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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.01.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030122028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903012202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903012202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-22
- Monat1903-01
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren jür Nachweisungen und Ossertenannahm« 25 H (excl. Porto) Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Ab end «Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Donnerstag den 22. Januar 1903. 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 22. Januar. Reichstag und parlamentarische Redefreiheit. Wer nach dem scharfen Zusammenstöße, zu dem eS vor gestern im Reichstage zwischen dem sozialdemokratischen Abg. v. Vollmar und dem Präsidenten Graf Balle streu» ge- kommen war, erwartet baden mochte, daß gestern Gewitterschwüle über dem hoben Hause liegen und deftige Entladungen erfolgen würden, sab sich enttäuscht. Daß von sozialdemokratischer Seite kein Bersuch gemacht wurde, an dem vorgestrigen Verhalten des Präsidenten Kritik »u üben, konnte freilich nickt überraschen; jeder derartige Bersuch würde ja von dem Schwinger der wieder geflickten ReichStagSglocke im Keime erstickt worden sein. Die „Ge nossen" haben eS ja auch gar nicht nötig, im Hause selbst den ihnen gelieferten Agitationsstoff auSzunutzen. In zahl losen Versammlungen wird dies geschehen, nachdem bereits vorgestern der Fraklionsvorstanb eine Erklärung loSgelafsen hat, die von allen sozialdemokratischen Blättern verbreitet wird und in der es heißt: Vollmar beabsichtigte im Lause seiner Etatsrede dir verletzenden Aeußerongen zur Sprach« zu bringen, die der Kaiser in seinen be- kannten Reden in Essen und BreSiau im Dezember vorigen JahreS gegen die deutsche Sozialdemokratie geschleudert hat. TaS zu thun, hatte Vollmar nach den bisherigen, durch den Präsidenten Herrn Grasen von Ballrstrem selbst im Reichstage eingebürgerten Regeln volles Recht. Der Präsident, Herr Graf v. Ballestrrm, hat in den Sitzungen Les Reichstages vom 21. Januar 1899, seiner vom 21. Juni 1899 und endlich vom 12. Dezember 1899 ausdrücklich erklärt, daß er eine Besprechung kaiserlicher Reden in angemessener Weise, sobald sie authentisch, z. B. durch den „Reichsanzeiger", bekannt geworden seien, zulassen werde. Obwohl nun die Reden in Essen und in Breslau im „Reichs- Anzeiger" veröffentlicht worden sind, und obwohl v. Vollmar auf Einwendung des Präsidenten, Herrn Grafen v. Ballestrem, aus drücklich erklärt hatte, er werde den Fall Krupp, mit dein jene Reden in Verbindung stehen, mit keinem Worte erwähnen, sondern sich ausschließlich auf die Kritik der gegen die sozialdemokratische Partei gerichteten Beschuldigungen des Kaiser- beschränken, so ließ der Präsident diese Kritik nicht zu. Dieser Willkürakt des Präsidenten, Herrn Grasen v. Ballestrem, ist um so unerhörter, als er es in der Ordnung fand, daß so wohl in der gestrigen als in der heutigen Sitzung des Reichstags das Swinemünder Telegramm Les Kaisers an den Prinz- Regenten von Bayern, das im „Neichs-Anzeiger" nicht veröffent licht worden ist, in der gründlichsten Weise erörtert wurde, ins besondere auch durch den Zentrums-Abgeordneten Vr. Schaedler. Aber daß auch die Redner der übrigen Parteien, die gestern zum Worte kamen, mit Ausnahme des Abgeordneten