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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.01.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030107017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903010701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903010701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-07
- Monat1903-01
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Bezugs-Preis tn der Hauptexprditton oder deren Ausgabe stellen ab geholt: vterteljLhrlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung tn- Hau- S.7S. Durch die Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut Zeitungspreisliste. Redaktion und Expedition: Zsohanni-gasse 8. Fernsprecher 153 und 222. Fllia1e»prditi»nrn: Alfred Hahn, Buchhandlg., UniverMtSstr.3, L. Löscht, Katharinenstr. 14» u. KöuigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Strehlener Straße S. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: Earl Duncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4303. Morgen - Ausgabe. MpMer TaMalt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates nnd des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig.- Anzetgeu.PreiS die 6gespaltene Petitzeile 2S Reklamen unter dem RedaktionSstrich (4 gespalten) 75 vor den Famtliennach- richten (S gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenaunahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nar mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbesörderuog »> 60.—, mit Postbesörderung 70.—, Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittag-10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 10 Mittwoch den 7. Januar 1903. 97. Jahrgang. Amtlicher Teil. Oeffentliche Zustellung. In der anhängigen Ehesache der Anna Elisabeth verehel. Zicgra verw. gew. Pfeifer geb. Heilig in Halle a/S-, Klägerin, gegen den Eisrndreher Hermann Ziegra aus Bremen, zuletzt in Leipzig, jetzt unbekannten Ausenthalls, BeNagten. will die Klägerin den vhc- scheidungSantrag auch noch aus Ehebruch des Beklagten stützen. Die Klägerin ladet den Beklagten anderweit zur mündlichen Verhandlung des Ehestreits vor die erste Civilkammer des König lichen Landgerichts zu Leipzig auf Freitag, den 20. Februar 1S0S, vormittags S Uhr, mit der Aufforderung, einen bei diesem Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dies bekannt gemacht. Ter GerichtSschreibcr bei dem Königlichen Landgerichte »U Leipzig, am 30. December 1902. Versteigerung. Freitag, am S. Januar 1S0L, vormittag» 10 Uhr, sollen im Verstrigerungsraume des hiesigen Königlichen Amtsgerichls 1 Pianino, 1 Grammophon, 2 Billards, I Bierdruckapparat, 121 Korsetts, 54 Paar Stiefeletten, 18 Paar Schuhe, 1 größerer Posten Blusen. Frauenröcke, Schürzen, Decken, Stoffreste, Borten u. s. w., 17 Körbe Aepfel, 29 Obstkörbe, 2 Standuhren, 1 Photographen apparat, 1 Nähmaschine. 46 Gasbrenner, 2 Fahrräder, 200 Flaschen Wein, 1 Plättofen, 1 Gasherd, Möbel, Betten u. v. a. G. öffentlich meistbietend gegen sofortige Barzahlung versteigert werden. Leipzig, am 5. Januar 1903. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Königin Carola-Gymnasium. (2. StaatSgymnasinm, Tüdvorstadt.) Anmeldungen von Schülern (11a—VI) für Ostern 1903 werden am 7. Januar 1903 2-6 Uhr, am ». 