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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.01.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030112027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903011202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903011202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
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27« heute eine Kündigung der Handelsverträge nicht erfolgt. Die Schweiz wäre übel daran, wenn jetzt eine Kündigupg Platz gegriffen Hütte nnd man mit dem Gcneraltarif von 1891 -astünde. Diese Zollwaffe würde sich lächerlich aus nehmen und die Schweiz im Kampfe für die Sicherung schuyzöllncrischer Verträge vollständig wehrlos machen. Diese wenig stolze Präsumtion bringt die Tarifgegncr wohl noch zur Vernunft und zur Umkehr: auch der Um stand, dast der Bund zur Bewältigung seiner Aufgaben vermehrter Finanzen bedarf, muß zum Nachdenken an treiben. Gibt es in Johannesburg noch eine deutsche Schule? In einem in der „Woche" veröffentlichten Berichte des vom Scherlschen Berlage nach Südafrika entsandten Herrn v. Kupffer lesen wir über das Schulwesen daselbst folgende Stelle: In Kapstadt, in Johannesburg, in Bloemfontein sind die deutschen Schüler nicht vom englischen Einfluß unab hängig. Ter Unterricht wird bis auf einige Fächer, wie Religion, Gesang und natürlich die tägliche deutsche Sprach unterrichtsstunde, in englischer Sprache erteilt und untersteht der Uebcrwachung dec englischen Schulbehörde. Tas gleiche Verhältnis existiert neuerdings auch in Transvaal, Ivo bisher der deutschen Schule nur die Verpflichtung auferlcgt war, Unterricht in der holländischen Sprache zu erteilen. Man wird sich erinnern, daß vor wenigen Monaten der Leiter der Johannesburger deutschen Schule in Deutschland war und mit Erfolg sowohl unsere Regierung, als private Kreise für die Er haltung der Schule interessierte. Jedenfalls ist dieser Zustand noch immer dem totalen Verkümmern des deutschen Schul wesens vorzuziehen, und man sollte ihn unter allen Umständen in dem gegenwärtigen Uebergangsstadium so lange unangetastet lassen, als die Schulen nicht finanziell auf die Tauer gesichert sind. Eine solche finanzielle Unabhängigkeit müßte natürlich sogleich überall da möglich gemacht werden, wo etwa seitens der englischen Schulbehörde eine gänzliche Eliminierung deS Deutschen als Unterrichtssprache verlangt würde. Trotz einiger Unklarheiten scheint doch aus diesen Ausführungen hervorzugehen, daß nach den Beob achtungen Kupffers u. a. auch in der „deutschen" Schule in Johannesburg das Englische als Unterrichtssprache eingeführt ist. Nun sind in Deutschland von nationalen Vereinen und von Privaten über 100 000 aufgebracht worden, um die Johannesburger deutsche Schule deutsch zu erhalten, worunter aber doch sicherlich keiner der Geber etwa verstanden hat, daß dies darin bestehen soll, daß täglich eine Stunde deutsch unterrichtet wird. Es wäre, bemerken die „Md. Bl.", sehr erwünscht, möglichst bald darüber unterrichtet zu werden, ob diese Mit teilungen den Tatsachen entsprechen oder nicht. * London, 12. Januar. Dem „Standard" wird aus Johannesburg vom 8. d. M. gemeldet: In einer Bocrenvcrsammlung, die nach der Abreise Chamber lains abgehalten wurde, wurde beschloßen, auch fernerhin an Europa die dringende Bitte um Unterstützung der Witwen und Waisen zu richten. Die Opposition gegen die Negerpolitik des Präsidenten Roosevelt nimmt, wie aus amerikanischen Meldungen hervorgeht, immer größeren Umfang an. Fast sämtliche Senatoren und Abgeordneten der Südstaaten hielten in der ver gangenen