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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030119022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903011902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903011902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-19
- Monat1903-01
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Prei- die 6 gespaltene Petitzeile Sb Reklamen uuwr dem RedMtivusstrich (4 gefpalt«») 75 vor deu Familieuuach' richten tS gespalten) SO Labellarifcher und Ziffernjatz entsprechend höher. — Äedührun für Nachweisungen und Offcrteuauuahme 2S («xel. Portos Ertra-lveilogen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuug SO.—, mit Postbesörderuug 70.—. Luuahmetchluk für Ttuzeize«: Lbeud»Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Mur,»u-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeige« find stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abeudS 7 Uhr. Druck uud Verlag von L. Polz tu Leipzig. Nr. 33. 97. Jahrgang. Montag den 19. Januar 1903. Politische Tagesschau. * Leipzig, 19. Januar. Visser «ns die Mühle« der Zastgegner bat am Sonnabend im Reichstage der Staatssekretär des Reichsschatzamts Krhr. v. Tbielmann durch seine Beant wortung der Interpellation de-Abg. Roesicke-Dessau wegen der Unterscheidung zwischen Malzgerste und Futtergertte geliefert. Bekanntlich beruhte die „Verständigung" über den Zolltarif u. a. darauf, daß die verbündeten Regierungen beim Gerstenzolle der sogenannten Kompromißmehrbeil eia Zugeständnis machten. Nach dem ReqierungS-Ent- Wurfe sollte der Gerstenzoll, der gegenwärtig 2,25 .E und «ach den Handelsverträgen 2 .4t betiägt, im autonomen Tarif auf 4 -E erhöht und eS sollte ein Mindest. zoll von S festgrstellt werden. Nach dem Anträge Kardoiff ging die Regierung darauf ein, daß im autonomen Tarif der Gerstenzoll auf 7 normiert, ein Mindestzoll aber nickt für Gerste im allgemeinen, sondern nur für »Malz- gerste", und zwar mit 4 .6, festgesetzt wurde. Die Ver teidiger der Verständigung erläuterten diesen Mindest zoll dahin, daß er keine Zurücknahme der Unannebmbarkeite- Erkläiunbtn der Regierung gegenüber allen Erböbungea der Mmdestzolle bedeute, denn während der Mindestzoll für Malzgerste aller ding« von 3 aus 4 -4s gesteigert werde, falle jeder Mindestzoll für Futtergerste fort; der Zoll für diese könne also sogar auf dem jetzigen Satze von 2 .6 bleiben. Der Reichskanzler erklärte am 13. Dezember beim Be- ginn der entscheidenden Sitzung nach dem amtlichen steno graphischen Berichte wörtlich: Die verbündeten Regierungen find nicht der Meinung, daß sie sich mit der Zustimmung zu einer Erhöhung des Mindestzolles für Malzgerste von 3 auf 4 in Widerspruch fetzen mit dem ab lehnenden Staudpuukt, den sie gegenüber Anträgen auf Erhöhung oder Erweiterung der Mindestsätze des Entwurfs haben einnehmen müssen. Di« Erklärungen der verbündeten Regierungen be- zogen sich auf Gerste im allgemeinen. . . . Malzgrrste ist aber eiu« au-gewählte, wesentlich wertvollere Ware als Futter» gerste. Wenn daher aus dem Gesamtzslltitrl der Gerste die im Preise wesentlich höher stehende Malzgerste aus genommen und besonders verzollt wird, so handelt eS sich tatsächlich um eine andere Ware als diejenige, auf die sich die früheren Erklärungen bezogen. Der wertvollen Malzgerste einen Zollschutz zu gewähren, erscheint deshalb sachlich durchaus gerecht- fertigt. Auf