zutragcu. Sic behielt den so sehr berechtigten Kampf gegen den Ultramontanismus bei, aber bediente sich eines hnmaneren Vorgehens im einzelnen. Ja, Herr Combeö hatte Mühe und Not, eine Niederlage zu vermeiden. Was sollte ans den 200 000 schulpflichtigen Kindern werden, die der pflichtvergessene Staat bisher sorglos den Ordens anstalten überlassen? — Erst hier zeigte es sich, wie sehr im Argen in manchen Punkten das französische Volksschul wesen liegt. Nur ein Drittel vermochte der Staat in weit- lichcn Lehranstalten unterzubrtngen, ein Drittel mußte er Privatschnlen überlassen, in die sofort wieder Ordens schwestern einzogen, und ein Drittel von den 200 000 Kindern — welch' ein Armutszeugnis für die Republik! -- ist ohne Unterricht geblichen. Außer dieser Heldentat hat Herr Combes im ver gangenen Jahre nichts mehr vollbracht. Den sehr gefähr- ltchen Koh len ar beiter - und Hafenarbeiter- ausstand ließ er ruhig austoben. Diese großen Streiks wiederholen sich ja auch alle Jahre. Herrn Andro und Pcllctan ließ er ruhig chauvinistische, ihre Spitze gegen Deutschland kehrende Reden halten. Diese beiden Herren sorgten ja durch ihre Albernheiten selbst dafür, daß kein Mensch sie mehr ernst nimmt. In der äußeren Politik herrschte Friede. Die Reise Loubets nach Petersburg blieb ganz cindruckslos und niemand achtete darauf in Paris. Die Russenschwär- mcrei ist oben gründlich vorbei. In Siam trat man einen kleinen Rückzug an und suchte dafür England durch das allmähliche Einfangen Italiens für die französischen Mittelmeerpläne zu ärgern. Mit dem östlichen Nachbarn suchte man die Politik des wenigstens äußerlichen Aus gleichs und höflichen Entgegenkommens aufrecht zu er halten. Am Tschadsee ist uns sogar Frankreich ein überaus liebenswürdiger Nachbar geworden, wovon die Berichte des Oberst Pawel erfreuliches Zeugnis ablegen. Welch ein Unterschied gegen die englischen Intrigen! — Im ü-brigen hatte man in Paris den Kopf voll von der inter essanten Familie Humbert. So kam man nicht auf dumme Gedanken! I'. IV. Deutsches Reich. Berli», 5. Januar. (Konservative und Bündler.) Den Konservativen ist eine schwere Last vom Herzen gefallen, da der Bund der Landwirte cS auf der Perlebcrger Versammlung nicht -um Aeirßersten kommen ließ und eine Verständigung schnell wieder her gestellt wurde. Die „Kreuzztg." verhehlt auch ihre Ge nugtuung über diesen FricdenSabschluß nicht) sic schreibt: „Schnelligkeit ist das Beste an der Verständigung) Ein sicht und guter Wille haben auf beiden Seiten den Sieg davongctragen, und die Wahlen zum nächsten Reichstag werden hoffentlich die Früchte zeitigen." — Das Näm liche hofft der Bund der Landwirte auch: er will aber ernten, wo ihm die Konservativen so schön den Boden vorgepflügt haben. Deshalb traut auch die „Konserv. Korr." dem Frieden nicht recht. Sie tritt deshalb den Wiederholungen der falschen Behauptung des agrarischen Hauptorgans, der Zolltarif habe der Landwirtschaft in jeder Beziehung nur ein Minus gebracht, sehr energisch entgegen, widerlegt sie an der Hand einwandfreier Zahlen und schließt dann: „Diese Zahlen beweisen, daß der neue Zolltarif sehr wesentliche Verbesserungen für die Landwirtschaft gegenüber dem alten enthält, und daß mau cS in der Tat nicht begreifen kann, wie man aus der Annahme desselben den Vertretern der Landwirt schaft irgend einen Vorwurf hat machen können. Die deutsche Landwirtschaft befindet sich nicht in der Lage, daß ihre Vertreter im Reichstage „Vs bsnquo" zu spielen be rechtigt sind. Denn schlägt dieses Spiel fehl, so sind hunderttausende von landwirtschaftlichen Existenzen ver nichtet, und alle