4—6 Uhr, am LO. II—1, 4—6 Uhr im Dienstzimmer deS Unterzeichneten (Elisen- straße 62, I.) entgegengenomme». Borzulegen ist Taufschein (bez. Geburtsurkunde oder Familien stammbuch), Impfschein, letztes Schulzeugnis. Tie Schüler sind womöglich vorzustrllen. Prof. vr. Voxel, Rektor. Französisch - slawische Treibereien. -4- Als jüngst durch die „Deutsche Monatsschrift" die französisch-slawischen Treibereien auf gedeckt waren, zu deren Mittelpunkt sich der französische Botschafter in Wien, M a r a n i s d c N e v c r s c a u x , ge macht hat, versuchte es die Prager „Pvliti k" mit einer Ableugnung. Wie verfehlt es ist, gerade von Prag aus einen solchen Ableugnungsversuch in die Welt zu schicken, ist von uns durch den Hinweis auf die Bcizehungen dar getan worden, die Marauis de Reverscaux — sei cs un mittelbar, sei es mittelbar — durch den französischen Konsul in Prag, Herrn de Valois, mit den Prager Tschechenführeru unterhält —, Beziehungen, deren Existenz vor der Oeffentlichkeit wiederholt durch Ovationen für Herrn Marquis de Reverscaux erhärtet werde. Arg ver dutzt und verlegen, fragt die „Politik", woher uns alle jene Nachrichten zugeflogcn seien und wer ein Interesse daran habe, das Tun und Lassen der beiden französischen Diplomaten unter ständiger Kontrolle zu halten? Die Antwort aber, die das tschechische Organ auf seine Fragen findet, lautet wörtlich: „Die Rapporte über das Ergebnis dieses Kund- schaftcrdienstes gehen nach der M e tt c r n i ch st r a st e in Wien (damit ist die d e ü ts ch e B o ts cha f t in Wien gemeint. Red.) und tauchen dann in den von hier aus alimentierten Blättern auf." Also abermals ein Versuch der „Politik", die deutsche Botschaft in Wien „politischer Einmischung" zu be schuldigen, sie verantwortlich zu machen für Unbequemlich keiten, die den slawischen Parteigängern erwachsen. Wir stellen demgegenüber wahrheitsgemäß fest, dast die deutsche Botschaft in Wien an unserer Darlegung genau ebenso viel Anteil hat, wie die Prager „Politik" selbst, nämlich gar keinen. Wenn das tschechische Organ im Anschluß hieran die dem Marquis de Reverscaux in Prag bereiteten Huldigungen als „Luftspiegelungen" abtun zu können meint, so spiegelt cs damit ein schlechteres Gedächtnis vor, als es nach seinen eigenen, nicht bedachtsam genug ab gewogenen Bemerkungen besitzt. Denn die „Politik" be hauptet, dast dem Herrn Marquis keine anderen Ova tionen bereitet seien, als sonstigen Ehrengästen, die jene Prager Ausstellung besucht hätten, und dast man von dem Besuche der Vorstellung des Stückes „Eugen Onegin" durch den Marquis erst einen Tag später etwas erfahren habe. Derartiges Gerede bedeutet nicht mehr als das haltlose Beginnen, der deutschen Botschaft in Wien die Vaterschaft aller „Hindernisse" zuzuschreiben. wiederholte Nachrichten. Ans der g e st r i g e n N u s g a b e wiederholt, weil zu spät cingctroffen, nm auch in dem frühzeitig nach auswärts versendeten Teile der Auflage Aufnahme finden zu können. * Wien, 5. Januar. (Telcgram m.) In der heute vormittag abgehaltenen Sitzung der mährischen Teilnehmer an der A u s g l e i ch s k o n f e r c n z bezeichnete M i n i st c r v r ä s i d c n t v. K o e r b e r es als außerordentlich wünschenswert, daß sich die Vertreter Mährens ohne besonderen Landtagsbcschluß zu dem Aus schüsse zusammensändcn, um die von dem mährischen Aus schüsse 1000 ungebahnten Vcrständigungsversnche fortzu setzen. Der Ministerpräsident entwickelte sodann die Grundzüge des neuen Sprachcnelabvrats der Regierung, das er den Teilnehmern an der Konferenz noch heute über mitteln werde. Auf die Ausführungen mehrerer Redner stellte der Ministerpräsident mit Genugtuung fest, daß die Anregung der Negierung allseitig spinpatisch ausgenommen würde und empfahl den Parteien angesichts der ernsten Lage und der wichtigen Fragen, die nicht nur an das Par lament, sondern an das Reich hcrantretcn, tunlichst zu Be ginn der nächsten Woche ihre Erklärung abzugcbcn. tehte Nachrichten. * Berlin, 6. Januar. Der Kaiser unternahm gestern nachmittag einen Spazierritt im Tiergarten. Heute morgen hatte der Kaiser am Brandenburger Tor eine Besprechung mit dem Finanzministcr Frhrn. von Rheinbabcn, dem Polizeipräsidenten v. Borries, dem Geh. Hvfbaurat Ihne und dem Tiergartcndircktvr Ckitncr wegen Ausstellung von Denkmälern. Hierauf besuchte der Kaiser den Reichskanzler Graf v. Bülow und hörte im Königlichen Schlosse die