Woche eine Versammlung in Washington ab und beschlossen, nachdrücklich gegen die Bestätigung eines von Roosevelt eingesetzten farbigen Beamten durch den Senat zu opponieren. Gleichzeitig soll grundsätzlich die Gleichberechtigung der Schwarzen für Beamten stellungen bekämpft werden. Die Versammlung bestand hauptsächlich aus Demokraten, aber viele Republikaner werden Mitwirken oder sich der Stimmenabgabe ent halten. Der Präsident erklärte mehreren republikanischen Führern, er werde unentwegt für die Gleichberechtigung der Schwarzen im Süden eintreteu: er sei überzeugt, die weißen Bürger würden zur Einsicht der Brauchbar keit der Schwarzen im bürgerlichen Leben gelangen, wenn erst die Neger Gelegenheit gehabt, sie praktisch nach zuweisen. Brooker Washington, der bekannte schwarze Universitäts-Professor und Freund Roosevelts, riet dem in Frage stehenden farbigen Beamten, den Präsidenten um Rücknahme seiner Anstellung zu ersuchen. Dieser will im Interesse seiner Rassegcnosscn das Amt an nehmen, wenn Roosevelt darauf besteht, aber er hat viele anonyme Briefe erhalten, die ihn mit Ermordung be drohen. Deutsches Reich. Leipzig, 12. Januar. Eine Dreistigkeit sonder gleichen erlaubt sich das „Berliner Tageblatt" gegen über den sächsischen Nationalliberalen. Das ge nannte Organ der Freisinnigen Vereinigung hat ein Interesse daran, nach Möglichkeit den Eindruck zu verwischen, den das Bündnis zwischen dem weiblichen Freisinn und der Sozialdemokratie bis in die freisinnigen Kreise selbst hinein Hervorrufen mußte. Unter diesem Gesichtspunkte war eS begreiflich, wenn das „Berliner Tageblatt" sich zur Ausstreuung der Nachricht bergab, daß die Dresdner Nationalliberalen bei den nächsten Reichstagswahlen sich ent weder der Stimme enthalten oder in der überwiegenden Mehrheit für den sozialdemokratischen Kandidaten stimmen würden. Diese den Stempel der Unwahrheit an der Stirn tragende Nachricht wird im „Bert. Tageblatt" selbst von dem Dresdner nationalliberalen ReichSvereiue nachdrücklich durch die Erklärung berichtigt: „Der hiesige nativnallibcrale Reichsverein denkt nicht daran, die Sozial demokratie in der angegebenen Weise zu unterstützen, und hat lediglich für Sachsen ein selbständiges Vorgehen der Partei bei den kommenden Wahlen gefordert." — Das „Berl. Tageblatt." zweifelt diese Erklärung mit den Worten an: „Wir wollen abwarten, wer Recht behält, unsere Mit teilung oder das Dementi". — Wer von dem politischen Verhalten der sächsischen Nationalliberalen auch nur eine blaffe Ahnung hat, muß wissen, daß jede Unterstützung der Sozialdemokratie durch die sächsischen Nationalliberalen ausgeschlossen ist. Wenn das „Perl. Tagebl." so tut, als glaube eS an die Möglichkeit des Gegenteiles, so ist dieses Verhalten nur durch das Bestreben erklärlich, daS politische Bündnis zwischen Sozialdemokratie und Freisinniger Ver einigung in einem milderen Lichte erscheinen zu lassen. * Berlin, 11. Januar. (Der Depeschenaufwand des Auswärtigen Amtes.) Die „Zukunft" lenkt die Aufmerksamkeit auf eine interessante Stelle im Rechnungs abschlüsse deö Reiches für 1901. Sie schreibt: „Der Reichstag hat sich mit den Etatsüberschreitungen des Rechnungsjahres 1901 zu beschäftigen. Aus dem Abschluß geht hervor, daß — falls nicht etwa ein Druckfehler die Ziffer fälscht — daS Auswärtige Amt eine Mehrausgabe von 698000 gehabt hat: „infolge des starken, durch die Wirren in China bedingten Depeschenverkehrs mit den kaiserlichen Vertretungen in Ostasien, speziell mit der Gesandtschaft in Peking". Natürlich, denkt der Leser, in Kriegszeiten wachsen eben die Kosten auf allen Gebieten der