alle» Seiten des Hauses mußte man daher aunehmen, daß bei deu Handelsvertragsverhandlungen ein Unterschied zwischen Malz- und Futtergerste gemacht und nur bezüglich der ersteren an einem Mindestsätze von 4 festgebalten werden sollte. Und als nuu am Sonnabend der Abg. Roesicke, bekanntlich Leiter der größten Brauerei der Reich-Hauptstadt, vom Reichskanzler zu wissen begehrte, auf welche Weise er die Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Malz- und Futter gerste zu überwinden gedenke, da war man nur auf die Ant wort gefaßt, daß diese Frage einstweilen nicht brennend in und daß mau auf Grund verschiedener Vorschläge schon Mittel und Wege finden werde, deu Unterschied zwischen beiden Gerstensorten genau festzustellen. Aber zu der Ueber- raschung, daß Graf Bülow in der Sitzung fehlte und auch der sachkundige Staatssekretär Graf PosadowSky durch Feuilleton. ui Frau Huna. Roma« von Karl Taner a. Nachdruck verbot«». Nachdem man einige Zeit mit -em Essen zugebracht hatte, gab der Vater Jzunas da- Zeichen, -ast die Mahlzeit beendet fei und erhob sich. Alles folgte seinem Beispiel. Julie war herzlich froh, denn die Beine schmerzten sie wegen der ungewohnten Hockerei. „Sichst du, meine ge liebte Julie", meinte der Professor, „meine Familie ist schon so sehr europäisiert, daß wir zusammen und nicht die Frauen nach deu Männern speisen." Julie mußte über diese „europäisierte" Mahlzeit wiederum herzlich lachen. Nun sprach der Vater Jzunas einige Worte, welche Akira übersetzte: „Mein Vater möchte dir sagen, daß er von dir sehr entzückt sei und sich besonders über deine gute Er ziehung, welche sich in deiner Heiterkeit ausspreche, freue. Er werde dir jetzt Geschenke geben lasten, welche er für dich bestimmt habe, wenn du sein Serz gewinnen würdest. Du habest es aber im Klua erobert." Julie verneigte sich abermals vor ihren Schwieger eltern und Schwägerinnen. Der alte Herr klatschte in die Hände. Es erschienen NesanS, das heißt Dienerinnen. Sie erhielten Befehle, verschwanden und kehrten gleich darauf mit allen möglichen Gegenständen wieder. Da waren kostbare seidene, reich gestickte Gewänder, soge nannte Kimonos und Gürtel, Obis, von bester japanischer Arbeit, Haarnadeln von Perlmutter, Schildpatt und Silber, Färb-, Schmink- und Riechfläschchen, Spiegel und Fächer, sowie seidene Kisten, gesteppte Decken, kurz alles, was eine vornehme Japanerin zur Ausstattung braucht. Nicht ein europäisches Stück lag dabei. Akira erklärte ihr die einzelnen Sachen und meinte, er könne es gar nicht erwarten, bis er sic in einem dieser Kostüme sehen würde. Sofort erklärte sie sich bereit, eins anzulegen, weil sie ihm die Freude machen wollte und daö Ganze als eine Art von Maskerade ansah. Sie wurde in dat Zimmer der Schwestern Akiras geführt und dort von diesen umgc- kleidet. Das geschah natürlich unter fortwährendem Lachen und Kichern. Als sie in das große Zimmer zurück trat, erklärten Akira nnd seine Eltern, sie sähe reizend auS. Ihr Mann schien ganz entzückt zu sein. Lachend und Abwesenheit glänzte, kam bald die andere, daß der Reichs- sckaysekretär von einer beabsichtigten Unterscheidung zwilchen Malz- und Futtergerste gar nichts zu wisse» eiklärte. Im Gesetze siebe von einer solchen Unterscheidung nichts, diese werde üverkaupt nur in Frage kommen, wen» ein auSwä'tiger Staat mit einem entsprechenden Wuniche bervortrete. BiS jetzt aber sei dies nicht geschehen, überhaupt