01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.01.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030113010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903011301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903011301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-13
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Reklame» unter den« RedaktiouSstrich sägespaltra) 7V vor den Familieunach. richte» (Sgespalteo) SO H. r«bellarifch«r a»d Zifferusatz entsprechend höher. — Gebühren Pir Nachweisung« und Osfertenauuahlne SS («xck. Porto). Ertra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Astorgen.Ausgabe, ohne Poftbefördervng -sl 60.—, mit PostbesSrderung ^4 70.—^. Iinnahmrschluß fir Anzei-e«: Ab«nd.AnSgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen.Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abeudS 7 Uhr. Druck und Verlag voa L. Pol, in Leipzig. 97. Jahrgang. Die DekSmpfunq der Warenhäuser durch Warenhäuser. In -er Mittelstandsbemegung spielt bekanntlich der Kampf gegen die Warenhäuser eine hervorragende Nolle. Seit einiger Zeit hört man allerdings von dein Lärm dieses Kampfes weniger als vor Jahren. Hat sich die Un gefährlichkeit der Warenhäuser herauSgestellt oder hat man sich von der Vergeblichkeit dieses Kampfes über zeugt- Oder hat man nur eingesehen, daß das angebliche All-Heil-Mittel gegen diesen Auswuchs unseres Wirt schaftsleben», die Warenhaussteuer, doch nicht zur Ge sundung des Miststandes geführt hat? Wir wollen keine dieser Fragen heute hier erörtern, sondern nur auf einen eigentümlichen Vorschlag auf merksam machen, der ganz entschieden eine Beachtung ver dient und der jüngst in -er „Deutschen Welt" von Hein- r i ch K t s ch e r , allerdings unter besonderer Bezugnahme aus die Berliner Verhältnisse, gernacht wurde. Heinrich Fischer erkennt in -en modernen Warenhäusern keines wegs das richtige Prinzip für unser Vvlkswohl. Für dieses wäre cs unendlich besser, wenn wir-Hnnderte kleiner Bürgerfumilien sich entwickeln und erhalten sähen, statt -atz nun der eine Moloch die ungeborenen Kinder der er zwungenen Ehrlosen fristt. Aber das moderne Waren haus sei im modernen Konkurrenzkampf insofern das rich tige Prinzip, als das Warenhaus eine dem modernen Bcr- kehrsleben angepasste, wesentlich die Einkäufe erleichternde Einrichtung darstelle. Seine Vorteile liegen hauptsächlich in zwei Annehmlichkeiten, die cs dem Käufer biete: man finde es in der bequemsten Lage der Stadt und man be komme alles, was man braucht, an einem Platze. Der Fremde sei nicht genötigt, Nebenstraßen aufzusuchen, der Einheimische komme täglich wiederholt vorbei. Heinrich Fischer schlägt nun vor, an den Sammel punkten des Verkehrs ,^V olksbazarc" zu errichten, in denen der verfügbare Nauru in übersichtlicher Weise in kleine Ladenräumc aufzutetlen wäre, die gassen- und vier- telwetsc Kaufleuten derselben Branche zugetcilt werden müßten. Das hauptsächlichste Bedeuten gegen seinen eigenen Bor schlag findet Heinrich Fischer in dem Umstande, daß die Verkäufer iu diesem Volksbazar während der Dauer des ganzen Tages von ihren Familien getrennt leben müßten. Er findet ein Heilmittel gegen dieses Bedenken in dem weiteren Vorschläge, die oberen Stockwerke eines solchen Bauwerkes zu Wohnungen für die fraglichen Kaufmanns familien cinzurichtcn, die jetzt da, wo die Wohnung mit dem Verkaufsräume verbunden sind, oft in schrecklichen dunklen Löchern hinter dem ihnen fast allein Luft und Licht spendenden Laden Hausen. Wir möchten empfehlen, den Grundgedanken Heinrich Fischers auf seine Ausführbarkeit auch in Leipzig zu prüfen, während Fischer in seinen Vorschlägen im wesent lichen auf Berliner Verhältnisse Bezug nimmt. Vielleicht wird diese Erörterung am fruchtbarsten, wenn mir an sic nicht