politisch-militärischen Organisation. Ganz schön. Erstens aber wurde für den gesamten Depeschendienst deS Auswärtigen Amtes früher noch nicht einmal die Hälfte des jetzt nachgeforderten Betrages in in den Etat eingesetzt. Zweitens kann sich's nur um diplo matische Telegramme handeln, denn die militärischen sind zu den Kriegskosten gerechnet worden und sollen uns einst von den Chinesen bezahlt werden, die ja vielleicht die Güte haben, die leichteren Äertragspflichten zu erfüllen. Und drittens darf man wohl fragen, ob eS durchaus nötig war, an jedem Tage durchschnittlich 2000 für Depeschen von und nach Cbina auszugeben. Einzelne dieser Depeschen sind ja in der Presse veröffentlicht worden. Als Peking befreit nnd unserem dortigen Geschäftsträger auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Drahtwege angezeigl war, ihm und seinen Beamten seien Orden verliehen, lasen wir die folgenden Sätze: „Erhalte soeben Allerhöchstes Telegramm und beehre mick, gehorsamst zu bitten, meinen allerunler- tänigsten Dank für die mir in Gnaden zu teil gewordene hohe und ungewöhnliche Auszeichnung Seiner Majestät dem Kaiser und König hochgeneigtesl zu Füßen legen zu wollen. Sämt liche Mitglieder der Gesandtschaft schließen sich meinem unter tänigsten Dank für die huldreichen Worte kaiserlicher An erkennung unseres Verhaltens in Zeiten ernster Gefahr an, und jeder ist von freudigem Stolz erfüllt, seinen Posten halten und verteidigen zu können". Die stilistische Leistung braucht uns hier nicht zu kümmern. Kam diese nervöse Seligkeit aber nicht in einem Briesvrrschluffe noch zur rechten Zeit an ihre Adresse? Im Verkehr mit China beträgt die Worttaxe sechs Mark. DaS Danktelegramm hat also ungefähr 500 Mark gekostet. Schon am nächsten Tage aber lasen wir einen neuen Dankbericht, dessen erster Teil nach der An gabe ter Zeitungen lautete: „Die Mitglieder der Gesandt schaft danken Euer Excellenz ehrerbietigst für die gütigere Glückwünsche und für die hohe Anerkennung, die ihrem Verhalten in ernsten Zeiten seitens der kaiserlichen Negie rung zu teil geworden ist." 31 Wörter ---- 186 --e Gra Bülow, der Empfänger dieser Depeschen, wußte, daß wich tige Telegramme, weil das asiatische Kabel überlastet war, damals tagelang in Tientsin liegen blieben. Dennoch scheint er an der kostspieligen Phraseologie nichts zu tadeln gefunden zu haben, sonst hätte er sie — und ähnliche — nicht der Kritik zugänglich gemacht, sondern in den Aklenschränken ver borgen und unsre Asiaten gebeten, ihren Bedarf an Ausdrücken dankbarer Ergebenheit künftig nicht auf Reichskosten zu decken." . . . Wenn so gewirtschaftet wird, darf man sich über die Steigerung der Ausgaben nicht wundern. Die Budgetkommission deS Reichstages und der Rechnungshof aber sollten diese» Dingen verschärfte Aufmerksamkeit schenken." — Prinz Adalbert von Preußen soll im MLrzd.J. gemeinsam mit den Fähnrichs z. S. deS Jahrganges 1901, mit denen er seit dem April v. I. als Osfizierschüler den Unterricht an der Marine-Akademie und -Schule in Kiel be suchte, die Seeosfizierprüfung ablegen. Alsdann soll Prinz Adalbert die Sommermonate über zu den „Spezialkursen" kommandiert worden. — Der Ausschuß de» BundeSratS für Zoll- und Steuer wesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuer wesen und für Handel und Verkehr und die vereinigten Aus schüsse für Zoll- und Struerwesen und für Justizwesen hielten heute Sitzung. — Dem Reichstage ist der Bericht über die (bei der Deutschen Koloaialgesrllschast errichtete) vom Reiche sub ventionierte Auskunftsstelle für da» Anwanderer wesen zugrgangen. — Der Minister für Handel und