seien Verhandlungen über Handelsverträge noch nicht rm- geleitet und so brauche man sich auch gar nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, ob und wir eine zolltecknische Unter- scheituna zwischen Malz- und Futtergerste durckzusühren sei. Da in der Tat mr Gesetze nur ein Mindestzoll auf „Mal,gerste" festgesetzt ist, so war ja der Sckatzsekretär mit seiner Erklärung formell im Rechte; aber geradezu verblüffend mußte eS aus die Seite des Hauses, die nur widerwillig auf das Kompromiß wegen ter Gerste eingegangen war, wirken, daß der Schatz- tekretär die oben mitgele,lte Erklärung de- Reichskanzlers wie eine ganz unverbindliche Aeußerung behandelte, an welche die ver bündeten Regierungen und die deutschen Unterhändler sich nicht zu kehren brauchten. Der nationalliderale A--g. Or. Sattler, der die formelle Berechtigung der Erklärung des Schatz- sekretärS nicht in Abrede stellen konnte, betonte dabei auch, baß die Unterscheidung der Zollsätze für Brau- und Fuiter- gerste zu den Voraussetzungen der Verständigung gehört batten, und gab der Erwartung Ausdruck, daß schon mit Rücksicht auf die nordweslbeutschen Bauern die Fullergerite bei den Handelsverträgen mit einem geringeren Zoll« als die Futtergerste werde belegt werden. Einen Sturm aber erregte Herr v. Tbielmann bei den frei sinnigen und den sozialdemokratischen Rednern, die in der Nichtbeachtung der Erklärung des Reichskanzlers ein abgekartetes Spiel erblickten. In der freisinnigen und der sozialdemokratischen Presse ist denn auch bereits von „Zoll mogelei" die Rede und zweifellos wird diese Presse die Antwort des ReichSschatzsekrelärS giündlich auszunutzen wissen. Ob Frhr. v. Tbielmann und seine Auftrag geber für dieses Aufleben der Zollopposition entickäbigt werden durch den Jubel der konservativen und klerikalen Agrarier, die nun hoffen, daß der Zoll auf Futtergerste, obgleich für sie ein Mindestzoll nicht sestgestellt worden, ebenso hoch werde bemessen werden, wie der Mindestzoll für Malzgerste, sei dahingestellt. Jedenfalls zeigte die auf die Besprechung der Interpellation Rvesicke folgende Debatte, wie sehr die Begehrlichkeit der von dem Tarif noch nickt befriedigten Gruppen deS Hauses durch die Erklärung des SchatzsekretäiS gesteigert worden war. E« handelte sich in dieser Dedaite um e ne Resolution, die verlangt, daß die Regierung bei deu Handelsvertrags»Berbanvlungen auf Vieh- und Fleifchzöllen von der Höhe dersenigen Mindestzölle be stehe. welche auf Verlangen der Regierung aus den Be schlüssen der zweiten Lesung behufs der „Verständigung" gestrichen werden mußten. In einem Tone, als ob diese gar nicht stattgesunden bäite, wurde dieser An trag von dem Abg. Herold begründet: „Wir geben unS", sagte er, „der Hoffnung hin, daß unS auch ein wirklich aus reichender Zollschutz (o. h. in der Höhe der zurückgezogenen Mindestsätze!) gewährt wird. Wir würden gar keine Handelsvertiäge lieber sehen als Handelsverträge, in denen unsere Baueinschaft zu kurz kommt. Die Sachverständigen haben sich dafür au-geiprochen. Man komme uns nicht mit dem Interesse der Konsumenten!" Ein Eingehen aus diese» angenehmen „Verständigungs"-Ton wurde der Regierung zunächst dadurch erspart, daß die Verhandlung vertagt wurde, und zwar wohl für eine Anzahl Sitzungen, denn für heute scherzend — soviel hatte sie jetzt schon gelernt — verneigte sie sich nun vor ihren Schwiegereltern, und bat Akira, ihren