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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190301182
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19030118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19030118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-18
- Monat1903-01
- Jahr1903
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1903
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Tabellarischer und Ziffernsatz entiprechend höher. — Gebühren fiir Nachweisungen uud Lffertenanuahm« L5 L, (excl. Porto). Ertra-Veilagen (gesalzy, nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PostbesSrdk, ung .4l SO.—, mit Postbeförderuug 4l 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen find stet« an di« Expedition zu richte». Dir Expedition ist Wochentag« uuunterbrocheu geöffnet vou früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. P o lg in Leipzig Sonntag den 18. Januar 1903. 97. Jahrgang. Aus der Woche. Der Beginn der Reichstagsverhandlungen im neuen Jahr« stand unter demselben Zeichen, unter dem die parlamentarischen Beratungen im alten Jahre beendet waren: unter dem Zeichen der handelspoli. tischen Gegensätze. Die Formen aber, in denen diese Gegensätze sich geltend machten, entsprachen — von dem rüden Ausfälle des „Genoffen" Geyer gegen den Abgeordneten Freihrrrn von Hehl abgesehen — glücklicherweise nicht den Manieren der Obstruktion, die wir vor den ReichStagSferien schaudernd erlebt haben. Was au Resolutionen zum Zolltarif auf der Tagesordnung stand, drehte sich überwiegend um die hochwichtige Frage der Meistbegünstigung. ES ist erfreulich, daß die Reichs regierung in diesem Stücke eine klare Stellung einnimml: sie hält sich auf der einen Seite frei von über triebener Verurteilung des MeistbeglinstiguugSsystemS, sie räumt auf der andern Seite, zum Vorteil für Deutsch lands Gesamtproduktion, mit der schematischen Behandlung der Meistbegüustigungsfrage auf, wie sie bisher üblich ge- wesen. Daß die Reichsregierung es ablehnt, am grünen Tisch einen allgemeinen Grundsatz über die Meistbegünstigungs klausel aufzustellen, daß sie vielmehr in Bezug auf letztere die „individuelle" Behandlung eintreten lassen will, darf al« da« praktischste Vorgehen begrüßt werden. Wenn Staats sekretär Graf PosadwSky jeden Zweifel daran beseitigt hat, daß insbesondere gegenüber den Bereinigten Staaten von Amerika unsere ursprüngliche Auf fassung der MeistbegünstigungSklausel in Zukunft nicht mehr angewandt werden soll, daß mithin den Bereinigten Staaten nicht ohne weiteres Vorteile zufallen werden, die Deutschland beim Abschluffe der neuen Handelsverträge den DertragSstaaten gewährt, so ist damit eine erfreuliche Aus sicht auf die Abstellung längst mit Unwillen ertragener Be einträchtigungen des deutschen Exports eröffnet. Die trocken »farblose Thronrede zur Eröffnung des preußischen Landtage« ist al« solche auf allen Seilen gewürdigt worden. Die Rücksicht, die der Verzicht auf jede Anspielung betreffs der Kanalvorlage für die Konservativen bedeutet, hat im liberalen Lager zutreffende Kommentare gefunden. DaS konservative Hauptorgan, die „Kreuzztg.", stattet der preußischen Staatsregierung den Dank der Konservativen für jene Rücksicht ab, indem cs mitleidig hochmütig gesteht, daß es sich abgewöhnt habe, hinsichtlich der Offenbarung eines Regierungsprogramms anspruchsvoll zu sein. „Die Zeiten, da die Regierung die politische Führung in den Händen hatte und klar umschriebene Ziele ausstellte, scheinen", meint die „Kreuzztg", „noch immer nicht wieder kehren zu wollen". — Das Ministerium Bülow wird sich dieses Kompliment nicht „hinter den Spiegel stecken". Die konservative Partei aber kann von ihrem Standpunkte auS die scheinbare Klage der „Kreuzztg." mit dem stillen Wunsche begleiten: „Ach, wenn es doch immer so bliebe I" Das Defizit im preußischen Etat wird