Schrader von der Freisinnigen Vereinigung, den Vorfall nicht erwäbnten, ja daß selbst der Abg. Eugen Richter, der sich doch mit der Person des Kaisers reckt viel beschäftigte, nur ganz leise und ohne ausdrückliche Mißbilligung den Willkürakt des Präsidenten streifte, muß sehr bejremden. Hier handelt es sich doch nicht um die Handhabung einer von der Mehrheit Les Hauses gewollten und beschlossenen Aen» Feuilleton i7j Frau Huna. Roman von Karl Tanera. Nachdruck verboten. Jzuna saß allein in seinem Zimmer und sann über die vorausgegangenen Scenen nach. Er befand sich in mißmutigster Stimmung. Den ganzen Nachmittag über hatten seine Kollegen Ihn bestürmt, er solle sich doch nicht mehr durch eine Europäerin so stark der alten, guten Sitte seines Vaterlandes entfremden lassen, wie es schon ge schehen sei und anscheinend immer mehr stattfinde. „Wir, geehrter Herr Kollege", hatte ihm Professor xiaibara inmitten der anderen Herren gesagt, „sind nicht allein da, nm unserm Volke höheres Wissen beizubringen, sondern wir sollen ihm auch leuchtende Vorbilder in unserm Anitreten, in unserm Familienleben, in unsrer treuen Erhaltung der altbewährten Sitte sein. Wenn wir sür die unteren Stände politische Freiheiten verlangen und gegenüber dem Adel erreichen wollen, so müssen wir dem Volte durch unfern Wandel zeigen, daß unser Streben nicht zur Auslösung von Sitte und Recht führt, sondern daß wir, die wir ans der früher geknechteten Menge her vorgingen, ebenso gnt, ebenso verständnisvoll für die ver erbten Moral- und AnstandSregcln cintreten, wie die vor« nehmen Herren. Darin müssen ivir nnS den Samurais und DaimivS ebenbürtig, im Wissen aber überlegen zeigen. Wenn mir der schlechten europäischen Sitte mit ihrem Scheinleben und ihrer Zügellosigkeit bei «ns Eingang ge statten, so sehen wir uns in den Augen unsres Volkes herab, und wir können unsre Aufgabe nicht erfüllen." Als Jzuna eine Entgegnung versuchen wollte, fiel ihm Fukuzawa ins Wort, indem er bemerkte: „Ich »nutz mich ganz der Ansicht unsres geehrten Kollegen Kaibara an schließen, wir beide sprachen, als wir die Freude hatten, einen Abend bei Ihnen verbringen zu dürfen, über Ihre Fran. Sie ist eine reizende und liebenswürdige Dame, um deren Besitz Sie jedermann beneiden darf. Auch ist ihr Auftreten im Hause so zurückhaltend und anständig, daß sie fast mit einer gut erzogenen Japanerin aus gleiche Stelle erhoben werden kann. Allein sie erlaubt sich öffentlich, naturgemäß, weil sie es eben in Europa nicht derung dir Geschäftsordnung, sondern um ein vom Präsideulen eiqenmächlig geübtes Abweicken von Grundsätzen, die er selbst ausgestellt, und um ein Abweichen noch dazu, das jeder Partei, der Herr Ör.Sckaedler nicht angehö»t, gefährlich werden kann. Glaubt nian den Grafen Ballestrem wegen seiner sonstigen Verdienste schonen zu müssen? Rücksicht und Dankbarkeit sind Tugenden, aber das Anseben und die Würde des Hauses verdienen jeden falls noch mehr Rücksicht. Und jedenfalls ist die Schonung eines Einzelnen nicht am Platze, wenn sie der Agitation der Umsturzpartei zum Vorteile gereicht. Und jedenfalls wird diese Partei nicht nur das Vorgehen des Präsi denten, sondern auch daS Schweigen der meisten gestrigen Redner über dieses Vorgehen ganz gründlich zu ibrem Vor teile ausbeulen und Beifall auch in Kreisen, die sonst nicht sozialdemokratisch angebaucht sind, sür die Behauptung ernten, die sozialdemokratische Partei sei die