Dank denselben auSzusprcchen. Durch diese, ihre liebenswürdige Art, gewann sie wirk lich aller Herzen, und der Abend verfloß in ungetrübter Heiterkeit. Endlich meinte sie: „Mein lieber Mann, ich bin so müde. Wo schlafen wir?" Der Professor sprach etwas mit seinen Eltern. Dann erhoben sich alle und wünschten sich gute Ruhe. Auch jetzt gab es nichts als Verbeugungen, Hände drücken, Lachen und Kichern. Kein herzlicheres Wort, keinen Kuß. Selbst der Händedruck erschien sehr formell, denn er ist ja in Japan auch erst ganz neu bekannt geworden, und erscheint den Altjapanern immer noch als fremdartig und ungewohnt. „Wir schlafen in meinem alten Stübchen, in dem tzh als Stndcnt hauste. Willst du mir folgen?" Sie schloß sich ihm an. Er schob eine Wand zur Seite, trat mit ihr in den nächsten Raum und schob die Wand wieder zu. In diesem Zimmer mar gar nichts, kein Bild, kein Stuhl, kein Bett, nichts. „Da schlafen wir?" „Ja, mein Lieb." „Aber wo denn?" „Hier." Er deutete auf -en blanken Boden. „Hier?" Sie machte dazu ein so komisch überraschtet Gcsicht, daß er wieder hellauf lachen mußte. Sie stimmte lrrstig mit ein. Nun klatschte er aber in die Hände, und die NesanS er schienen. Der Professor gab ihnen verschiedene Befehle. Darauf brachten sie zahlreiche gesteppte, seidene Decken und Kisten, sowie das Gepäck des jungen PaareS. Bald waren auf den an und für sich weichen Matten des Bodens nebeneinander zwei gute, weiche Lager bereit gemacht, die Ncsans verschwanden, die papiernen Schiebewände wur den wieder zusammengeschoben. „Sage, lieber Freund, haben wir denn hier kein Schloß?" „Nein, das gibt eS in keinem anständigen HauS in ganz Japan. Man ist bet unS in feinem Heim durchaus sicher." „Und alle Wände sind so dünn?" „Ja. Gegen die Straße verschließen uns nachts Holz, läden, welche rings um das ganze HauS auf den Galerien herumgcschobcn uud von innen verriegelt werden. Im Innern haben die Häuser aber nur Papierfchtebewänbe." siebt der Beginn der ersten E t a t S b e r a t u n g auf der Tagesordnung. Konservative, Vündler und Negierung Einigermaßen erklärlich wird die am Sonnabend vom Neichsschaysekretär im ReichStaae beobachtete Haltung durch den kurz vorder zwischen den Konservativen und dem Bunde der Landwirte abgeschlossenen.Frieden", der eine vollständige Unierwerjung der ersteren unter die l-tzteren bedeutet. Auf der einen Seite erläßt die konservative Parteileitung eine die konservative Partei veipflichtende Erklä rung. in welcher daSZusammengehea dieser und deS Bundes als eine Notwendigkeit verküncet wirb, von Seilen deS Bundes aber liegt keinerlei Erklärung vvr, sondern nur der eine Vor sitzende desselben, Herr von Wangenbcim, aniworlet, und rwar, daß er hoffe, das Zusammengehen werbe gewahrt werken; doch er beeilt sich, hinzu.usügen, er müsse dringend wünschen, daß man ihn in seinem hierauf gerichteten Be streben unterstütze, d. h. daß man sich zu der extremen Politik der Minderheit der konservativen Fraktion und der Bundes leitung belehre; und auch unter dieser Voraussetzung macht Herr von Wangenbein: darauf aufmerkiam, daß der Bund sich für die Zukunft keiner Kritik der konservativen Partei als solcher unterwerfe und — bas ist die Hauptsacke — daß er als Kandidaten für die nächsten Wahlen nur Mäuner unterstützen werde, die den BunbeSorganen passen, also keineswegs jeden bisherigen konservativen Abgeordneten, obgleich e« in der die