Gewerbe, Möller, wird sich nach Köln begeben, um dort am Montag der Er öffnung der Meisterkurse beizuwohnen; zur Eröffnung deS Landtags wird er wieder in Berlin sein. — Der Bund der Landwirte hat über Herrn v. Kroch er in seinem eigenen Wahlkreise Gericht gehalten. In einer Versammlung zu Gardelegen hat er einstimmig beschlossen: Tie heute in Gardelegen tagende Wahlkreisversammlung deS Bundes der Landwirte für den Wahlkreis Salzwedel - Gardelegen stellt sich in der Beurteilung des neuen Zolltarifs, wie Lieser sich nach dem Antrag v. Kardorff gestaltet Hot, rück haltlos auf den Standpunkt des engeren Vorstandes de- Bundes der Landwirte. Sie sieht in diesem Tarif eine Preisgabe der wichtigsten Lebensmittel «Interessen der Land wirtschaft, besonders der in der Altmark so bedeutenden Vieh zucht, der keine Minimalzölle bewilligt worden sind. Wir stimmen dem engeren Vorstände deS B. d. L. unbedingt in den Ansichten zu, die dieser in seinem Rundschreiben an die Vertrauensmänner be züglich der Wirkungen deS Antrages v. Kardorff ausgesprochen hat, und sprechen ihm auch fernerhin unser unbedingtes Ber- trauen aus. Sodann wurde noch ein Zusatz mit allen gegen fünf Stimmen gebilligt: Wir bedauern auf daS allertiefste, daß auch der Vertreter unseres Wahlkreises für den Antrag v. Kardorff gestimmt hat, namentlich in Rücksicht aus die von demselben in Beetzendorf ge sprochenen Worte. — Die Rüstungen deS Bundes der Landwirte für den bevorstehenden Wahlfeldzug liegen denKonservativen schwer aus der Seele. Die „Kreuzztg." schreibt: Erfreulicherweise haben die Konservativen vielfach bereit- mit der Ausstellung der Kandidaten begonnen. Wir möchten ober den Wahlvorständen dringend ans Herz legen, nunmehr auch schleunigst für die Beschaffung der für die wirksame Vorbereitung der Wahlen erforderlichen Geldmittel Sorge zu tragen. Auch richten wir an alle Gesinnungsgenossen in Stadt und Land die Bitte, mit ihren Beiträgen nicht zu kargen und sich stets gegenwärtig zu halten, Laß in dieser Beziehung andere Parteien und Organisationen bisher den Konservativen weit voraus gewesen sind. Wir brauchen hierbei nicht an die Sozialdemokratie zu erinnern, die an Opferwilligkeit für Partei zwecke ihresgleichen sucht. Schon daS Beispiel des un» so nahe stehenden Bundes der Landwirte sollte zur Nachahmung reizen. Hier werden die Mitgliederbeiträge nach dem Grund steuerreinertrage bemessen; dadurch kommt eS, daß namentlich die größeren und wohlhabenderen Grundbesitzer zu recht erheblichen laufenden Leistungen für den Bund verpflichtet sind. Neuerdings ist nun beschlossen worden, diese Leistungen für taS Jahr 1903 zu verdoppeln. Wir sollten meinen, daß für unsere Gesinnungs genossen Anlaß genug vorhanden wäre, auch der konservativen Organisation Beiträge von gleicher oder ähnlicher Höhe zukommen zu lassen. Der Kriegsschatz deS Bundes wird kaum weniger als eine Million zählen. — Die christlich-soziale Partei hat nach der „Rh.- W. Ztg." beschlossen, in folgenden Wahlkreisen selbständig vorzugeben und eigene Kandidaten aufzustellen: 1) Im Wahl kreise Mülheim-Duisburg-Ruhrort in Verbindung mit anderen sozialreformerischen Gruppen Gewerbeinspektor Würflcr aus Essen. 2) Im Wahlkreise Esten lüc. Mumm aus Berlin. 3) Im Wahlkreise Elberfeld-Barmen im Verein mit den Kon servativen und Deutschsozialen GewerkfchaftSsekretär Lehrens aus Berlin. 4) In Hagen-Schwelm Generalsekretär der kircblich- s sozialen Konferenz lüe. Mumm auS Berlin. 5) In Altena-Iser lohn Gewerkschaflssekretär BehrenS auS Berlin. 6) In Siegen- Wittgenstein-Biedenkopf Hofprediger a.D. Stöcker. 