einzige, welche Vie ohne hin stark eingeschränkte parlamentarische Redefreiheit vor weiterer Einschnürung zu schützen suche. Hoffentlich wird heute wenigstens nachgeholt, was gestern versäumt worden ist. Und dazu bietet die beste Gelegenheit die gestrige Rede des Reichs kanzlers. Zn seiner bockst sympathischen Schilderung des Wesens Kaiser Wilhelms II, die in den Worte», gipfelte: „Ein Philister ist er nicht!", wiederholte er nicht nur die Versicherung, daß der Kaiser Widerspruch in angemessener Form. sehr wohl vertragen könne, sondern forderte auch im Bewußtsein seiner eigenen Verantwortlichkeit das Haus auf, alle Angriffe, motivierte und unmotivierte, nicht gegen den Kaiser, sondern gegen ihn, den Kanzler, zu richten. Ist das nicht ein ganz direktes Zugeständnis, daß er die Vertretung der mit seiner Billigung im „Reicksanz." veröffentlichten Reden des Kaisers in Essen und in Breslau nicht scheue, sondern sür seine Pflicht halte? Klingt das nicht wie eine leise Miß billigung des Verhaltens des Präsidenten dem Versuche von VollmarS gegenüber, diese Reden zur Sprache zu bringen? Und wenn eine Mißbilligung auch nicht in der Absicht des Kanzlers lag: jedenfalls müssen seine Worte sür alle, die zwar für das Recht des Reichstags, seine Geschäftsordnung nach Be dürfnis zu ändern, energisch einlreten, aber eine willkürliche Beschränkung der Redefreiheit nick» billigen, ein Ansporn sein, ungescheut gegen das vorgestrige Vorgehen deS Präsidenten ihre Stimmen zu erheben und dadurch zu verhüten, daß das „Schweineglück" der Umsturzpartei noch mehr zuinmuU. Erfolgt eine solche Mißbilligung noch, so erinnert daS viel leicht den Grafen Bülow daran, daß auch er noch etwas nachzuholen hat, was er bisher trotz aller An zapfungen vergessen hat: eine Erklärung bezüglich der Veröffentlichung der Swinemündrr Depesche unter falscher Angabe. Der Abg. Eugen Richter deutete gestern an, daß diese Veröffentlichung nur von sehr einfluß reicher Seite veranlaßt worben sein könnte. Schweigt Gras Bülow auch nun noch hartnäckig, so trägt er allein die Schuld daran, daß man nicht nur im Zentrum und bei den Sozialdemokraten sagt: „Lügen will er nicht, aber reden darf er nicht". Zur ersten EtatSlesung im preuhtschcn Abgeordnetenhaus. .... „Der Rest ist Schweigen". Geschwiegen bat die Thronrede über die Kanalfrage, geschwiegen der Ministerpräsident, der Finanzminlster und der Minister des Innern, als die nationalliberalen Abgeordneten Noelle, v. Eynern und vr. Friedberg die Regierung wiederholt und bringend über das Schicksal der Kanalvorlage interpellierten. Stumm wie das Grab blieb die Regierung. Sie überließ die Antwort den Kanalgegnern, die ihrem besser gelernt hat, verschiedene Freiheiten, welche der guten Sitte widersprechen. Sie redet z. B. Männer von selbst an, ohne daß sie gefragt wird, und andres mehr. Das wäre alles noch angängig, weil sic eine Dame von soliden Grundsätzen ist, sv daß ihre Formfehler nicht in schlechter Moral, sondern nur in falscher Erziehung liegen. Be denke»» Sie aber, wenn andere Japaner, welche nicht durch jahrelanges Beobachten, sv wie Sic, gelernt habe»», Unter schiede zu machen, auch Europäerinnen und zwar von der minderwertigen Sorte, wie wir sic hier in unserm Lande zuweilen sehen, heiraten wollten! Wenn nun diese nach dem Beispiel Ihrer Frau sich Freiheiten, wie das Ein dringen in Männerkreise auf öffentlichen Plätzen und AchnlicheS erlauben, wenn diese schließlich