Vorträge des Ehcfs des Militärkabinetts Generalleutnants Graf v. Hülsen nnd des Ehcfs des Admiralstabes Vizeadmirals Büchscl. Um 12^ Uhr wurde empfangen der französische Bot schafter Marquis de Noailles in Abfchicdsaudienz, um 12?4 Uhr der bisherige serbische Gesandte Steitsch in Ab- schiedsmrdicnz und dessen Nachfolger M. Militschewitsch in AntrittSaudienz. — Der Kronprinz und Prinz EitelFricdrich begaben sich heute mittag nach Bonn zurück. * Berlin, 6. Januar. Der Kaiser folgte gestern einer Einladung des Ministers des Innern und der Freifrau von Hammerstein zum Diner. An demselben nahmen u. a. teil der Reichskanzler Graf v. Bülow, der Finanz. Minister Frhr. v. Rheinbabcn, die in Berlin anwesenden Oberpräsidenten, der Unterstaatssekretär und der Mini sterialdirektor des Ministeriums. O. H. Berlin, 0. Januar. (P r i v att e lcg ra m m.) Dem Kaiser ist anläßlich des 100jährigen Jubiläums -es russischen Pagenkorps im Auftrage Kaiser Ni- kolauS ' durch Generalmajor v. Schwartzkvppen ein Prachtexemplar der Geschichte des Pagenkorps überreicht worden. * Berlin, 6. Januar. Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der Kaiser verlieh dem Reichstagsabgeordnetcn Pro fessor Fr ei Herrn v. Hertling den Kronen- orden2. Klassemtt dem Stern. — Der Kaiser verlieh dem scheidenden französischen Botschafter Mar- quis de Noailles seine Büste in Marmor. * Berlin, 6. Januar. Wie nachträglich bekannt wird, bestätigte der Kaiser beim Empfang der Halloren, daß er die diesjährigen K a i s e r m a n ü v c r im südöstlichen Teile der Provinz Sachsen abhalten, in Merseburg resi dieren und Halle besuchen werde. * Berlin, 8. Januar. Jnstizminister vr. S ch ö n st e d t und der Oberpräsident pon Provinz Sachsen von Bötticher vollenden heute das 70. Lebensjahr. * Berlin, 0. Januar. Das „Bcrl. Tagebl." meldet: Wie wir zuverlässig erfahren, ist das geplante Mili tär Pensionsgesetz zurückgezogen worden. Diese Nachricht wird weit über die Kreise der unmittel bar Betroffenen hinaus eine große Enttänschnng Hervor rufen. Dies umsomehr, als man nach der allgemeinen Stimmung, die in parlamentarischen Kreisen, wie in der politischen Tagespresse bis weit in die entschieden frei sinnigen Richtungen zu Tage tritt, erwarten konnte, daß für eine bessere materielle Versorgung der verabschiedeten Offiziere Aussicht auf Genehmigung im Reichstage vor handen märe. Für den Entschluß der Zurückziehung dürften in erster Linie die ungünstigen Aussichten unserer Reichsfinanzcn mas^cbend gewesen sein. — Wie die „N a t i v n a l z c i t u n g" von zuverlässiger Seite hört, ist diese Meldung unzutreffend. * Berlin, 6. Januar. Die in einigen Blättern auf getauchte, aus staatsrechtlichen Gründen unsinnige Be hauptung, daß neben dem Abkommen über die Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät an der Universität Straßburg eine geheime Verein barung zwischen der Reichsregierung und der Kurie be stehe, wonach jene sich verpflichte, an allen deutschen Universitäten, an welchen katholische Fakultäten bestehen, den Bischöfen ein unbeschränktes Recht auf die Be rufung und Enthebung der katholischen Pro. fessoren einzurämnen, wird offiziös als völlig aus der Luft gegriffen erklärt. 6. II. Berlin, 6. Januar. (Privattelegramm.) Ein internationaler musikalischer Welt, kongreß wird bei Gelegenheit der Festlichkeiten aus An laß -er Enthüllung des Richard Wagner-Denkmals in Berlin tagen. * Berlin, 6. Januar. Eine Konferenz der Anarchisten Deutschlands soll, wie ein Bericht erstatter meldet, in nächster Zeit in aller Oeffentlichkeit in Berlin veranstaltet werden — wenn es erlaubt wird, woran man wohl zn zweifeln berechtigt ist. * Berlin, 6. Januar. Die „Norddeutsche Allg. Ztg."' meldet: Der Poste tat 1903 beziffert die Einnahmen auf 456 220 100 (mehr gegen das Vorjahr: 15 590 970 ^t), davon für Porto- und Telegraphengebühren 