7) In Wetzlar-Altcnkirchrn in Gemeinschaft mit der Reformpartei einen iw. Kreise ansässigen Landwirt. 8) Im Kreise Dillen burg-Heyer Dietrich von Oertzen aus Zehlendorf bei Berlin. 9) In Eschwege-Schmalkalden Parteisekretär vr.G.Burkhardt- GodeSberg. 10) In Hanau-Gelnhausen Ellerkamp auS Lage- Lippe, den Geschäftsführer deS christlichen Zieglerverbaudes. — Der diesjährige Parteitag der Christlich-Sozialen findet Anfang Juni in Mülheim (Ruhr) statt. — Der Ausschuß des GesamtverbandeS der evange lischen Arbeitervereine Deutschlands hat, nach der „Schles. Ztg.", eine Eingabe an das preußische Abgeord netenhaus gerichtet, eS wolle die Staatsregierung dringend aufforderu, „baldmöglichst den schon seit drei Jahren vor ¬ bereiteten Wohnungsgesetzentwurf dem hohen Hause vorzulegea." — Hier angekommeu sind der Staatssekretär de» ReichS-Justlz- amt» vr. Nieberding vom Urlaub, der hlrsige bayerische Gesandte Graf v. Lercheufeld-Köferiug vom Urlaub, der Bevollmächtigte zum Bundesrat, mecklenburgische Oberzolldirektor Kunkel. — Die Bevollmächtigten zum BundeSrat, sächsischer Ministerialdirektor vr. Schroeder, und reußischer Staat-Minister von Hinüber sind von Berlin abgereist. — Ter Reichstag-Präsident Graf v. Bollestrem hat der Stadt Nuda in Oberschlesien eine Bolk-bibliothek gestiftet, die dieser Tage in Gegenwart de» Stifter- eröffnet worden ist. Mit der Bibliothek ist rin Lesesaal verbunden. — Dem „StaatSauzeiaer" zuselge ist dem Senat-Präsidenten a. D. Lettgau zu Groß-Ltchterfelde, bisher beim Sammergericht, der Kronenorden zweiter Klaffe mit dem Stern und dem Land- gericht-rat a. D. KühaaS zu Berlin der Krouenorden zweiter Klasse verliehen worben. — Der „Reich-anz." veröffentlicht di« Ernennung de» Grafen MouS zum Botschafter in Rom. — Nachdem der bisherige französische Botschafter Marquis de Noaille- von seinem hiesigen Posten abberufen worden ist, werden die Geschäfte der Botschaft von dem Botschaftsrat Prinet geführt. * Solingen, 11. Januar. Die sämtlichen Former der Firma VooS, einer der größten Eisengießereien in Solingen, sind, wie die „Rhein.-Westf. Ztg." mitteilt, am Donnerstag m den Ausstand getreten. Die Ursache liegt in der Kün digung zweier Former. Bis vor kurzem zahlte die Firma ihren Formern immer noch dieselben Preise wie zu Zeiten der Hochkonjunktur, obgleich die Preise der Fabrikate der Firma um 25 Proz. gefallen waren. Da aber da» Geschäft immer schlechter ging, so sah sich die Firma veranlaßt, die Formerpreise um ca. 10 Proz. zu ermäßigen. Einige Arbeiter waren mit dieser Lohnkürzung nicht einverstanden. Al» daun die Firmeniuhaber durch die Delegierten des Metallarbeiter verbandes mehrmals mit einem Streik bedroht wurden, kün digten sie den Arbeitern, denen die Lohnreduzieruog nicht gesiel. Daraufhin wurde vom Metallarbeiterverband über die Firma die Sperre verhängt, und sämtliche Former wurden gezwungen, die Arbeit niederzulegen. * Gotha, 1l. Januar. Der Regent und sein« Familie, die verwitwete Herzogin Marie und deren Tochter Beatrice uud die Großherzogin von Hessen mit ihrer Tochter sind gestern hier eingetroffen. --- Altenburg, 1l. Januar. Die Bevölkerung unseres Landes beginnt sich bereits im Stillen auf das Jubiläum zu rüsten, das auS Anlaß der 50jährigen RegierungS- zeit unseresHerzogs im August dieses Jahres abgehalten werden wird. Nack dem bisher ausgestellten Festplan soll die Feier deS Jubiläums drei Tage umfassen. -r. Gera, 1l. Januar. Wie schon telegraphisch berichtet, hat sich am Sonnabend abend die Generalversammlung der Textil-BetriebSkrankenkasse mit dem Ausstand der Acrzte dieser Kasse beschäftigt. Sie hat einstimmig das Vorgehen des Vorstandes