konservative Paitei verpflichtenden Erklärung ausdrücklich beißt, daß „falls di« bevorstehenden Handelsverträge in der Tat nicht daS notwendige Maß des Schutzes der Landwirtschaft darbieten sollten, die Ab lehnung derselben durch die konservative Reichstag«- fraklion erfolgt". DaS heißt für die Regierung: Vie Annabme der künf'igen Handelsverträge im Reichs tage ist selbst für den Fall, daß sie die Mindestzölle für Ge- treive bringen, denen auch der größere Teil der Bundes mitglieder mit dem Anträge Kardoiff zugestimmt bat, höchst unsicher. Die Konservativen werden gemeinsam mit dem Bunde der Landwiite diese Sätze auch dann bekämpfen, wenn sie integrierende Bestandteile der künftigen HaadelSveiträge sind, und auf die Gesabr bin, daß diese nicht zu stände kommen; auch werden alle Hebel m Bewegung gesetzt werden, die Elemente aus dem Reichstage zu beseitigen, von denen an genommen werden kann, daß sie infolge der Zustimmung zum Anträge v. Kardorff für die Handelsverträge mit den bekannten Mrnimalsätzen stimmen. Diesem Drucke glauben auch die verbün deten Regier ungen, die sich nicht star kgenug füblen, die vereinigten Konservativen und Bündler bei den Wahlen erfolgreich zu bekämpfen, Weichen zu müssen. Die Erklärung beS Schatz sekretär» betreffs der Gerstenzölle ist wahrlcheinlich die erste der für die kriegerische Koalition in Aussicht genommenen Zu geständnisse, die für um so nöliger gehalten werben, ;e weniger der jetzige Reichstag in die Lage kommen wird, mit neuen Handelsverträgen sich zu besckäjtigen. Recht trübe Aussichten eröffnen sich dadurch für die Mittelparteien. Sie weiden von links und reckts den hestigsten Ansturm auszuhalten haben urd nickt einmal einen Anhalt bei den Regierungen finden, die ihnen bei den Tarifverhanvlungen daS meiste zu verdanken hatten. Lcr Notstand in der Bretagne wird in der gesamlen französtichen Presse eingehend erörtert Vom Sardinen- und Sarvelleufang ernährt sich rin großer Teil der Bevölkerung an den Küsten der „Da hört man ja durch das ganze Haus alles, was man spricht und tut?" „Gewiß. Das schadet aber nichts. Daran sind wir ge wöhnt." Julie mußte über diese naive Anschauung wieder herz lich lachen, und ihr Mann lachte mit. So leise wie möglich begaben sie sich bann zur Ruhe. Der Professor schlief bald. Deine Frau lag aber noch längere Zeit wachend auf ihren Decken. So hatte sie sich den Eintritt in das Haus ihrer Schwiegereltern nicht vor gestellt. DaS war ja das reinst« Lustspiel gewesen! Kein ernstes Wort, keine innigere Aussprache! Eine Mutter, ein Elternhaus fand sie hier nicht, wenigstens nicht nach enropäischer Art. Aber sie erkannte deutlich, daß man keineswegs sie durch oberflächliche, heitere Formen etwas fern halten wollte, sondern daß dieses Auftreten voll kommen im japanischen Wesen lag. Hatten doch die Eltern und Geschwister den eigenen Sohn und Bruder auch nicht inn'ger, sondern ebenso oberflächlich empfangen, obwohl sie ihn vier Jahre nicht mehr gesehen hatten. Es war eben japanisch. „Ich werde ganz allein auf meinen Mann angewiesen bleiben und auf mich selbst. Aber das genügt auch. Sktra liebt mich innig und wahr. Er wird mir alles ersetzen." Mit diesem Gedanken schlief sie auch ein. So kam Frau Jzuna in ihr neues Vaterland, nach Japan. _ » * * Am folgenden Morgen wollte Julie wieder ihre euro päischen Kleider anlegen. Ihr Mann hielt sie davon ab und sprach bittend: „Meine Geliebte, mache