theoretische Betrachtungen anknllpsen, sondern selbst einen praktischen Vorschlag machen, der ja von Interessen ten und Sachverständigen auf seine Ausführbarkeit oder Verbesserungsfähigkeit hin geprüft werden mag. Bekanntlich hatte der Rat der Stadt Leipzig alle die zwischen den« Naschmarkt, der Grimmaischen Straße, -er Reichsstraße und dem Salzgäßchcn gelegenen Grundstücke zusammengekaust, als der Plan bestand, dort im Anschluß an das vorhandene alte Rathaus bas neue Rathaus zu erbauen. Durch Verlegung des Nathausbaues an die äußere Grenze der inneren Stadt ist dieser Block im Um fange von 5224 gm verfügbar geworden. Selbst wenn dieser Block zu Gunsten der Verbreiterung der Grim maischen und der Reichsstraßc etwas beschnitten würde, bliebe -och ein genügend großer Raum vorhanden, um auf demselben ein modernes Warenhaus großen Stiles zu errichten. In Anlehnung an ein darauf bezügliches, wenn wir recht unterrichtet sind, früher von Herrn Justizrat vr. Colditz gemachtes Projekt möchten wir iu der Tat empfehlen, auf diesem Block ein einheitliches, großes, hoch elegantes Warenhaus zu errichten, dessen Eigentümer etwa der Leipziger I n n n n g s a u s s ch n ß sein könnte. Die technische Gestaltung könnte und müßte sich anlchnen ein mal an die neuesten Warenhäuser unserer Großstädte, anderseits an unser schon bestehendes städtisches Kauf haus zwischen Univcrsitätsstratzc und Ncumarkt. Der Unterschied gegenüber dem letzteren ergibt sich einfach aus dem anderen Zwecke des Baue-. Denn während dort nur für Meßzeiten Waren-Musterlager geschaffen werden sollten, gilt cs hier, für da» ganze Jahr Ränme zu schaffen, in denen nicht Muster, sondern wirkliche Gegen stände des täglichen Verbrauches in vorteilhaftester Weise zur Schau gestellt und wirklich verkauft werden sollen. DiescrBazar müßte auf die B e l i ch t u n g das allergrößte Gewicht legen und auf die Geneigtheit namentlich des kleinen Mannes, eine Ware zuerst zu besichtigen, ehe er sich dazu entschließt, den Verkaufsraum zu betreten oder gar um die Ware zu handel«. Ein zweiter wesentlicher Gesichtspunkt wäre die denkbar leichteste Entwickelung des Verkehrs durch Verwertung aller modernen tech nischen Hüls-mittel, wie der elektrischen Aufzüge für Per- sonen und Güter, der Haustelephone und Fern sprecher und aller ähnlichen Errungenschaften der Gegenwart. In Lern Hofe müßte eine Ver send ungs stelle angebracht «verden, von der aus die in dem Warenhanse gekauften Gegenstände den Käufern in kürzester Zeit in ihre Wohnungen geschickt werden könnten. Kurz, rin derartiger Volksbazar, der vielleicht den Namen „Leipziger HandwerkS- VerkaufshauS" führen könnte, müßte -em Käufer alle diejenigen Vorteile und Annehmlichkeiten bieten, die der Käufer und besonders derjenige des Mittelstandes und des Arbeiterstandes lund das ist in dem heutigen Kampfe des Mittelstandes gegen die Warenhäuser besonders be achtenswert) in dem Warenhause in der Tat sucht und vielfach auch findet. Als Mieter der einzelnen kleinen Abteilungen des Warenhauses könnten ja nach dem Vorschläge von Heinrich Fischer auch eigentliche kleine Kaufleute in Betracht kom men: aber wirschen nicht ein, warum da» organisierteHand- werk sich dieser Vorteile nicht selbst bemächtigen könnte. Schon heute zwingen die hohen Mieten in der inneren Stadt den Handwerker, seine Verkaufsstelle von seiner Werkstatt«. und seiner Wohnung völlig loszulüsen. Ter vorgeschlagene Plan würde also den Handwerker in dieser Beziehung zu keiner Neuerung zwingen. Aber bekanntlich zwingen die hohen Mieten in den bevorzugten Geschäfts lagen unserer Stadt den Handwerker überhaupt dazu, auf Verkaufsstellen in diesen Geschäftslagen zu verzichten. Eine solche kleine Verkaufsstelle in dem Volksbazar würde aber für jeden Handwerker erschwinglich sein und er