vollständig ausartcn würden, was dann ? Dann würde unser An sehen als Vorkämpfer einer neuen Zeit, der Zeit der abso luten Gleichberechtigung aller Stände, bald so geschädigt sein, daß die Erfüllung unsrer Ausgabe unmöglich wäre. Ich bin im allgemeinen keineswegs gegen Ehen zwischen Japanern und Ausländerinnen. Aber letztere müßten sich ganz uns anpassen, sich auf den Standpunkt unsrer feineren Umgangsformen erheben, die bescheidene Zurück- Haltung unsrer Frauen annehmen, kurz, sie müssen voll- ständige Japanerinnen nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich werden. Sonst halte ich eine solche Ehe unheil voll für unser Land und würbe daher, wo es mir möglich ist, dagegen auftrcten. Dann erlaube ich mir bet dieser Ge- legcnheit eine andere Bemerkung zu machen. Die Woh nung unsres geehrten HerrnKollegen Jzuna ist nach euro päischer Art eingerichtet. Es befinden sich in dem Zimmer, welches jedem Besucher geöffnet wird, eine Menge von kleinen Luxusgcgcnständen und unnötige»» Dingen, wie man sic höchstens bei ganz besonderen Festlichkeiten zeigt, sonst aber im feuerfesten Gewölbe verwahrt. Das halte ich sür schädlich, ja geradezu sür gefährlich. Dadurch wirb bet der» besseren, aber nicht sv bemittelten Klaffe»» Neid und Mißgunst, bei den weniger gebildeten jedoch eine höchst verderbliche Gier nach gleicher verschwenderischer Aus stattung erregt. Dies zerstört den auf einfache, bescheidene, den Verhältnissen entsprechende Lebensweise gerichteten Sinn unseres Volkes, und bei Naturen, welche zu Ber- brechen angelegt sind reizt eS zum Einbruch, Diebstahl, Brandstiftung usw. Es vernichtet also unsere solide, ein fache Art und treibt uns den, luxuriösen Schwindels,-stein zu, da» schon seit Jahrhunderten die europäischen Staaten ergriffe» und zersetzt hat. Vor allem aber muß ich tadeln, daß Herr Kollege Jzuna das Bild deS Gekreuzigten, also Triumph über die gänzliche Nichtbeachtung dieser Fragen, Forderungen und Sorgen durch übermütige Scherze Luft machten, als ob Preußen in die Eisregion entrückt sei, wo ein ewiger Winter den Verkehr auf Wasserstraßen nicht kennt. Stumm blieb — zum großen Befremden wohl des ganzen Hauses — auch der neue Eisenbahnminister Budde. Es ist wohl eine ziemlich ungewöhnliche Erscheinung, daß ein neuer Minister bei Gelegenheit ber Generaldiskussion zum Etat nicht Anlaß nimmt, sich dem Hause vorzustellen, zumal sein Etat, hier die Eisenbahnverwaltung, unausgesetzt im Vordergründe der Erörterungen aller EtatSredner stand. Aber für die Eisenbahnverwaltung sprach nur der Finanz minister; der Ressortminister Budde hüllte sich in Schweigen. Soll man dies gänzliche Zurücktreten des neuen Eisenbahn ministers hinter den Finanzminister als die Wiederkehr jener ersten Zeiten unter Herrn v. Miquel aujfassen, wo dieser als Finan»Minister das Eisenbahnmmisterium als ein ihm zu gehöriges Ressort betrachtete? Gerade auf die größere Unab hängigkeit des Eisenbahnministeriums von» Finanzministerium legt das Abgeordnetenhaus das größte Gewicht; also: vicisuut con8ul68! Bei der zweiten Lesung deS Etats wirb Minister Budde jedenfalls diese Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, sein Programm sür die Eisenbahnverwallung zu entwickeln. Daß daS Zentrum in der Reichsfinauz- reform wie auch in der im deutsch-nationalen Sinne beabsichtigten Ostrnarken-Politik versagt, war kaum anders zu erwarten. Die Förderung des Deulschtums hat von seilen des Zentrums