mir und meinen Eltern die Freude, dich in unserem schönen Natio nalkostüm zu sehen. Du erscheinst in demselben noch ein mal so hübsch, als ki den steifen europäischen Gewändern. Außerdem zeigst du dadurch meinem Vater, daß du seine Geschenke ehrst. Meine Mutter und meine Schwestern werden eS dir aber dankbar anerkennen, daß du dich nicht, wie so viele Europäerinnen, über sie erheben und dich von ihnen fern halten willst. Erweise mir den Liebesdienst und kleide dich in diesen schönen Kimono. Ich bitte dich herzlich darum." „Aber, mein liebster Mann, ich bin doch gar nicht ge- wöhnt, mich in einem solchen Kostüm richtig zu bewegen. Ich werde in demselben eine lächerliche Figur machen? „Wie kannst du nur so etwaß denkens Du siehst zwar immer entzückend au», aber die gefällt»« lllrt unserer Klei- Bretagne, uud diese Fische find i« de« letzten Monaten völlig auSgebliebeu. Da überdies die Kartoffelernte sehr schleckt war, hungern Männer und Frauen nebst ihren zablreichea Kindern. Bettelnd durchznde» sie da« Lanv, und „la wit>är« drstonus", über die voa der gesamten Presse berichlet wirb, Hal solchen Umfang angenommen, daß nicht bloß die private Wobltättgkeit erngreije« muß, soaveril auch der Staat sich der Fürsorge für di« nvt- leivende Bevölkerung nicht entziehe« kann. Die Pariser Blätter haben Spezialkorrrsponvrntea nach Douarnenez und anderen Puokleu der bretonischen Küste eaijeadet, uud in ivrrn Berichten erscheint rie Lag« der schwergeprüsie« Fucher- bevölkerung sebr düster. Zahlreiche Opfer erfordert alljähr lich das Meer; Pierre Loli hat m seinen bretonische« Schil derungen die an FataliSuiu« streifende Aaiopfrrung der Männer und Flauen in den nordwestlichen Küstengebieten Frankreichs ergreifend geschildert. Bis nach Neujuadlaad ziehen alljährlich die bretoniche» Fischer, und viele kedre« dann nicht mebr wieder. Bei dem gegenwärtigen Notstände handelt es sich um eine dauernde Schädigung der Küsten bevölkerung, der F'scker, die täglich auSneden und regelmäßig mit beinabe leeren Netzen zurückkommen. Auch die politische» Berbältnisse werden nun in dir Erörterungen über diese« Notstand bineingezogen, und darüber schreibt man der „Nat.- Zig." auS Paris: „Da die Bretagne vor einigen Monate« der Schauplatz der deftigsten Konflikte zwischen der weltliche« Gewalt und den Beschützern und Andäugeru ter Kongregation«« war, da der Republik infolgedessen gedroht wurde, vo« dort her, au« der monaichiichen und katholische» Bretagne, werde der rächende Arm eine« Retter« sie erreiche«, konnte der Partei, die so auftritt, nichts Unangenebmere« wider fahren, als den Notschrei böre« zu müffeo, mit de« die hungeraben bretonischen Fischer sich durch ihre Vertreter an die Regierung der Republik um Hilfe wenden. Auch daraus macht die keinen Augenblick abrüsteade Reaktion eine Parleisache, al« ob Mitgefühl und Menschlich keit nur im Schatten der Klöster und Sakristeien wohnten. Sie sucht durch ihre Koll.kren den in der offiziellen «,d republikanischen Welt veranstalteten zuoorzukommea, und »en« die Not dadurch ralcher und wirksamer gründen wird, so wird man sich über den Wetteifer nur Offenen känn«. Uebngea« lassen auch dir Gegenfüglrr der Royalisten u»d Klerikalen, dir Republikaner jeuer Kategorie, die man wieder geläufig al« „Jakobiner" bezeichnet, e« sich nicht nehmep, aus dem Elend an der „Smaragd-Küste" des Ktnrstäre eine an die Polüik streifende Angelegenheit