könnte dann mit seiner Wohnung und seiner Wcrkstelle diejenigen Teile unserer Lta-t aufsuchen, die für Wohn zwecke und Jndustriezweckc sich besser eignen, al« die be vorzugten Geschäftslage». Eine selbstverständliche Ver bindung der Verkaufsstelle mit der Wcrkstelle durch -en Fernsprecher würde es leicht ermöglichen, Waren au» den größeren BorrcttSräumen heranzuzichen oder auch Be- stellungeu aus neu anznscrtigendc Gegenstände zu «über mitteln. Von hervorragender Bedeutung würde die Möglichkeit sein, in diesem Volksbazar alle diejenigen Elemente des unlauteren Wettbewerbs auSzuschalten, die heute den« Handwerker und dem kleinen Ladcn-slhcrbcr das Leben so saner machen. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung, auch für deu Konsu menten, wäre der fernere Umstand, daß der Käufer bet jeder Ware einem wirklichen sachverständigen Spezialisten gcgcnüberstänbe und nicht, wie in einem großkapitalistischen Warcnhausc, einer beliebigen Ver käuferin, die heute seidene Kleider, morgen Spielwarcn, übermorgen eiserne Töpfe zu verkaufen hat u. dergl. Auch die O u a l i t ä t der Waren würde entschieden gewinnen. Denn entgegen der vielfach verbreiteten Anschauung un serer Hausfrauen können wir nicht finden, daß die Daren in den heutigen berühmten Warenhäusern wirklich von erster Güte seien. Aus dem Volksbazar würde» alle die Gegenstände aus- znschaltcn sein, die heute in der Markt halle verkauft werden. Tenn wir erblicken nicht nur grundsätzlich in Markthalle und Nolksbazar zwei Einrichtungen, die sich gegen seitig ergänzen, sondern man wird auch die eine Berkauss halle nickt zur Konkurrentin der andern machen wollen, schon weil dies gegen das Interesse der Stadtgemcinde verstoßen würde, die die Inhaberin der Markthalle ist und von der man doch bei der Erwerbung der Baustelle und bei dem Betriebe des Volksbazars ein gewisses Wohl wollen zu erwarten berechtigt ist. Ob man in -em Bolks-Warenhause neben den Er zeugnissen des Handwerks auch noch andere Wcgcnständc mit Ausschluß der Lebensmittel aufnehmcn will, ist eine untergeordnete Frage, die allerdings wohl zu bejahen wär«. Nicht ganz gleichgültig ist -a- Vorhandensein und die räumliche Anordnung eines Erfrischungsraumes. Wir würden empfehlen, diesen in das oberste, etwa -.Stock- werk zu legen, im Anschluß an die Erfahrungen und Ein richtungen des sog. großen Aschinger in Berlin in der Friedrichstraße, gegenüber dem Zentralhotel. Eine intensive Ausnutzung auch der Kellerräume empfiehlt fick einesteils aus dem Grundsätze der Anord nung -eS Neberetnander neben -em Nebeneinander und mit Hinblick auf di« hohe Grundrente. Die sozialpolitische Bedeutuns de» Vorschlags braucht wohl kaum besonder hervorgehoben zu werben. Sic besteht im wesentlichen darin, daß etwa hundert selbstän dige wirtschaftliche Existenzen da ermöglicht werden, wo sonst der Moloch eines einzigen großkapitalistischen Unter nehmers, hinter -em schließlich doch nur da» namenlose vankkapital steht, sich breit macht. L. 14. Deutsches Reich. -s- Berlin, 12. Januar. (Die süddeutsche VolkSpartci und die nächsten Wahlen.) In der vorigen Woche hat die Landesversammlung der württembergischen Volkspa riet stattgesun- den, wohl -te letzte gemeinsam« Beratung vor den Reichs- tagowahlen im Juni. Die schwierige Lage der württem- bergischen Volkspartct wurde dadurch aetennzeichnet, daß man stch genötigt sah, sich nach links und rechts zu ver teidigen,' nach links, weil man nch nicht an der Obstruktion beteutgt hatte, nach recht», weit mau agrarische Gesin- ttungen in den eigenen Reihen fürchtet. Day Herr Payer in ähnlicher Weise, wie Eugen Richter, das Verhalten der Sozialdemokratie und der freisinnigen Vereinigung in der Zollfrage für fehlerhaft erklärte, ist sehr anzuerkennen r wenn er aber -er Mehrheit -en Vorwurf