im Osten der Monarchie noch stets die größten Hindernisse erfahren. Nur andere „nationale", dabei deutsch-feindliche Bestrebungen finden bei ihm Sympathie. Ein- Erinnerung an diese Tatsache, die vorgestern Herr v. Eynern ansfrisckte, schien bas Zentrum ungemein pein lich zu berühren. Herr v. Eynern führte u. a. aus: Er hoffe, daß im Zentrum, trotz ber Abweisungsrede des Abg. Fritzen gegen die Forderungen auf Schutz des Deutschtums im Osten, nickt viele Männer säßen, welche sich die Auffassung des vorjährigen Katholikentags in Mannheim angeeignet hätten. Herr v. Eynern wies damit auf folgende Vorgänge hin: Der Mannheimer Katholikentag tagle unter Vorsitz deS Fürsten Löwenstein, der „als Protest gegen den Götzen dienst, der mit der Nationalität getrieben werde", ein Telegramm an den tschechischen Kathvlckrntag iL König- grätz folgenden Inhalts empfahl: „Den katholischen Brüdern des Königgrätzer Katholikentags, die fest stehen in Treue für Kirche und Laterland, beste Grüße und Wünsche." Daß in Oesterreich fast alle Deutschen, welche im Kampfe mit den Tschechen sieben, auch Katholiken sind, scheint in Mann heim nicht beachtet worden zu sein. Ein gut katholisches Blatt bemerkte zu diesem Beschlüsse: „Das Telegramm gehört zu den beschämendsten Aeußerungen würdeloser Umschmeichlung des Auslandes, die außerhalb deS Zentrums und der Sozial demokratie heutzutage, Gott sei Dank, in Deutschland unmög lich geworden ist." DaS Bombardement -es „Panther". Auf die Auslassungen der Deutschland nicht freundlich gesinnten ausländischen, namentlich der amerikanischen Presse über der» „Panther"-Zwischensall, haben wir bereits htngemiesen. Es verdient in dieser Hinsicht noch ganz be sonders ein Telegramm des „New Bork Herald" aus Cara cas erwähnt zu werden, welches folgendermaßen lautet: „Ein hochgestellter Beamter zeigte mir einen vorn 11. Januar datierten Brief des Präsidenten Castro des ein Symbol einer Religion, der »vir nie eine Ausbreitung gestatten dürfen, weil wir uns sonst Haß und Zwietracht ins eigne Fleisch säen, in seinem Empfangszimmer hängen hat. Dieses würde ich als Mann und Japaner nie in meinem Hause dulden." Sv und in ähnlicher Weise batten die Professoren un aufhörlich Jzuna bearbeitet, alle seine Entgegnungen ist diesem Sinne erwidert nnd alcgclchut nnd ihn schließlich durchblickcn lassen, daß sic ihm seine Stellung ai» der Uni versität unmöglich machen würden, wenn er ihre Rat schläge nicht annähme. In vieler Beziehung stimmte er an und sür sich den er haltenen Lehren zu, den»» seit seiner Rückkehr in die altge wohnte, japanische Umgebung hatte sich der in Europa angeeignete Firnis bei ibn» immer mehr abgeschliffen und sein früheres japanisches Empfinden kam wieder zum Durchbruch. Er fühlte jetzt deutlich, daß er iu Deutschland manche äußere Form und auch innere Anschauung eigent lich mehr aus Liebe zu seiner Frau wie aus Ueberzeugung angenommen hatte. Seine Entgegnungen waren daher nur matt gewesen, und als er abends allein in seine Wohnung zurückkehrte, hatte er bei sich beschlossen, Siradoma zu bitte»», sich mehr den japanischen Gebräuchen anzupassen und zu füge»«. Trotzdem kam er ctivas zagend in seine Wohnung, denn er befürchtete Vorwürfe, weil er sie so plötzlich verlasse» hatte. Nun war sie schon zur Ruhe gegangen, ohne auf ihn zu warten. Dies widersprach so sehr den Sitten seiner Heimat, daß er keine Entschuldigung für ihr Benehme»» in seinem Innern fand. Er