425 Millionen (mehr 15 Millionen). Unter fortdauernden Ausgaben iverden gefordert für Betriebsverwaltung 395 778 129 (mehr 11 658 020 -L). Postamt Tsingtau wird in ein solches erster Klasse, Postanstalt Swakopmund in ein Postamt zweiter Klasse umgcwandelt. Neu gefordert wird ein Vortragender Rat in der Zentralverwalttmg, 7 Posträte bei Oberpostdirektionen, 3 Oberpostinspektoren, 39 Kassierer, 50 Obersekretäre, wogegen 24 Sekretärstcllen in Assistentenftellen umgcwandelt werden. Damit ist die Rückumwandlung der seinerzeit neugeschaffenen Sckrctärstellen in Assistcntenstellen beendet. Im ganzen sind 2000 Slssistentenstellen für bisher diätarisch beschäftigte Assi stenten neu geschaffen. Ferner werden gefordert 148 neue Ge- hülfinncnstellcn, 2000 neue Untcrbeamtenstellen. Für die Aus gestaltung des Telephondienstes aus flachem Lande tverden 1 000 000 gefordert, 400 000 ,4t für Ersetzung des Kabels Kuxhaven-Hclgoland, 400 000 -K für ein Anschlußkabel Gmden- Vorkum für das zweite deutsch-atlantische Kabel Emden- Azoren - New Dort. Die einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats belaufen sich auf 13 474 899 (mehr 498 246 ^k), darunter eine Reihe erster Raten, sowie einmaliger Forderungen zu Grundstückserwerbungen und Neubauten. Der Titel Wohn gebäude für Unterbeamte und geringer besoldete Beamte fordert 1 400 000 (mehr 500 000 ,/(). Als einmalige Ausgabe des ordentlichen Etats werden 22 095 000 für Fernsprech zwecke verlangt. Hierzu wird bemerkt: Angesichts der außer ordentlichen Steigerung des Fernsprechwesens sollen, wie im Vorjahre, Anlagen, die vorzugsweise der Zukunft zu gute kommen, aus Anleihemitteln bestritten werden. Im Etat des Reichs amts des Innern sind die Ein nahmen der ordentlichen Etats mit 2 266 135 (-s- 826 395), angesctzt. Um 80 000 -X geringeren Ertrag erwartet man in folge der wirtschaftlichen Stockung vom Kaiser Wilhelm-Kanal. An fortdauernden Ausgaben erfordert das Rcichsamt des Innern selbst 1 384 650 .6. Allgemeine Fonds beanspruchen 51 067 700 (-(- 2 778 600); die Belastung des Reiches aus auf Grund Invalideiwersicherungsgesetzes zahlbaren Renten beträgt 40 858 000 (-s- 2 692 000). 40 000 werden für ständige Ausstellung für Arbciterwohlfahrt verlang!, die vor aussichtlich in der ersten Hälfte 1903 eröffnet wird. Als Bei- F-nilletsn. Die Renaissance des Lames. Bon Reinhart Thilo, Nachdruck verboten. Aus Florenz und aus München kommen begeisterte Schilderungen von den Leistungen einer amerikanischen Dame, die ihre Tänze auf einer ganz neuen Auffassung -er Tanzkunst aufbaut. Da diese Dame beabsichtigt, auch noch in einer Anzahl anderer deutscher Orte auszutrctcn, so wird man ja sich bald allenthalben ein Urteil über sie bilden können. Sv viel aber scheint ans verschiedenen Anzeichen gewiß, daß jene reformatorische Bewegung, die die Frauentracht und unsere gesellschaftlichen Formen in der jüngsten Zeit einer strengen Prüfung unterworfen bat, sich auch an den Tanz zu machet« im Begriff ist. In der Tat kann der Tanz, wie er heute in unseren Ball sälen geübt wird, den Ansprüchen eines fcincrcu künstle rischen Geschmackes nicht genügen. Im wesentlichen herrschen bei uns die Nundtänze; und die geringe Ab wechselung, die sich aus diesen Grenzen ergibt, die Ein förmigkeit, die diese Rnndtänzc selbst ihrer Natur nach in sich tragen, macht das Tanzen, wie es hentc ist, für den Zuschauer zu einer Sache, die bald recht langweilig er scheint und jedenfalls wenig künstlerische Schönheit zeigt. Und das gilt von einer Kunst, die sonst zir allen Zeiten die Menschen gerade zur Entwickelung der höchsten Schön heit veranlaßt, ja, die gleichsam die Leben nnd Bewegung gewordene Schönheit dargestellt hat. Bei der Würdigung unseres modernen Tanzes muß ich immer jenes Wortes von Leonardo da Vinci gedenken, der einmal die Frage behandelt, ob der