zu machen. Sie wären im Sianve, bas Ausbleiben der Sardellen m jene« Regionen für eine gerechte Strafe zu halten, die rin« Göttin Veinunft über die Bretonen verhängt, in deren Wohnungen Heiligenbildchen eöenlv wenig fehlen dürfen, wie di« ua- erläßlichsten Hausgeräte. Zum Glück sporne»» die „Jako biner" ebenfalls zum Gabenjpeuden an, damit die LaodSleute im Westen an die Größe und Gate der Republik glaube« lernen, und eS ist daher zu hoffen, baß rasche Hilfe von alle« Seiten fließen wird." Ti« Feinde u»d die Freunde einer srant0sisch-tt<lie«tschen Gutente. Ja dem zwischen de« Anhängern Hanotaux' und Lel- cassss tobenden Streite, welche auswärtige Politik die beste «ei, hat jetzt der Ex-Generalresident von Tuai«, M. Rens Mille», mit einem neuen Aufsätze in der „Revue doli- tique et parlamentaire" für den ersteren Partei ergriffen. Außer Hanotaux wurde auch Mlllet die Autorschaft de« vor düng hobt deine Reize noch mehr. Wir Japaner könne» uns nicht vorstellen, daß ei« eingeschnürter Körper schön sein soll. In Europa, wo ich nur so verunstaltete Erschei nungen sah, fiel mir die» schließlich nicht mehr aus. Hier aber hat sich mein Auge rasch wieder an die altgvwohnten hübschen Krauengestalten gewöhnt, und ich würde et mit Trauer sehen, wenn du deinen schönen Körper durch die häßliche Tracht wieder verunzieren wolltest." Während et ihr einerseits wenig sympathisch erschien, sich, wie sie meinte, immer in einer Art von Maskerade zu zeigen, war sie anderseits doch schwach genug, dem ge schickten Appell Jzunas an ihre Liebe und auch an ihre Eitelkeit nachzugeben. Sie versuchte nur noch einen schwachen Widerstands indem sie meinte: „Soll ich denn immer diese japanische Tracht anlegen? Das kannst du doch nicht verlange«?"' „Dariiber wollen wir noch gar nicht nachdenke«. AVer du wirst bald selbst erkennen, wtev'el vorteilhafter du in unserer Nationaltracht auSüehst, und ich glaube, daß du dich in kurzer Zeit gar nicht mehr in die wie eine Zwangs jacke anliegende europäische zurücksehnst. Uebrtgent wiü ich dir keineswegs eine Vorschrift machen, sondern nur bitten, dich so lange japanisch zu kleiden, als wir hier in Nagoya bei meinen Eltern find. Willst du dein liebet Ent gegenkommen voll machen, so laß dich auch von meinen Schwestern nach japanischer Mode frisieren. De^n schöne-, schwarzes Haar eignet sich an und für sich ganz vorzüglich dazu." „Wenn eS dir eine Freude macht, so will ich eS tun." Statt einer Antwort küßte er sie und klatschte dann in die Hände, um seine Schwestern durch eine Nesan rufe« zu lasten. Die Mädchen erschienen und jubelten laut, al» ihnen ihr Bruder mitteilte, welche Aufgabe sie erhielten. Wl« im Triumph führten sie ihre Schwägerin mit sich t» ihre Stube. Der Profefsor war sehr schlau vorgcgangen. Sr hatte schon längst fest beochsichtlat, daß feine Krau alt Japanerin gekleidet gehen müsse. Aber er wollte sie mit Freundlich keit dazu überreden. Die Gelegenheit, baß sein Vater ihr Kleider geschenkt hatte, kam ihm daher sehr günstig. Er hoffte nun. baß sie sich selbst in der bequemen, kleidsame« Tracht woyl fühlen und sich bald gar nicht mehr nach der europäischen zurücksehnen werde. Darin täuschte er sich n^cht. Sowohl die Lobeserhebungen der Familie Jzuna, alt auch der eigene Blick in «inen Spiegel sagte« ihr, wie »orzügltch ihr der seidene Kimono und der faphem>rächchUe
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