Vorwürfe, die man dann gegen die Urheber einer solchen Kalamität richtet — mögen es die verbündeten Regierungen oder diejenigen sein, welche nicht glaubten, sich mit denselben verständigen zu dürfen, trocknen die Tränen derjenigen nicht, welche ihre Scholle verlassen müssen. Vs bangue kann man spielen, wenn bei einem Fehlschlagen -er Spekulation nur das eigene Portemonnaie in Mitleidenschaft gezogen wird: wer die Interessen anderer zu vertreten hat, muß mit Vorsicht und Ueberlcgung jeden Vorteil ein heimsen, der ihm geboten wird." Eine solche Aus- einandersetzung bringt die „Deutsche Tageszeitung" ganz außer dem Häuschen, und sic findet es von dem offiziellen konservativen Parteiorgan schlechthin unerhört, einem Drittel der konservativen Fraktion und deren Vor sitzenden vorzuwerfen, „Vs bsnquv" gespielt zu haben. Diese Entrüstung nimmt sich ungemein komisch aus gegen- über dem neulichen Propunctamento der Bundesleitung gegen die Mehrheit der Konservativen und den Schmähungen, womit vr. Hahn diese konservative Mehr heit überhäufte, die es gewagt hat, für den Zolltarif ein zutreten. Aber aus dem entrüstete« Erguß der „Deutschen Tageszeitung" ist zu ersehen, daß der Friede zwischen dem Bunde und den Konservativen doch nur die Bevor mundung der letzteren durch den Bund bedeutet. O. II. Berlin, 5. Januar. (Vertrauensmann Paul Singer.) Bekanntlich hatte seinerzeit die Ber liner Stadtverordnetenversammlung den Sozialdemo kraten Paul Singer in die städtische Schuldeputation dele giert; -er Minister hatte aber diese Wahl nicht nur nicht bestätigt, sondern auch zum Anlaß einer Erklärung ge nommen, in der er sich ganz energisch gegen die Wahl von Sozialdemokraten in die städtische Schuldcputation aussprach. Nun ist kürzlich der Stadtschulrat Voigt ge storben, der sein Amt nur ganz kurze Zeit verwaltet harte; der Ausschuß der Stadtverordnetenversammlung, dem die Vorbereitungen zur Neuwahl eines Stadtschul rates oblagen, erhielt zugleich den Auftrag, in die Prüfung einer anderweiten Regelung der Leitung des gesamten städtischen Schulwesens cinzutretcn und der Versammlung entsprechende Vorschläge zu machen. Zum Referenten hierfür hat nun der aus 15 Personen be stehende Ausschuß keinen anderen als den Stadtverord neten Paul Singer ernennen zu sollen geglaubt. Wenn der Minister hierin eine Demonstration erblickt, so kann das nicht befremden. Herr Singer würde sich ja vortrefflich zum Referenten über die Kranken versicherung der Hausindustriellen eignen; er könnte bann auf die niedrigen Löhne der Konfektions arbeiterinnen Bezug nehmen und dann vielleicht ein sehr nnangenchmes Gerichtsurteil zur Verlesung bringen. Aber was ihn besonders befähigt, ein allgemeines Referat über die Leitung des städtischen Schulwesens zn erstatten, entzieht sich voraussichtlich seiner eigenen Kenntnis. Läge ihm daran, die Angelegenheit in raschen Fluß zu bringen, so hätte er das Referentcnamt abgelchnt. Demonstration um jeden Preis ist nun aber einmal sozialdemokratisches Prinzip, das dem ganzen Ausschüsse mächtig zu imponieren scheint. * Berlin, 5. Januar. („Die Auflösung der nativ nalltberalen Parte i.") Im letzten Hefte der vom Wortführer der Freisinnigen Vereinigung, dem Abgeordneten I)r. Barth, herausgegebcneu Wochenschrift „Die Nation" gibt der verantwortliche Redakteur dieser Zeitschrift, Herr P. Nathan, seine Ansichten über die deutsche Politik im Jahre 1902 zum besten. Nachdem er sich abgemüht hat, nachzuwcisen, daß das Jahr 1902 „fast gänz lich bar einer gesetzgeberischen Tätigkeit nach großen Gc- sichtspunkten" sei, kommt er auf den Zolltarif zu sprechen, nm schließlich zu behaupten: „Kein Symptom ist für unsere politische Lage charakte ristischer als die Zeichen der Auflösung innerhalb der natio- nalliberalcn Partei. Die größten Zeiten des Reiches fallen mit der Blüte der nationalliberalcn Partei zusammen; mehr und mehr entfernte sich dann die Partei von den Ueberliefcrungcn ihrer glorreichen Wirksamkeit für das Reich, und heute endlich beginnen die Wähler und die angesehensten Blätter der Partei kritisch zu fragen: Darf die Verleugnung der Grundsätze, die einmal unsere Größe ausmachten, noch weiter getrieben werden? Das ist ein bemerkenswerter Augenblick in dem Prozeß unserer politischen Zersetzung." Herr Nathan übersieht, wie ihm die „Allg. Ztg." nachwctst, ganz, daß in allen den Wahlkreisen, die durch nattonalliberale Abgeordnete vertreten sind, die Wähler schaft die Haltung der nationalltberalen Reichstagsfraktion gebilligt und dies durch Zustinnnungserklärungen öffent lich zum Ausdruck gebracht hat. Aber auch da, wo in nationalliberalen Versammlungen und In nationallibc- ralen Blättern an dem Verhalten der Rcichstagsfraktion Kritik geübt worden ist, hat man sich, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, schließlich damit begnügt, seinem Bedauern darüber Ausdruck zu geben, daß die Fraktion zu scharfen Maßnahmen gezwungen war, wenn sic das Tarifwerk, das in allen wesentlichen Punkten den Eisenacher Beschlüssen entsprach, durchsetzen und das von ihr gewollte Rüstzeug für die bevorstehenden HandelS Verträge der Regierung schaffen wollte. „Die Zeichen der Auflösung innerhalb der nattonalltberalen Partei" sind lediglich Phantasieprobukte des Herrn Nathan. Im übrigen würbe cS dem Herrn schwer fallen, nachzuweisen, daß die nationalliberale Partei sich „von den Ueberliefe- rungen ihrer glorreichen Vergangenheit sür das Reich" entfernt und die Grundsätze verleugnet hat, die einmal ihre Größe ausmachten. Ihr allein ist eS, wie kürzlich noäi der konservative Abgeordnete v. Kröcher sehr ungern zuerkannt hat, zu danken, daß bei der Verabschiedung der Zolltarifvorlage die „Politik der mittleren Linie", wie sie auf dem Parteitage zu Eisenach vereinbart worden war^ den Lieg davontrug. (-) Berlin, 5 Januar. (Telegramm.) Nach der gestrigen MiitagStafel unternahmen derKatser und die Kaiserin einen Spaziergang in der Umgebung de« Neuen Palai«. Um 6>/i Uhr begab der Kaiser sich nach Berlin und sah sich im Neuen Königl. Theater die Vorstellung von „Julius Cäsar" an. Heute morgen machte der Kaiser um 8>/, Ubr einen Spazier gang im Thiergarten, sprach dann beim Reichskanzler Graf v. Bülow vor und hörte im königlichen Schloß den Vortrag de» Stellvertreter« de« Chef« de« Civilkabinett«, des Geh. Ober-RegierungSratS v. Valentin!. D Berlin, 5. Januar. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: DcmKatser wurden von den Teulschen Hawaiis bei Ecöffnung der Kabelverbindung mit dem amerikanischen Festlande ehrerbietige NeujahrS- wünsche übersandt. D Berlin, 5. Januar. (Telegramm.) Der Reichs- kanjler Graf v. Bülow empfing heute den Regierungs präsidenten a. D. v. Heyliebrand und der Lass. (-) Berlin, 5. Januar. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der Etat de» allgemeinen Peusian»- fondS weist an fortdauernden Ausgaben in der Ver waltung des Re ich» Heeres 62720525 ^lk (mehr 2 111 330 ^4) auf; davon entfallen auf Preußen 55 771 900 (mehr 1 944 600 ^k), Sachsen 4 084 850 Mark (mehr 129 970 ^), Württemberg 2 863 775 >4 (mehr 36 960 -4). Da« Neichömilitärgericht erfordert 4377 ^4 (mehr 3858 ^l), die Marine 4 819 454 ^4 (mehr 426 500 -4), die Civilverwaltung 2 050 884 -4 (mehr 202 274 "4). An sonstigen Bewilligungen sind 90 000 ^4 (mehr 40 000 .4!) zu Beihülfen für dir ehemaligen sran- iwfischen Militärpensianen nnd deren Hinterbliebene eingesetzt. D»e Gesamtausgaben belaufen sich demnach auf 69 685 240 ^4 (mehr 2 780 823 .4). — Der Etat für da« ReichSschatz- amr weist an Einnahmen auf 4 404 580 -4 (Minus 312 670 ^). Die fortdauernden Ausgaben werden auf 548 718600-4 (Minus 15529 400 ^4), die einmaligen Ausgaben auf 1300 .4 (Minus 13 700 ^) berechnet. Die lieber- Weisungen an die Bundesstaaten sollen 542 092 000 .4 (Minus 14 143 000 ^4) betragen und zwar 354 928 000 .4 (Minus 10 883 000 ^4) aus dem Ertrage der Zölle und Tabaksteuer, 108 667 000 (Minus 1 925 000 ^!) auS dem Ertrage der VcrbrauchSabgabe sür Branntwein und veS Zu schlages dazu und 78 497 000 (Minus 1 335.000^!) au- dem Ertrage der Reichöslempeladgaben. (-) Berlin, 5. Januar. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" schreibt: In der Plenarsitzung deS BundeSrateS am 3. Januar wurde zum Vorsitzenden der nach tz 17 des Börsengesetzes zu bildenden ehrengerichtlichen Berufungskammer der Direktor deS ReichSamtS deS Innern Wermuth und zu dessen Stellvertreter der Geheime Oberregierungsrat des preußischen Handelsministeriums Wendelstadt bestimmt. (-) Berlin, 5. Januar. (Telegramm.) Wie die „Nordd. Allgem. Ztg." hört, fand heute zwischen dem Minister des Innern und sämtlichen OberpräsiSenten die Konferenz statt, betreffend das neue Dotationsgesetz, und führte zu allseitig befriedigenden Beschlüssen auf der Grundlage, daß den lokalen Wünschen und besonderen Einrichtungen aller Provinzen das weitestgehenste Entgegenkommen er wiesen werden soll, unter Festballung an den Grund- sätzen, welche notwendig sind, um eine willkürliche Ver- teilung und Verwendung der Dotationsrente auszuschließen. Hieran anschließend wurde auch die Beschäftigung der Re- gierungsreferendare in der zukünftigen Gestaltung be sprochen und den Absichten des Ministers de« Innern zu gestimmt, nach denen vorzugsweise die Ueberweisung derselben an die Landräte und den Bezirksausschuß stattsinden, daneben eine Tätigkeit in der Industrie und Landwirt schaft oder im Bankhause in Aussicht genommen werden soll. (-) Perlt», 5. Januar. (Telegramm.) Die „Berliner Korrespondenz" erklärt, die Zeitungsmeldung, daß in der kürzlich abgehaltenen Konferenz im Ministerium der öffentlichen Arbeiten die Frage einer Neuordnung der Ltantsetfenliahn- verwaltuug und namentlich die Bildung größerer Generaldirektionen und Umwandlung der jetzigen Eisenbahndirektionen in Betriebsdirektionen be- bandelt worden sei, beruhe auf müßiger Erfindung. Die Verwaltungsordnung ter Staatöbahnen vom 5. April 1895 bewähre sich fortgesetzt gut. Weißenfels, 5. Januar. Nachdem der Bund der Landwirte schon vor Wochen mobil gemacht, sind gestern auch die vereinigten konservativen Parteien im Wahl kreise Naumburg-Weißenfels-Zcitz in die Wahlbewegung eu,- getreten, indem sie eine von etwa 80 Personen'besuchte Ver- sammlnng im Hotel „zum Schützen" hier abhielten. Als Referenten über das angekündigte Thema: „Was bat der Handwerkerstand von der Gesetzgebung zu erwarten?" waren an Stelle deS erkrankten HandelSkammersekretär« Vr. Mühl- psordt-Halle der Tischlerobermeistcr Jürth und Schuhmacher meister Arndt von dort erschienen. Der Vorsitzende äußerte sich schließlich über die Vorbereitungen zur NeichStagS- wahl. Es werde wieder ein Kartell aller Ordnungs parteien angestrebt. Die Kandidatenfrage sei jedoch noch nicht endgültig gelöst. r. Greiz, 5. Januar. Zum Empfange deS Groß- Herzogs von Weimar, des Verlobten der Prinzessin
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