Bildhauerkunst oder der Malerei der Vorzug gebühre, und der auf diese Frage die königliche Antwort gibt, er schätze die Kunst am hiichsten, die am wenigsten körperliche Arbeit erfordere. In diesem Sinne kann man wahrhaftig unsere moderne Tanzkunst nicht gerade hoch einschätzen, wenn man die jungen Damen, nnd nicht am wenigsten die Herren, mit allen Zeichen der Erschöpfung von der anstrengenden Arbeit diese» Vergnügens znrückwankcn sieht. Nicht, als ob ich die Anstrengung beim Tanze über- -aupt al» einen Mangel bezeichnen wollte. Auch jene be rühmten Volkstänze des Südens, die Tarantella, der Fandango, der Bolero, erfordern einen hohen Grad von körperlicher Anstrengung. Aber in diesen Tänzen kommt auch eine starke und unmittelbare Leidenschaft znm Ausdruck. Sic alle behandeln imincr wieder das eine nnd selbe Thema: das ewige Thema von der Liebe, vom Werber« und Fliehen, vom Schmollen nnd Gewähren. Dies ist nun freilich das Thema unserer deutschen Tänze im Grunde auch, nur ins Sittig-bürgcrlichc übersetzt. Aber dieser Inhalt, dieser Gedanke des Tanzes ist bei uits längst völlig verwischt. Ab und zu kann cs einmal Vorkommen, daß er uns wieder sühlbar wird, wenn wir zwei schöne Menschen, eng nnd doch leicht umschlungen, von der Jugend, der Schönheit, der Hoffnung, der Liebe, dem Glück beflügelt, wie körperlos im Walzer dahin schweben sehen, gleich als ob sic eine innere Gewalt be wegte nnd führte nnd sic selbst nichts dazu täten, diese Tanzbewegungen auszuführen. Dann aber richten sich auch sogleich aller Augen auf dieses seltene Schauspiel, und alle empfinden, daß hier die reine Form nnd der ursprüngliche Sinn des Tanzes einmal znm Ausdruck kommt. Im allgemeinen aber ist der Tanz heute eine handwerkliche Ausübung von geringem Reize geworden. Wenn ich nun von einer „Renaissance des Tanzes" spreche, so habe ich dabei zunächst in« Auge, daß dem Reigentänze ein größerer Rann« gewährt werde. Man hat dazu in neuerer Zeit auch mehrfach Anlauf ge nommen. Aber man glaube nur nicht, daß sich der Reigentanz, dessen Schönheit in der Anmut und Würde des Ganges nnd der Bcivegung in erster Linie liegen muß, so einfach einführcn ließe! Es hat schon seinen Grund, wenn der Reigentanz in unserer modernen Ge sellschaft zurückgctrrten ist. Denn zur Ausführung des Reigentanzes fehlen hcnte verschiedene Fähigkeiten, auf deren feinere Ausbildung nnd stärkere Betonung gerade eine Renaissance des Tanzes hinsteuern muß. Der erste Punkt, um den eS sich handelt, ist der, daß wir durchaus verlernt haben, schön zu gehen. Es hat mich sehr frappiert, zn lesen, daß jene Miß Duncan, von der ich im Eingänge sprach, die Behauptung ausgestellt hat: wir können höntc gar nicht mehr gehen. Ich möchte ihr darin zustimmen. Der Schritt der Tanzenden ist heute entweder der eingelernte Tanzstundenschritt oder er ist plump. Das gift von den Männern wie von den Frauen; aber es ist wichtiger, daß auch die Frauen diese Kunst ver lernt haben, denn sic sind die Lehrerinnen in den Künste«« der Gesellschaft und der Schönheit. Wie Shakespeare sagt, daß cs eine schöne Sache sei «in« die liebliche Stimme einer Frau, so ist eS auch eine herrliche Lache um den schönen Gang einer Frau, um jenen Gang, bei dem die körper liche Anstrengung überwunden zn sein scheint und die Fran leichtfüßig über den Boden dahinschwcbt. Wenn ein schöner Gang bei den Frauen heute fast ausgestorben ist, so ist dies, wie man kaum hiuzuzufügcn braucht, eine ver hängnisvolle, aber unvermeidliche Folge der Kvrscttracht. So lange die Hüften der Frau Lasten zn tragen haben, ans die sie von Natur nicht berechnet sind, können ihre Beine nnd ihre Füße nicht den Grad von Leichtigkeit nnd Beweglichkeit erreichen, der die Voraussetzung eines schönen Ganges bildet. In dieser Hinsicht nun dürfen wir ja »ach den« unerwartet großen Erfolge, den jetzt die sogenannte