von keiner Partei tragisch genommen. Zur Einklänge mit der „Freis. Ztg." de« Herrn Richter betont selbst der „Vorwärts", .daß das Defizit auf werbende Kapitalsanlagen dcS Staates zurückzuführen sei. Da außerdem in dem Defizit von 72,7 Millionen Mark rund 42 Millionen Mark gesetz licher Schuldentilgung enthalten sind uud da vermutlich von den früher bewilligten Extraordinarien noch ein er klecklicher Posten nicht verausgabt ist, so »st das preußische Defizit im Grunde genommen nur rechnerischer Natur und mit dem Reichsdefizit gar nicht vergleichbar. Deshalb er scheint eS zweifelhaft, ob der Wunsch der Regierung, wegen der schwankenden Eisenbahneinnahmen einen be trächtlichen „Ausgleichsfonds" zu bilden, vom Abgeordneten hause berücksichtigt werde»» wird. Um so einhelliger dürfte die preußische Volksvertretung den Klagen bei stimmen, die der Finanzminister in Bezug auf die fortwährend gesteigerten Matrikularbeiträge erhob, und des Finanzministers Sehnsucht nach einer Reichsfinanzreform wird im Abgeord- netenhause gleichfall« volles Verständnis finden. Die Bereit stellung materieller Mittel zur Förderung des Deutsch tums in den Ostmarken hat, wie nicht anders zu erwarten war, sofort im Zentruin und beim Freisinn Anstoß erregt. Glücklicherweise können beide Parteien im preußischen Ab- geordnetenhause durch daS Gewicht ihrer Stimmen der deutschen Sache nicht Abbruch tun. Als der Abänderung be dürftig aber erscheint unbedingt die Bestimmung, den Be amten in der Ostmark „widerruflich" Zulagen zu gewähren. Die Umwandrlung dieser widerruflichen Zulagen in teste ist deswegen geboten, weil andernfalls der Bor wurf eines Strebertums, das sich in das natio nale Gewand kleide, von den Polen und ihren Schutz herren sicherlich erhoben und damit der national-polnischen Agitation eine neue vergiftende Waffe geliefert werden würde. Wie wertlos al- Waffe gegen die Polen der allen preußischen Ueberlieferungrn Hohn sprechende Gedanke der Errichtung eine« symbolischen Residenzschloss«« in Posen ist bat man von verschiedenen Seiten dargetan. ES wäre höchst beklagenswert, wenn jener Plan durch eine übel angebrachte Willfährigkeit des Landtages verwirllicht würde. Daß der Austritt der Herren Schell, Schnitzer und Rudolphi auS dem Eomit6 des Organs sür Reform- katholiziSmuS, daS „Zwanzigste Jahrhundert", nicht den Anfang vom Ende des ReformkatholiziSmnS be deute, sondern nur eine „Säuberung" der Reform bewegung, will daS bayerische ZentrumSorgan glauben machen. „Führer wie Schell und Erhardt", so imputiert der „Bayr. Kurier" den Leitern des „Zwanzigsten Jahrhunderts", „wollten sie vor ihren Triumphwagen spannen und die Bewegung finanziell auszuschlachten." Die Antwort auf solchen Anwurf bleibe den Verdächtigten überlasten. Was aber die Reformbewegung selbst angeht, so kann der „Bayerische Kurier" das Lob, das Papst Leo soeben dem Bischof von Keppler wegen seines Kampfes gegen die katholischen „Neuerer" gespendet hat, nicht ohne weiteres in Vergessenheit bringen. Bischof von Keppler jedoch hält nur eine Reform für die wahre und notwendige, näm lich die Befestigung deS Charakters. Demnach bedeutet die päpstliche Anerkennung sür den Bischof von Keppler die Verurteilung aller Katholiken, die außerdem andere Reformbestrebnngen für berechtigt halten. Das letztere geschah auch von feiten der Herren Schell und Genossen. Ihr Austritt aus dem Comos des „Zwanzigsten Jahr hunderts" unmittelbar nach der Veröffentlichung des päpst lichen Dankes an Keppler ist ein unverkennbares Symptom dafür, daß sie ihre Ueberzeuzung von der Reformbedürftig keit des Katholizismus der Ansicht des Vatikans geopfert haben. So wenig dies überraschen kann, so sichere Schlüsse lassen sich hieraus auf daS Schicksal der katholischen Reform bewegung unserer Tage ziehen. „Gönner fördern den Künstler, daS ist recht gut; aber dadurch wird nicht immer die