gulgeheißen und das Verlangen der Aerzte als unberechtigt zurückgewiesen. Außerdem bat der Vorstand der Kaffe am Freitag abend eine einstimmige und uneingeschränkte Anerkennung sämtlicher bei der Kasse beteiligter Fabrikanten für sein Verhalten während deS Aus standes erhalten. Durch den Beschluß der Generalversamm lung und durch die Anerkennung der Haltung deS Vorstandes durch die beteiligten Fabrikanten sind, wie von HauS aus nicht an ders zu erwarten war, die Aerzte in die Notwendigkeit versetzt, nachzugeben, oder die Angelegenheit durch die Gerichte ent scheiden zu lassen. Die Benachteiligten bei der jetzigen Sach lage sind hauptsächlich die jüngeren Aerzte, die auf die Kassenpraxis angewiesen sind, und denen eine nicht unbe trächtliche Einnahme verloren geht. — Neuerdings hat auch daS Gewerkschaftskartell sich der Sache angenommen und zweimal versucht, einen Vergleich herbeizuführen. Das Bemühen war aber ergebnislos, da der Vorstand jede Ver handlung mit dem Kartell ablehnte. * Aus der Ostmark. Die Erhöhung deS Ansiedelung-- sondS auf 250 Millionen hat eine starke Erhöhung der Tätigkeit der A nsi edelungskom Mission zur Folge. Die Aufteilung und Besiedelung von Ländereien soll nahezu ver doppelt werde». Im vorigen Geschäftsjahre kamen 9000 Hektar zur Aufteilung und Besetzung; un lausenden Jahre 1903 sollen nach dem Graud. „Ges." rund 17 000 Hektar aufgeteilt und besiedelt werden. Die Zahl der anzu setzenden Ansiedler wird hiernach 12—1500 betragen. DaS bedingt gegen früher eine ganz gewaltige Mehrarbeit. Denn jeder Anstellung geht eine Drainierung der Aecker vorauf. Mit der Zerschlagung von Gütern ist zugleich an die Errich tung von Schulhäusero, von Kirchen oder Bethäusern zu denken. * BreSlau, 11. Januar. Die Wahl de- hiesigen freisinnigen Stadtrats und RomandichterS Karl Jänicke zum zweiten Bürger meister der Stadt Breslau wurde bestätigt. Orient. Balkannurnhen. * Konstantinspel, 11. Januar. Die Morgenblätter ver öffentlichen eine offizielle Bekanntmachung der Ernen- ,L8ie geht es aber der Frau, die weder Vater, noch Mutter hat, die so allein steht, wie ich in Japan stehen werde?" Es klang etwas zagend, fast traurig, als sie diese Worte äußerte. Er verstand sie, preßte sie fest an sich und erwiderte: „Dir will dein Mann alles sein. Er wird dir raten und helfen, dich bei Ungemach trösten und in Not schützen. Er wird dich so auf den Händen tragen, daß du weder Vater und Mutter, noch die guten Tanten in Berlin, noch sonst jemanden vermissen sollst." . „Du Guter!" Sie küßte ihn innig. Tann fuhr er fort: „Meine Eltern werden sich auch bemühen, dir mit Rat und Tat znr Seite zu stehen. Freilich darfst du nicht zu viel von ihnen erwarten. Sie leben in Nagoya, wir in Tokio. Sie verstehen keine Silbe einer europäischen Sprache, und sie haben keine Kenntnis und darum auch wenig Verständnis für europäische Sitten und Gebräuche." In scherzhaftem Tone bemerkte nun seine Frau: „Ich sehe schon, ich bin dir also rettungslos prcisgegeben." „Du sollst es aber nicht bereuen." ' „Nein. Das hoffe, das weiß ich auch. Aber du könntest mir doch etwas von deinem Elternhaus erzählen. Du haft dich bis jetzt so wenig darüber geäußert." „Mein Vater ist ebenfalls Arzt, und zwar, wie ich selbst, Chirurg. Aber cs fehlt ihm die höhere Schulung, weil er keine europäische Universität besuchen konnte. Daß er aber trotzdem nicht in einseitigen, veralteten Vor urteilen befangen blieb, bewies er schon dadurch, daß er mich schon frühzeitig auf die Ergebnisse der europäischen Wiffenschaftcn hinwies, mir die Möglichkeit verschaffte, in Berlin zu studieren uud mir einen