macht, daß sie bei der Bekämpfung der Obstruktion nicht im Rahmen der bestehenden Geschäftsordnung geblieben fei, fo wäre es sehr dankenswert gewesen, wenn Herr Payer das Rezept gegeben hätte, wie sonst die Obstruktion hatte besiegt wer den können. Aus alten Reden bet der Versammlung ging die Besorgnis hervor, daß die Zukunft für die süddeutsche Votkspartet wenig vertrauenerwecken- fei. Und diese Be- sorgnis ist angesichts der letzten Vergangenheit nur zu gerechtfertigt. Fast alle Kämpfe, die die süddeutsche Volks- Partei bet Landtagsersatzwahten durchzufechten hatte, sin- unglücklich verlaufen. Es ist nicht anzunehmen, daß es bei den Reichstagswahlen anders werden wird. Gerade in den württembergischen Wahlkreisen hat schon bei den letzten Wahlen die Sozialdemokratie der deutschen VolkS- partet den Rang abgelausen. So war der Wahlkreis Heilbronn bet den Wahlen: von 1893 volksparteilich vertreten, während 1808 die Volkspartei nicht einmal in die Stichwahl kam, sondern statt ihrer die Sozialdcmo- kratie. Im Wahlkreis Eßlingen brachte 1893 die Volkspartei noch doppelt so viel Stiunnen auf als die So zialdemokraten, während sie bei den letzten allgemeinen Wahlen nur ebenso viel Stimmen erhielten. Im Wahl kreise K r e u d e n st a d t hat sich von 1893 zu 1898 die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen genau verdreifacht, während die der Volkspartei um 1500 zurückging, so daß bei den nächsten allgemeinen Wahlen voraussichtlich die Sozialdemokratie statt der Volkspartei in die Stichwahl kommen wird. In den« 1893 volksparteilich ver- tretenen Wahlkreise Gmünd-Göppingen kam 1898 di« Bolksvartei nickt einmal in die Stichwahl, sondern ebenfalls statt ihrer die Sozialdemokratie. In einer Reihe anderer Wahlkreise hat der Bund der Landwirte auf Kosten der Bolksvartei erhebliche Fortschritte gemacht. Diese Entwickelung des Zerfalles der süddeutschen BolkS- partci nach rechts und links d/iirste sich bei den nächsten allgemeinen Wahlen fortsetzen, und vielleicht wird das Er gebnis ähnlich, wie bei den Wahlen von 1887, wo die süd deutsche Volkspartei, die iu der vorangegangenen Legis laturperiode noch acht Vertreter im Reichstage gehabt hatte, nichtein einziges Mandat erhielt. * verli«, 12. Januar. (Zwei Ministerial erlasse.) Zur Abstellung polizeilicher Miß griffe hat -er preußische Minister des Innern, -er Brombe.rger „Ostd. Rdsch." zufolge, nachstehende bemer kenswerte Verfügung an alle preußischen Polizeibehörden erlassen: „Die eingehenden Untersuchungen über Fälle polizeilichen Einschreitens, welche in der letzten Zeit die Leffenclickkeit leb haft erregt haben und auch in der Sitzung des Reichstages vom 22. November 1902 zur Sprache gekommen find, haben ergeben, daß, wenn auch manche der in der Presse gegebenen Schilde rungen dem wahren Sachverhalt nichr entsprechen, doch bedauer licherweise seitens verschiedener und nicht nur der untersten Polizeiorganc eine Reihe von Mißgriffen vorgekommen ist, die sick nicht entschuldigen lassen. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß nicht überall eine genügende Belehrung und Beauf sichtigung der unteren Polizeiorgane durch die Vorgesetzten stattfindct und daß diesem Umstande eine Anzahl der in der letzten Zeit vorgekommenen Mißgriffe zuzuschreiben ist. Auf gabe der Vorgesetzten ist cS, nicht nm daraus Bedacht zn nehmen, daß den untergebenen Polizcibeamten die von denselben zu handhabenden gesetzlichen Bestimmungen bekannt sind, daß ihnen die vraktische Anwendung keine Schwierigkeiten bereitet, sondern vor allem auch durch fortgesetzte erziehlich«? Tätigkeit dafür zu sorgen, daß die untergebenen Organe sich ihrer Verantwortung vor dem Gesetz, obne Beeinträchtigung der in ihrem Dienst un entbehrlichen Energie, stets bewußt sind Es muß den Polizei beamten