Kunst gefördert." — Um zu verhüten, daß dieses Wort Goethes in einem ganz eigenen Sinne zur Wahrheit werde, hat s. Z. Professor Klinger im „Leipziger Tageblatte" gegen Professor Geyger das Wort ergriffen. DaS Ergebnis des Prozesses, der daraus entstand, kann bei unserem berühmten Mitbürger die Genugtuung über die Erreichung seines Ziels nicht ver mindern. Denn der Berliner Gerichtshof hat Klingers „edle und lautere" Motive anerkannt und seine»» Wahr heitsbeweis als im allgemeinen erbracht angesehen. Wenn Klinger wegen der Form seines Artikels unter ausdrück lichem Hinweis auf seine „sehr günstigen" Vermögens verhältnisse zu — 50 Geldstrafe verurteilt wurde, so lehrt jener Hinweis, daß das Spreewasser salziger ist als mancher denkt. Die deutschen Künstler aber sollten aus dem Prozeß Klinger-Geyger die Lebre ziehen, daß eS nützlich ist, über eine Anschauung nachzudenken, die der Lausitzer Dichter Leopold Schefer in dem Satze formulierte: „Der Künstler lebt zwei Leben —: Eines in der Phantasie und seinen Werken, das andere als Mensch in seinem Hause, uud beide durchdringen, ergänzen und tragen einander und keines ist ohne daS andere lange gut und tüchtig." Deutsches Reich. lH Berlin. 17. Januar. (Die Reichsregie- rung und die Deutschen im Auslande.) Zu den interessantesten Punkten im jüngsten Rcichshaus- haltsplane der Regierung gehören die Positionen, die sich auf die Erhaltung und Pflege der Beziehungen des Reiches zu den» Deutschtum im Auslande beziehen. Es macht sich hier ein erfreulicher Wille zur Besserung geltend il» der wachsenden Berücksichtigung eines Inter essengebietes, dessen hoher Bedeutung man bei uns bis her, wenigstens in der praktischer» Forderung, nur sehr mangelhaft gerecht wurde. Die wichtigste der in Betracht kommenden Forderungen des Etats ist die Erhöhung des Fonds für deutsche Schn lei» im Aus lande von 300 000 .4l auf 400 000 .4!. Nach der dein Etat beigegebenen Denkschrift soll dieses Geld nament lich den Schulen in Rumänien, der Türkei, Südafrika, Chile, Argentinien und Brasilien zu Gute kommen. Aber auch eine Reihe sonstiger Nenforderungen sind für die Beziehungen zu den Ausländsdeutschen von nnmittel- barem Belang. Im Kapitel „Gesandtschaften und Konsulate" ist eine Anzahl erfreulicher Neue rungen vorgesehen, so für Havana und Korea die Um wandlung der dortigen Konsulate in Miuistcrresidcn- turen, für Barcelona, Schanghai und Singapvrc je ein neuer Vizelonsul. Das Wahlkonsulat in Rom soll in eil» Berufskonsulat umgewandelt, das eingegaugene Kon sulat in Saigou wieder hergestellt werden. Für einige weitere Konsulate sind neue Hülsskrästc gefordert. Der Fonds für Bcrglltnngen an nicht festangestellte Unter- beamte und Bediente bei den Konsularbehördcn soll um 150 000 .4l erhöht werden, der Fonds zur Bestreitung der Ausgaben bei den unbesoldeten Konsnlaten um 80 000 Wer die viele»» und lebhaften Wünsche kennt, die von Deutschen in allen Teilen der Welt nach inten siverer Vertretung der deutschen Interessen durch Organe deS Reiches fortwährend geäußert werden, der weiß, wie viel hier noch zu tun bleibt, wie dringende Wünsche aber auch schon mit dein Gebotenen erfüllt werden. Weniger durch die Höhe der Summe, als durch die Art ihrer Verwendung bedeutsam ist die Forderung von 20 000 zur Entsendung von weiteren Sachver ständigen für Handelsangelegenheiten, wie solche bisher schon den Generalkonsulaten in Buenos Aires, New Uork, Balparaiso, Shanghai, Konstantinopel und Petersburg beigcgeben wäre,», wo sich diese Ein richtung bestens bewährte. Im ganzer» erhöht der neue Etat die Ausgaben für Gesandtschaften und Konsulate um 495 000 .4k, auf 9 404 800 .4! Schon erwähnt ist die wichtige Neuforderung von 100 000 .4k zur Unter stützung von mittellosen Deutscher» im Auslande, denen die Erfüllung ihrer Militärpflicht erleichtert werden soll. Wenn das alles auch weitaus nicht genügt, um auch nnr die dringendsten Bedürfnisse zu stillen, so zeigt es doch das wachsende Interesse unserer Negierung an unseren Landsleuten im Auslände, von denen jeder ein Pionier unserer Kultur, ein Wegebahner unseres Handels, ein Vorposten für unsere Weltstellung ist und dadurch unsere volle Aufmerksamkeit verdient. 