dachte sich selbst in einen künst, lichen Zorn hinein. Er sagte sich, daß es ihre Pflicht als Frau gewesen wäre, eine Aussprache mit ihm herbeizu führen, wenn ihr sein Verhalten nicht gefalle»» habe. Jedenfalls mußte sie ihn erwarten. „Dann hätte ich ihr in aller Ruhe und Liebe erklärt, daß ich so handeln mußte, sonst wäre ich in einen so schlechte»» Ruf bei meinen Kollegen gekommen, daß eS meiner Stellung als Professor geschadet hätte. Sic würde dies eingcsehen haben, wir hätte»» »ins gegenseitig nach gegeben, und alles wäre gut gewesen. Jetzt troyt siel Sie versäumt ihre Pflicht, geduldig und freundlich ihrem Gatten entgegenzukommen. Sic will hier auch solche Scheinmanövcr, wie man sie in Europa zwischen Ehe leuten ausführt, versuchen. Kopsweh und alle möglichen Leiden sollen bas Mitleid des Manne» erregen, Tränen Inhalts, daß etwa eine Woche später die deutschen Schiffe das Feuer auf San Carlos eröffnen würden. Be fehle zu einem solchen Borgehen seien von Berlin ein gelaufen, zugleich mit der In struktion, daß der Angriff erfolgen solle, bevor Mr. Bowen in den Vereinigten Staaten eintreffe. Der Korrespondent des „New Pork Herald" fügt dieser Nach richt hinzu, daß man in Caracas allgemein der Ansicht sei, das Vorgehen Deutschlands würde einen bösen Einfluß auf die Fri e d e n sv e r h a n d - lungen auslüben." Wir können lschreiben hierzu die „B. N. N.") dieser die Wahrheitentstellenden Nachricht des amerikanischen Blattes gegenüber nur betonen, daß nach ganz bestimmten Ver sicherungen, die wir an unterrichteter Stelle erhalten haben, das Vorgehen des „Panther" nicht auf ein« Ordre von Berlin erfolgt ist, ja daß man zur Stunde noch hier über die Gründe dieses Vorgehens keine Aufklärung erhalten hat. Uebrigens ist es selbstverständlich, daß die dortigen Befehlshaber der Schiffe die Befugnis haben, unter gewissen Umständen nach eigenem Ermessen einzu schreiten, und jedenfalls wird der Kommandant des „Panther", »venu überhaupt der Zwischenfall nicht von einigen amerikanischen Organen völlig entstellt oder zum mindesten stark aufgebauscht worden ist, schon triftige Gründe für sein Vorgehen gehabt haben. Nach einer New Uorker Meldung der „Times" ist man auch in amt lichen amerikanischen Kreisen keineswegs geneigt, hin ter -em Zwischenfalle eine langer Hand in Berlin vor bereitete Aktion zu suchen, vielmehr herrscht dort, wie der betreffende Korrespondent meldet, die Ansicht, die Befehls haber der blockierenden Schiffe müßten in weitem Um fange selbst von Tag zu Tag über die Lage entscheiden. Sie könnten nur allgemeine Befehle haben. Ein Kriegs zustand bestehe »lickt, und niemand vermöge vorher zu sehen, was sich ereignen könne. Der Korrespondent des doch gewiß nicht deutschfreundlichen Blattes stügt hinzu, die Telegramme aus Venezuela hätten, wie sich klar er kenne»» lasse, über den Angriff des „Panther" auf das Fort San Carlos übertriebene und sogar alberne Berichte gegeben. Die Geschichten aus Venezuela würden indes manchmal auch dann geglaubt, wenn sie nicht glaubwürdig seien. Die Lage i« Marotta. Von befreundeter Seite wird uns ein aus Rabat iwestlich von Fez am Atlantischen Ozcan) vom 11. Januar datierter Privatbrief zur Verfügung gestellt, dem wir folgende interessante Mitteilungen entnehmen: „Die deutsche Presse schreibt in manchen Dingen über Ma rokko außeroroentlich gut unterrichtet, komint aber zu falschen Folgerungen. Wenn aber selbst der Herr Gesandte