immer gegenwärtig sein, daß die persönliche Freiheit durch Artikel 5 der vrcußifchcn Verfassung gewähr leistet ist und daß sie nur unter bestimmten gesetzlichen Voraus setzungen beschränkt werden darf. Tie Polizei und jeden ein zelnen Polizeibeamten bei Ausübung ihres schwierigen Amtes innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse gegen ungerechtfertigte Angriffe zu schützen, werde ich stets bereit sein. Ich muß aber auf daS Entschiedenste fordern, daß die zur Äufreästerhaltung der öffentlichen Ordnung berufenen Beamten in erster Linie selbst innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse bleiben und bei der Aus führung ihrer gesetzlichen Maßregeln sich auch jeder un- nötigen verletzenden Form enthalten. Dafür, daß überall hiernach verfahren wird, sind die unmittelbaren Vor gesetzten persönlich verantwortlich, und ich erwarte mit vollster Bestimmtheit, daß sie in Erfüllung ihrer oben angegebenen Lb- licgcnheiten durch ständige persönliche Einwirkung, insbesondere auch durch häufig-- unvermutete Kontrolle der dicnsttucnden Polizeibeamten. dazu beitragen werden, daß Fälle, wie sie iu letzter Feit die Oesfentlichkeir erregt haben, vermieden werden." Ferner Haden bekanntlich die preußischen Minister des Innern und der Justiz an die ihnen unterstellte» Be hörden über den Transport gesangcner ober vorzusührendcr Personen neue Vorschriften erlassen, aus denen noch folgende Ein-elheiten nachzu- tragen sind: Die Verfügung de» Minister» -c- Innern bestimmt, -aß in Zukunft für Personen, die sich im Besitz« der bürgerlichen E-renrecht« -esi«d«n, und für Personen, denen sie aberkannt sind, verschiedenartige Transportzettel, von weißer und roter Farbe, zu verwende» sind. In die Transportzettel ist stets der Grund -er Untersuchung oder der Verurteilung unter Angabe der Strafe etnzutragen, sowie ein Vermerk darüber, ob die Fesselung auf dem Transport angeordnet oder nicht angevrdnet ist. Aus dem Transportzettel solcher Personen, die einer besonderen Aufmerksamkeit -es Transport führers bedürfen, ist mit in die Augen fallender Schrift „Vorsicht" zu setzen. Der Justizminister ordnet an, daß gegebenenfalls -te Verfügung des Ministers deS Innern von deu Justizbehörden anzuwenden ist und daß dir TranSportsührer vor Beginn des Transports über die erlassenen allgemeinen Vorschriften und die etwa im Einzelfall« für erforderlich erachteten besonderen Maß regeln eingehcndzu belehren sind. Der Minister verfügt ferner, daß alle von den Provinzial-Justizbehör- den erlassenen, mit dieser Verfügung nicht übereinstimmen den Anordnungen sofort aufzuheben oder entsprechend ab- zuändern sind. (D Prrlin, 12. Januar. (Telegramm.) Zur gestrigen Mütaastafel beim Kaiser und der Kaiserin war Intendant Kammei berr v. Hülsen geladen. Abend« bestickten di« Majestäten die Vorstellung de« „Freischütz" im Königlichen Opcrnbause. Heute Morgen unternahmen beide Majestäten einen gemeinsamen Spaziergang im Tiergarten. Der Kaiser stattete sodann dem Reichskanzler einen Besuch ab unk börte im Königlichen Schlosse den Vortrag de« Strll- vertreter« de« Clus« des CivilkabinettS, Geh. Ober-RegierungS- Na!« v. Valentin. * Osuabrück, 1l . Januar. G-stern starb bier unerwartet am Gebirnschlag im kaum angeireienen 48 Lebensjahre der Besitzer der „Osnabrücker Zeitung", Or. ^ur. Ernst Meyer, der gleich seinem noch nickt lange verstorbenen Vater eine« der tätigste» Mitglieder der uationalliberalen Partei war. — Die Ansckauung de« nalionalliberalen Berems in Osnabrück über die jüngsten Vorgänge im Reichstage ist in der Generalversammlung vom 10. d., dir stark besucht war, nach einer aussüdilicken Darlegung de« zu dem Zwecke «ingelakenen Rcichstagkabgcordiirten Wamhoft durch folgende Resolution zum Au«druck gelangt: „Die Neneratverfammlung d»S