0. II. Berlin, 17. Januar. (Bergarbeiter bewegung.) Der sozialdemokratische Bergarbeiter verband hat sür die beiden Psingstfciertoge seine General versammlung nach Zwickau einbernfcn. Wie der Vor sitzende, Reichstagsabgeordnctcr Sachse, in seinem Auf ruf an die Berbandsmitaliedcr mitteilt, dürfte»» die Be schlüsse der Zwickauer Generalversammlung für der» Ver band ans Jahre hinaus richtunggebend werden. Es soll u. a. in Zwickau über die Einführung einer Arbeitslosen unterstützung Beschluß gefaßt werden. In Dort »n u n d findet an diesen» Sonntage eine Versammlung aller so zialdemokratische Verggewerbcgerichtsbcisitzer im Ruhr gebiete statt. Damit alle Mann zur Stelle sind, hat der Verbandsvorstand beschlossen, ihnen das Reisegeld zu ver güten und ihnen auch cii» Zehrgeld zu gewähren. Rechts anwalt Heine aus Berlin wird erscheinen und einen Vortrag über Rechte und Pflichten der Bcrggewcrbc- gerichtsbeisitzer halten. Bekanntlich habe»» die Sozial demokraten bei diesen Wahlen nicht unbedeutende Erfolge errungen und glauben nnn, gestützt auf diese, eine Aktion in» großen Stile gegen die Zcchenbcsitzcr unternehmen zu können. Insofern verdient diese Konferenz in Dortmund allgemeine Beachtung. Mit de»» polnischen Kame raden, mit denen man sich ziemlich stark entzweit hatte, hat man sich wieder vollständig ausgesöhnt und sie in der letzten Berband-Aonserenz liebevoll ans Herz geschlossen. Für den internationalen Bergarbciterkongreß, der in d'escm Jahre inBrüsscl abgehalten wird, riibrt man sich schon allenthalben; besonders werde»» zahlreiche Delegierte aus dem Ruhrgebiet erscheinen. Hoffentlich wird die immer lebhafter werdende Bcrgarbeiterbeivegung scharf im Auge behalten; noch verläuft sie in ruhigen Bohnen, aber man weis» ja aus früheren Ereignissen, wie leicht ein gewaltiger Streik entbrenne»» kann. * Berlin» 17. Januar. (Die Reform des höheren Schulwesens in Preußen.) Aus Anregung des Kultusministers und unter kräftiger, dankenswerter Förderung der Untcrrichtsverivaltuug, besonders des Ministerialdirektors I)r. Althosf, hat eine Zahl hervorragender Fachmänner, Berwaltungsbcamter und Statistiker unter dem Titel „Die Reform des höhere»» Schulwesens in Preußen" iVcrlag des Waisenhauses in Halle) ein dem Kaiser gewidmetes Werk herausgegeben, das die allgemeine Beachtung verdient, »veil cs das Ver ständnis des Abschlusses der Reform des höhere»» Lchul- »vesens und der Lösung so vieler bedeutsamer Fragen des Unterrichts und der Erziehung verbreiten will. Die „Köln. Ztg." bespricht daS Werk wie folgt: Wenn mir in der einer Zeitung angemessenen Kürze nur einige der vielen Ausfützc nennen, so sotten die übrigen dadurch keinesfalls niedriger cingcschätzt werden, sondern nur einzelne für das alfizemcinc Interesse besonders wichtige Momente herausgehvben werden. Das Werk wird er öffnet mit einem wertvollen geschichtlichen Rückblick von C. Rethwisch, der in der Frage der nunmehr aus gesprochenen Gleichwertigkeit ynd Gleichberechtigung der höheren Schulen eine»» sehr hoffnungsvollen Standpunkt einniinmt. Paulsen behandelt das Prinzip dieser Glcichwcrtigkcit und gibt der Ueberzeugung Ausdruck, daß auf dem Boden der Naturwissenschaft und der Technik „ein neuer Idealismus wachsen mag, ein Idealismus der fchassenden Tat, der dann nicht weniger sein Recht und feinen Wert haben wird, als der Idealismus der Speku lation, dem ein ästhetisch-literarisches Zeitalter vielleicht eine etwas übertriebene Schätzung widmete". Levis gibt in dem Aufsätze über die Berechtigung zum Uuiver- fitätSstudium