fast vierjährigen Aufenthalt in Europa gestattete. Er ist jetzt bald 55 Jahre alt und will sich dann, unserer Sitte gemäß, von seinem Beruf zurückziehen." „So jung schon?" „Ja. Man liebt es bei uns, sich schon frühzeitig zur Ruhe zu setzen, einerseits, um selbst noch etwas vom Leben zu haben, ehe man ganz abgebraucht ist, ander seits, um unserem jungen Nachwuchs nicht zn lange im Wege zu stehen." „Und deine Mutter?" „Meine Mutter ist eine liebe, sauste, bescheidene Dame nach' altjapanischer Art. Sie führt unseren Haushalt und erzog meine Schwestern." , „Was, du hast auch Schwestern, und ließest davon nie mals ein Wort verlauten!" „Wie sollte ich dazu kommen! Mädchen werden bei uns wenig beachtet, bis sic heiratsfähig sind, und wieder um gehen sie der Familie ganz verloren, sobald sie eine Ehe geschlossen haben. Von meinen vier Schwestern sind zwei verheiratet, die beiden jüngsten leben noch im Elternhause." „Tag', mein Akira, müssen sich deine älteren Schwestern ebenso unterordncn, wie Herr Tücher es von den japa nischen Frauen im allgemeinen erzählte?" „Ja, gewiß. Sie sind gut erzogen und haben Männer in verhältnismäßig glänzenden Stellungen geheiratet." „Da könnten wir ja bei ihnen anfangen, unsere Rcformideen zu verwirkliche»!" „Das geht uicht, meine geliebte Julie. Wir werden -och nicht Unfrieden zwischen ihnen und ihren Männern stiften!" „Aber, lieber Mann, wo sollen wir denn beginnen, wenn nicht bei denen, die uns näher stehen!" „Der Ansicht bin ich, offen gestanden, uicht. Ein Erpcriment, von dessen gutem Erfolg mau nicht voll kommen überzeugt ist, muß man nicht am eigenen Fleisch und Blut versuchen. Es ist besser, ganz Fremde als Ber- suchskaninchen zu benützen." „Na, das ist eigentlich nicht meine Anschauung. Wenn ich mich so recht für eine Idee begeistert habe, so möchte ich versuchen, sie zuerst bei mir und bei den meinigen zu verwirklichen. Sie sollten als die ersten der Vorteile meiner Erfindung oder meines besseren Systems teil haftig werden." „Wenn du aber noch nicht überzeugt bist, ob du durch dringst? Weun die Sache wegen des Unverständnisses der Leute oder wegen äußerer Verhältnisse nicht erfolg reich ist? Dann wäre es doch unklug, dich und die Deinigen benachteiligt zu haben!" „Ja, ja! Tas mag wohl ganz klug sein. Allein wenn ich von etwas fest überzeugt bin, daß eS gut ist, so würde ich doch danach trachten, zuerst die Meinigen zu der tteberzeitgung zu bringe». Ich könnte dem inneren Drang gar nicht widerstehen, allen denen, die ich liebe, das, was ihnen nach meiner Ansicht nützlich ist, auch zu gute kommen zu kaffen." „Kann sein, daß ein solcher Trieb in den Deutschen steckt! Man nennt sic daher ja auch das Volk der Schwärmer. Wir Japaner sind realistischer. Wir wollen erst abwarteu, wie sich etwas entwickelt, ehe wir uns selbst und die unsrigen in Mitleidenschaft ziehen. Wir sehen letzteres Verhalten für klug an." Julie entgegnete nichts darauf. Ihr war diese nüch terne Ansicht nicht sympathisch, nur so mehr, als sie nach den begeisterten Worten ihres Mannes bei der Gesellschaft im Hause der Tanten geglaubt hatte, er wolle wirklich mit wahrem Prophcteueifer die Vorschläge zur Besserung der Frauenstcllung in Japan überall verbreiten. Nach einiger Zeit meinte sie, sie sollten jetzt doch zur Ruhe gehen. Sie waren die letzten Passagiere, welche in die Kabine zurückkehrten. Die Fahrt durch den Suez-Kanal bot am nächsten Tage eine Menge interessanter Beobachtungen. Der Timsah- See und noch mehr die Bitterseen zeigten eine herrlich blaue Färbung, welche stark mit dem gelben Sand der User kontrastierte. Gegen abend wurde