oationalliberolrn Verein« »u Osnabrück spricht dem ReichStogsabgeordneten Aaurtzoff für sein« Mitteilungen über die jüngsten Vorgänge im deutschen Reichstage ihren wärmsten Dank an« und erklärt sich mit der Haltung der nntionall beralen ReichStagssraktion und ihrer Mitwirkung zur Ver abschiedung der Zollvorloge im Sinne der Eisenacher Eiklärungrn, sowie zur Herstellung parlamentarischer Ordnung und Ermöglichung verfassungsmäßiger Beschlüsse völlig einverstanden." Diese Resolution wurde ein stimmig von der Versamm lung angenommen. V Breslau, l2. Januar. (Telegramm.) In der beute tagenden schlesischen Provinzialversammlung te« Buude« ver Landwirte verlas der Vorsitzende, Landtagsabgeortnetrr Hirt, einen Antrag, nach welchem die Versammlung tem engeren Bundesvorstände für sei« energlscheS Eintreten im Kampfe um den Zolltarif ihren Dank und ihr Vertrauen ausspricht. Zu diesem Anträge bemerkte der Herzog von Ratibor, daß er, wenn der Antrag angenommen würde, au« dem Bunde ausscheiden muffe. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. k. Gera, 12. Januar. Der Vorstand der Textil krankenkasse bat beschlossen, den streikenden Acrzten eine Woche (bis Sonnabend) Bedenkzeit zu geben. Denn nach Verlauf dieser Frist die Aerzle ibre Tätigkeit nicht wieder ansncbmen, will die Kasse andere Aerzte anstelle». Der Vorstand derTextilbetriebSkraukeukasse beruft sich der Behauptung der Kaffenarzte gegenüber, ein Nalurarzt könne, weil er auf ganz anderer Giundlaze als die Medizin ärzte arbeite und berechne, unmöglich iu das Honorar- Pauschale einbezogen werten, darauf, taß der neu zugclaffeue I)r. Engelmann kein reiner Naturarzt sei, wie denn die Kasse absichtlich einen solchen nicht engagiert habe, taß ihm vielmehr auf sein Verlangen ausdrücklich zugestanden worden sei, allopathische und chirurgische Behandlung gleichzeitig vorzunebmen. Auch vi. Engelmann selbst ver öffentlicht eine Erklärung in diesem isinue. Er habe sich mit aller Bestimmtheit sämtliche Recht« eine« praktischen Arztes Vorbehalten und keinen Zweifel darüber gelassen, daß er sich nickt wie frühere „Naluiärztc" an den Geraer Kaffen kontraktlich zu einer Sonbeistellung zwingen lassen werde. * Coburg, 11. Januar. Wie der „Gotb. Ztg." berichtet wild, wurde in der Versammlung nationalliberalrr Vertrauensmänner de« Herzogtums Coburg, die gestern hier stattfand, Herr Patzlg, der frühere General sekretär der Partei, al« Kandidat sür die nächste Reichstag«- mahl einstimmig proklamiert. Derselbe wird noch im Laufe diele« Monat« hierher kommen, nm sich den Wählern Coburg« vorzustellen. * Kartrrude, 11. Januar. Zur Kandidatur Basstr mann, zu der Herr Baffermann selbst nock gar nicht Stellung genommen za haben scheint, äußert sich nun auch da« Zentrum. Es wird bei den kommen den NrichstagSwahlen vermutlich eine eigene Kandi datur ausstellen, während e« bei den letzten Wahlen die demokratische Kandidatur Heimburger unterstützte. Nur ist man sich über die Person de« Kandidaten noch nicht einig. Die Aibeiter in der Zentrumspartei wünschen eine Kandidatur de« Redakteur« Häfner vom „Badischen Land-mann" in Ertlmgen; die Parteileitung dagegen ist von dieser Strömung nicht entzückt, da Herr Häfner schon öfter über die Partriliränge geschlagen und auch einige Mal in scharfen Gegensatz zu dem Führer der badischen Zinlrumspartei, Geistl. Rat Wacker, getreten ist. — Tie jungltderalen Vereine Mannheim, Heidelberg, Karl-ruhe, Pforzheim, Baden-Badcn, Freiburg und Lörrach sind dem Badischen Landesverbände jungliberaler Vereine beigeireten. Der Verband Hestedt seit dem 1. Januar 1903 und zahlt nach der „M. Allg. Ztg." bereit« gegen 2000 Mitglieder. Man erwartet jedoch, daß die Vereine >» Lause de» Winter« «och bedeutenden Zuwach« erhalten.
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