nsw. Aufklärung über de»» verschieden artigen Gebrauch des Ausdrucks Reise, der vielfach ohne klares Bewußtsein dessen angewendct wird, was er be deuten soll. Von besonderem Interesse sind die beiden Abschnitte von M. He »in ach er über den Unterrichts betrieb im allgemeine»» und von A. Waldeck über den Unterricht iin Lateinischen, weil sie den gewaltigen Unter schied der jetzige»» Auffassung über die alten Sprachen zu der früheren Zeit kennzeichnen. Manchem starren Vertreter des eins» allein selig machender» Dogmas der Grammatik werden diese Ausführungen allerdings schwere Bedenken cinslvßen, aber es ist nun einmal so, daß die ilnmancnte Logik der lateinischen Grammatik nicht Stich hält vor dem Werte der Lektüre und daß eine tüchtige und selbständige Bewältigung der Lektüre den Geist weit vielseitiger und wirksamer in Anspruch nimmt als das Uebersetzen aus den» Deutschen in die sremdc Sprache; auch erkennen beide, was für die Frage der Rcformschulcn so überaus bedeutsam ist, nunmehr an, daß eine vorhergehende Kenntnis des Französischen für die Erlernung der Elemente des Lateinischen ebenso gut fruchtbar gemacht werden kann, wie nmgekehrt diejenige des Lateinischen für das Französische, v. A i l a m o w i tz verfolgt die Ideen, die er in seinem griechischen Lesebnche der Wirklichkeit hat znsühren wollen, und wünscht, daß man zur Belebung und Hebung des griechischen Unter richts mit Homer ansangeu möge. Es würde das be sondere für die Reformgymnasien zu beachte»» sein, die ja erst in der Untersekunda mit den» Griechische»» beginnen. Neubau er sordct mit Recht in seinem Aufsätze über die (Geschichte die Fortführug derselbe»» bis zur Neuzeit: „Will man im Ernste die Gegemvart auS der Vergangenheit erklären, so kann man nicht zwischen dem Zeitpunkte des Frankfurter Friedens und dem Heute eine klaffende Lücke lassen." Nicht minder fesseln werden die Aufsätze von H. Reinhard über die Reformansralten, von Z. Pall et über den Unterricht im Zeichnen, von H. Wicken Hagen über körperliche Uebungen und Schulhygiene, von A. Tilmann über die äußere Lage der Lehrer an den höheren Schuler» usw. Den Schluß machen statistische Uebersichten, aus denen folgende Ergebnisse mit geteilt fein mögen, die einen Ueberblick über den von Jahr zu Jahr wachsenden Umfang des höheren Schul wesens geben: 1800 gab es 130 Gymnasien, 24 Progym- nafien, W Realgymnasien, 0 Oberrealschulen, 87 sonstige Real-Lehranstalten, zusammen 229; 1900 dagegen: 225 Gymnasien, 59 Progymnasien, 70 Realgymnasien, 37 Oberrealschulen, 159 sonstige Real-Lehranstalten, zu sammen 020. Die Verschiebung zu Gunsten der Real- anstalteu ist besonders ausfallend. 1860 besuchten 58 292 Schüler die höheren Schulen, und zwar daS Gqmnasiuw 38 078, das Progyinnasium 2100, daß Realgymnasium 11058 und die sonstigen Real-Lehranstalten 7056. 1900 ist die Gesamtzahl 104 885, davon auf dem Gymnasium 89 257, aus dem Progymnasium 7097, auf den» Realgym nasium 21 433, auf den Oberrealfchulen 15134, auf sonstigen Realschulen 31 964. Die Zahl der Oberlehrer ist vor» 1951 (1860) ans 6668 (1901) gestiegen, die Zahl der Abiturienten der Vollanstalten von 2574 (1860) auf 5670 (1900). Das Kapital der höheren Lehranstalten in dem Budget sür 1872 betrug 2 180 323 .4l, 1902: 13 433 293,54 * Berlin, 17. Januar. (Zur Bekämpfung deS Alkoholismus in Preußen.) Die An träge des Grafen Douglas zur Bekämpfung des Alkoholismus, die das Abgeordnetenhaus und das Herrenhaus angeuommen haben, haben nach einer dem Herrenhaus«: mitgcteilten Uebersicht die Negicruug schon vielfach beschäftigt und zu folgen den Entschließungen geführt. Erstens sind die Oberprä» sidcnten veranlaßt worden, iin Pvlizeiverordnungswege Verbote zn erlasse»» sür die Verabfolgung von Brannt wein an Personen unter 16 Jahren, sowie von geistigen Getränken an Betrunkene und an die vor» der Polizeibe hörde