Rcformtracht errungen hat, auf eine Besserung hoffen; und damit ist auch die Möglichkeit der Erfüllung der zweiten Bedingung gegeben, auf der eine neueSchönhcit deSTanzes beruht: die Fähigkeit zu schöner Bewegung des Körpers. Im Tanze der Zukunft sollten die Linien nnd Formen des Körpers der Männer wie der Frauen in inannigfaltigcn Stellungen nnd Bcivcgnngci« immer schön, immer neu, und dabei doch imincr zurück haltend, zur Geltung kommen. Für die Fran ist dies so lange nnmöglich, wie sic die natürlichen Linien ihres Körpers zn Gunsten eines Panzers preiögibt. Die Fran in« heutigen Kostüm «nag sich bewegen, wie sie will — ein großer Teil ihre» Körpers wird immer eine starre nnd un- bewcglichc Linie bilden müsscn; und gerade das feine Spiel der Linien, das den Reiz des bewegten Körpers ansinacht, ist unter dieser Beding,«ng ausgeschlossen. Was also in de«« Statuen der Künstler aus bei« beste«« Perioden der Kunst in« Stein zur Wirklichkeit geworden ist, das kann ,«nd soll bei einer edleren Form des Tanzes im Leben zur Wirklich keit werden: der Anblick anmutig, keusch und schön be wegter Körper. ES ist hierbei noch ein Drittes zu berücksichtigen. Wenn man glauben wollte, daß mit dieser Renaissance des Tanzes eine Form der Tanzkunst beabsichtigt sei, bei der der Ein zelne seinen Körper gleichsam zur Schau stellt, so würde man diese Ausführungen mißverstehen. Es ist im Gegen- satz für den Tanz der Zukunft, jedenfalls für alle Reigen tänze noch eine Forderung zu stellen; daß sich der Einzelne iii höheren« Grade und mit mehr Geschick als bisher als Glied des Ganzen sühlerr und sich ihn« einordnet« lerne. Wie wenig diese Fähigkeit heute entwickelt ist, kann man in der großen Mehrzahl unserer Ballsäle beobachten. Es herrscht da immer eine Anarchie, nnd kann« sekundenweise einmal ordnet sich das Bild der Tanzenden zu einer ge schlossenen, in sich harmonischen Gruppe. Der einzelne Tänzer oder das einzelne Paar ist aber in« Tanzsaale nicht isoliert, und darum ist die Ausbildung eines natürliche«« Gefühles dafür zu fordern, das; jeder und jedes Paar sich in Stellungen, Bewegungen nsiv. instinktiv nach den übrigen Teilnehmern des Tanzes richten. Daß eine solche Fähig keit im Bereiche der Möglichkeit der Erziehung liegt, be weist die überaus feine Ausbildung dieses Sinnes bei romanischen Völkern, z. B. besonders bei de«« Italienern, bei denen nicht eine Gruppe vou acht oder zehn Mcuschei« znsammcutritt, ohne daß sich diese Gruppe dadurch gliedert, daß ihre Teilnehmer sich instinktiv in harmonischem Ver hältnisse ordnen. Gerade in dieser Beziehung könnte der Reigen von großer erziehlicher Wirkung sein. Da er da rauf beruht, daß die Paare, langsam schreitend, eine An zahl anmutiger Figuren aussiihrcn, so liegt alle Wichtig keit daraus, daß ihr Gang, das; ihre Bewegungen schön sind, und daß die den Neigen führenden Paare sich in schönen« Verhältnisse ordnen und gliedern. Ei«« solcher Reigentanz muß ein körpcrgcwordcncS Gedicht auf die Schönheit des menschlichen Körpers nnd der menschlichen Bewegung sein. Er nins; einen harmonischen Gesamt anblick gewähren; und doch muß jeder schöne Francnkvps, jede weiße Hand, jede geschmeidige Bewegung, jeder an mutige Schritt an seiner Stelle zur Geltung kommen. Ich meine nicht, daß durch die lebhaftere Pflege des Neigen» in unseren Slallsülcn die Rundtäuzc etwa unter- drückt werde«« sollen. Ich glaube vielmehr, daß durch die Erziehung zur Schönheit, die mit der Ausübung des Reigentanzes notwendig verbunden ist, auch die Rund- tänze nur gewinnen können. Auch ihnen wird und muß cs zu gute kommen, wenn der Tänzer den Tanz nicht mehr als eine Art Arbeit, sondern wenn er ihn als eine Kunst ansicht und empfindet, als die Kunst, die Schönheit seines Körpers in der Bewertung zum Ausdruck zu bringen.
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