wieder der Scheinwerfer entzündet, und ebenso leuchteten rechts und links zu beiden Seiten des Kanalcs die roten und grünen elektrischen Laternen, welche anzeigten, wie weit ein Schiff vom Uferdamm wegzubleiben habe. Etwa 8 Uhr abends verließ der „Friedrich der Große" nach 16stündigcr Fahrt den Kanal und gelangte an Port Tewfik-Pascha vorbei in den Meerbusen von Suez. Die Ankerkette raffelte, der Dampfer hielt, um das Postboot abzuwarten. Schon jetzt empfand man die Wärme des Südens in hohem Maße. Die Damen saßen noch abends 9 Uhr in den leichtesten Sommerkleidern auf Deck nnd einzelne Herren hatten schon ihre weißen Tropcnanzüge hervorgeholt. Am nächsten Morgen, als der „Friedrich der Große" in das Rote Meer selbst einbog, erreichte die Hitze bereits 25 Grad Reamnur im Schatten. Da der Uebergang ein so rascher gewesen mar, so empfand man diesen Wechsel sehr drückend. Man lag den ganzen Tag in den bc- yucmen Ruhestühlen auf dem Promenadendeck nnd plauderte oder schlief. Die meiste» Passagiere waren selbst zum Lesen zu bequem geworden. Am dritten Tag der Fahrt durch das Note Meer saß zufällig General von Mcnzheim neben Julie. Ihr Gatte war soeben durch den Bademeister abberufen worden, weil sei« Bad bereit gemacht war. Da begann der Offizier: „Gnädige Frau, wir kennen uns jetzt schon mehr als acht Tage. Das will soviel sagen, als wenst wir in Berlin etwa zwei Jahre mit ein ander bekannt wären. Reisebekanntschaften sind weniger egoistisch und darum ehrlicher als die Verbindungen in den großen Städten, welche so vielfach allein durch Standesrücksichteu und den Wunsch der Erlangung von Vorteilen geknüpft werden. Nach dieser etwas sonder baren Einleitung erlaube ich mir, Ihnen zu sagen, daß Sie mich interessieren. Darum ersuche ich Sie, Ihnen einen Rat geben zu dürfen. Darf ich?" „Herr General, ich bin Ihnen für jeden Rat in hohem Maße dankbar. Ich kenne ja noch so wenig von der Welt. Habe ich vielleicht hier an Bord einen Fehler begangen? Bitte, sagen Sic es mir ohne jede Scheu. Ich würde auch eine Beanstandung von Ihnen danckbar annchmen." „Wo denken Sie hin, gnädige Frau! Ich könnte ja freilich fast Ihr Großvater sein. Aber das würde ich mir doch nicht erlauben, und dann, verehrte Frau Pro fessor, geben Sie ja nicht zur geringsten Bemerkung, welche nicht ein Lob wäre, Anlaß. Nein, mein Rat greift tiefer, als nur auf Aeutzerlichkeiten. Sie sind noch ein sehr junges, unerfahrenes Wesen, gehen jedoch einer Zu kunft entgegen, die volles, reifes Urteil, energisches Han deln und sehr viele Selbstbeherrschung verlangt. Ich be obachte Sie und Ihren Gatten, seitdem wir uns kennen, mit größter Aufmerksamkeit. Ich glaube, daß Sie sich gegenseitig sehr lieben und beide bestrebt sind, einander glücklich zu machen. Aber ich habe zu meinem Bedauern aus manchem Ihrer Gespräche entnommen, daß Sie, gnädige Frau, sich Idealen hingebcn und Reformen im japanischen Frauenleben erstreben wollen, welche sich nach meiner Ueberzeugung nie und nimmermehr, wenigstens nicht in unserer Zeit, verwirklichen lassen. Ich habe Japan lange nnd wiederholt bereist, und zwar nicht wie ein Kaufmann mit einseitig geschäftlichen Inter essen, sondern zu ethnographischen und allgemeinen Studien. Darum glaube ich, das Volk der Japaner so genau, alS cs einem Fremden möglich ist, zu kennen. Darauf basiert meine Ansicht, daß Sie schwere Ent täuschungen erleben werden. Es ist daher besser, Sic vorher etwas zn warnen. Darf ich eS thun?" Etwas beklommen erwiderte Frau Jzuna: „Bitte, Herr General. Ich bin sehr gespannt." iFortsctzung folgt.)
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