bezeichnete»» Trunkenbolde. Auch soll darauf hin gewirkt werden, daß dort, wo dies nach den örtlichen Verhältnissen angezeigt und bisher nicht geschehen ist, durch Polizeiverordnung der Ausschank und Verkauf von Branntwein in den frühen Morgenstunden verboten wird unter Festsetzung einer Polizeistunde für die Brauntweinkleinhandlilnge»» und Branntweinschenken etwa auf 8 Uhr morgens. Zweitens ist die Abfassung ge meinverständlicher Schriften über die schädlichen Wir kungen des übertriebene»» Alkoholgennfscs in Bear beitung. Drittens werden Erhebungen angestellt über die für Trinker bestehenden Heilanstalten. Dagegen wird viertens von der Ausstellung bildlicher Darstellungen in öffentlichen Lokalen über die schädliche»» Wirkungen des übertriebenen Alkoholgenusscs ein Erfolg nicht erwartet. Fünftens ist an die Volksschulen ein Erlaß ergangen, die Jugend über die schädlichen Folge»» anfzuklären. Dei» höher»» Schule»» ist derselbe zur Kenntnis und Nach achtung mitgeteilt worden. Ferner sind in de»» oberen Klamn mehrerer höherer Schulen in Berlin im Jahre 1902 probeweise voi» Aerzten Vorträge über allgemeine gesundheitliche Fragen gehalten worden, bei denen namentlich auch die schädlichen Wirkungen des über triebenen Alkoholgenusses zur Darstellung gebracht sind. Sechstens: Mustergültige Einrichtungen zur Verhütung des Allohvlinißbrauchs sind vorzugsweise in den zu den Ressorts des Ministers der öffentlichen Arbeiten und des Innern gehörigen Betrieben bereits getroffen worden. Der» kommunalen Betriebsverwaltungen ist die Schaffung mustergültiger Einrichtungen zur Bekämpfung deS Alko- holinitzbraiiches empfohlen. Siebentens soll die Ange legenheit einer Acndcruiig des Strafgesetzbuches bei der allgemeine»» Revision desselben erneuter Prüfung unter zogen werden. Achtens sind die Erwägungen über eine Abänderung der Bestimmungen der Gewerbeordnung über die Konzcssionspslicht der Wirte noch nicht zum Ab schlüsse gelangt. Neuntens: Der Anregung, aus Erlaß eines Gesetzes hinznwirken, nach dem Bier unter zwei Prozent Alkoholgehalt steuerfrei ist, kann nach Auffassung der Regierung „nicht entsprochen werden". (7) Berlin, 17. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser empfing gestern noch den Obe» st- Kämmerer Grafen Solms» Barnlh. Nachmittags nnleinabn» der Kaiser eine AuSiabrt mit dem P»in»en Max von Baden. — Heute morgen machte der Kaiser einen Spaziergang im Tiergarien mit dem Prinzen Heinrich und empfing vormittag« die Präsidien des Herrenhauses und des Abgeord netenhauses. Mittags um 12 Uhr nahm der Kaiser im königl. Schlosse mit den hier anwesenden kapitelsäbigen Rittern des hoben Ordens vom Schwarzen Adler die In vestitur der nenauszunehmenven Ritter vor und hielt dann ein Kapitel des Ordens ab. — Am 1. Juni v. I. sind auS Gründen die noch bekannt sein dürflen, je ein Bataillon Infanterie nach Wresch en und Sckrimm verlegt worden. Für die Herstellung von Garmsonemnchtungen in diesen beiden Städten werden nun mehr in» preußischen Etat nicht ganz zwei Millionen Mark verlangt. Hierzu wird begründend ausgetübrt: Im politischen Interesse Preußens mußte die Verlegung mit größter Beschleunigung durchgesührt werden. Dadurch ealfiek die Möglichkeit, in der tonst üblichen Weise mit den beteiligten Ge meinden Vereinbarungen wegen Herstellung der eriorderlichen Gar« nison-Einrichtungeu zu treffen. In Rücksicht hieraus scheint es gerechtfertigt, daß der preußische Staat seine Hand zur Regelung der durch Herstellung dieser Einrichtungen entstandenen Kosten bietet. Diese Regelung ist unbeschadet dcS Grundsätze-, daß die Kosten von Garnison-Verlegungen dem Reiche auch dann zur Last sollen, wenn die Verlegung auS Gründen erfolgt, die nicht aus rein militärischem Gebiete liegen, unter den besonderen Umständen des Falls darin vereinbart, daß der preußisch»« Staat
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