infolge der Hiovspostcn dazu kommt, uns aufzufordern, Rabat zu verlassen, braucht man sich nicht weiter darüber zu wundern. Dies war eine ganz voreilige Aufforderung; im Gegenteil, er Härte uns Besonnenheit und ruhiges Veriveilen raren sollen. Zeigen wir Furcht, so köniren wir leicht die Lage verschlimmern. Die Sachen in Fez liegen ruhig; nach der Niederlage sind die Tolba zu den Ministern gegangen und haben gefragt, tver eigentlich der Bahainara ist, ob sich der Bruder des Muley Wdeleziz der Mulcy Emhamed El Anar dahinter verstecke oder wer sonst. Natürlich, »vcnn es der Muley Emhamed gewesen wäre, wären alle üdergelaufen; die verneinende Antwort des Sultans wurde doch nicht recht geglaubt, und das Volk verlangte, den Mulen Emhamed zu sehen. Eine Eskorte von 40 Reitern har ihn dann von Meguinez geholt: sein Bruder sandte ihm ein Maul tier mit Sattel usw., Kleid und 500 H, und Muley Emhamed besuchte die Heiligen Gräber in Fez, um sich dem Volk zu ihn erweichen, und dann dürfte er noch um Verzeihung bitten. Neil», sv weit soll es nicht kommen. Das muß ich von Anfang an abstellen. Ich werde, da meine Frau nicht da ist, wo sic pflichtgemäß sei»» sollte, das nun, ohne es mit ihr M bereden, allein ausführen, was meine Kollegen mir vorlchlngcn oder als wünschenswert durchblickeu ließen." Damit erhob er sich, rief Kik und Hat und ließ sie alle Nippes, die Radierung des Ehristusbildes und die kleinen Luxustischchen aus dem Hause trage», »»nd im feuersicheren Steingowölbc im Garren unterbringen. Erst, nachdem das Empfangszimmer auf solche Weise sehr vereinfacht war, begab er sich zu seiner Fran. Siradoma hatte durch die dünnen Schiebewände alles gehört. Sie fühlte sich sehr unglücklich. Aber sie »var klug genug, um leidensämfts- lvs und ruhig zu überlegen, »vas sie nun tun müsse. Als sie sich zuerst vergegenwärtigte, wie wohl die .Kollegen JzunaS ihn bearbeitet haben würden, und wie die sapa- nischen Sitten ihm reckt gaben, da wollte sie auistcffen, ii,n begrüßen, und zwar etwas mit ihm schmollen, aber dock bald nackgeben und eine Versöhnung erzielen. Da ver nahm sie seine Befehle an die Nesans, die Nippes und das Bild wegzubringen. Das schmerzte sie tief und schuf auch in ihr eine zornige Regung. Ais sie sich aber nvckmals die Lage genau vergegenwärtigte, ergriff sie ein Geiiibl der Angst und Sorge. „Wenn er plötzlich ganz zur alt japanisck-en Partei übergehen und von ihr verlangen würde, daß sie sich mit den Rechten einer japanischen Frau begnügen sollte! — Aber das kann er dock nickt! Es würde ja gegen seine Anschaunng gehen, es wurde sein Lebensziel «nnvcrfen. Dazu liebt er »nick» auch zu sehr. — Vielleicht hätte ich aber doch mehr auf seine Wünsche eingehen und den Bogen nicht so stramm spannen sollen' Ich will ihm jetzt etwas nachgebcn, und dann allmählich versuchen, ihn wieder mehr meinem Einfluß zu unter stellen." Sie konnte nicht weiter überlegen, den»» er trat ein. Ikm etwas Zeit zu gewinnen, stellte sie sich, als SV sie hes tigstes Kopfweh habe, und bat ihn, bevor er etwas sagen konnte, ihr frisches Wasser zu einem kalten Umschlag zu holen. Sie wußte so ge'chickt ihr Leiden darzustellci», und so mitleiderweckend zu bitten, daß er wirklich glaubte, sic empfinde heftigste Schmerzen, und fick beeilte, ihr einen Umschlag zu machen. „Wie fühlst du dich denn jetzt?" „Ich danke dir, nun geht e» besser. Ich hätte gern
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